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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2022

Revitalisierung und Neugestaltung Ortskern in Karlstein Dettingen

1. Preis

Preisgeld: 36.500 EUR

Holl Wieden Partnerschaft

Stadtplanung / Städtebau, Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der Ort Dettingen ist Teil einer suburbanen Siedlungsstruktur, die durch das Zusammenwachsen der ehemals eigenständigen Orte Großwelzheim und Dettingen entstanden ist.

Ziel aller städtebaulichen Maßnahmen ist es, den Ort aus dieser suburbanen Umgebung herauszuheben und zu einem besonderen Ort zu gestalten, mit Eigenschaften, die ihn von seiner unmittelbaren suburbanen Umgebung unterscheiden.


Wesentliche Teile des neuen Erscheinungsbildes sind:


1 – der Bau eines multifunktionalen Dorfzentrums aus Wohnen, gewerblichen und sozialen Einrichtungen


Durch das neue Dorfzentrum mit seinen Gebäuden und Freiräumen soll die Zusammengehörigkeit und Gemeinschaft des Ortes eine neue Wertschätzung erhalten.


2 – Neugestaltung des Bahnhofareals als neugewonnener Aufenthaltsort von Dettingen


Mit der Sanierung und Erweiterung des historischen Bahnhofgebäudes entstehen neue Nutzungen auf dem brachliegenden Bahnhofsareal. Ein Park & Ride Parkdeck mit Mobilitätsstation, die Bushaltestelle und eine großzügige Bahnhofsgrünanlage für Aufenthalt und Spiel machen das Areal wieder zu einem wichtigen Teil des Ortes.


3 – Bau von neuen bahnhofsnahen Wohnungsangeboten als Nachverdichtung eines Blockinnenbereiches


Mit dem Wohnungsangebot aus 3 Wohn- und Nachbarschaftshöfen entsteht ein breit gefächertes Angebot für eine gemischte Bewohnerstruktur. Das gartenstädtische Konzept ist eine Antwort auf die zukünftigen Herausforderungen der Klimakrise, des Artenschwunds und der Desintegration der Gesellschaft.


4 – Neugestaltung aller Straßen auf Grundlage eines neuen Mobilitätskonzeptes mit der Priorität für Radfahrer und Fußgänger. In Dettingen kann man ohne Auto leben


Eine Hierarchisierung des Straßen- und Wegenetztes ermöglicht die Neugestaltung aller Straßenräume. Die Hanauer Landstraße wird zum begrünten urbanen Boulevard umgestaltet.


5 – Aufwerten und Qualifizieren der landschaftlichen Grün- und Freiräume als Naherholungs- und Freizeiträume des Ortes


Mit dem Flußraum des Mains und dem Landschaftsraum des Hagbach- und Forchbachtals mit den angrenzenden Streuobstwiesen im Rücken der Hofstellen hat der Ort bereits vorhandene Landschaftsparks, die aufgewertet werden müssen.

Die landschaftlichen Grünräume sind wichtige Elemente zur Erhaltung der Artenvielfalt und zur Verbesserung der klimatischen Situation. Sie ermöglichen als zusammenhängende Bewegungslandschaften sportive Betätigung und Freizeitaktivitäten aller Art.


Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche und freiräumliche Leitidee des Entwurfs „den Ort aus der suburbanen Umgebung herauszuheben und zu einem besonderen Ort zu gestalten, mit Eigenschaften, die ihn von seiner unmittelbaren Umgebung unterscheiden“ wird konsequent und mit großem Selbstverständnis verfolgt und überzeugend umgesetzt. Auch das angebotene Verkehrskonzept ist in sich schlüssig. Die Nutzung der Franken- und der Friedensstraße zur Verbindung Bahnhof und Hanauer Landstraße und die Verkehrsberuhigung im Ortszentrum wird als richtige Entscheidung erachtet.

