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Offenes Verfahren | 09/2015

Neubau einer zweiten Hinterrheinbrücke

Sumegliant

3. Preis

Preisgeld: 40.000 CHF

Gerber + Partner Bauingenieure und Planer AG

Bauingenieurwesen

SKK Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Szalai Ingenieurbüro AG

sonstige Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Hervorstechend an «Sumegliant» (dt. «ähnelnd ») ist das Fachwerk mit dreifachem Strebenzug, das durch die räumliche Auflösung mit drei parallelen Obergurten pro Seite keine Kreuzungspunkte der Streben aufweist. Diese Massnahme macht es möglich, dass die neuen Hauptträger in ihrer Projektion genau dem bestehenden Stabwerk entsprechen. Dies gilt zumindest für drei Viertel der Trägerhöhe, das restliche Viertel der alten Brückenansicht wird vom etwas schwer wirkenden Schottertrog abgedeckt. Die Autoren erläutern die Formfindung im Erläuterungsbericht als eine schrittweise Entwicklung von vollwandigen Kästen erst in Beton, dann in Stahl bis hin zu einem Raumfachwerk. Was auf den ersten Blick als formale Spielerei betrachtet werden könnte, erweist sich bei genauerem Studium der Unterlagen als durchdacht. Zur Verringerung der Anzahl Knoten werden die einzelnen Fachwerksysteme um die Untergurtachse verdreht. Das so entstehende räumliche Tragwerk dient nun auch zur seitlichen Aussteifung des Tragwerks, sodass auf querlaufende Verbände verzichtet werden kann. Die Fahrbahnplatte ist als lastverteilendes Element genügend steif, um eine annähernd gleiche Belastung der jeweils drei Fachwerksysteme sicherzustellen. Die Stäbe bestehen aus Stahl S 355 J2 G3, sie sind durchgehend geschweisst. Leider wurden Fragen der Ermüdung nicht betrachtet. Hier sind Mehraufwände und erhöhte Kosten zu erwarten.
Die Flusspfeiler bestehen aus Beton, haben abgerundete Stirnflächen und sind mit Grossbohrpfählen fundiert. Die Widerlager sind flach gegründet. Die Montage des Überbaus erfolgt zuerst ohne Fahrbahnplatte von beiden Flussufern her gegen die Mitte. Grosse vorfabrizierte Trägerteile werden mit Mobilkranen in ihre Position gehoben. In den Randfeldern werden Hilfspfeiler aufgestellt, was problemlos möglich ist; im Mittelfeld sind sie nicht nötig. Anschliessend wird die Fahrbahn an Ort betoniert. Zwei rahmenartige Trogbrücken überqueren die A13. Sie sind mit einer relativ grossen Trägerhöhe von 2.55 m schlaff bewehrt, der Einsatz einer Vorspannung wird als Option vermerkt. Die hohen Trogträger der A13-Querung verursachen eine etwas unangenehme Diskontinuität in der Seitenansicht. Der lichte Raum zwischen den Trogwänden ist zu eng. Die Auflager der Trogbrücken bestehen aus Beton, bergseits der A13 werden sie ähnlich wie heute in die Naturstein-Stützmauer eingelassen, was gestalterisch zu hinterfragen ist. Betoniert werden die Trogbrücken an Ort auf einer Schalung, die an einem darüber liegenden Gerüstträger hängt. Die Flussbrücken werden mit einem (vorgespannten?) Betongelenk mit der südlichen A13- Rahmenbrücke verbunden, was nicht verständlich ist.
Die Umgebungsgestaltung möchte die Gründe für den Verlauf des Hinterrheins, der gleich nach der Brücke frontal auf den Vorderrhein stösst, stärker ablesbar machen. Dazu wird das Ende der neuen natursteinverkleideten Stützmauer unterhalb des Polenwegs mit einer Kanzel versehen. Damit wird der Vorsprung des Hügels thematisiert. Sie schafft auch ein reizvolles Gegenüber zum Pavillon auf dem Felsvorsprung des Schlosses Reichenau. Oberhalb des Polenwegs wird der Hang mit der im geologischen Bericht erwähnten 60°-Neigung steil geböscht und mit einem weitgehend naturgegebenen Mosaik von Fels und Oberboden versehen.
Die statischen Berechnungen sind mit Ausnahme der fehlenden Ermüdungsnachweise sorgfältig ausgearbeitet. «Sumegliant» fasziniert durch den starken Willen, eine für diese Aufgabe massgeschneiderte und unkonventionelle Lösung zu finden. Es ist verblüffend, wie stark sich der Vorschlag dem Bild der bestehenden Brücke annähert, ohne dabei die zeitgenössische Technik zu kompromittieren. Die Anstrengung und der Manierismus von «Sumegliant» geben der Jury viel Diskussionsstoff. Wie steht es mit dem «inneren Wert»? Das heisst: könnte die Brücke auch für sich allein stehen, wenn in hoffentlich weit entfernter Zukunft die ältere Brücke doch einmal ersetzt werden müsste? Gibt es auch zu viel Ähnlichkeit, die verwirren kann? Hier bestehen Zweifel am Konzept von «Sumegliant», die für die Jury auch nach längerer Betrachtung bestehen bleiben.