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Offener Wettbewerb | 11/2021

Entwicklung Quartier am Molkenmarkt in Berlin Mitte

Anerkennung

Preisgeld: 10.000 EUR

Jordi & Keller Architekten

Stadtplanung / Städtebau

Christina Kautz Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Dem Entwurf liegen zwei klare Haltungen zugrunde: Zum einen werden – von wenigen Ausnahmen abgesehen - die Festsetzungen des Bebauungsplans zur Grundlage des Entwurfs gemacht. Zum anderen verfolgen die Verfasser:innen den Ansatz, die historische kleinteilige Parzellierung wieder im Stadtraum erfahrbar zu machen. Als Entwurfsstrategie werden dazu Bebauungsplan und historischer Straubeplan überlagert. Wo möglich, wird die Parzellierung als prägendes Entwurfselement in den Entwurf für das zukünftige Stadtquartier übernommen. Dies gelingt besonders gut im Bereich des Jüdenhofs und in der Parochialgasse. An den Außenkanten des Gebiets, wo die Baufelder den historischen Vorbildern aufgrund des heutigen Verlaufs der Grunerstraße und des Molkenmarkts nicht mehr entsprechen können, wird eine gröbere, nicht mehr dem historischen Vorbild entsprechende Parzellierung, vorgesehen. Die Bezugnahme auf historische Stadtstrukturen erzeugt ein unverwechselbares Bild, das dem besonderen Charakter dieses historischen Ortes gerecht wird. Im Ergebnis entsteht ein klassischer Stadtraum aus Blockrandbebauung, die im Bereich der Blöcke B und C durch eine sehr kleinteilige innere Bebauung geprägt ist. Im Bereich des Blocks A wird zugunsten des im Blockinneren vorgesehenen Stadtplatzes ebenfalls von der historischen Bebauung abgewichen. Der Block D hingegen agiert nach außen hin etwas unentschlossen. Hier lässt sich die Konzeption nicht mehr durchhalten. Aus Sicht der Freiraumplanung wird die öffentliche Zugänglichkeit der Blöcke B und C von den außen anliegenden Straßen Grunerstraße, Molkenmarkt und Stralauer Straße her als sehr positiv und wichtiger Beitrag der Arbeit bewertet. Es entsteht eine öffentlich zugängliche Passage, die alle vier Blöcke miteinander und mit den benachbarten Stadträumen verbindet. Gleichzeitig werden privat nutzbare Freiflächen der Wohnnutzung logisch zugeschrieben. Gelobt wird die Differenzierung der Blockinnenbereiche. So entstehen vier unterschiedliche Situationen, die ihren Nutzer:innen ganz unterschiedliche Angebote machen. Dieses Stadtraumgerüst bietet die Möglichkeit, die archäologischen Funde und auch Baudenkmale in ihren räumlichen, den historischen Situationen nachempfundenen Kontexten, erfahrbar zu machen. So wird auch die französische Kirche in ihrem alten Umriss erkennbar. Sehr kritisch wird hingegen die Belichtungs- und auch Belüftungssituation in den teils sehr engen Höfen gesehen. Fehlende Grundrisse lassen leider nicht ausreichend erkennen, wie insbesondere die sehr kleinen und tiefen Baukörper genutzt werden könnten. Auch die Höhenentwicklung der Bebauung ist nicht vollständig nachvollziehbar. Die Platzierung des Hochpunktes gegenüber dem Alten Stadthaus wirkt unmotiviert. Positiv wird hingegen gesehen, dass das Thema der Parzellierung sich auch in einer differenzierten Höhenentwicklung spiegelt. Sehr kontrovers wird hingegen diskutiert, inwiefern die kleinteilige Parzellierung vor dem Hintergrund von nur drei institutionellen Bauherren überhaupt realisierbar ist. Ist die Parzellierung lediglich ein Bild oder ein Instrument für eine zukünftige Entwicklung? Die Anforderungen an die Nutzungen sind erfüllt. Aufgrund des spezifischen Entwurfsansatzes sind die unterschiedlichen Nutzungen sehr logisch und stringent im Gebiet verteilt. Zu den Außenkanten des Gebiets sind auch größere Flächen in tieferen Baukörpern nachgewiesen, die geeignet sind, sowohl die täglichen Bedürfnisse der Nachbarschaft selbst zu erfüllen, als auch vielfältige andere Nutzungen, wie Gewerbe und kulturelle Nutzungen, zuzulassen. So genügt der Entwurf den Ansprüchen der „Neuen Berliner Mischung“. Kritisch wird hingegen bemerkt, dass keine Aussagen zur Lage der Kita getroffen wurden. Der Entwurf macht unterschiedliche Angebote für unterschiedliche Bewohner:innen und Nutzer:innen. Der Entwurf macht wenige Aussagen zu Fragen der nachhaltigen Entwicklung. Die Kleinteiligkeit der Hofstrukturen lässt eine ökologische Trittsteinwirkung vermissen und gibt auch keine Antwort auf die Anforderungen des Regenwassermanagements oder Hitzeinseleffekte. Ökologische Potentiale bieten die Flachdächer und ihre Höhenstaffelungen. Der selbstgestellten Zielesetzung, die Bedürfnisse der Fußgänger:innen und Radfahrer:innen zentral zu stellen, wird der Entwurf nicht gerecht – der Entwurf bleibt sehr konventionell. So ist weiterhin ein Durchgangsverkehr möglich. Auch andere Themen einer nachhaltigen Mobilität werden mit Blick auf das Fahrrad und die dafür notwendigen Infrastrukturen im Quartier nicht beantwortet. Barrierefreie Erschließung und die Erreichbarkeit für mobilitätseingeschränkte Personen werden nicht gesehen. Notwendige Stellplätze werden nicht nachgewiesen. Die Straßenräume selbst wurden gestalterisch nicht betrachtet. Ideen zur Gemeinwohlorientierung, zeitgemäßen Wohn- und Arbeitsformen sucht man vergeblich. Sehr kontrovers wird daher diskutiert, welchen Innovationsgrad diese Arbeit auf die Herausforderungen der Stadt der Zukunft bietet. Es steht zu befürchten, dass Abstandsflächen großflächig nicht eingehalten werden. Die Vereinbarkeit des Entwurfs mit den Leitlinien zur Ökologie, Freiräumen, nachhaltiger Mobilität, bezahlbarem Wohnungsbau ist nicht ausgearbeitet. Der Entwurf wird diesbezüglich kontrovers diskutiert. Es wird eine große Diskrepanz zwischen der Kleinteiligkeit, Realisierbarkeit und gewünschten großzügigen Freiraumlösungen konstatiert.