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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2016

Öffnung des Flughafengebäudes Tempelhof – Tower THF

Dachterrasse

Dachterrasse

Anerkennung

Preisgeld: 8.000 EUR

Klaus Block Architekt BDA

Architektur

Roland Poppensieker Architekt BDA

Architektur

StudioC

Tragwerksplanung

Planungsteam Energie + Bauen

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Ziel des Entwurfes ist es, den markanten und auch stadträumlich bedeutsamen Kopfbau West des ehemaligen Flughafengebäudes samt seinem angrenzenden Haupttreppenturm zu einem räumlich spannungsvollen und leistungsfähigen Entrée in die – auch historisch - unterschiedlichen Schichten und Ebenen des Standortes zu machen. Dabei soll das architektonische Erscheinungsbild auch unter Berücksichtigung denkmalpflegerischer Belange bewahrt werden.

Architektonisches Konzept

Aus diesem Grunde werden neue Hinzufügungen zur ursprünglichen Gebäudekubatur möglichst vermieden. Die Vorgehensweise lässt sich eher als subtraktiv beschreiben. So wird beispielsweise die ehemalige Zugdurchfahrt wieder geöffnet und dem Stadtraum zugeordnet. Die Wahrnehmungen von Innen und Außen verbinden sich. Der Flaneur wie auch der potentielle Besucher können sich, bereits vor dem Betreten des eigentlichen Gebäudeinneren, als „Teil“ des Flughafengebäudes begreifen.

Auch auf dem Dach des Gebäudes wird auf diese Weise vorgegangen. Die notwendigen Erweiterungen der beiden Treppenhäuser bis auf die Dachebene, landseitig wie luftseitig, haben keine zusätzlichen Aufbauten zur Folge, denn sie werden als „Einschnitte“ in die vorhandene Kubatur realisiert. Lediglich für den Feuerwehraufzug samt Vorraum sowie die brüstungshohe Umwehrung eines Oberlichts über der entlang des Mittelflurs gelegenen bauzeitlichen Treppe werden Volumina in den jeweils minimal notwendigen Dimensionen auf die Dachfläche aufgesetzt, die allerdings in der Ansicht in einem Fall gänzlich und im anderen zumindest zum Teil verborgen bleiben.

Denn auch diese Dachfläche ist, genau genommen, das Ergebnis einer Subtraktion: Durch eine Reduktion der Höhe der unter der Dachterrasse liegenden Decke über dem 6. OG kann eine Absenkung der Terrassenebene erreicht werden, die ein fast vollständiges Verbergen der notwendigen Absturzsicherung hinter der vorhandenen Attika ermöglicht.
Die gesamten Terrassenflächen über Kopfbau West sowie der Einschnitt in die Dachfläche über dem Haupttreppenhaus sind mit gewebeartigen Gitterrost-Konstruktionen überzogen, die - in Anlehnung an die Verfahrenstechnik der Blechumformung - wie tiefgezogen auch die Verkleidungen der Attika-Innenflächen, der Aufbauten von Feuerwehraufzug und Oberlicht sowie der land- und luftseitigen Treppenläufe bilden.

Erschließung und Barrierefreiheit

Der barrierefreie Zugang zum Tower THF erfolgt über den großzügigen Vorplatz südlich des Kopfbaus West. Die bereits vorhandene Rampenanlage vor der Feuerwehrhalle ermöglicht hier einen selbstverständlichen und unaufwendigen Zutritt auf das Niveau der Rollfeldebene. Dieser Zugang, der gleichzeitig den Haupteingang zum Tower darstellt, ist durch ein weit auskragendes Vordach vor der Witterung geschützt. Im Inneren schließen sich der zweigeschossige Eingangsbereich – optional mit Tresen - und, in selber Flucht, der Zugang zum Aufzug als barrierefreie Verbindung zum Ausstellungsgeschoss und der Dachterrasse an.

Der Eingangsbereich auf Rollfeldebene kann zusätzlich über einen Seiteneingang innerhalb der ehemaligen Zugdurchfahrt betreten werden. Der bauzeitliche Höhenversprung zwischen Anlieferung bzw. Zufahrt und Entladung auf Rollfeldebene ist hier sehr gut erlebbar. Die Differenz von einem Meter wird hier mittels einer vorgestellten leichten Treppenkonstruktion aus Metall überwunden. Im breiteren mittleren Feld der Zugdurchfahrt hat das nördlich des Eingangsbereiches angeordnete Fluchttreppenhaus über eine ebenfalls vorgestellte leichte Treppenkonstruktion seinen direkten Ausgang ins Freie.

Auch die Regen geschützte Zugdurchfahrt wird als Eingangsbereich begriffen, bereits hier können Ticketautomaten aufgestellt sein. Einige Fahrradstellplätze, zusätzlich zu Stellflächen auf dem Vorplatz, sind ebenfalls denkbar. Von hier kann man direkt über den Seiteneingang die Eingangshalle und das Treppenhaus erreichen.

Im mittleren Feld der Zugdurchfahrt zeichnet sich deutlich sichtbar ein neu eingefügter, in die bestehende Konstruktion eingeschnittener Treppenlauf ab. Er verbindet den Podest zwischen 1. und 2. OG im Haupttreppenhaus mit dem östlich der Zugdurchfahrt gelegenen neuen Treppenhaus, das auf die Rollfeldebene und von dort ins Freie führt. Auf der genannten Podestebene werden unter Bezugnahme auf den dort ursprünglich geplanten Treppenhausausgang die zugemauerten Öffnungen wieder freigelegt und mit Festverglasungen versehen. Sie versehen den Bereich mit Licht, dem man auf dem Weg aus dem neuen Treppenhaus nach oben entgegengeht, zudem bilden sie eine Art Schaufenster gen Tempelhofer Damm.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit wird wegen ihres bemerkenswert zurückhaltenden Eingriffs in die Silhouette des Bestandsgebäudes gewürdigt. Der Verzicht auf Brüstungen und deutlich sichtbare Dachaufbauten gelingt den Verfassern, indem sie die Bestandsdecke über dem 6. Obergeschoss durch eine neue, gefällelose Konstruktion ersetzen. Diese wird dabei so weit abgesenkt, dass die Höhe der bestehenden Attika die geforderte Absturzsicherung für die Besucher der Dachterrasse gewährleistet. Die Terrasse wird dabei in gelungener Weise als neues bauliches Element sichtbar gemacht. Der schwer ablesbare Zugang zum Gebäude mitsamt der umfangreichen Geländemodellierung wird allerdings kritisch beurteilt. Auch die neue Erschließung des Haupttreppenhauses und die räumliche Ausgestaltung der Ausstellungsetage können nicht überzeugen. Insgesamt liefert die Arbeit einen diskussionswürdigen Beitrag zu der Fragestellung, wie eine Umnutzung des Tempelhofer Flughafengebäudes mit Respekt vor dem baulichen Bestand und gleichzeitig mit Mut zu strukturellen Eingriffen umgesetzt werden kann.
Eingangssituation mit Blick in die ehemalige Zugdurchfahrt

Eingangssituation mit Blick in die ehemalige Zugdurchfahrt