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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2015

Departement Biomedizin der Universität Basel - Neubau Labor- und Forschungsgebäude

MCDLIX

1. Preis

Preisgeld: 55.000 CHF

Caruso St John Architects

Architektur

Conzett Bronzini Gartmann AG

Bauingenieurwesen

Kalt + Halbeisen Ingenieurbüro AG

Bauingenieurwesen

Gruner Wepf AG, Zürich

Bauingenieurwesen

enerpeak salzmann ag

Bauingenieurwesen

JAEGER BAUMANAGEMENT AG

Projektsteuerung

Laborplaner Tonelli AG

sonstige Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau und Architektur
In einer überzeugenden textlichen Reflexion beleuchten die Verfasser den vorgefundenen Ort und kommen zum Schluss, dass die sprachliche Heterogenität der umgebenden Stadtstruktur unweigerlich zu einem starken solitären Ausdruck des Neubaus führen muss, der in seiner materiellen Präsenz aber auch eine mehrdeutige Lesbarkeit zulassen soll.
Die Relation, die durch die volumetrische Setzung einer expansiven, liegenden Figur zum benachbarten Turm aufgebaut wird, ist im Situationsmodell eindrücklich nachvollziehbar. Der hermetische und über eine Fuge geschickt mit dem Bestand verbundene Neubau überzeugt aber auch in seiner reduktiven Gestalt: Diese eröffnet an der Stirn mit dem schiffsartigen «Bug» eine repräsentative Geste gegen die künftigen universitären Erweiterungsgebiete im Nordwesten, schliesst sich dem südöstlichen Bestand mit volumetrischer Sorgfalt an und zeichnet den durchlässigen Charakter des öffentlichen Baus in Form einer querliegenden Röhre mit zwei prägnanten Eingängen aus.
All diese Massnahmen zeugen von einer sehr sorgfältigen Auseinandersetzung mit den städtebaulichen Parametern und einer daraus abgeleiteten eigenständigen Reaktion, die dem Quartier zusammen mit dem turmartigen Ankerbau eine prägnante und auch nach aussen ausstrahlende Identität verleiht.

In konsequenter Weise sucht auch die architektonische Sprache eine flächige Abstraktion, welche das prismatische Volumen mit seinen Auskerbungen scharf auszeichnet: Eine zweite Haut aus quadratischen, aber klimatisch offenen Glasfeldern verleiht dem Bau einen faszinierenden Ausdruck, der die Wissenschaftlichkeit seiner inneren Welt anklingen lässt, ohne die Zeichenhaftigkeit notwendiger Empfangsgesten zu vernachlässigen. Die Rigidität der Haut ermöglicht der inneren, thermischen Fassadenschicht einen pragmatischen Umgang mit den nutzungsmässigen Anforderungen: Sie birgt gedämmte Brüstungen auf Arbeitstischhöhe und kann im Zwischenraum den tageslichtregulierten Sonnenschutz aufnehmen. So gelingt es den Verfassern auf vorerst scheinbar leichte Art und Weise, einen überraschenden architektonischen Ausdruck mit den funktionalen Bedingungen in Einklang zu bringen.

Dieser Akt der fast spielerisch wirkenden Interaktion zwischen Form, Funktion und Technik prägt das Gebäude auch in seiner gesamten Durcharbeitung: Die Haltung beginnt bei einer einfachen Baustruktur, die in ihrer Direktheit den Bau sinnfällig gliedert und gleichzeitig durch Massenaktivierung Aspekten wie Nachtauskühlung etc. gerecht werden kann, führt über die raffinierte Auslegung der Brandschutzvorschriften, welche durch die optimale Auslotung von Fluchtweglängen und eine angemessene Festsetzung von Vertikalkernen eine hohe Nutzungsflexibilität generiert, und gipfelt schliesslich in einem klar strukturierten und ausgeklügelten Haustechnikkonzept. Stets gelingt es den Verfassern, den Dingen eine mehrfache Plausibilität zu verleihen.

Die räumlich-organisatorische Konzeption des Baus steht dieser konstanten Suche nach Stringenz in keiner Weise nach: Sie kann im Erdgeschoss eine durchlässige Öffentlichkeit anbieten, welche die verschiedenen aktuellen und künftigen Seiten des Campus über eine pulsierende Raumfigur verschränkt. Auf elegante Art und Weise bringt diese nicht nur die hierarchische Wertung der Fussgängereingänge zum Ausdruck, sondern vermag auch die Tiefgarageneinfahrt auf überzeugende Weise zu integrieren.
Die kollektiven Nutzungen des Programms installieren sich in diesem einladend ausgestalteten Erdgeschoss in vielseitig bespielbarer Anordnung als öffentliche «Drehscheibe » des Neubaus. In einer sinnfälligen Wertung des Raumprogramms wird das öffentliche Erdgeschoss eher von den internen Nutzungen in den Obergeschossen separiert und nur räumlich über die zweigeschossige Eingangshalle verschränkt; auf eine prominente Fussgängerverbindung zwischen Erdgeschoss und 1. Obergeschoss wird verzichtet. Die Lifttürme sind dafür direkt an der Halle sowie an der Schnittstelle zwischen Alt und Neu positioniert.

