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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2015

Sanierung ETH Hauptgebäude – Vorplatz und Rämihofgarage

Kameliendame

1. Rang

Preisgeld: 25.000 CHF

Boltshauser Architekten AG

Architektur

MAURUS SCHIFFERLI, LANDSCHAFTSARCHITEKT

Landschaftsarchitektur

Basler & Hofmann AG

Bauingenieurwesen, Verkehrsplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau
Die scheinbar unspektakuläre Aufgabe einer Parkgaragensanierung wird hier zum Anlass genommen, den Auftritt des ETH Hauptgebäudes an der Rämistrasse neu zu denken und gleichzeitig die seitlichen Lichthöfe aufzuwerten. Diesem Ziel nähern sich die Projektverfasser mittels zweier auf den ersten Blick vielleicht überraschen- der Massnahmen an. Zum einen gibt eine Pergola dem Vorplatz zur Rämistrasse hin eine kräftige räumliche Fassung, zum anderen werden die ostseitige Garagenzufahrt und da- mit das ganze untere Parkgeschoss tiefergelegt, um die beiden seitlichen Lichthöfe von jeglichen Service- oder Verkehrsfunktionen zu befreien: zwei starke Ideen, aus denen sich ein stringentes Projekt entwickeln lies.

Architektur, Landschaftsarchitektur, Denkmalpflege
Bereits Gustav Gull hatte mit dem Gedanken gespielt, den Vorplatz gegen die Rämistrasse hin zu fassen, indem er die beiden Vorhallen der Seitenflügel durch eine Pergola verband. Wie man sich diese vielleicht hätte vorstellen können, hat Gull am Land- und Forstwirtschaftlichen Institut schräg gegenüber auf der anderen Seite der Rämistrasse vorgeführt. Diese Idee des Abschlusses wird nun im Projekt KAMELIENDAME wieder aufgenommen. Es entsteht ein würdiger Vorplatz, ein ruhiger Vorbereich vor dem Eintritt in die Eingangshalle, der Bedeutung des Stammhauses der Institution ETH angemessen. Die Vorteile dieser klugen Setzung sind unbestritten. Auf städtebaulicher Ebene reiht sich der neugestaltete Vorplatz der ETH in die Serie der Vor- plätze weiterer universitärer Bauten an der Rämistrasse, wo Stütz- oder Terrassenmauern ebenfalls direkt ans Trottoir der Rämistrasse gesetzt sind und so einen entspannten Umgang mit der zuweilen schwierigen Hangtopografie ermöglichen. Auch vor dem ETH Hauptgebäude ist das Gefälle der Rämistrasse an der Nahtstelle zum ebenen Vorplatz nicht ganz einfach zu bewältigen. Mit der neuen Pergola, die in der Eingangsachse unterbrochen ist, wird auch dieses Problem elegant gelöst. Die Differenz- stufen sind geschickt innerhalb der Pergola angeordnet, in der Mitte wird mit leichten Anpassungen am Trottoir ein ausgeebneter Bereich geschaffen und der barrierefreie Zugang wie auch die Vorfahrt für Limousinen ermöglicht. Auf Bäume an der Rämistrasse wird im Bereich des Hauptgebäudes folgerichtig verzichtet. Der Vorplatz ist zurückhaltend gestaltet. Die Projektverfasser blieben bei der Wahl des Bodenbelagsmaterials und der Verlegeart der Gneisplatten sehr nahe am Gullschen Vorbild, beim Platzabschluss zu den Lichthöfen (massive Brüstung mit Bänken und Taxus-Hecke) wohl zu nahe. Hier hätte man sich ein Hinterfragen von Form und Funktion des Abschlusses im Halbrund gewünscht, insbesondere auch angesichts des neuen aufgewerteten Charakters der Lichthöfe. Die bei Gull projektierten Brunnen links und rechts der Zugangsachse finden sich im Projekt in Form der heutzutage beliebten – auch etwas modischen – in den Boden eingelassenen Wasserspiele, die praktischerweise verschwinden, sollten sie die Platznutzung stören. Die Projektverfasser entwickeln das Beton-Stabwerk der Pergola nach eigenen Aussagen aus der Geometrie der Bodenbelagsplatten. Im Kontrast zur stark gegliederten Gullschen Architektur wirkt die direkt an den Gullschen Bestand anschliessende neue Pergola mit den oben spitz zulaufenden Betonstützen, den dazwischen eingepassten Trägern und den verglasten Lichtkuppeln etwas schwerfällig und lässt bei Proportion und architektonischem Ausdruck noch Wünsche offen. Vom Ehrenhof führen links und rechts vom Haupteingang flache, breite Freitreppen dem Halbrund der Platzkante entlang auf die Ebene der neu gestalteten Lichthöfe. Die Aufwertung der seitlichen Lichthöfe ist denn auch ein grosses Plus des vorliegenden Projekts. Sie sind konsequent verkehrs- frei und können auch den im 1. Untergeschoss liegenden Seminarräumen als ruhiger und attraktiver – vielleicht etwas schattiger – Aufenthaltsbereich dienen. Ob allerdings die Kamelie eine gute Wahl und ob eine Bepflanzung hier überhaupt sinnvoll ist, wurde im Beurteilungsgremium kontrovers und nicht abschliessend diskutiert. Eine Aufwertung erfahren auch die seitlichen Terrassen. Sie würden gemäss gartendenkmalpflegerischer Vorgaben bereinigt, wo nötig ausgeräumt oder aber ergänzt. Die Projektverfasser stellen die Velorampe ab der Tannenstrasse in Frage. Würde anderswo Ersatz für den Veloraum gefunden, könnte die Velorampe aufgehoben und die Treppen- und Rampenfigur an dieser Stelle wieder komplettiert werden. Die willkommene Aufwertung der bei- den Lichthöfe wird erreicht durch das Verlegen des motorisierten Verkehrs auf das 2. Untergeschoss und durch die bauliche Trennung der Parkierungsfläche im 1. Untergeschoss der Lichthöfe. Die Aufwertung hat allerdings ihren Preis. Der Eingriff in den Bestand ist zwangsläufig gross und kostspielig, bedingt das Tieferlegen des zweiten Untergeschosses neben zusätzlichem Aushub, neuen Geschossdecken, zusätzlichen Hebeeinrichtungen, neuen Fundationen und Abdichtungen doch die anspruchsvolle und aufwändige Unterfangung der gesamten angrenzenden Altbaufassade.

