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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2013

Neubau Bahnhofgebiet SĂŒd

4. Rang / 4. Preis

Alex Herter

Architektur

Dr. Deuring + Oehninger AG

Bauingenieurwesen

W L P

TGA-Fachplanung

Heidt Bauphysik und Akustik

Bauphysik

ErlÀuterungstext

Situation und StÀdtebau

Das auf dem Bahnhofsareal fĂŒr die Neubauten zur VerfĂŒgung stehende GrundstĂŒck ist lang und wenig tief. Die LĂ€ngsseiten sind auf zwei unterschiedliche RĂ€ume orientiert: nach Osten zur Bahnhofstrasse und nach Westen auf das offene Gleisfeld und die dahinter den Hang hinaufsteigende Bebauung. Nördlich sĂ€umt der Neubau den Bahnhofsplatz mit dem neuen Busbahnhof, wĂ€hrend sĂŒdlich eine der Austrasse entlang weiterfĂŒhrende Bebauung noch zu planen ist.

Es werden zwei gleich grosse Neubauten mit einem dazwischenliegenden Platzraum vorgeschlagen. Die GebĂ€udekörper sind je in seitliche niedrige FlĂŒgelbauten und einen mittleren Haupttrakt gegliedert. Die SeitenflĂŒgel nehmen den Massstab der benachbarten Bebauung auf und leiten gleichsam den fĂŒnfgeschossigen Haupttrakt ein. Dieser nutzt im Erdgeschoss die ganze GebĂ€udetiefe fĂŒr die Laden- und DienstleistungsrĂ€umen. Damit die Wohnungen die Besonderheit der zweiseitigen Orientierung nutzen können, ist der Haupttrakt in den Obergeschossen weniger tief.

Der die Bahnhofstrasse begleitende Raum wird als eine Abfolge von PlatzrĂ€umen und verbindenden Ladenpassagen interpretiert. Die als Kombination von Arkade und Kollonade ausgebildete Ladenpassage fĂŒhrt in den SeitenflĂŒgeln bis zu den Geleisen. Somit orientieren sich die SeitenflĂŒgel auch auf die schmalen Stirnseiten des GrundstĂŒcks und wirken raumbildend.

SĂŒdlich vom Wettbewerbsperimeter entlang der Austrasse sollen gemĂ€ss Leitbild in Zukunft weitere Geleise aufgehoben werden. Dies wĂŒrde ermöglichen, die Bebauungsstruktur in einer Ă€hnlichen Weise fortzusetzen. Der Situationsplan deutet das schematisch an.


Umgebungsgestaltung und Erschliessung

Die Situation bedingt eine nahezu vollstĂ€ndige Befestigung sĂ€mtlicher UmgebungsflĂ€chen. Eine Reihe mit grösseren rotblĂ€ttrigen FĂ€cherahornbĂ€umen begleitet diese Seite der Bahnhofstrasse und schirmt den Zwischenraum zu den GebĂ€uden leicht ab. Auf den seitlichen PlĂ€tzen sind kleinerwĂŒchsige Exemplare derselben Gattung vorgesehen. Der Baumwuchs ĂŒber der Tiefgarage wird durch grossformatige Becken mit angegliederten SitzbĂ€nken realisiert.

Die Verkaufs- und DienstleistungsrĂ€ume im EG werden sowohl fĂŒr Anlieferung wie fĂŒr Kunden direkt durch die Arkade erschlossen. Eine sekundĂ€re Erschliessung fĂŒr Mitarbeiter ist gleisseitig vorgesehen. Die ZugĂ€nge zur Tiefgarage befinden sich in den seitlichen Arkaden, zusammen mit den ZugĂ€ngen zu den BĂŒro- oder PraxisrĂ€umlichkeiten in den Obergeschossen der SeitenflĂŒgel. Zu den WohnungseingĂ€ngen geht man um die GebĂ€ude herum auf die Gleisseite. Somit wird diese Seite aufgewertet und die VerkaufsflĂ€chen im EG nicht unterbrochen. FĂŒr Kurzzeitparking stehen den Kunden ParkplĂ€tze entlang der Bahnhofstrasse zur VerfĂŒgung. FahrradabstellplĂ€tze sind an verschiedenen Stellen nahe bei den EingĂ€ngen angeordnet.


Wohnungstypen

Zwei TreppenhĂ€user erschliessen pro GebĂ€ude 20 Wohnungen. Das eine erschliesst als ZweispĂ€nner je eine 2,5- und eine 3,5-Zi-Wohnung. Das andere fĂŒhrt zusĂ€tzlich einseitig zu einem offenen Laubengang, welcher eine 4,5-Zi-Wohnung erschliesst.
Die Wohnungen profitieren nebst der zweiseitigen Orientierung ĂŒberdies von beidseitig angeordneten Loggias, wovon die strassenseitige (s. „LĂ€rmschutz“) als verglaster Erker ausgebildet ist.


Verkaufs- und DienstleistungsrÀume

Die LĂ€den, Restaurants, usw. werden von einer Arkade erschlossen. Diese bietet einen geschĂŒtzten und einladenden Bereich fĂŒr Gastronomie oder Aussenverkauf und das geniessende Flanieren an.

