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EU-weit offener einstufiger Architekturwettbewerb mit angeschlossenem Verhandlungsverfahren | 02/2006

"Mariazeller Akademie"

2. Preis / Bieter laut Punktewertung

4000architekten /// Prof. Georg Giebeler, Architekt BDA

Architektur

Erläuterungstext

Ein Fehler als Gewinn

Unser Vorentwurf unterscheidet sich zum Wettbewerbskonzept in einem wesentlichen Punkt: Die Anbindungshöhe der Wellnessebene ist nun um zweieinhalb Meter tiefer (und somit auf der geforderten Höhe).

Die Ebene der LebensartAkademie wurde mit der Wellnessebene um eben dieses Maß nach unten verschoben, wobei die Fläche für den TIP selbstverständlich auf Höhe der Wiener Strasse verbleibt. Es ergeben sich zwei entscheidende Vorteile:
1. Vom TIP aus übersieht man nun die gesamte LebensArt- Akademie wobei man (über den LebensArt- Kojen stehend) auch den Blick in die Landschaft hat. Das Gebäude wird horizontal durchlässiger.
2. Der Rundweg endet nicht direkt am Eingang – der so zum Ausgang werden könnte, sondern auf halber Höhe der Ganggalerie. Der Weg gabelt sich und führt so auch in die Wellness- und Cafeebene. Das Gebäude wird vertikal noch stärker verknüpft.

Drei Nutzer

Der Tagestourist / der Wallfahrer
schlendert noch durch die Wiener Strasse. Lockt ihn nicht das Wissen um den Inhalt, dann aber allein die Art des Gebäudes mit seinem geschlossenen Obergeschoss über dem gläsernen, einspringenden Sockel. Es erscheint auf den ersten Blick als typisches öffentliches, nichtkommerzielles Gebäude. Das bleibt es auch im Bereich des TIP und der Ganggalerie. Foyer und die Verbindung nach unten sollen genau diesen Charakter haben, da aus diesen Bereichen alle anderen (soll heißen: gewinnbringenden Module) erfahrbar sind.
Vom Eingang aus überblickt man die LebensArt- Ausstellung. Langweilige und im Zweifel unnütze Erklärungsbeschilderung erübrigt sich. Wenn die Ausstellung gut ist, geht er hinein. An der Architektur darf der Erfolg nicht scheitern. Der Rundgang beginnt dann nahezu hollywoodesk mit dem Abgang über die Treppe wobei sich genau am Ansatz der niedrigste Deckenpunkt befindet. Die Kojen liegen nun meist nur einseitig am Rundgang um größtmögliche Übersicht zu gewähren. Wende- und Höhepunkt ist die Sonderausstellungsfläche direkt an der Westfassade. Danach führt der Weg vorbei an der Ganggalerie, die hier nur durch ein Brüstung zur LebensArt- Akademie getrennt ist. Nach den letzten Kojen betritt man nun genau diese Ganggalerie und wird geleitet bis zum großen Zwischenpodest. Die Entscheidung über den weiteren Weg ist hier offen, aber logischer ist es, der bisherigen Bewegung – nach unten und rechtsdrehend – zu folgen. Man betritt also die Ganggalerie und landet im KulturCafe. (Wenn nicht so, dann vielleicht durch die verlockende Aussicht vom Panoramafenster der LebensArt- Ebene auf den Gastgarten). Da das Cafe aber direkt an die Wellnessabteilung - braucht man auch hier keine Werbeschilder, nebenbei eine Wohltat für den Kommerz und die Umgebung.
Der „zufällige“ Benutzer lernt quasi im Vorübergehen die Inhalte der Akademie kennen ohne sich gegängelt oder ausgenutzt zu fühlen.

Der Hotelgast
ist schon seit längerem in Mariazell. Die Ausstellung hat er schon gesehen, das Cafe benutzt er regelmäßig. Sein Zugang zur Wellnessabteilung ist eher „privater“ Natur. Aus dem Scherfler- Keller betritt er das Gebäude und wendet sich direkt rechts zur elektronischen Zugangskontrolle. Er ist nun im Gang der Umkleidekabinen durch die er die offene Situation der Ablageschränke und Duschen betritt. Die Wellnessebene funktioniert als offene Landschaft, gegliedert in „öffentliche“ und „private“ Bereiche. Öffentlich ist die Ruhefläche des Pools die man als erstes betritt. Der Pool, der sich unter der Ganggalerie befindet, stellt die Grenze zum nichteinsehbaren Bereich dar. Hinter dem Pool liegen Beauty- Bereich und Saunen. Angeschlossen an deren Ruhebereich gibt es einen – durch begleitende Mauern und textiles Dach – sichtgeschützten Aussenbereich im Park.
Der Wellnessbesucher kann sein Modul benutzen, als ob es sich in seinem Hotel befände, ohne von den anderen Besuchern gestört zu werden.

Die Mitarbeiter
sollen (neben ihrem Tagesgeschäft) mit geringem Aufwand große Flächen beaufsichtigen. Auch dieses erreichen wir mit architektonischen Maßnahmen. Wir sehen dabei zwei unterschiedliche Büroarbeitsplätze vor. Die Mitarbeiter des TIP arbeiten direkt am Counter. Sie sind erste Anlaufstelle für Information und Kartenverkauf. Das Büro der Akademie liegt außerhalb des Publikumsverkehrs, jedoch ebenfalls mit Überblick über die LebensArt- Ausstellung. Ähnlich ist die Lösung am zweiten Eingang. Der Cafebetreiber ist zentrale, gut sichtbare Anlaufstelle für den Wellnessbereich und kann diesen im „öffentlichen“ Bereich beaufsichtigen.

Ansonsten haben wir in der Durcharbeitung technische und rechtliche Anforderungen detaillierter berücksichtigt und kleinere funktionale Mängel beseitigt. Das Konzept jedoch basiert weiterhin auf zwei Grundpfeilern:
1. Das Haus der zwei Eingänge. Das Gebäude löst den Konflikt der beidseitigen Zugänglichkeit durch kommerziell und funktional sinnvolles Verbinden der einzelnen Module durch die diagonal geführte Ganggalerie.
2. Das Haus mit Talblick. Ein Phänomen in Mariazell ist die einseitige Ausrichtung auf die Basilika. Den „Blick zurück“ ins Tal gibt es weder am Hauptplatz noch am Basilikaplatz. Auch die Bebbauung wendet sich mit Hinterhofcharakter zum Tal. Unser Entwurf reagiert genau gegensätzlich. Das Gebäude öffnet sich – unterstützt durch geneigte Decken – zu diesem Blick. Das Gebäude hat ein zusätzliches Alleinstellungsmerkmal.