modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Offener Wettbewerb | 06/2023

Städtebaulicher Wettbewerb Raiffeisenstraße ÖBB Areal Ostbahnhof in Graz (AT)

Schaubild

Schaubild

1. Preis

Preisgeld: 27.000 EUR

Gangoly & Kristiner Architekten ZT GmbH

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Städtisches Umfeld
Der Stadtteil Jakomini erfährt aufgrund seines starken Entwicklungspotentials entlang der
Conrad-von-Hötzendorstraße - beziehungsweise rund um die Bahntrasse Ostbahnhof –
eine enorme bauliche Verdichtung. Neue Hochpunkte entlang dieser Achse vermitteln eine
zukünftige urbane Dichte stadtauswärts. Am Wettbewerbsareal stellt sich daher die
Aufgabe, zwischen einer zukünftigen Hochhauszone und einer gewachsenen, inhomogenen
Stadtstruktur zu vermitteln.
Der Entwurf gliedert das Areal in drei Baufelder und reagiert sowohl im Norden als auch im
Süden auf die differenzierte städtische Umgebung. Spangenartig umfasst die geplante
Struktur das gesamte Planungsareal und definiert klare Ecken und Fluchten im Stadtraum.
Mittig situiert sich die gewünschte Parkfläche und ermöglicht somit eine grünräumliche
Vernetzung der beiden umgebenden Quartiere. Im Norden reagiert das Quartier auf die
bestehende hohe Bebauung im Umfeld der Messe. Ein L-förmiger Baukörper positioniert
sich entlang der Fröhlichgasse und vervollständigt sowohl den bestehenden Straßenraum,
als auch die räumliche Beziehung zu den umgebenden Hochpunkten.
Als bauliche Abgrenzung zur Raiffeisenstraße agiert eine straßenseitige Bebauungsschicht
als Schallfilter. Sie generiert eine sowohl räumliche als auch lärmmindernde Schwelle
zwischen dem öffentlichen Straßenraum und der internen Erschließung der Baufelder. Zwei
Solitärbaukörper eröffnen eine zweite Reihe, ihre geschützte Lage am Park ermöglicht
privatere Nutzungen.

Die Grüne Mitte
Die Entscheidung, die öffentliche Grünfläche inmitten des Bauplatzes zu situieren, ergibt
sich aus einer logischen Fortsetzung des bestehenden Freiraumnetzwerks im umgebenden
Gebiet. Die Bebauung rahmt die Grünfläche sowohl im Norden als auch im Süden. Es
entsteht ein geschützter öffentlicher Freiraum im Zentrum, er öffnet keine Löcher in einer
bestehenden Stadtstruktur, sondern verbindet zwei städtebauliche Schollen mittels einer
zentralen Baum-Ader.
Durch den gesetzlich vorgeschriebenen Abstand der Bebauung zum öffentlichen Park wird
dieser räumlich erweitert und ermöglicht eine visuelle Einbindung der historischen
Backsteinfassade des Ostbahnhofs in diesen öffentlichen Stadtraum. Die große Grünanlage
bietet ausreichend Raum für unterschiedlichste Nutzer: innengruppen. Die zukünftigen
Bewohner: innen können sich die ebene Rasenfläche motorisch aneignen, wodurch eine
Vielzahl an Aktivitäten, wie Ballsport oder Fitnesstraining im Grünen, ausgeübt werden
können. Darüber hinaus bietet ein modelliertes Gelände hin zur Bahntrasse eine attraktive
und abwechslungsreiche Spielfläche für Kinder aus der Nachbarschaft. Großflächige
Blumenwiesen steigern die Biodiversität im Stadtraum und dienen der grünräumlichen
Gestaltung.
Übergangszonen vom öffentlichen Park hin zur Bebauung können ebenfalls vielseitig
genutzt werden. Mögliche Gastgärten beleben den Stadtgarten und private
Gemeinschaftsterrassen und Spielflächen können sich ebenfalls in den öffentlichen Raum
erweitern.

