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Offener Wettbewerb | 09/2023

Neugestaltung Dorfzentrum in Stallikon (CH)

Visualisierung Landgarten

Visualisierung Landgarten

2. Rang / 2. Preis

Preisgeld: 14.000 CHF

MERETT

Stadtplanung / Städtebau

Haag Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Ausgangslage dieses Vorschlags ist die historische Ost-West Wegverbindung quer zur Topografie, die von historischen Gebäuden gesäumt ist und im Projektvorschlag mit dem Dorfplatz und dem Erhalt der Scheune wiederbelebt und gestärkt wird. Die Dorfstrasse und der Weidhogerweg bilden das verkehrsberuhigte Rückgrat und dienen als interne Erschliessung und Treffpunkt. Die neuen Bauten werden in drei Nachbarschaften organisiert: dem Dorfplatz, dem Landgarten und dem Obstgarten. Der Dorfplatz wird von den bestehenden Gebäuden und dem neuen Genossenschaftshaus mit Gemeinschaftsräumen, Flexräumen und der Gruppenpraxis gefasst und erhält so eine gewisse Öffentlichkeit sowohl für die Genossenschaft als auch für das Dorf. Die Scheune als öffentlich zugängliche und flexibel nutzbare Struktur bildet das Scharnier zum Obstgarten mit den weiteren Genossenschaftsbauten. Der Freiraum ist hier als chaussierter Hof mit gemeinschaftlichen Flächen gestaltet. Das Projekt belässt die Zonengrenzen und platziert damit das Alterswohnen oben am Weidhogerweg. Zum alten Schulhaus hin entsteht hier ein grosszügiger Obstgarten, der sich in der Gestaltung an den umliegenden Hainbepflanzungen anlehnt und mit dem bestehenden Grünraum im Norden zusammenfliesst. Eine Verbindung zum Kinderhort wird über einen Trampelpfad im Obsthain angedeutet aber nicht weiter ausformuliert.

Die Adressen der Gebäude befinden sich jeweils direkt am öffentlichen Raum: an der Reppischtalstrasse beziehungsweise am Weidhogerweg oder am Dorfplatz. Die Adressräume sind jeweils spezifisch ausgestaltet und dienen als Treffpunkt für die Hausgemeinschaft. Je nach Haustyp und Lage unterscheiden sich diese Erschliessungsfiguren, wodurch unterschiedliche Haus - Identitäten und unterschiedliche Wohnungstypen und Nachbarschaften entstehen. Zur Reppischtalstrasse hin bildet der neue Dorfladen mit Kafi das Gesicht von Stallikon. Das Alterswohnen am Weidhogerweg (Stöckli) wird über einen ruhigen Ankunftsort mit Blick ins Grüne erschlossen. Die Lage des Alterswohnen wird kontrovers diskutiert. Die Bewohnenden scheinen abgehängt vom öffentlichen Verkehr (Bushaltestelle), sowie vom neuen Dorfplatz und vom Landgarten, dem neuen Zentrum der Genossenschaft. Allerdings vermag der bis in das Stöckli verlängerte Weidhogerweg die nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen den Bewohnenden des Weges zu fördern in dem ein intimer Begegnungsort mit einem hohen Nutzungspotential entsteht.

Die vorgeschlagenen Bauten unterscheiden sich nach Typ und Lage, sind aber doch verwandt. Insgesamt handelt es sich bei der Bebauung um zwei Grundtypen, welche sich an den traditionellen Bauten der Umgebung orientieren: Das verputzte Wohnhaus und die hölzerne Scheune. Dies ist in der Herleitung plausibel, die architektonische Ausformulierung wirkt aber aufwändig und teilweise unpassend. Durch die verschiedenen Haus- und Erschliessungstypen entsteht eine Vielfalt an unterschiedlichen Wohnungen, welche meist zwei oder dreiseitig orientiert sind und sich teilweise auch explizit für hohe Belegungen eignen. Die Wohnungen sind mehrheitlich gut proportioniert, wobei bei gewissen Typen die Entrée- und Verkehrsflächen in den Wohnungen zugunsten der Zimmerflächen optimiert werden könnten. Das Haus Tenn kombiniert die Erschliessungszone mit den privaten Aussenräumen. Dies ist sozialräumlich attraktiv, jedoch aus Brandschutzsicht nicht oder nur sehr schwer bewilligungsfähig. Eine Trennung zwischen privatem Aussenraum und aussenliegender Erschliessung ist die Folge.

