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Gutachterverfahren | 12/2012

Wohnen am Forum Oberkassel

Vogelperspektive

Vogelperspektive

2. Rang

Schuster Architekten

Architektur

nsp landschaftsarchitekten stadtplaner PartGmbB schonhoff schadzek depenbrock

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Wohnen am Forum Oberkassel


Die Aufgabenstellung macht deutlich, welches Potential stadtnahe Industriebrachen haben, um der Forderung nach zusätzlichem Wohn- und Lebensraum gerecht werden zu können. Das hier zu behandelnde Grundstück hat hierbei ganz besondere Chancen. So bietet es bereits von Anbeginn eine außerordentlich gute, nah-verkehrliche Erschließung. Die kurzen, fußläufigen Verbindungen zum Rhein im Norden wie auch im Süden sichern einen außergewöhnlich hohen Freizeitwert, gepaart mit dem besonderen Image des Stadtteils lassen hier eine qualitätvolle und imageprägende Identität des zukünftigen Quartiers erwarten.

Das gesamte Gebiet wurde in einem ersten Schritt mit einer fiktiven Blockstruktur besetzt. Die Ausrichtung orientiert sich, wie erläutert, an der orthogonalen Struktur des Umfeldes selbst, sodass nicht ein „Fremdkörper“ implantiert wird, sondern eher auf die Kontinuität in der Entwicklung des Gesamtgebietes gesetzt wird. So entstanden scheinbar Blöcke unangemessener Größe, die zu Recht als unmaßstäblich kritisiert worden wären, wenn wir diese entsprechend realisieren würden; dies war jedoch nie unsere Intention.

Die zunächst anonyme Struktur wurde von uns in den weiteren Entwurfsschritten individualisiert und stärker mit dem Ort selbst verzahnt. Hierbei hilft in besonderer Weise das direkte Umfeld und die bereits erwähnte Lage nahe des Rheins. So wird ein Wegenetz, dass direkte Bezüge zum Umfeld aufnimmt mit der zunächst noch fiktiven Blockstruktur überlagert. Die einzelnen Blöcke erhalten so einen angemessenen, individuellen Zuschnitt und Maßstab. In einem weiteren Schritt wurden einzelne Blocksegmente so justiert, dass die Anschlüsse an die direkte Nachbarschaft optimiert wurden. Mit der 2. Bearbeitungsphase wurden die Verknüpfungspunkte mit der Nachbarschaft erneut überprüft, optimiert und die Planung auf die geänderten Vorgaben (erweitertes Planungsgebiet) angepasst.

Insgesamt haben die nun vorgenommenen, in Teilen notwendigen Eingriffe gezeigt wie robust und flexibel das erarbeitete Planungskonzept ist. Es konnte ohne Probleme auf die Kritik der Jury reagiert werden und so die Qualität des Entwurfes noch gesteigert werden.

Bei der jetzt vorliegenden Planung werden die Einzelsegmente stärker gegeneinander versetzt, die grüne Mitte modifiziert, die gemeinschaftlichen Nutzungen konzentriert und die Bebauung, die parallel zu von Gehe Pharma vorgeschlagen wurde, etwas nach Osten versetzt.

Der Versatz der einzelnen Segmente führt zu einer höheren Ablesbarkeit und wahrnehmbaren Maßstäblichkeit der einzelnen Blöcke und bietet so noch mehr Chancen für die Identität seiner zukünftigen Bewohner mit dem Ort selbst.

Der vorgeschlagene, zentrale Grünraum wird so modifiziert, dass Blickbeziehungen auf die geänderten Planungsvorgaben reagieren. So werden Wege und Blicke so geführt und gelenkt, dass die Neubebauung auf dem vormals „erweitertes Planungsgebiet“ nicht mehr im Fokus steht und der Fußgänger nunmehr die besonderen Aufenthaltsqualitäten des parkähnlichen Grünraums intensiver spürt.