Vernetzung und Schichtung
Ausgehend von zwei offenen Hofstrukturen ermöglicht das Bebauungskonzept eine klare
Erschließungsachse zwischen zwei Bebauungsschichten. Diese Achse erstreckt sich durch
den öffentlichen Grünraum und mündet sowohl im Norden als auch im Süden in einen
öffentlichen Platz. Nördlich bildet ein städtischer Platz eine einladende Verteilerzone, um
die sich im Erdgeschoss diverse Handels- und Gastronomieflächen ansiedeln können.
Mögliche Nutzungen wie Bäckerei, Friseur, Post oder Trafik orientieren sich mit ihrem
Angebot stark an der örtlichen Nachfrage. Der Platz wird von einer rahmenden
Überdachung geschützt, in seiner Mitte sorgt ein Baumhain für natürliche Beschattung. Die
befestigte Oberfläche ist möglichst durchlässig geplant, was durch einen Mix aus
Pflasterung und wassergebundenen Decken gewährleistet wird. Inmitten der Baumgruppe
ermöglicht freie Möblierung spontanes Verweilen.
Der städtische Platz im Norden leitet über in eine gassenartige Erschließungssituation
innerhalb der Quartiere. Der siedlungsöffentliche und doch recht intime Boulevard wird von
gezielt gesetzten Baum- und Pflanztrögen zoniert. Unter kleinkronigen Bäumen bieten
Bänke schattige Plätzchen für die Nutzer: innen zum Verweilen und Beobachten.
Der Quartiersboulevard verbreitert sich am Park und schafft auch hier einen subtilen
Übergang vom siedlungsinternen zum öffentlichen Raum. Gemeinschaftsterrassen mit
Bänken und Tischen für Quartiersfeste oder Treffen vermitteln niederschwellig entlang des
Stadtgartens zwischen privat und öffentlich.
Auch am südlichen Baufeld finden sich entsprechende Qualitäten wieder. Der öffentliche
Verbindungsweg zwischen Raiffeisenstraße und Fußgängerunterführung leitet wiederum in
eine verteilende Platzsituation über. Daran anschließend führt die quartiersinterne
Erschließung in den öffentlichen Freiraum.

Die Schichtung der Baukörper ist so gewählt, dass sich sämtliche Erschließungs- und
Funktionsflächen entlang der beiden Quartierboulevards aneinanderreihen. Die Flächen hin
zur Raiffeisenstraße dienen wiederum frequenzsteigenderen Nutzungen wie Dienstleistung,
Konsum und Gastronomie. Dies führt auch dazu, dass die interne Quartierserschließung
kaum von Passanten genutzt wird und sich somit zu einem entschleunigten
Bewegungsraum entwickeln kann. Auch der motorisierte Individualverkehr wird nahe der
Raiffeisenstraße in einer zusätzlichen Baukörperschicht abgefangen.
Räume, die sich entlang der Bahntrasse anordnen, dienen der Unterbringung der
zahlreichen quartiersinternen Räder.

Nutzungsidee
Die Wohnnutzung findet in beiden Quartieren in geschützter zweiter Lage zur
Raiffeisenstraße statt. Die differenzierte Positionierung innerhalb des Baufeldes eröffnet
einen starken Grünraumbezug für den geplanten Wohnraum. Ihm vorgelagert schaffen
siedlungsöffentliche Grünanlagen einen subtilen Übergang von öffentlichen Funktionen hin
zur privaten Nutzung.
Die Solitärbaukörper sind sehr kompakt und ermöglichen dadurch eine effiziente
Gliederung der Grundrisse. Erschließungsflächen werden stark minimiert und ein
vielfältiger Wohnungsmix sorgt für ein breites Angebot für zukünftige Bewohner: innen. Die
Anordnung der Wohnungen ist so gewählt, dass sowohl die Belichtung als auch das grün-
und freiräumliche Potential bestens ausgeschöpft werden. Ein freier Blick ins Grüne wird
bewahrt und steigert somit die Wohnqualität.
Büro- und Gewerbeflächen ordnen sich rund um den städtischen Vorplatz im Norden an.
Somit stellt das nördliche Quartier nicht nur eine stadträumliche Annäherung an die
Büroquartiere entlang der Conrad- von Hötzendorfstraße dar, sondern fügt sich auch durch
seine Nutzungen in die Umgebung ein. Die Hochpunkte entlang der Raiffeisenstraße
beinhalten ebenfalls großzügige Büro- und Gewerbeflächen.

Die Baukörperdimensionen sind so gewählt, dass sie eine äußerst effiziente Gliederung der
Büroflächen ermöglicht. Die 3-hüftige Grundrissstruktur generiert rundum natürlich
belichtete Arbeitsbereiche und lässt eine flexible Raumeinteilung zu. Somit können neben
klassischen Büroformen wie Zellen-, Kombi- oder Großraumbüros auch moderne
Arbeitswelten mit zeitgemäßen Möblierungskonzepten umgesetzt werden. Auch die immer
stärker werdende Forderung nach nutzbaren Freiflächen für Pausen und Erholung im
Bürobau wird erfüllt. Biodivers gestaltete Natur-Dachgärten mit befestigten
Terrassenflächen sowie direkten Blick in den öffentlichen Grünraum bilden qualitätsvollen
Freiraum für alle Nutzer: innen.

