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Nichtoffener städtebaulicher Planungswettbewerb mit Ideenteil | 05/2022

Entwicklung Stadtteil Rauher Kapf West in Böblingen – Schwerpunkt „IBM-Entwicklungslabor“

Lageplan

Lageplan

ein 1. Preis

Preisgeld: 30.000 EUR

Labor für urbane Orte und Prozesse

Stadtplanung / Städtebau

SEETAL Susan Eipper et al. Architektur und Stadtplanung

Stadtplanung / Städtebau

~ GRÜNE WELLE, lebendige Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

URBANE LICHTUNG

Die städtebauliche Leitidee greift die landschaftsräumliche Identität des ehemaligen IBM-Standorts auf und entwirft eine Lichtung in der Lichtung. Der räumliche Archetyp der Lichtung ist mit unzähligen positiven Assoziationen verknüpft und vereint auf kongeniale Art und Weise zwei grundlegende, räumliche Bedürfnisse des Menschen: Geborgenheit und Offenheit. Der abnehmenden Dichte der Baumstrukturen wird eine zunehmende Dichte der Baustrukturen entgegengesetzt, um sich Zentrum wiederum in einen großen urbanen Freiraum öffnen. Die Kontrastierung der gegenläufigen, verschränkten Dichte von Städtebau und Freiraum erzeugt doppelte Freiraumqualitäten. Der Entwurf vermag es, entgegenstehende Raumbedürfnisse auf engstem Raum zu vereinen. Baufeldstruktur und Bebauung ermöglichen einen umfassenden Erhalt des prägenden Baumbestands, der sorgfältig in die Freiraumgestaltung der Mitte sowie der Ränder integriert wird.

Die um die Mitte angeordneten Baufelder bilden dabei eigene Nachbarschaften mit einem kollektiv nutzbaren Freiraum als Treffpunkt. Die urbane Lichtung wird so nicht nur stadträumlich klar gefasst, sondern auch durch mit Leben gefüllt. Dem Erdgeschoss kommt eine besondere Rolle zu. Neben den klassischen Nutzungen wie Gastronomie und Dienstleistungen bieten spezielle Optionsräume im Sinne einer Quartiersallmende die Möglichkeit zur Teilhabe, Austausch und Kommunikation. An der Schönaicher Straße bildet ein Sonderbaustein zusammen mit Nahversorger und der Seilbahnstation einen sichtbaren Quartiersauftakt.

Im Wechselspiel von Landschaftselementen und Bebauung entsteht so ein Quartier mit ortsangemessener Dichte und Atmosphäre, das zeitgemäße Angebote an urbanem und vielfältigem, aber zugleich auch durchgrüntem Wohnen und Arbeiten bietet. Klar ablesbare, dabei je nach Situation differenziert gemischte Gebäudetypen auf Basis des NOKERA-Systems sowie ergänzenden Sonderbauten schaffen eine einladende Atmosphäre und schaffen zugleich Wohnraumangebote, deren räumliche Qualitäten und Freiräume für Bewohnergruppen in unterschiedlichen Lebensphasen und unterschiedliche Einkommensgruppen ein Zuhause sein können.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit Rauher Kapf West versteht sich als ein gemischtes Quartier im Archipel mehrerer Siedlungsbereiche, die jeweils ihren eigenen Charakter entwickeln und miteinander im Dialog stehen. Gut ausformulierte Grundidee des neuen Quartiers im Wald sind strahlenförmig angeordnete Baufelder, die räumliche Bezüge zu Bestandsstrukturen aufnehmen und sich um einen grünen Anger, um eine „urbane Lichtung“ gruppieren.

Die Mitte wird über die Erschließungsstraßen und Wege mit dem umliegenden Wald verbunden. Auf den einzelnen Baufeldern werden U-förmige Bebauungen platziert, die sich zum Zentrum urban und geschlossen zeigen und mit ihren privaten Höfen zum umliegenden Wald öffnen. Dieses Prinzip schafft für den vorgesehenen Geschosswohnungsbau in fast allen Lagen Wohnungen mit guter Ausrichtung mit einer jeweils urbanen und öffentlichen und einer grünen und privaten Seite. Auch eine Wohnung an der Mitte kann in den Wald sehen.

Der urbane Anger wird vom Preisgericht in seiner Größe als angemessen dimensioniert empfunden. Begrüßt wird die Lage von Quartiershaus, Nahversorgung, Schule und Altenpflege direkt am Anger. Die Lage der Kita müsste aus der Sicht des Preisgerichts ebenfalls eine Lage an der Mitte erhalten. Kritisiert wird der ein oder andere Sonderbau, der es nicht schafft, den baulichen Rahmen für die urbane Mitte zu setzen. Kontrovers diskutiert werden die Erdgeschossnutzungen, die sich zum Anger hin orientieren – gibt es genügend Bedarf für eine Nicht-Wohn-Nutzung oder ist gerade dies ein richtiger Ansatz für die Qualität und Innovation eines zeitgemäßen Quartiers und macht dieses stark und flexibel für die Zukunft?

Von der baulichen Ausnutzung her liegt die Arbeit im untersten Bereich. Aus Sicht des Preisgerichts ist jedoch die Möglichkeit gegeben, eine höhere Geschossflächen zu erzielen. Die Module des Holzbaus werden größtenteils pragmatisch eingesetzt.

Der Entwurf beeindruckt das Preisgericht durch die Entwicklung des Freiraumkonzeptes aus dem Bestand und den besonderen Qualitäten des Ortes heraus. Das Konzept ermöglicht den Erhalt vieler Bestandsbäume. Urbane Freiräume verbinden sich über lockere Gehölzstrukturen mit dem angrenzenden Wald, private Höfe, der umlaufende Freiraumring und der Wald bauen eine spanende Beziehung auf. Im Zentrum entsteht eine „urbane Lichtung“, eine Almende, in der die wertvollen Bestandsgehölze als zentrales Element inszeniert werden. Die Mitte fungiert als multifunktionaler Freiraum, der das Wassermanagement funktional und gestalterisch auf attraktive Art und Weise zum Thema macht. Die vorgeschlagene lokale Energieversorgung und -speicherung wird als positiv bewertet. Aktives Regenwassermanagement ist vorhanden. Weitere Maßnahmen zur Klimaanpassung, insbesondere ein konkretes Beschattungskonzept wären wünschenswert.

Das Erschließungskonzept ist über einen Ring gut gelöst, vier dezentrale Quartiersgaragen in Hoch- und Tiefbau bieten einen ersten Ansatz für ein innovatives Mobilitätskonzept. Als städtebaulich schwach und entwicklungsfähig werden die zwei Zufahrten von Norden aus erachtet. Auch eine sichtbare, bauliche Anbindung an die Schönaicher Straße wäre wünschenswert.

Insgesamt besticht die Arbeit durch eine klare stadträumliche Idee für genau diesen Ort, die eine einzigartige Identität für das Quartier herstellt und dabei den richtigen Maßstab findet.
Isometrie Strukturkonzept

Isometrie Strukturkonzept

Modell

Modell