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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2017

Neubau HSW Dreispitz

Visualisierung Nordfassade

Visualisierung Nordfassade

StartUp

4. Rang / 4. Preis

Losinger Marazzi AG

Bauherren / Investoren

Christ & Gantenbein

Architektur

Amstein + Walthert AG

TGA-Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

StÀdtebau, Freiraum und Architektur
In Anlehnung an die gewerblich industrielle Vergangenheit des Dreispitzareals wird ein Projekt entwickelt, das konsequent und bei jedem Entscheidungsschritt an das Wesen und die Handlungsweisen des Ortes referenziert. Volumetrie, Ausdruck, Struktur, Fertigungsmethoden und Typologie folgen den rationalen Prinzipien eines Gewerbebaues.
Der unter einem markanten Doppel-Shed liegende, langgezogene Baukörper nimmt sich auf Seiten der Reinacherstrasse vornehm zugunsten des bestehenden Direktorenhauses zurĂŒck und schafft so einen stĂ€dtischen Aussenraum mit hohen rĂ€umlichen und atmosphĂ€rischen QualitĂ€ten am Zweiteingang der Schule. Dass die Gastronomie auf diesen Platz ausgerichtet wird und die Besonnung optimal ist, weist auf die Bedeutung und die hohe aussenrĂ€umliche AttraktivitĂ€t hin, die an dieser Schnittstelle zum Wohnquartier entstehen kann. Der strukturell pragmatisch aufgebaute Bau mit einer horizontalen Mittelerschliessung und zwei vertikalen Erschliessungszonen fĂŒr Medien und Personen vermag in der Folge nicht mit der gewĂŒnschten rĂ€umlichen Vielfalt organisiert werden, welche eine Lernlandschaft zu erzeugen vermag, die von einer innovativen Schule erwartet wird. Lange Korridore, die vorwiegend der Erschliessung dienen, ohne spezifische AufenthaltsqualitĂ€ten kombiniert mit abgeschlossenen Studierzonen beeintrĂ€chtigen den gewĂŒnschten informellen Austausch der Studierenden im ganzen Haus. Durch das starre und beharrliche Festhalten an den Prinzipien des Grundkonzeptes entstehen teilweise Raumproportionen, die dem geforderten Raumprogramm hinderlich sind. Die an sich vorhandene Chance, in dieser intelligenten und flexiblen Tragstruktur eine vielfĂ€ltige Raumstruktur einzufĂŒgen, wurde leider nicht gewinnbringend nachgewiesen.
Der Gesamtausdruck des GebĂ€udes wirkt bei aller Sympathie fĂŒr den konsequenten Bezug zum gewerblichen Hintergrund des Ortes doch zu sehr bestimmend und verweist in keiner Weise auf die darin beheimatete Wirtschaftsschule, welche mit ihrem gesunden Selbstbewusstsein auch einen wesentlichen Beitrag zum laufenden Transformationsprozess des Quartiers leisten will und könnte. In diesem Sinne wird die Beanspruchung eines höheren Interpretationsspielraumes im eigenen Regelwerk zugunsten eines spezifischen und adĂ€quaten Bildes fĂŒr die Wirtschaftsschule vermisst.