 

Am Ortseingang wird, losgelöst von der Einmündungssituation, durch die Setzung von zwei Baumpaaren und einem Belagswechsel der Beginn des historisch baulichen Bestands deutlich markiert. Die bestehende Höhensituation zwischen Straßenraum und Grünzug am Hagbach wird nachvollziehbar und gestalterisch ansprechend gelöst. Ein kleiner Platzbereich als Wasserspielplatz sowie einige Sitzstufen zum Bachlauf bieten Aufenthaltsmöglichkeiten entlang einer als stimmig erachteten Wegeverbindung zum Main mit maßstäblichem Grünbezug. Der dichte Baumbestand wird weitgehend erhalten.

 

Der Bezug der Hanauer Landstraße über den Mainplatz und die Maingassen zum Main wird durch die angemessene und zurückhaltende Neugestaltung deutlich gestärkt und der Mainplatz selbst durch die angebotene Freifläche für Außengastronomie zusätzlich aufgewertet. Insgesamt gewürdigt werden die stimmigen Verbindungen von den beiden Maingassen und den Freiflächen am Hagbach zum Main.

 

Die Hanauer Landstraße wird gegliedert durch einen farbigen Belagswechsel innerhalb des historischen Ortskerns und Aufpflasterungen im Bereich der Straßeneinmündungen. Die Fahrbahnfläche wird richtigerweise auf ein nötiges Minimum reduziert, wodurch bereits die gewünschte Geschwindigkeitsreduzierung erreicht wird. An den Fahrbahnrändern entstehen „Multifunktionstreifen“, die wahlweise für Bushalt, Kurzzeitstellplätze, Fahrradabstellanlagen sowie Begrünungen genutzt werden können. Damit steht in den Randbereichen wieder mehr Platz für Fußgänger und zur ergänzenden Begrünung bzw. Vorgartenbereichen zur Verfügung. Ggf. wäre zu prüfen, ob darüber hinaus Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung als sinnvoll bzw. notwendig zu erachten sind.

 

Die Gestaltung der Hahnenkammstraße ist angemessen und lässt mit notwendiger Flexibilität auch das Parken zu.

 

Die vorgeschlagenen baulichen Lösungen im Ortskern, um den städtebaulichen Raum zu schließen, werden begrüßt. Dabei können die zahlreichen Einzelmaßnahmen im Ortskern auch unabhängig und damit zeitlich versetzt umgesetzt werden. Im zentralen Bereich bieten die vorgeschlagenen Neubauten mit Nutzungen als Bäckereien, Jugendtreff, Café bis hin zur Parkscheune nicht nur baukulturell neue Qualitäten, sondern geben auch funktional die Möglichkeit, den öffentlichen Raum zu entlasten und aufzuwerten. Dabei wäre allerdings die Einbindung und damit der Erhalt des Illner- Hauses nochmals zu überprüfen. Der Platz vor dem Heimatmuseum bietet die erwünschte Aufenthaltsqualität. Auch die vorgeschlagene Gestaltung des Karlsplatzes, dem Spielgarten und einem öffentlichen Fahrradhof wird als guter Beitrag anerkannt.

 

Der Erhalt des Bahnhofes mit den vorgeschlagenen Anbauten wird begrüßt. Die Verortung der Fahrradstellplätze und Parkdecks scheint augenscheinlich richtig. Für den Busbahnhof muss der Nachweis geführt werden, dass die Geometrie in der Realität funktioniert und ggf. ist die Verortung zu prüfen. Auch die barrierefreien Verknüpfungen der verschiedenen Bereiche sind zu prüfen.

 

Die Körnung der vorgeschlagenen Bebauung für den Blockinnenbereich ist richtig. Das verkehrliche Konzept sowie die Parkplätze am Rand zentral anzuordnen und damit im Innenbereich reine Fußwege und Wohnhöfe zu schaffen wird als guter Ansatz angesehen. Im weiteren Verlauf wären allerdings die städtebauliche wie auch höhenmäßige Ausformung nochmals detaillierter zu betrachten.

 

Insgesamt ein Entwurf, der mit hoher Sensibilität für den Ort, großem Selbstverständnis und der Angemessenheit der Maßnahmen einen städtebaulich robusten und freiraumplanerisch bereits im Detail überzeugenden Beitrag leistet und zu einer deutlichen Aufwertung des zentralen Bereichs von Karlstein führen kann.