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Begrenzter Wettbewerb auf der Grundlage für die Auslobung von Wettbewerben (RAW) mit vorgeschaltetem Auswahlverfahren | 09/2005

Neugestaltung der Fußgängerzone

Übersichtsplan Fußgängerzone

Übersichtsplan Fußgängerzone

Anerkennung

Otto Huttner

Architektur

Erläuterungstext

Zonierung des Raumes
Hameln wurde im Jahr 1200 n. Chr. zum ersten Mal schriftlich als Stadt erwähnt. Noch im Mittelalter prägten sich die im städtebaulichen Bild noch heute charakteristischen Wege und das Straßennetz der Hamelner Altstadt aus. Die beiden Hauptstraßen Osterstraße und Bäckerstraße bilden das Gerüst der Fußgängerzone. Wie es typisch für eine mittelalterliche Stadt ist, münden die Straßen in den zentralen Platz ein. Die Gebäude stehen ohne Vorgärten an den Straßen. Begrünung war im Mittelalter nur an wenigen ausgewählten Stellen vorhanden. Durch die gepflasterten Straßen laufen die Wasserrinnen wie Leitlinien durch den Straßenraum. Die beiden Unterführungen bilden wie damals die Stadttore den Ein- und Ausgang des Ortes.

Diesen funktionalen Aufbau der Stadt gilt es visuell bei der Neugestaltung der Innenstadt zu unterstreichen.

Durch den Wechsel von einem glatten Bodenbelag zu einem Bodenbelag mit gröberer Körnung wird bei den Straßen eine Laufzone und eine Aufenthaltszone unterschieden. In der Aufenthaltszone befinden sich Bänke und Spielgelegenheiten, wie auch die Warenauslagen der angrenzenden Läden und Cafes. Sie ist multifunktional nutzbar, beispielsweise zur temporären Nutzung durch den Einzelhandel. Die mittleren Bereiche der Osterstraße und Bäckerstraße als die Hauptadern der Innenstadt werden komplett von Stadtmöbeln freigehalten, um eine ungehinderte Fortbewegung zu ermöglichen. Eine durchgängige Befahrbarkeit in der Breite von 4m ist damit ebenfalls gewährleistet.

Auf beiden Seiten wird die Laufzone durch Wasserrinnen begrenzt, die bereits den Belagswechsel zur Aufenthaltszone einleiten. Im Bodenbelag werden die mittelalterlichen Themen Pflaster und Rinne aufgenommen. Die Rinnen, die auf beiden Seiten die Laufzone begrenzen, sorgen für ein geringeres Quergefälle und damit für eine angenehme Begehbarkeit. Die Häuserfluchten werden in Form von Pflasterstreifen aufgenommen und verlängert. Sie gliedern so den Aktionsbereich vor den Häusern. In seiner neuen Gestalt wirkt der Straßenraum aufgrund des durchgängigen Belags mit der gleichen Steinsorte als Einheit.

Der Platz, der durch seine stark unregelmäßige Form vorher weniger deutlich als Platz wahrnehmbar war, wird ähnlich wie Bäcker- und Osterstraße durch einen Bodenbelagswechsel in einen klar umgrenzten Zentralbereich und eine Randzone gegliedert. Auf diese Weise erhält er seinen Platzcharakter zurück.

Hochzeitshausterrasse / Lüttjer Markt
Die Hochzeitshausterrasse erhält eine filigrane überdachte Bühnenskulptur. Sie besteht aus einer Metallrahmenkonstruktion, die mit Cortenstahlplatten verkleidet ist. Die Überdachung ist aus Glas, sodass ein Witterungsschutz bei gleichzeitiger Transparenz gegeben ist. In der Bühnenkonstruktion sind alle wichtigen Anschlüsse und technischen Einrichtungen integriert. Die Bühne kann durch Planen, die als Seiten-/Rückwände zwischen die Pfeiler eingespannt werden können, je nach Erfordernis zum Markt hin (Rattenfängerspiel) oder zum Innenhof (Hofkonzert, Theater) ausgerichtet werden. Ansonsten wirkt sie als zurückhaltendes raumbildendes Element zwischen den beiden Solitären Marktkirche und Hochzeitshaus.

Lichtkonzept
Die Beleuchtung des Straßenraumes erfolgt durch Wandauslegerleuchten an den Fassaden. Historische Gebäude werden durch eine unter Trauf- oder Gesimsvorsprüngen geschickt kaschierte Fassadenbeleuchtung hervorgehoben. Bäume werden durch Bodenstrahler von unten angeleuchtet.
Am Platz werden die Fassaden der angrenzenden Häuser, der Marktkirche und des Hochzeitshauses mit Fassadenflutern und Bodenstrahlern indirekt angeleuchtet. Die Lautsprechermasten vor der Hochzeitsbühne werden als Lichtstelen ausgebildet. Zusätzlich wird der Platz über Wandauslegerleuchten ausgeleuchtet.

Informationssystem Innenstadt
Zusätzliche Lichtakzente werden mit der Rattenfängerspur gesetzt. Sie besteht aus runden Bodenleuchten mit Scherenschnitten von Ratten, die die 19 Stationen der Rattenfängerspur miteinander verbinden.


