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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2021

Centre of Physics in Graz (AT)

2. Preis

EDERER HAGHIRIAN ARCHITEKTEN

Architektur

Architekturmodellbau Patrick Klammer

Modellbau

Erläuterungstext

Städtebauliche Strategie


Das neue GRAZER CENTER OF PHYSICS – GCP wird zum Bindeglied zwischen dem bestehenden Universitätscampus und der historischen Blockrandbebauung des Bezirks Geidorf. Der Baukörper wird über die Sockelzone in den Gründerzeitraster eingebunden und gleichzeitig über den orthogonalen überhöhten Zentralbaukörper mit der Campus -Struktur verwoben. Die rückspringenden Ecken verbinden die beiden Strukturen, fassen bestehende – Brunnenplatz - und bilden neue Platzräume - Kreuzung Atemsgasse / Goethestraße.

Die Harrachgasse wird platzartig aufgeweitet und mit der Sichtverbindung zum Hauptgebäude in den Campus eingebunden. Die wichtige Querachse vom RESOWI / HAUPTBIBLIOTHEK und der Johann Fux Gasse über den Campus wird mit dem neuen GCP Vorplatz verlängert und wesentlich gestärkt. Analog zum Hauptgebäude wird ein repräsentativer Vorplatz und damit eine adäquate Eingangssituation für das GCP geschaffen. Die neu gestaltete Harrachgasse wird so als Teil des Campus erlebt.
Einengende Straßenfassaden und damit einhergehende Beeinträchtigung der Nachbarschaft werden durch die rückspringenden Ecken auf ein Minimum reduziert. Trotz erheblicher Baumasse gelingt es öffentliche Flächen neu zu schaffen beziehungsweise aufzuwerten, was durch die Reduktion des PKW-Abstellplätze noch verstärkt wird.
Die intensive Begrünung der Freiräume und Dächer ist maßgeblich für die Einbindung in den Campus.
Öffentliche Bereiche - Eingangshalle, Hörsäle, Seminarräume, …. – sind im Streifen zwischen Harrachgasse und begrüntem Innenhof situiert. Das Gebäude öffnet sich dadurch zum Stadtraum, öffentliche Flächen im und vor dem Haus gehen nahtlos ineinander über und bereichern damit den Stadtraum.

Das Straßenprofil der Harrachgasse wird zugunsten eines großzügigen Platzes aufgelöst. Baumfelder unterschiedlicher Größe zonieren den Vorplatz und schaffen Räume zum Verweilen und für den Aufenthalt. Der Belag gibt dem Vorplatz einen klaren, hochwertigen Charakter.
Die Dachgärten fungieren als hochwertige Aufenthaltsräume für Studierende und Mitarbeiter. Eine intensive Bepflanzung schafft geschützte Bereiche, gibt aber gleichzeitig Blicke über die Dachlandschaft und den Campus frei. In den Höfen prägen vertikal gespannte Seilkonstruktionen mit aufstrebenden Kletterpflanzen den Raumeindruck. Von unterschiedlichen Niveaus wachsen die Pflanzen nach oben und schaffen durch Blüten, Blätter und Wuchsformen eine eigenen, imposanten Raumeindruck.



Architektonische Aspekte

Mit der Fassade wird der Anspruch des GCP ein technisches Leuchtturmprojekt zu sein nach außen transportiert. Klar strukturierte Fassadenelemente weisen auf einen Forschungsschwerpunkt hin und positionieren das GCP als zeitgenössische Erweiterung des Campus.
„Gesimse“ und ein, nach oben hin, dichter werdender Raster der Sekundärkonstruktion strukturieren die Fassade und binden sie in die Umgebung ein und werden gleichzeitig auch als Wartungsstege mitgenutzt. Der zur Campuserweiterung auskragende Hauptkörper markiert die Eingangssituation nach außen und bietet einen großzügigen, unbewitterten Außenraum.

Die inszenierte Messplattform dient als öffentliches Zeichen und für die Öffentlichkeitsarbeit. Gleichzeitig ist sie als Pedant zur jetzigen Universitätssternwarte aus dem Jahre 1875 gedacht, welche sich beim benachbarten Unigebäude befindet.