Statik
Die zweigeschossige Tiefgarage wird ganz neu aufgebaut. Das neue Stützenraster erlaubt eine weitgehend wirtschaftliche Tragstruktur. In einzelnen Bereichen im 2. Untergeschoss sind die Spannweiten jedoch recht gross. Das Zusammenwirken mit dem gekrümmten Wandträger im 1. Untergeschoss wäre noch zu optimieren. Die Unterfangung der bestehenden Bauten ist aufwändig aber technisch lösbar.

Verkehr
Das Verkehrskonzept ist noch nicht ausgereift. Die Zufahrtsrampe von der Karl-Schmid-Strasse ist zu steil, da sie ungedeckt und das vorgeschlagene Beheizen nicht bewilligungsfähig ist. Die Ein-/Ausfahrtskontrolle ist gut gelöst und die Parkfelder sind richtig dimensioniert. Das Zirkulieren im tiefer gelegten Garagengeschoss ist umständlich. Die Verbindungsrampe zum oberen Garagengeschoss ist einspurig mit Gegenverkehr, so dass das Befahren mit Ampeln geregelt werden muss. Unten und oben fehlen die notwendigen Wartebereiche.

Funktionalität
Der Zugang zur Entsorgungsstation wie zu den Anlieferungsbereichen erfolgt über separate neue Liftanlagen, die das 1. Untergeschoss an das 2. anbinden. Das ist im Betriebsablauf umständlich und hat weitere Wege und zusätzliches Verladen zur Folge. Zudem führt die Platzierung der Entsorgungsstation im Gebäude zu Geruchsbelästigung, was mit der Nachinstallation einer Abluftanlage zwar aufwendig aber machbar wäre. Die Fluchtwegsituation ist gut gelöst.

Nachhaltigkeit
Der totale Rück- und Neubau sowie die Absenkung der Bodenplatte des 2. Untergeschosses mit Unterfangungen der angrenzenden Fassaden des Hauptgebäudes haben sehr hohe Kosten zur Folge, was mit dem gewonnenen Mehrwert auf soziokultureller Ebene begründbar ist, aus ökonomischer Sicht allerdings nicht.

Projektwürdigung
Die grosse Stärke des vorliegenden Entwurfs liegt in der konzeptionellen Klarheit und Robustheit der städte- baulichen und architektonischen Strategie. Dies lässt die zweifellos noch vorhandenen Mängel zweitrangig erscheinen. Überzeugend ist neben der Aufwertung der Lichthöfe vor allem die Neugestaltung des Übergangs zur Rämistrasse mit einem eindrücklichen Eingangshof und einem der Institution ETH angemessenen würdigen Zugang zu ihrem Hauptgebäude.