An den Stationen des Rattenfängerpfades informieren L - förmige Stelen über die jeweiligen Gebäude. Die Stelen sind vor den Gebäuden platziert. Sie reihen sich am Übergang zur Aufenthaltszone auf und ragen mit ihrer Bodenplatte in die Laufzone hinein. So erregen sie Aufmerksamkeit und unterbrechen den Lauf der Passanten, ohne sie zu behindern.

Die inhaltliche Gliederung in Fußgängerinformationssystem „Rattenfängerpfad“, Wegweiser und Kultursäulen / Infopoints bleibt erhalten. Die Kultursäulen und Infopoints für den Einzelhandel werden auf Stelen mit dem Titel „Stadtinformation“ zusammengefasst.

Die in ihrer Form durch ihre Aufgabe definierten Bestandteile des Informationssystems erhalten durch das Material Cortenstahl ein einheitliches Aussehen. Cortenstahl fügt sich behutsam in die umgebende Altstadt ein und gibt dem innerstädtischen Informationssystem ein neues, unverwechselbares Gesicht.

Einbindung der Weser ins Stadtbild
Um die Eingangssituationen der zur Weser hinführenden Nebenstraßen attraktiver zu gestalten und auf die Weser hinzuweisen, befinden sich an den Einmündungen streifenartige blaue Bodenelemente, in denen Wasser sprudelt und das nachts beleuchtet ist. Sie haben die zusätzliche Funktion eines weiteren belebenden Elementes.

Stadtmöbel
In Abständen von 50 m Entfernung befinden sich Sitzmöglichkeiten kombiniert mit Abfallbehältern. In ihrer dezent zeitlosen Gestaltung harmonieren sie mit der Umgebung. Die reduzierte Form der Bänke ohne Rückenlehne ermöglicht ebenfalls die Nutzung von zwei Seiten. Zwischen monolithischen Natursteinblöcken (Basaltlava) liegt die durch Längslattung ruhig gegliederte Sitzfläche aus witterungsbeständigem Lärchenholz. In vandalismusfester Ausführung wird die Sitzfläche durch einen Metallrahmen komplett verstärkt. Die Abfallbehälter passen sich äußerlich der Form der Bänke an. Ein Standardabfallbehälter mit Deckel wird mit Basaltlavaplatten verkleidet. Baumgitter aus sandgestrahltem Gusseisen ohne weitere Behandlung fügen sich dezent in das Stadtbild ein.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Grundprinzip zur Gliederung der Straßenräume nimmt Bezug zur Geschichte und ist in seiner Einfachheit – Dreiteilung – überzeugend. Positiv bewertet wird die Anordnung der Hauptlaufzonen in der Straßenmitte, die insgesamt freigehalten bleibt, da die Randzonen Warenauslagen, Informationsstele, Sitzgelegenheiten etc. aufnehmen.
Kritischer betrachtet wurde die lineare Kennzeichnung der Parzellenstruktur im Pflaster, die starke Erinnerungen an das vorhandene 70er Jahre - Gestaltungsdesign hervorruft.
Eine Schwäche der Arbeit liegt in der Kleinteiligkeit des gewählten Pflasters, die Lauffreund-lichkeit, insbesondere der Mittelzone dürfte bei den gewählten Formaten doch sehr einge-schränkt sein.

Positiv gesehen wird die Rattenspur, die sowohl nachts als auch tagsüber gut erkennbar ist. Ebenfalls überzeugend ist das Informationssystem aus Corten-Stahl , das aus dem Pflaster herausgearbeitet wurde.

Die Fortführung des Pflastermaterials aus den Straßenmittelzonen in den Pferdemarkt als Hauptbelag ist konsequent – aber auch hier bleibt die Frage der Gehfreundlichkeit. Einge-rahmt wird der Platz wiederum durch das Pflaster aus den Straßenrandzonen. Die Entwäs-serung am Pferdemarkt wäre zu überprüfen, da sie in Teilen in die Zuschauerbereiche schneidet.

Die Hochzeitshausterrasse bleibt erhalten und erhält eine einfach gestaltete Glasüberda-chung aus Corten-Stahl, die sich gut in den historischen Kontext einfügt.
Die Idee der temporären Sitzhocker gefällt, kleine Zweifel bleiben aber zumindest in Bezug auf die Alltagstauglichkeit.

Das Beleuchtungskonzept bestehend aus Wandauslegern, punktuellem Licht für die Ratten-spur, in den Bäumen etc., ergänzt durch die Ausleuchtung herausgehobener historischer Gebäude ist in seiner Darstellung eher schlicht geblieben, überzeugt aber im Grunde.

Die drei Vierergruppen von Bäumen bilden ein starkes Thema. Im Bereich des Hochzeits-hauses wird jedoch der Blick auf den Ostgiebel verstellt. Die Möblierung ist insgesamt eher spärlich – die Spielbereiche unter den Bäumen am nördlichen Pferdemarkt führen ein Schat-tendasein.

Die Gestaltungsvorschläge zu den beiden Zugängen – Tunnel – sind nicht ausreichend durchgearbeitet. Die Anordnung der Bäume am Zugang Osterstraße ist nicht umsetzbar.
Insgesamt eine durch ihre klare und ruhige Struktur gefällige Arbeit.
Gestaltungsplan Pferdemarkt

Gestaltungsplan Pferdemarkt

Bühne Hochzeitshausterrasse

Bühne Hochzeitshausterrasse

Straßenraum Bäckerstraße

Straßenraum Bäckerstraße

Leitsystem

Leitsystem

Perspektiven Straßenraum

Perspektiven Straßenraum