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Offener Wettbewerb | 10/2022

Entwicklung Wohngebiet „Nägelesee-Nord“ in Gundelfingen

Vogelperspektive

Vogelperspektive

3. Preis

Preisgeld: 7.500 EUR

Christian Eickelberg – Architekt

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Eine idyllische grüne Wiese am Rand von Gundelfingen im Einzugsbereich von Freiburg im Breisgau.

Ist es überhaupt zeitgemäß an einem solchen Ort zu bauen? Eine aktuell viel diskutierte Frage, welche auch lokal kontrovers behandelt wurde.
Um zukunftsgerecht neu zu bauen ist es notwendig, dass zukunftsweisende städtebauliche Lösungen und Architekturen erdacht und in die Realität umgesetzt werden. Ist es in diesem Zusammenhang möglich, das Gegensatzpaar Natur/Kultur aufzulösen oder die Begriffe zumindest einander anzunähern?

Der Entwurf möchte dafür einen Ansatz bieten.

Das zu bebauende Grundstück ist begrenzt durch eine stark befahrene Bahnstrecke im Osten, zwei Hauptstraßen sowie die freie Landschaft mit Obstgärten und Ackerflächen im Norden.
Der Entwurf schlägt eine zwei- bis dreigeschossige Randbebauung vor, sozusagen die Hülle, welche die Schallemissionen der Bahntrasse und der Straßen abmildert. Nach Süden und Norden werden vertikal begrünte Gebäude frei im Grünraum positioniert, sodass ein fließender Übergang in die Naturlandschaft und zur Untere Waldstraße entsteht. Das neue Quartier fügt sich so selbstverständlich in die vorhandene Landschaft ein.
Der vorhandene Baumbestand wird weitgehend integriert. Durch die zur Untere Waldstraße zurückversetzte Bebauung ist die optional geplante Straßenbahnfläche ohne Veränderung der Gebäude und lediglich durch Verkleinerung der Gärten realisierbar.
Das parallel zur Bahntrasse angeordnete und als Schallbarriere wirkende Parkhaus kann, bei einer möglichen zukünftigen Reduktion des Stellplatzbedarfs, sukzessive geschossweise einer Büronutzung zugeführt werden.
Den westlichen Abschluss bildet ein Gebäude mit Kiosk, Bistro, Bäckerei und Quartiers-/Mobilitätsberatung sowie eine vierzügige KiTa. Der adressbildende einladende Quartiersplatz fungiert als Treffpunkt und Verbindungselement zur umgebenden Bebauung.
Den Kern des neuen Quartiers bilden drei in Holzbauweise errichtete Gebäudegruppen, welche jeweils einen eigenen zentralen Außenbereich, in Anlehnung an den historischen Dorfanger, umschließen. Jedes Gebäudeensemble umfasst eine Mischung aus Reihenhäusern, Geschosswohnungsbauten und Gemeinschaftswohnungen mit Kleinstwohnungen.
Sämtliche neue Gebäude erhalten zur Sonne optimal ausgerichtete mit Photovoltaik bestückte Dachflächen in Kombination mit Dachterrassen und Dachgärten.
Das Areal öffnet sich für Fußgänger und Radfahrer vielfältig zur Bundesstraße und Untere Waldstraße. Das neue Quartier soll weitgehend frei von PKW-Verkehr sein, mit Ausnahme von Anlieferverkehr und der Zufahrt zu KiTa-, Behinderten- und E-Stellplätzen, welche über eine umlaufende Einbahnstraße als Shared Space erreicht werden können. Die übrigen Wege sind Fußgängern und Radfahrern vorbehalten. Straßen und Wege werden als Aufenthalts- und Lebensraum gestaltet. Der Hauptteil des ruhenden Verkehrs wird über das direkt über die Untere Waldstraße anfahrbare Parkhaus abgedeckt (ca. 330 Stellplätze).
Der im Norden des Grundstücks verlaufende Wassergraben wird erhalten, für das Regenwassermanagement des Quartiers genutzt und parallel zu den äußeren Gebäuden ringförmig erweitert. Die bestehenden Abwasserleitungen bleiben unberührt. Freiflächen werden zur Versickerung des Regenwassers herangezogen.