Die sich aus der Außenraumgestalt entwickelnden Anschnitte der Blockstruktur haben den positiven Effekt, dass sich alle Blöcke zum Grünraum hin öffnen. Die individuellen, spezifischen Anschnitte verstärken zugleich die Unverwechselbarkeit der einzelnen Blöcke und verschaffen jedem Block eine besondere Identität. Die Orientierung der Wohnungen zum Innern des jeweiligen Blocks hin und die konsequente Erschließung von Außen, lässt zudem eine klare Struktur erkennen, die öffentliche, halböffentliche und private Freiräume wie selbstverständlich gliedert und Orientierung bietet.

Ergänzt wird die klare Bebauungsstruktur durch markante Eingangsbauwerke zum Quartier selbst. Hier sind alle Sonder- und „halböffentlichen“ Nutzungen, wie z.B. Supermarkt, Boardinghouse oder auch das Gesundheitszentrum verortet. Jeweils an der Schnittstelle zwischen „privatem“ Quartier und der angrenzenden Nachbarschaft positioniert, laden sie nicht nur die Bewohner des Quartiers selbst ein sondern auch die des nachbarschaftlichen Umfeldes. Hieran wurde grundsätzlich nichts verändert. Der Anregung einer Konzentration von Supermarkt und Gesundheitszentrum wurde entsprochen. Sie sind nun gemeinsam, wie bereits in der Auslobung favorisiert, im Süden des Planungsgebietes verortet. Zugleich hilft die Konzentration der Baumassen an diesem Ort, in Kombination mit dem nun vorgesehenen Grünenwall östlich von Gehe Pharma, Schallimmissionen weitgehend aus dem Planungsgebiet herauszuhalten.

Die entwickelte Bebauungs- und Freiraumstruktur bildet zugleich optimale Voraus-setzungen für eine sichere und qualitätvolle Erschließung des Quartiers, bei dem die verkehrliche Erschließung konsequent vom Fuß- und Radwegesystem getrennt wird. Der parkähnliche Grünraum wird gänzlich vom Verkehr freigehalten und bietet so besondere, spezifische Aufenthaltsqualitäten, die das Image des neuen Quartiers prägen wird. So entsteht ein hochwertiger Lebensraum, der nicht nur junge Familien in seinen Bann ziehen wird, sondern zugleich allen Generationen als kommunikativer Treffpunkt dienen wird.

Einen besonderen Akzent erhält die grüne Mitte noch durch die hier situierte KITA. Sie ist aus dem gesamten Quartier, ohne Verkehrswege kreuzen zu müssen, zu erreichen. Eine außergewöhnliche Qualität, die aber symbolhaft für die Familien-freundlichkeit des Gesamtquartiers steht. Zudem wurde sie so positioniert, dass der Zugang nun klarer erkennbar und auch ein Bringen der Kinder mit dem PKW problemlos möglich ist.
Oberirdische Stellplätze für Kurzparker und Besucher werden ausschließlich in den Randbereichen des Quartiers in ausreichender Zahl nachgewiesen. Die notwendigen Tiefgaragenplätze sind jeweils direkt unter der Bebauung platziert und werden über entsprechende Zufahrtsmöglichkeiten erschlossen. Die generelle Anhebung des Erdgeschosses um ca. 90cm ermöglicht eine ökonomische Realisierung der TG-Plätze, zugleich sichert dieser Niveauunterschied, dass private von halböffentlichen Zonen wie selbstverständlich voneinander getrennt werden und der direkte Einblick ins EG vom öffentlichen Raum her nahezu ausgeschlossen wird. In den Übergangsbereichen zum Park hin werden die vielfältigen Grünräume über eine differenziert entwickelte Topografie barrierefrei miteinander verknüpft.

Die Gesamtbebauung hat eine moderate, in der Regel 3-4 geschossige Höhen-entwicklung, zzgl. Staffelgeschoss. Nur an den beschriebenen, markant formulierten Eingängen des Quartiers gibt es punktuell höhere Akzente, die sich harmonisch aus der prägenden Bebauung heraus entwickelten.
Die vorgeschlagene Blockstruktur hat ein hohes Maß an Robustheit. Dies hat den Vorteil, dass es nicht notwendig ist schon jetzt den Anteil oder die Verteilung der jeweiligen Bauform (Stadthaus/ Geschosswohnungsbau/ Appartements...) festschreiben zu müssen; so kann schnell und problemlos in den einzelnen Bauabschnitten auf die Belange oder die Anforderungen des Marktes reagiert werden.