Auf den Forschungsgeschossen schrauben sich zwei ausdrucksstarke «Glaskegel» auf die Ebene der Science Lounges im «piano nobile» mit seinen eingezogenen, fast bühnenartigen Aussenterrassen hinunter, um den physischen Kontakt auf den unterschiedlichen Forschungsebenen zu fördern. Letztere zeichnen sich durch ein sehr austariertes und proportional gekonntes Verhältnis zwischen grosszügigen Verkehrs- bzw. Kommunikationszonen und effizienten, netzartigen Verteilkorridoren aus, die eine maximale Flexibilität gewährleisten und in einer fassadennahen Raumschicht münden, um den Forschern optimale Arbeitsbedingungen sowie den Blick auf die städtische Umgebung zu offerieren.

Freiraum
Mit der gleichen reduktiven Klarheit wird der umliegende Freiraum gestaltet, indem er sich entsprechend den städtebaulichen Setzungen zurücknimmt, um den räumlichen Hauptakzent, die Platzfigur um den Turmbau, nicht zu konkurrenzieren. Eine unterbrochene, doppelte Baumreihe markiert an übersichtlicher Stelle den Hauptzugangstrichter, der seinerseits auf raffinierte Weise die Tiefgarageneinfahrt aufnehmen kann.

Betrieb und Logistik
Das Raumprogramm ist mehrheitlich erfüllt, fehlende Flächen (Mitarbeiter-Garderoben) sind gut ergänzbar. Der zentrale Entsorgungsraum im Pharmazentrum (PHZ) muss in der Nähe der Ladebucht im Neubau angeordnet werden. Die sechs Regelgeschosse mit der geforderten Flexibilität (sechs Laborgruppen) sind überzeugend zwischen einem technischen Geschoss zuoberst (Core Facilities und Laborglas-Spülküche) und einem 1. Obergeschoss als Kommunikationsgeschoss (Science Lounge und Besprechungen) angeordnet, letzteres mit attraktivem Aussenbezug.
Auf den Forschungsgeschossen sind die Auswertplätze direkt an der Fassade mit einem guten Tageslichtbezug angeordnet und mit der Möglichkeit, ruhige Arbeitsnischen zu schaffen. Tageslichtfragen sind im Projekt gut gelöst (bzw. für das 1. Untergeschoss durch eine Tageslichtsimulation nachzuweisen). Die Tierhaltung ist in einer funktionell sinnvollen Nähe zur Ladebucht des Logistiktunnels angeordnet.

Die im PHZ zur Verfügung stehenden Räume sind sinnvoll genutzt und die Kommissionierung im Erdgeschoss des PHZ ist machbar. Phasengerecht ist auch die Logistik als Ganzes gelöst, wenn sie auch im Einzelnen noch zu optimieren ist. So ist eine Liftverbindung zum PHZ in den Untergeschossen sicherzustellen. In allen Hauptnutzungsgeschossen sind breite, grosszügige und klare Verbindungswege eine optimale Voraussetzung für eine reibungslose Logistik. Die Nutzungen sind im ganzen Haus grundsätzlich überzeugend, klar und grosszügig angeordnet. Gebäudetechnik Das gesamte Gebäudetechnikkonzept ist ausreichend beschrieben und verständlich dargestellt. Sowohl die Platzierung und Grösse der Haustechnikzentralen als auch die Anordnung der Aussenluftfassungen für die Lüftungszentralen im Untergeschoss können überzeugen. Die horizontale und vertikale Medienerschliessung in den Laborgeschossen ist ausreichend nachgewiesen. Allerdings sind die Steigzonen eher zu knapp bemessen, was im Bedarfsfall eine Nachrüstbarkeit zusätzlicher Medien verunmöglicht. Der Lösungsansatz, die teilweise hochinstallierten Core Facilities direkt bei der Dachtechnikzentrale zu verorten, um so eine hohe Nutzungsflexibilität gewährleisten zu können, wird hingegen besonders gewürdigt. Insgesamt wird ein durchdachtes und überzeugendes Gebäudetechnikkonzept vorgelegt, das in dieser Hinsicht nur wenige Anpassungen erfordert.

Wirtschaftlichkeit
Das Projekt weist bezüglich Geschossflächen und Gebäudevolumen gegenüber den übrigen Projekten überdurchschnittliche Werte auf. Auch die aufwendige, zweischichtige Haut und die Fassadenmaterialisierung wirken sich negativ auf die Wirtschaftlichkeit aus. Aufgrund der vorhandenen «Luft» und des Sparpotenzials hinsichtlich der zweischichtigen Hülle lässt das Projekt aber den erforderlichen Optimierungsspielraum erwarten.

Würdigung Projekt
Insgesamt gelingt es dem Vorschlag in erfrischender Weise, die unterschiedlichen Anforderungen der Aufgabenstellung auf ebenso elegante wie stringente Art zu einer architektonischen Einheit zu verschränken. Er macht sich die technischen Aspekte der Aufgabe fast leichtfüssig zunutze, um sie für einen eigenständigen Ausdruck und eine anregende Arbeitsatmosphäre zu vereinnahmen.
Das gleichzeitig klare und mehrdeutige Bild, das er durch seinen einfachen Ausdruck und an den richtigen Stellen eingesetzte Gesten erzeugt, wird dabei fast zum Leitmotiv für eine Architektur, die durch intelligente Überlagerung von Aspekten zu ungewohnter Prägnanz gelangen kann.