Die Materialisierung mit Brettstapeldecken ist ressourcenschonend angedacht. Die vorgeschlagene Fassadenkonstruktion mit einem nicht hinterlüfteten Verputz auf einem Holzständerbau erreicht aber nur eine mittlere Beständigkeit. Die Dachflächen sind mit Photovoltaik belegt. Die Lage der Tiefgarage, welche nahezu den kompletten Freiraum „Obstgarten“ unterkellert und trotzdem die Anbindung an die Wohnhäuser nicht schafft, wird aus Gesichtspunkten der Aussenraumgestaltung, Ökologie und Ökonomie stark hinterfragt.

Das Projekt Dornröschen ist im Quervergleich bezüglich Wirtschaftlichkeit (Kosten pro HNF) eines der teureren Projekte. Die Grösse der Tiefgarage übersteigt die bestellte Anzahl Parkplätze und bezieht Bestandesgebäude mit ein, was aufwändige Unterfangungen auslöst.

Die für das Gesicht des Dorfes zur Reppischtalstrasse wichtigen Bestandesbauten werden erkannt und das Potential der Nord-Südachse (Dorfstrasse / Weidhogerweg) als verkehrsberuhigter Begegnungsort für die Nachbarschaft wird im Konzept formuliert und gestärkt. Der innere Freiraum, der die Nachbarschaften verbindet, soll zwar laut den Verfassenden öffentlich zugänglich sein und als Teil des Dorfes wirken, ist aber eher als interner Freiraum der Siedlung formuliert und es ist unklar, inwiefern eine Qualität nicht nur für die neue Bebauung, sondern auch für das Dorf entsteht. Dadurch, dass das Alterswohnen oben am Weidhogerweg liegt und die Einstellhalle bewusst die Häuser nicht direkt erschliesst, ist die topografische Anbindung des Alterswohnen umständlich und der neue Grünraum für Bewohner mit Gehbehinderung kaum zugänglich. Auffällig, aber begrüssenswert an diesem Projekt ist die vertiefte freiräumliche und landschaftsarchitektonische Auseinandersetzung mit Aufgabe und Ort. Ob aber die Dichte und die Sprache der Interventionen der Situation gerecht werden, wird in Frage gestellt. Wegen sehr zurückhaltenden Höhenangaben ist eine Verifizierung schwierig und Zweifel an der Umsetzbarkeit bleiben bestehen. Die räumliche Abfolge von Dorfplatz, Landgarten und Obstgarten ist nachvollziehbar und hilft, unterschiedliche Identitäten zu schaffen.

Der neue Dorfplatz verbindet sich gut mit dem öffentlichen Ort «Scheune», wendet sich aber mit dem gewählten Bauvolumen teilweise vom historischen Kern ab. Dass weder Café noch Laden hier angeordnet sind, verringert die Bedeutung dieses Ortes.

Insgesamt ein sorgfältig ausgearbeiteter Beitrag der präzise die bestehenden Qualitäten des Ortes (halböffentliche Vorplätze, Gärten, informelles Wegnetz, Obstwiesen, wichtige Bestandesbauten, historische Verbindung über die Reppischtalstrasse) erkannt hat. In der Umsetzung entspricht die Disposition der Freiräume mit den Alterswohnungen abseits am Weidhogerweg aber zu wenig dem Grundgedanken der Genossenschaft einer stark vernetzten gemeinschaftlichen Siedlung.