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Offener Wettbewerb | 03/2024

Umbau Ballonhalle für die Akademie der bildenden Künste Wien (AT)

Schaubild

Schaubild

3. Rang

TKP workshop ZT GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Kontinuität und Verwandlung

Das Areal, als erweiterter Bestandteil des Wiener Arsenals, ist unübersehbar durch seine Geschichte geprägt. Die sogenannte „Ballonhalle“ als Industriebau des frühen 20. Jahrhunderts ist von Norden kommend der Auftakt zu einem weitläufigen Gebäudekomplex der ehemaligen k.u.k. Übernahmekommission. Die Mischung aus schlichter Funktionsarchitektur und ornamentalen Gebäudefassaden aus Backstein eint diesen Stadtteil zu einem einzigartigen Ganzen. Die schrittweise Überformung durch Umbauten, Abriss und Natur erschufen über die Jahre in Teilen eine charakteristische Industriebrache.

Die Ballonhalle besticht nach Außen durch die markante Geometrie des Tonnendachs und eine wohlproportionierte Gliederung der zweigeschossigen Längsfassaden. Der noch bestehende nördliche Anbau lässt die Nutzung als Verwaltungsbüro vermuten und variiert die Fassadenthemen des Hauptbaus im Sinne einer zeittypischen Lochfassade.

Im Inneren offenbart das Hauptgebäude eine beindruckende Halle mit fast 15 m Höhe. Das für Wien einzigartige Dachtragwerk aus Holz in Form von sogenannten Stephansbindern versteckt sich aktuell hinter nachträglich montierten Einbauten.

Der Ort und die historische Bausubstanz bieten die Chance im Zuge einer sanften Transformation (Sichtbarmachung und Stärkung der historischen Architektur), durch das Hinzufügen neuer Themen und einer Neuinterpretation der industriellen Atmosphäre einen pulsierenden Lern- und Forschungsstandort zu schaffen. Die Überlagerung und das Ineinandergreifen von Alt- und Neu schaffen dabei selbstverständlich und ganz im Sinne der Institutsschwerpunkte in hohem Maße dynamische wie anregende Orte.

Die Präsenz der historischen Halle

Der neue Erweiterungsbau des Ensembles bleibt in der Höhenentwicklung klar untergeordnet und ermöglicht damit der Ballonhalle ihre visuelle Sichtbarkeit im Stadtraum zu behalten. Eine wichtige Konstante im visuellen Gedächtnis der Wienerinnen behält damit ihren angestammten Platz.

Der Zubau wird seiner Rolle an diesem wichtigen städtebaulichen Standort durch seinen prägnanten architektonischen Ausdruck und nicht durch seine schiere Größe gerecht. Die typologische Analogie (Sheddach) zu den bekannten Industriebauten des Kontextes und die Materialwahl verankert ihn als Startpunkt und fixen Bestandteil des sich entwickelnden Science Clusters auf dem ehemals gewerblich genutzten Areal.

Der Zubau fügt sich in seiner Maßstäblichkeit und Proportion in das Gegebene ein. Die geometrische Ausformulierung eines Kopfbaus gliedert das große Gebäudevolumen des Neubaus, unterstützt seine Wirkung als städtebauliche Drehscheibe und beginnt das Thema sich abstufender Gebäudefluchten, das durch die folgenden Entwicklungen der TU Wien aufgegriffen werden könnte.

Anknüpfen an die historischen Strukturen

Der Zubau greift die Geschossigkeit der Bestandsbauten auf und orientiert sich hinsichtlich Materialität an der historischen Bausubstanz auf dem Grundstück bzw. in weiten Teilen des Arsenals. Der Ausdruck des Erweiterungsbaus ist Abbild der spezifischen räumlichen Anforderungen - auch in dieser Hinsicht reiht er sich in die Tradition der bestehenden funktionalistischen Industrie- und Gewerbebauten. Credo des Vorschlags ist eine möglichst sanfte Transformation des Bestehenden. Das erfordert im Umfeld der historischen Bausubstanz ein Zurückgreifen auf spezifische räumliche Strategien wie das Freilegen verbauter Situationen und die Sichtbarmachung des Hinzugefügten und des Überlagernden.

Adressierung

Der Haupteingang des neuen Hauses befindet sich im nördlichen Bereich der Ballonhalle und orientiert sich zum neuen Vorplatz. Das bestehende Tor wird durch kleine Anpassungen semantisch eindeutig zum übergeordneten Zugang. Auf der gegenüberliegenden Seite der Aula befindet sich als Äquivalent ein großer Ausgang zur Werkgasse.