Die öffentlichen Bereiche sind geschoßübergreifend intensiv miteinander und mit dem Campus verknüpft, was die Orientierung im Haus wesentlich erleichtert. Sichtverbindungen, mehrgeschoßige Räume und großzügige Verglasungen führen den Campus als Lern- und Begegnungslandschaft im Inneren fort. Räume mit unterschiedlichsten Aufenthaltsqualitäten erweitern das Angebot an Funktionsflächen.
Gut proportionierte Lichthöfe führen das Licht bis in die Untergeschoße und tragen wesentlich zur Qualität der angrenzenden Räume bei.



Funktionale Aspekte

Die städtebauliche Figur bestimmt auch die Erschließungsstruktur. Ein zentraler Ring mit zugeordneten Treppenkernen zieht sich über alle Geschoße, bildet das Rückgrat der Erschließung und wird in den Untergeschoßen und im Sockel mit Sekundärringen ergänzt. Alle Bereiche sind damit auf kürzestem Weg verbunden.
Die klare Gebäudestruktur erleichtert die Orientierung und legt den Grundstein für die geforderte Zonierung in öffentliche, halböffentliche und geschlossene Bereiche. Teilbereiche können ohne wesentliche Einschränkungen abgekoppelt und nur begrenzt zugänglich gemacht werden, ohne die Funktion der Erschließung zu beinträchtigen.
Die öffentliche Zone an der Harrachgasse nimmt Flächen für die Lehre und die zugeordnete Lernlandschaft auf. Diese Flächen werden zusätzlich durch eine großzügige Freitreppe miteinander verbunden und sind der öffentlichkeitswirksamste Teil des Gebäudes. Praktikumsflächen werden an der Schnittstelle zu den Laboren angeordnet.
Die Ver- und Entsorgung erfolgt über die Atemsgasse. Dort ist eine ungestörte, konfliktfreie Belieferung ohne die Störung des öffentlichen Verkehrs möglich und die Belastung öffentlicher Flächen durch Lieferverkehr wird minimiert. Müllräume und Werkstätten sind der Anlieferung zugeordnet und über den Lastenaufzug am zentralen Erschießungsring mit den übrigen Gebäudeteilen verbunden.
Große Teile des Gebäudes nehmen hochinstallierte Labore ein. Sie werden zusammengefasst und von Funktionsbereichen (Werkstätten, Müllbereich, Hörsäle, …), die Störungen verursachen können konsequent – mit Hilfe von Gebäudefugen - getrennt.
Der Nahbezug der einzelnen Cluster zueinander wurde unter Berücksichtigung der Raumanforderungen geschoßweise und/oder mit den darüber oder darunterliegenden Geschoße gelöst. Jedenfalls sind die einzelnen Cluser, welche einen Nahbezug zu einander haben, auf kurzem Wege zu erreichen.
Labors der Klasse VC-C und VC-D sind, weil es die Summe der gestellten Anforderungen nahelegt, in den Unter- und Sockelgeschoßen untergebracht. Büros und Labore grenzen damit nicht unmittelbar aneinander. Die Wege werden aber durch ein geschickt gewähltes Erschließungsnetz trotzdem kurzgehalten. Die Teillösungen wurden mit den Anforderungen an die jeweiligen Räume so angeordnet, dass die restlichen Räume der jeweiligen Cluster weiterhin im Raster flexibel angeordnet werden können.

Besonders schwingungsintolerante Labore (VC-E) werden in einem eigenen Baukörper unter dem Vorplatz untergebracht und mit mehreren Metern Erde überschüttet.

Die sinnvolle Situierung von Treppen und Schächten sorgt für zusammenhängende Funktionsbereiche, die variabel bespielt werden können.