Verkehr
Beide Baufelder werden getrennt voneinander an das öffentliche Straßennetz angebunden.
Die Zufahrten dienen nicht nur dem Individualverkehr, sondern sind auch für Einsatz- und
Entsorgungsfahrzeuge vorgesehen. Letztere haben durch die kompakte Anordnung der
Müllräume entlang der Funktionsachse einen minimalen Verkehrsweg und werden mithilfe
eines Wendehammers auch schnell wieder aus dem Quartier geleitet. Die Zufahrt zum
Technikgebäude erfolgt teilweise über den Quartiersboulevard und wird anschließend
möglichst entsiegelt entlang des Bahnareals geführt.
Mittig in den straßenbegleitenden Baukörper führen die Tiefgaragenzufahrten in die
jeweilige Quartiersgarage. Die Lage der Zufahrten ist so gewählt, dass sowohl entlang des
öffentlichen Straßenraums, als auch entlang der Quartierboulevards, Nutzungen angeordnet
werden können. Auch das Untergeschoss ist durch die Schichtung der Baukörper so
strukturiert, dass eine optimale Erschließung der verteilenden Treppenhäuser
gewährleistet ist.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt weist drei Baufelder aus, das nördliche und südliche fassen den in der Mitte gelegenen Park. Durch das Freispielen der Mitte wird aus Fußgängerperspektive die Blickbeziehung auf den Ostbahnhof entlang der Raiffeisenstraße und Draisgasse beibehalten. Diese Maßnahme wird seitens der Jury sehr gewürdigt, da der Ostbahnhof neben der Identitätsstiftung der historischen Backsteinfassade in der weiteren Quartiersentwicklung einen wichtigen Frequenzknotenpunkt darstellt.

Der Park weist die gewünschte Weite und Öffentlichkeit auf und wird trotz der Offenheit der Durchwegung nicht von der zukünftigen Wohnbebauung beeinträchtigt und vice versa. Die beiden Baufelder sind einfach und wesensähnlich strukturiert. Entlang der Raiffeisenstraße wird ein länglicher, höhengestaffelter Baukörper situiert, dahinter in der zweiten Reihe gelegen je ein höherer Solitär, der als Wohnbau vorgesehen wird. Ein Büro- /Gewerbehaus wird entlang der Fröhlichgasse als L-Baukörper positioniert und fasst den Straßenraum in diesem Bereich.

Die Baukörper weisen gut nutzbare Trakttiefen und sinnvolle Belichtungssituationen auf, die unterschiedliche/veränderliche Nutzungen der Baukörper ermöglichen. Durch diese zweizeilige Bebauung entsteht ein mittiger Weg (Quartiersboulevard), der als Blickachse die beiden Randbaufelder in Beziehung zueinander und zum Park setzt und jeweils im Norden und Süden in einen Platz mündet. Diese Plätze sind in ihrer Proportion, Situierung und Schwerpunktsetzung stimmig vorgeschlagen. Die Nutzung ist ihrer Lage entsprechend -nördlich der städtische Platz als Auftakt mit unterschiedlichen gewerblichen Nutzungen im EG und dem Büro-/Gewerbe Cluster, südlich der Platz im Bereich der Unterführung zum Ostbahnhof als Anknüpfungspunkt an zukünftige Entwicklungen.

Die Baukörper sind sehr gut positioniert und wohl proportioniert und stellen in ihrer Einfachheit ein rigides Grundgerüst für die erforderliche Nutzungsoffenheit für die weitere Entwicklung dar. Die Freiraumstruktur reagiert gekonnt auf die örtlichen Gegebenheiten. Die Positionierung der städtischen Plätze im Norden und Süden wird als sehr passend empfunden. Sie sind gut in die Gebäudestruktur eingebettet. Der südliche Vorplatz ermöglicht eine gute Anbindung an die Fußgängerpassage zum Ostbahnhof. Die angedachten Nutzungen im und am Rand des mittig situierten Parks sind stimmig und beleben den öffentlichen Raum. In weiterer Folge wird empfohlen, die Größe der unterbauten Flächen zu reduzieren und ausreichend große Aussparungen der Tiefgarage für Baumpflanzungen zu generieren. Vor allem der nördliche städtische Platz verlangt nach großen Baumpflanzungen.
Modell

Modell