Die VerkaufsflĂ€che ist grundsĂ€tzlich ein zusammenhĂ€ngender grosser Raum, welcher flexibel in unterschiedlich grosse RĂ€ume unterteilt werden kann. Zu den Gleisen schliesst eine Raumschicht fĂŒr NebenrĂ€ume, Lager, etc. und die Vertikalerschliessung fĂŒr Wohnungen, BĂŒro, Keller und Tiefgarage an.


Konstruktion und Materialisierung

Die GebĂ€ude sollen in einer anmutigen Weise dauerhaft und nachhaltig konstruiert werden. Vorgeschlagen wird eine Massivbauweise mit einem Zweischalenmauerwerk. Die geschlossenen Wandfelder sind verputzt, wĂ€hrenddem im Bereich der Arkade die Tragstruktur mit Sandsteinplatten aus St.-Gallerischen, hellen, blĂ€ulich-grĂŒnem Bollinger-Sandstein verkleidet wird. Das gleiche gilt fĂŒr die Gurtgesime, die FenstergewĂ€nde und die Ă€usseren Sturz- und BrĂŒstungsverkleidungen. Diese Elemente gliedern und schmĂŒcken die Aussenwand. Zum Gleisfeld ist die horizontale Gliederung der Gesimse vereinfacht und die VertikalitĂ€t im VerhĂ€ltnis zum offenen Raum betont. In den Obergeschossen gibt es grundsĂ€tzlich einen Fenstertyp: das zweiflĂŒgelige, „französische“ Fenster mit GelĂ€nder, niedriger BrĂŒstung und Sturz. FĂŒr die Erker und Loggias wird der gleiche Typ gereiht. In der Arkade und in den TreppenhĂ€usern bereichert ein Mosaikbodenbelag in venezianischen Rottönen die Erscheinung.

Das Erreichen des Minergiestandards ist möglich und muss in feiner AbwĂ€gung sĂ€mtlicher Bestandteile geplant werden. FĂŒr eine Solaranlage stehen auf den DĂ€chern der Haupttrakte genĂŒgend FlĂ€chen zur VerfĂŒgung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Als primĂ€re stĂ€dtebauliche Setzung schlagen die Verfasser zwei LĂ€ngsvolumen vor, welche sich je aus einem Sockelgeschoss, einem aufgesetzten, viergeschossigen Mitteltrakt und zwei, an den Stirnseiten angelagerten zweigeschossigen FlĂŒgelbauten zusammensetzen. Obwohl im mittleren GebĂ€udeteil fĂŒnf Geschosse erreicht werden, erreichen die Volumen dank ihrer Differenzierung mit den niedrigeren FlĂŒgelbauten und dem ZurĂŒckspringen des Mitteltraktes eine gute MassstĂ€blichkeit in der Situation.

Im Sockelgeschoss sind die Verkaufs- und Dienstleistungsnutzungen zur Bahnhofstrasse hin mittels Arkaden erschlossen. Durch diesen aussenrĂ€umlichen Mehrwert wird nicht nur einer angemessenen ReprĂ€sentativitĂ€t der GebĂ€ude an ihrer prominenten Lage Rechnung getragen, sondern auch eine gute Erschliessung und Adressbildung fĂŒr die Verkaufsnutzun-gen erreicht. Die Wohnungen in den oberen Geschossen sind - dank der Reduktion der GebĂ€udetiefe - nach beiden Seiten orientiert, womit den beidseitig vorgelagerten Aussen-rĂ€umen ein hochwertiger Wohnstandard angeboten werden kann.

Die tektonisch feinsinnig formulierte Fassadengliederung spiegelt das sorgfĂ€ltige Niveau des Bearbeitungstandes. Allerdings wirft die Sprachlichkeit der Architektur Fragen auf. Trotz vieler guter Überlegungen wirken die GebĂ€ude stark idealtypisch, nicht zuletzt aufgrund der unnötig starren symmetrischen Grunddisposition und der identischen Formulierung der GebĂ€ude. Es wĂ€re wĂŒnschenswert gewesen, mit demselben feinsinnigen gedanklichen Repertoire, mit welchem der Grundtyp entwickelt wurde, diesen in einer untergeordneten Hierarchieebene mittels subtiler Anpassungen stĂ€rker in der Situation zu verorten, um dem Vorwurf des Formalismus entgegenzuwirken. In Bezug auf den architektonischen Ausdruck wirkt die gewĂ€hlte architektonische Erscheinung zu stark als "Retro"-Architektur, was insbesondere in dem Zitat der Rundbögen zum Ausdruck kommt. Es wird der Ausdruck unse-rer heutigen Zeit als auch ein Bezug zur regionalen Bautradition vermisst.

Im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit liegt das Projekt mit den Erstellungskosten im Durchschnitt der Projekte, bietet jedoch mit nur 40 Wohnungen die geringste Anzahl Wohnungen aller Projekte an, mit entsprechend begrenztem Ertragspotential. Die statischen Vorgaben betreffend der Tiefgarage werden mit der GebĂ€udestatik (viele StĂŒtzen im Feld) und der schweren Bauweise (FĂŒnfgeschossigkeit, Zweischalenmauerwerk) als problematisch beurteilt.