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4. Rang 5 / 5

Einladungswettbewerb | 11/2020

Neues Stadtquartier Stöckacker Nord – Meienegg in Bern (CH)

5. Rang / 5. Preis

Preisgeld: 18.000 CHF

Ruprecht Architekten

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

HILDEBRAND Studios AG

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Weber + Brönnimann AG - Ingenieure

Landschaftsarchitektur

Grolimund & Partner AG

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt «Werkgasse» greift struktural zwei unterschiedliche Siedlungselemente auf. Es belässt längs der Bethlehemstrasse das aus der Meienegg-Siedlung bekannte Grundmuster des Zeilenbaus und schafft in dessen Mitte einen Langobardenplatz, der an die aufgehobene Langobardenstrasse erinnern soll. Die Wirkung dieser Zeilenbauten wird durch die neue Werkgasse gestützt und aufgewertet, welche das Baufeld teilt und daran erinnert, dass Verkehrsverbindungen und die kommunale Versorgung und Entsorgung wesentliche Voraussetzungen für eine urbane Entwicklung darstellen.

Das höchste, zurückversetzte Gebäude entlang der Bethlehemstrasse bildet zusammen mit dem Langobardenplatz und der Tramhaltestelle den Auftakt zur Siedlung und stärkt die Ankunftssituation. Die Haupterschliessung der Strassengebäude ist über die Werkgasse gelöst. Erschlossen werden die Wohnungen über Laubengänge mit Gemeinschaftsbalkons. In den zwei obersten Geschossen des Gebäudes am Langobardenplatz entfaltet sich ein interessantes Angebot an Kleinwohnungen für Rentner*innen und Studierende – ein Wohnen im Stöckli.

Die Werkgasse erschliesst die neue geplante Siedlung, welche unter dem Bereich Hofstätten an das ländliche Leben im Gebiet Bern-Bümpliz erinnern möchte, ehe Bümpliz und Bethlehem eingemeindet und zum städtischen Entwicklungsfeld im Westen der Stadt Bern wurden. Die Verfasser*innen greifen dabei auf den Typus des Dreispänners zurück, der bautypologisch aus der Siedlung Meienegg als architektonische Grundform bekannt ist, staffeln die neuen Dreispänner in Ost-West-Richtung von der Keltenstrasse bis zur Stöckackerstrasse und planen baumbestandene Rasenparterres als Abstandhalter zwischen die Dreispänner ein.

Die Wohnungen in den Hofstätten sind gut strukturiert und lassen spannende Raumfolgen erwarten. Die meisten sind als Durchschusswohnungen organisiert und werden angenehm besonnt. Bei einigen könnten die Zugänglichkeiten zu den einzelnen Zimmern über das Wohnzimmer etwas einschränkend für die Möblierbarkeit des Wohnzimmers sein. Die Gebäude sind allesamt in Massivbauweise angedacht und hell verputzt. Um die Gebäude zu nobilitieren, werden Bereiche im Erdgeschoss mit Kunststein belegt und die Loggien hölzern ausgekleidet. Durch die gleichförmige Behandlung der Fassaden gelingt es nicht, auf die jeweilige Situation in der unmittelbaren Umgebung einzugehen. Der äussere Ausdruck scheint unspezifisch und zu beliebig und es fehlt an Charakter und Atmosphäre, die ein neues Quartier unbedingt braucht.

Die neue parallel zur Bethlehemstrasse gelegene Werkgasse schafft eine Doppelerschliessung der Gebäude. Sie will eine urban wirkende Innenverbindung generieren, die Langobardenstrasse wird aufgehoben. Von der Werkgasse als städtebaulichem Rückgrat gehen die ruhigeren Wohn-Hofstätten ab. Hier ist das Projekt Werkgasse Siedlung. Fünf gleich gestaltete Fuss- und Veloverkehrswege erschliessen die Längsbauten in den Hofstätten, schaffen eine hohe Durchlässigkeit und binden das neue Quartier an die Keltenstrasse im Osten und an die weitere Umgebung an. Die Ausformulierung der Werkgasse lässt eine charakteristische, quartierprägende Identität mit spannungsreichen Platzfolgen und durchgehendem Möblierungsprinzip erwarten.

Der Kindergarten wird seitens Bethlehemstrasse erschlossen und die (privaten) Aussenräume liegen in der Werkgasse, was beides nicht ideal ist. Entlang der Werkgasse sind auch Spielflächen, ein Spielplatz und ein Gemeinschaftsraum angelegt, was das Quartierleben in der Gasse aufwertet. Die Verfasser*innen schlagen für die Werkgasse eine Bepflanzung mit bildprägenden Kleinbäumen vor – aufgrund der durchgängigen Unterbauung mit der Tiefgarage ist dem Substrataufbau hier besondere Aufmerksamkeit beizumessen.

Die Zeilenbauten der Hofstätten liegen in naturnahes, aneigenbares Grün gebettet, das mehr ist als Abstandsgrün. Es nimmt die wechselseitig vorspringende, ost-westorientierte
Erschliessung der Zeilenbauten auf und schafft so attraktive Räume für Alltagsbegegnungen zwischen Bewohner*innen, Besucher*innen und Passant*innen. Zusätzliche informelle Quererschliessungen, die insbesondere den Bewohner*innen zur Verfügung stehen; die Umgebungsgestaltung wirkt hierbei auf zurückhaltende Art unterstützend.

Das Projekt setzt sich intensiv mit stadtklimatischen Fragestellungen und -Erfordernissen auseinander. Trotz einer hohen Dichte gelingt es den Verfasser*innen, den Anteil versiegelter und unterbauter Flächen auf ein Minimum zu beschränken.

Die vorgeschlagene Etappierung in 3 Etappen ist nachvollziehbar und könnte in dieser Art umgesetzt werden. In der ersten Etappe wird die Langobardenstrasse als natürliche Grenze respektiert, doch wird es schwierig werden, die benötigten Aussenraumflächen anbieten zu können. Es entsteht eher ein Nebeneinander als ein Miteinander.

«Werkgasse» erreicht eine mittlere, ausgewogene Nachhaltigkeit über alle Bereiche. Die Zielwerte SIA-Effizienzpfad Energie (Merkblatt 2040) können sicher erreicht werden. Der grosse Anteil an Grünflächen und Bäumen entlang der Bethlehemstrasse unterstützt eine ausgewogene Biodiversität. Das Projekt hat ein gutes bis sehr gutes Potential zur Erreichung der Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft.

Im Quervergleich liegt das Projekt bezüglich Mengen, Kosten und der Wohnungsanzahl (375) unter dem Durchschnitt und die Gebäudekörper erreichen ein durchschnittliches Verhältnis von Gebäudehülle zu Geschossfläche.

Der Projektvorschlag zeigt einen vielversprechenden städtebaulichen Ansatz für die zukünftige Entwicklung des Areals auf. In der genaueren Betrachtung vermögen jedoch die angebotenen Grundrisstypologien, insbesondere der Strassengebäude, nicht zu überzeugen. Auch fehlt es im Aussenraum an Vielfallt und Attraktivität, und die Fassadensprache vermag keinen charaktervollen Beitrag für das neue Stadtquartier zu leisten.
4. Rang 5 / 5