Betrieb, FunktionalitÀt und Logistik
Dem Grad der IntimitÀt folgend sind im Erdgeschoss die öffentlichen Nutzungen mit hoher Personenfrequentierung angeordnet, wÀhrend sich die kleinteiligeren UnterrichtsrÀume auf die Obergeschosse bis hin zu den ArbeitsplÀtzen der Mitarbeitenden im obersten Geschoss verteilen.
Betrieblich ist die leicht auffindbare Anordnung der grossen UnterrichtsrĂ€ume sowie der Aula im Erdgeschoss fĂŒr grössere Lehrveranstaltungen sowie fĂŒr interne und externe AnlĂ€sse gut. FĂŒr das zu erwartende Personenaufkommen, ist das Platzangebot insbesondere im Bereich der HörsĂ€le zu knapp bemessen. Die Idee, die Cafeteria im bestehenden Altbau zu platzieren ist nachvollziehbar, jedoch ergeben sich aus der Aufspaltung der betrieblichen Einheit mit der Gastronomie viele Nachteile. Das vorgeschlagene Gastronomielayout begĂŒnstigt zudem nur bedingt optimierte AblĂ€ufe. Die ZugĂ€nglichkeit des GebĂ€udes mit den zusĂ€tzlichen SeiteneingĂ€ngen unterstreicht die Offenheit des GebĂ€udes. Betrieblich erweisen sich die zusĂ€tzlichen SeiteneingĂ€nge eher nachteilig, zudem ist der Empfang mit Blick auf den Haupteingang ungĂŒnstig positioniert.
Das gewĂ€hlte Grundrissraster gibt fĂŒr die grösseren UnterrichtsrĂ€ume gute Raumgeometrien vor, so dass die NutzungsflexibilitĂ€t fĂŒr wechselnde Bestuhlungen durchaus gegeben ist. Kritischer sind die GruppenrĂ€ume sowie die vorgeschlagenen BĂŒrolayouts zu bewerten, welche durch ihre schlauchförmige Geometrie die Nutzung sehr einschrĂ€nken und betrieblich nicht optimal sind. So ist das BĂŒrogeschoss wenig differenziert, Organisationseinheiten nicht intuitiv auffindbar.
Das Raumtypenprogramm ist streng gemĂ€ss den Vorgaben umgesetzt worden und projektspezifisch mit notwendigen NebenrĂ€umen ergĂ€nzt worden. Die Bibliothek sowie die studentischen ArbeitsplĂ€tze sind gut funktionierend und ĂŒbersichtlich als Einheit im Erdgeschoss umgesetzt. Die effiziente Übersetzung des Raumtypenprogramms lĂ€sst Orte fĂŒr Begegnungen und informellen Austausch und auf den Stockwerken vermissen. Die ausgewiesenen Aufenthaltsbereiche eigenen sich eher fĂŒr konzentriertes Arbeiten, da sie kaum einsehbar quasi abgeschnitten sind. Die Erschliessung auf den Stockwerken ist funktional stringent und lĂ€sst spezifische AufenthaltsqualitĂ€ten vermissen. Aussenbereiche werden jeweils an den GebĂ€udestirnseiten ausgewiesen, welche durchaus zum Verweilen einladen. Im Dachgeschoss ist ebenfalls der Austritt ins Freie möglich, wobei die Loggien aufgrund der drei geschlossenen Seiten vermutlich eher fĂŒr kĂŒrzere Aufenthalte genutzt werden.
Die zentrale Ver- und Entsorgung sowie die der Gastronomie erfolgen getrennt voneinander via Bordeauxstrasse. Insgesamt ist die Logistik gut gelöst und erlaubt optimierte AblĂ€ufe. Das Untergeschoss ist streifenförmig ĂŒber die GebĂ€udelĂ€nge in Haustechnik-/ NebenrĂ€ume sowie die Autoeinstellhalle organisiert. Das Parking ist somit als Sticherschliessung (mit Gegenverkehr) erschlossen. Die geforderte Anzahl ParkplĂ€tze wird leicht unterschritten. Insgesamt recht knapp bemessen ist das Parking noch funktionierend gelöst. Das Motorradparking sowie fĂŒnfzig VelostellplĂ€tze werden ungedeckt im Aussenbereich in der Parzellenspitze im Osten angeboten. Die fehlenden fĂŒnfzig VelostellplĂ€tze werden ausserhalb des Planungsperimeters nahe der Tiefgaragenabfahrt ausgewiesen, was nicht zulĂ€ssig ist.

GebÀudetechnik (Energie)
Die gestellten Vorgaben bezĂŒglich GebĂ€udetechnik, Energie und Nachhaltigkeit sollten erfĂŒllt werden können. FĂŒr die nur teilweise erfĂŒllten Bereiche oder negativ bewerteten Punkte ist Potential fĂŒr eine Heilung vorhanden bzw. ersichtlich. Sie sollten behoben und bereinigt werden können. Als problematisch wird der Platzbedarf fĂŒr die TechnikrĂ€ume, die SchĂ€chte und Erschliessung betrachtet, diese sind eher knapp bemessen. Der Beitrag weist eine geeignete Kubatur auf, die GebĂ€udehĂŒlle lĂ€sst sich gut dĂ€mmen, die Fassaden sind mit einem sehr hohen Glasanteil geplant. Es ist nicht ĂŒberall ein aussenliegender Sonnenschutz erkennbar. Das Projekt erfĂŒllt die gestellten Anforderungen deshalb nur bedingt in geeigneter Weise, stellt jedoch einen umsetzbaren Beitrag dar.

Wirtschaftlichkeit
Das Projekt weiss eine tiefe GeschossflĂ€che auf. Unter BerĂŒcksichtigung der HNF betrĂ€gt das VerhĂ€ltnis vom Faktor 1.94. Das GebĂ€udevolumen liegt einiges ĂŒber dem Durchschnitt aller Projekte. Die Folge davon ist eine mittlere Geschosshöhe von 4.70 m, was massiv ĂŒber dem Durchschnitt aller Projekte ist. Das TU-Angebot entspricht ebenfalls den erwarteten Vorgaben. Die berechneten FlĂ€chen- und Volumenkennwerte sind plausibel dargestellt.

WĂŒrdigung
Die Projektverfasser entwickeln aus der sorgfĂ€ltigen Analyse des Ortes einen eigenstĂ€ndigen und ausdruckstarken Baukörper. Gut gesetzt im stĂ€dtischen GefĂŒge erzeugt er ĂŒberzeugende AussenraumqualitĂ€ten. Das geradlinige Folgen der pragmatischen und gewerblichen Prinzipien von Raumentwicklung und Ausdruck fĂŒhrt in diesem Fall zu einem Projekt, das im Inneren fĂŒr einen zeitgemĂ€ssen Lernbetrieb zu starr ist und in der Ă€usseren Erscheinung zu weit von einem spezifischen Bild fĂŒr eine Wirtschaftsschule mit ĂŒberregionaler Ausstrahlung entfernt ist.