Durch Sportflächen mit Boulebahn, Bolzplatz, Boulderwand, Halfpipe und Cross-Bike-Parcours, vier Bike-Hubs mit Fahrradwerkstatt, Urban Gardening Flächen, ein optionales Gewächshaus auf dem Parkhaus, einen kleinen Quartierswald und eine Sonnenwiese entsteht ein naturnahes und zukunftsorientiertes Quartier mit hoher Aufenthaltsqualität und Nutzungsvielfalt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Weiterentwicklung der Arbeit kann in der Auflösung der Bebauungsränder nach Norden und Süden überzeugen. Die bauliche Ausbildung des nördlichen Übergangs zum Grünraum ist deutlich unterbrochen und bietet untereinander leicht versetzte Baukörperketten an, die mit unterschiedlichen Wohntypen flexibel gereiht werden können. Dadurch entsteht eine spielerische und weiche Verzahnung mit der Landschaft im Norden. An der Nahtstelle entlang der ‚Unteren Waldstraße‘ wird zusätzlich ein Distanzstreifen mit bestehendem Baumbestand als neutrale und vermittelnde Grünfuge zwischen Neu und Alt vorgeschlagen. Die städtebauliche Setzung, Kubatur und Prägnanz der Baukörper entlang der Straße wird dadurch geschwächt und sollte deutlicher formuliert werden, um den längsgerichteten Bestandsbauten ein angemessenes Gegenüber zu geben. Die Adressbildung an der alten Bundesstraße mit markanten
Punktgebäuden wird als bereichernde und ordnende Struktur entlang der heterogen bebauten Straße begrüßt.

Die Lage des Parkhauses entlang der Bahnstrecke ist eine sinnvolle Antwort auf den Ort und wird als konsequenter Vorschlag für einen baulichen Lärmschutz begrüßt. Die Verfasser/Innen denken hier flexible Strukturen an, die alternative Umnutzungskonzepte für den Parkhausbaukörper zulassen, sobald sich Mobilitätskonzepte ändern sollten. Die Länge des Parkhauses wird als konsequente Antwort auf die Bahntrasse und die Lärmemissionen gesehen, sollte jedoch im Falle einer weiteren Bearbeitung attraktiv und kleinteiliger gestaltet werden. Zusätzlich wird an der NO-Ecke des Baugebiets ein naturnaher Spielwall mit Skater- und Kletterzone ins Gelände eingeschrieben. Diese Nutzung ist mit wenig Aufwand als kreativ bespielbarer und lärmintensiver Abenteuerplatz nutzbar und gleichzeitig als Lärmschutz wirksam.

Zum Parkierungskonzept werden sinnfällig im Baugebiet kleine Fahrrad -HUBs entlang der Erschließungsstraße an richtigen Positionen gut verteilt.

Die Wohncluster werden spielerisch aus Zeilenbaukörpern als offene Wohncluster gebildet. Unterschiedliche Wohntypologien umschließen grüne Wohnhöfe, die mit privaten und öffentlichen
Nutzungen bespielt und durchwegt werden können. Die zwischen den Clustern angeordneten grünen Fugen bieten zusätzlich ein stabiles Gerüst für öffentliche Freiräume. Die Qualität dieser konischen Grünräume ist noch nicht einprägsam ausgearbeitet.

Die verbindende Pultdach-Idee ermöglicht überzeugend eine konsequente und integrierte Solarbestückung über das gesamte Quartier und verbindet in ihrer baukörperlichen Gestaltung Geschosswohnungsbau mit Reihenhaustypologien.

Insgesamt entsteht der Eindruck, dass durch die sensible Ausbildung der städtebaulichen Ränder nach Norden und Westen, durch die sinnvolle Platzierung eines konsequenten Parkhausriegels und durch die Entwicklung einer eigenständigen Wohnclusterstruktur mit diesem Entwurf ein überzeugender Beitrag für eine an diesem speziellen Ort entwickelte, innovative Bebauungsstruktur vorgeschlagen wird.



Straßenperspektive

Straßenperspektive

Lageplan

Lageplan

Schnitte

Schnitte