Die südlichen Tore der Halle könnten in Absprache mit dem Denkmalschutz zu Fensteröffnungen rückgebaut werden (wünschenswert, aber nicht notwendig). Im Bereich der vor einigen Jahren hergestellten Arkaden im Südteil der Halle befindet sich ein weiterer öffentlicher Eingang mit untergeordneter Bedeutung. Er erschließt ebenfalls die öffentlichen Nutzungen im Erdgeschoss und öffnet die Halle somit auch zum tangierenden Fuß- und Radweg. Der Zubau im Norden hat aus funktionalen Überlegungen einen eigenen Nebeneingang, der den Institutsmitarbeitenden und Studierenden eine direkte Anbindung an den Vorplatz ermöglicht. Zur Werkgasse befindet sich, vor Einblicken und Wetter geschützt, die Anlieferung der Institute und der Aula bzw. ergänzend dazu der Müllraum.

Durchlässigkeit

Die Aula liegt in der räumlichen Mitte des neuen ZMKK und ist das eindeutige Zentrum. Die historische Halle ist hier in ihrer vollen Dimension erlebbar. Der neu zu schaffende Auftakt zum Forschungscampus verlangt eine Durchlässigkeit zwischen dem großen Vorplatz und der neuen Werkgasse angrenzend zu den entstehenden Instituten der TU. Das ganze Erdgeschoss der Halle ist folglich ein halböffentlicher Ort ohne spezifische Sicherheitsvorkehrungen. Der angrenzende historische Anbau wird zur Drehscheibe für die Institute und beherbergt die Bibliothek, Studierendenräume und viele Nebenräume.

Implementieren, Überlagern und Durchdringen

Die konditionierten Bereiche innerhalb der Halle sind Einbauten, die nur punktuell an die historischen Außenwände andocken. Die sich aufspannenden Zwischenräume machen Alt und Neu erlebbar. Im Bereich der Schnittstelle von Neubau und historischen Bauten schafft ein eingeschnittener Lichthof Orientierung und spielt die erhaltenswerte Nordfassade in weiten Teilen frei.

Die Aula mit ihrer großen Stiege ist Ausgangspunkt für die übersichtliche Erschließungsstruktur in Form eines Umlaufs im EG und 1.OG, der über alle Gebäudeteile hinweg die unterschiedlichen Nutzungen auf kürzesten Weg verbindet und gleichzeitig alle historischen Schichten erlebbar macht.

Beurteilung durch das Preisgericht

In der städtebaulichen Gestaltung fügt sich das Projekt sensibel in das Gegebene ein. Der 2-geschoßige Zubau mit Sheddächern als schlichte Funktionsarchitektur bildet eine stimmige Hinzufügung zur historischen Halle. Ob das erste, nördliche Sheddach "aus der Reihe" tanzen muss, wird von der Jury hinterfragt.

Der architektonische Entwurfsansatz wird von der Jury insgesamt gewürdigt. Die Hauptzugänge sind klar ablesbar, die inneren Erschließungen mit Patio und – im EG – Sichtverbindungen ins Freie gut strukturiert und fördern die Orientierbarkeit im Gebäude.
Die Einbauten in die Halle werden überwiegend positiv gesehen, andererseits wären die Büronutzungen im 1.OG durch die "Doppelschaligkeit" der Fenster eine Herausforderung für Nutzerinnen und Nutzer. Die über der Mittelzone liegenden tonnenförmigen Verglasungen werden ambivalent gesehen. Das Foyer wäre ein attraktiver, großzügiger Innenraum, allerdings ist mit entsprechenden Nutzungskonflikten zu rechnen.

Die Flexibilität hinsichtlich Nutzungsänderungen ist – insbesondere im Zubau 1.OG mit seinen Sheddächern – durchaus gegeben. Insgesamt wird die Funktionalität und das Raum- und Funktionsprogramm erfüllt, jedoch wird die Position der Ateliers im OG kritisch gesehen.

Die Anbauverpflichtung an der südöstlichen Grenze zur zukünftigen TU ist erfüllt, die Werksgasse mit Anlieferungen praktikabel.
Die Vorgaben hinsichtlich Nutzflächen werden sehr gut erfüllt. Eine wirtschaftliche Realisierung ist möglich.
Der Wettbewerbsbeitrag legt einen besonderen Schwerpunkt auf die Verwendung ökologischer Baumaterialien: u.a. Reuse-Klinker, Holzbau, Lehmbauplatten und Zellulosedämmung. Der vergleichsweise wenig kompakte Neubau wird ausschließlich durch Lüftung temperiert.

Die Ballonhalle wird minimal gedämmt und nicht konditioniert, sondern nur der hineingestellte Kubus. Geheizt und gekühlt wird das Gebäude über Erdwärme in Kombination mit einer großen Photovoltaikanlage.
Axonometrie

Axonometrie

Skizze

Skizze

Skizze

Skizze

Skizze

Skizze

Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss OG

Grundriss OG

Schema Nutzung

Schema Nutzung

Schnitte und Ansichten

Schnitte und Ansichten

Konstruktion Bestand

Konstruktion Bestand

Konstruktion Anbau

Konstruktion Anbau