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Offener Wettbewerb | 04/2014

Wohnsiedlung Herdernstrasse

2. Rang / 2. Preis

Knorr & Pürckhauer Architekten

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt «Livio» führt einerseits die bestehende Blockrandbebauung weiter, andererseits begegnet es der Vielgestaltigkeit des Orts mit einem starken eigenständigen Ausdruck. Durch den muralen Charakter und die französischen Fenster wird der Dialog mit den gegenüberliegenden Häusern gesucht. Entlang der Herdern- und Bullingerstrasse bieten als Erker ausgebildete Loggien einen Blick in die Tiefe der Strassenräume und markieren sowohl die vier Eingänge zu den Wohnungen als auch diejenigen zu den Gewerberäumen. Die Fassaden zum Freiraum sind durch differenzierte Ausstülpungen gegliedert, welche die Beziehungen zum Aussenraum artikulieren. Dies funktioniert vor allem für die Organisation der Kindergartenräume sehr gut.

Das Haus schliesst entlang der Herdernstrasse praktisch nahtlos an die bestehende Blockrandbebauung an, definiert zur Kreuzung einen 45°-Winkel und sucht seinen Abschluss zum Freiraum entlang der Bullingerstrasse. Dabei vermitteln im Erdgeschoss die Kindergartenräume präzise zwischen dem Bebauungsperimeter und den Familiengärten.

Die Anordnung der Spielflächen orientiert sich vornehmlich an den engen Platzverhältnissen und einer guten Besonnung. Entlang den Strassen sind die Aussenräume zwischen den Hauseingängen, alternierend als begrünte bzw. mit Kopfsteinpflaster belegte Flächen ausgebildet.

Das Haus ist als klassischer Blockrand geplant, in dem vier Treppenhäuser jeweils drei Wohnungen pro Geschoss erschliessen, mit der Konsequenz, dass dabei einige Wohnungen nach Nord-Osten ausgerichtet sind. Die Organisation des Erdgeschosses bietet klare Strukturen und wohlproportionierte Räume, womit eine grosse Flexibilität entsteht. Hauseingänge, Treppenkerne, Kinderwagen- und Veloräume bilden eine kompakte Raum-Sequenz und dienen als Durchgänge zwischen Strassen- und Freiraum. Jede Wohnung hat jeweils ein Bad an der Fassade.

Mit Ausnahme der feinen Ausstülpungen im Innern des Blockrands handelt es sich um ein äusserst kompaktes Gebäude. Materialisierung und Konstruktion bieten an und für sich gute Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen und thermisch günstigen Bau. Die aussen gedämmte, verputzte Fassade ist im Erdgeschoss durch Natursteinelemente verkleidet und reagiert auf die spezielle Situation vis-à-vis des Letzigrund-Stadions.

Das Projekt definiert Regeln, die es selbst wieder bricht. Der Rhythmus der Fassaden zur Strasse, die Symmetrie zum Freiraum, die unterschiedlichen Dimensionen der Ausstülpungen sowie die Loggien, die einmal sehr präsent und ein andermal möglichst diskret ausgebildet sind. Der architektonische Ausdruck entspricht durch das nuancierte Farbkonzept und die präzise Anwendung der verwendeten Materialien der Ausstrahlung des Orts, aber auch den Möglichkeiten des gemeinnützigen Wohnungsbaus. Die differenzierte horizontale Gliederung und Gestaltung der Fassaden sowohl zum Strassen- als auch zum Freiraum versprechen dem Ort ihn aufzuwerten. Bei der Ausformulierung der strassenseitigen Erker kann eine gewisse historisierende Wirkung allerdings nicht übersehen werden. Die Wohnungstypologien zeigen eine grosse Bearbeitungstiefe und einen professionellen Umgang mit Wohnungsbau auf. Der an sich zurückhaltende und pragmatische städtebauliche Ansatz ist als Abschluss zum grossen Grünraum zu unpräzise und vermag nicht zu überzeugen.