Unser jetzt erarbeiteter Vorschlag sieht vor, die Bebauung zu den Haupterschließungsstraßen hin konsequent 4-geschossig mit Staffelgeschoss auszubilden und zum Innern hin differenzierter zu reagieren, sodass sich die zunächst recht streng wirkende Blockstruktur spielerisch zum prägenden Grünraum hin auflöst. Spätestens jetzt, oder mit Betrachtung der Vogelperspektive wird deutlich, dass die ursprünglich vielleicht recht unmaßstäblich wirkende Blockstruktur durch die auf den Ort und das Profil des Projektes abgestimmten Eingriffe zu einem differenzierten, individuellen Lebensraum transformiert.

Die Gestaltidee zur Materialisierung unserer Bebauung entwickelt sich wie selbstverständlich aus dem städtebaulichem Konzept selbst. So ist es nur folgerichtig die unterschiedlichen Qualitäten der Gesamtfigur oder auch des einzelnen Baublocks selbst (Innen Grünraum, Außen Erschließung) zu thematisieren. So stellen wir uns nach Außen hin eine robuste Ziegelfassade vor, die die Fensterflächen bewusst auf ein Mindestmaß reduziert. Im Innern hingegen soll sich die Fassade auflösen, die massiven Bauteile, hier in Putz ausgeführt, zurücktreten, um so ein Höchstmass an Sichtbeziehung zum qualitativ hochwertigem Grünraum zu gewährleisten. Dieses Gestaltprinzip kann mannigfaltig interpretiert werden, so können bei Bedarf unterschiedliche Ziegelverbände oder auch -farben zu einer dosierten Differenzierung im Quartier selbst führen. Die Ablesbarkeit der einzelnen Stadt-häuser ist so realisierbar ohne die Gesamtidentität des Quartiers zu verlieren.

Die kompakte Baustruktur bildet zugleich eine gute Basis um den ökologischen Belangen gerecht zu werden. Die mächtigen Grünschneisen sichern eine gute Belüftung des Quartiers und der angrenzenden Nachbarschaft. Die konsequente Ausführung der Dachflächen mit extensiver Begrünung und die intensive Bepflanzung oberhalb der Tiefgaragen, gepaart mit der Einleitung des Oberflächenwassers in das vorgeschlagene Wassersystem, bildet nicht nur beste Voraussetzungen eine deutlich verzögerte Einbringung von Oberflächenwasser in das öffentliche Netz zu erzielen, sondern zugleich die Luftzirkulation und die Kühlung im Quartier selbst spürbar zu verbessern und die Aufenthaltsqualität nachhaltig zu steigern. So handelt es sich nicht nur um eine ökologisch sinnvolle Maßnahme, denn zugleich wird die Führung des Oberflächenwassers über gedeckte Rinnen und Mulden hin zu einer kleinen Wasserfläche (Versiegelt) zum prägenden Thema des Außenraums. Es sind also beste Voraussetzungen gegeben.
Aber es bleiben auch noch viele offene Punkte, die es in Zukunft unter haus-technischen Aspekten abzuwägen gilt. So ist z.B. die Nutzung der Photovoltaik sicherlich wünschenswert aber heute vermutlich ohne aufwendigen Elektrizitäts-speicher nicht mehr genehmigungsfähig oder auch der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung Anlagen mit regenerativen Mitteln (bei einem Energiebedarf des neuen Quartiers von über 2 MW Heizleistung) sinnvoll. Aber hier eine angemessene Lösung zu finden, ist nur im intensiven Dialog und Abwägung ökonomischer wie auch ökologischer Aspekte möglich.

Es wird ein Stadtteil entstehen, der seine Wurzeln in der Geschichte des Ortes selbst findet, sich mit der Nachbarschaft verbindet, aber zugleich in der Lage ist eine eigenständige, besondere Identität zu entwickeln. Es handelt sich um ein familienfreundliches Quartier, das das Miteinander fördert aber zugleich die Privat-heit des Einzelnen sichert.