Ökonomische, Ökologische Überlegungen / Nachhaltigkeit

Die intensive Begrünung des Vorfeldes und Dächer leistet einen Beitrag zur Reduktion städtischer Überhitzung und schafft Versickerungs- und Retentionsflächen für Starkregenereignisse. Die Beschattung durch die Vegetation macht es auch möglich, dass sich die öffentlichen Flächen großzügig verglast werden können, ohne dass es zu Überhitzung in den Sommermonaten kommt. Im Winter kann Sonnenlicht durch die entlaubten Kronen einfallen und trägt zur Reduktion des Energiebedarfs bei.

Der Campus und damit auch der Bauplatz sind schon jetzt mit der Umgebung intensiv vernetzt und in die Stadt eingebunden. Durch den Neubau wird das durch folgende Maßnahmen verstärkt: Vergrößerung öffentlicher Flächen, Reduktion der Flächen für den KFZ - Individualverkehr, barrierefreie Verbindung von Brunnenplatz und Atemsgasse, Umwidmung von Parkplätzen in Grün- und Aufenthaltsflächen

Das Gebäude ist als Stahlbetonkonstruktion mit aussteifenden Kernen konzipiert. Durchgehende Tragstruktur und wirtschaftliche Spannweiten führen zu geringen Kosten in Bau und Betrieb.
Sinnvolle Trakttiefen, die Konzentration von Technik und Erschließungskernen und ausreichend Raumhöhe stellen sicher, dass die Nutzflächen gut belichtet werden und die Gebäudestruktur unverändert auch geänderte Nutzungen aufnehmen kann. Die Primärstruktur ist auf große Lebensdauer und geringe Wartungskosten ausgelegt. Einbauten sind so gestaltet, dass sie demontiert und wiederverwertet werden können.

Die Fassade ist als Elementfassade aus vorgefertigten geschoßhohen Elementen konzipiert. Sie wird in einzelnen Elementen auf die Baustelle gebracht und dort am Rohbau mit justierbaren Verankerungen befestigt. Die komplexe Fassadenkonstruktion kann so unter kontrollierten Bedingungen in der Werkstatt zusammengesetzt und verglast werden, verschiedene Ausbauelemente wie Sonnenschutz, Blendschutz, … sind unter Werkstattbedingungen leichter in die Fassade zu integrieren. Der Glasanteil der Fassade kann auf die Nutzung abgestimmt werden, Lüftungsflügel werden dort eingesetzt, wo sie möglich sind und dem Comfort der Nutzer dienen.
Für die Reinigung und Instandsetzung werden Wartungsgänge an der Fassade vorgesehen, so kann auf die unterschiedlichen Anforderungen der Nutzer - Fassaden sollen oder dürfen teilweise nicht öffenbar sein - optimal eingegangen werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt setzt das große Bauvolumen in der Höhe gestaffelt und differenziert in den Stadtraum. Durch diese Setzung entsteht in der Harrachgasse ein aufgewerteter öffentlicher Raum. Diese Setzung bindet damit die Ecke Harrachgasse/Goethestraße in den Universitätscampus mit ein und weitet diesen damit aus. Die geschickte höhenmäßige Staffelung des Bauvolumens steht aus Sicht der Jury im guten städtebaulichen Dialog mit der Bestandsbebauung. Dieser eigenständige städtebauliche Ansatz mit dem sich daraus ergebenden stadträumlichen Qualitäten wird von der Jury gewürdigt. Kritisch wird von der Jury die Aussichtplattform mit dem Aufgang gesehen. Das Hörsaalzentrum wird funktional mehrgeschossig und gestapelt angeboten und räumlich in eine spannende Abfolge gesetzt. Trotz dieser räumlich guten Grundsetzung fällt die Großzügigkeit der Vorbereiche und die Klarheit der Anordnung nach unten etwas ab. Der Hauptzugang von der Harrachgasse wird von der Jury unterschiedlich gesehen. Die räumliche Qualität der Obergeschosse ist durch die grundsätzliche Setzung der Volumina gut gegeben. Protokoll Preisgerichtssitzung WB GCP 9 Die Fassadenkomposition erscheint der Jury gut strukturiert aber eher pragmatisch. Funktional gibt das Projekt eine gute Antwort auf die gestellte Aufgabe.