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Mehrfachbeauftragung | 06/2014

Arealentwicklung «Papieri»

Blick über Treppenanlage zum Kesselhausplatz

Blick über Treppenanlage zum Kesselhausplatz

Gewinner / Zur Realisierung empfohlen

Albi Nussbaumer Architekten

Architektur

Boltshauser Architekten AG

Architektur

Appert Zwahlen Partner AG

Landschaftsarchitektur

Intosens AG

sonstige Fachplanung

Universität Zürich_Institut für Banking und Finance – CUREM

sonstige Fachplanung

EK Energiekonzepte AG

Energieplanung

Emch+Berger Gruppe

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

Der Projektentwurf sieht eine Verdichtung mit linear angeordneten Bauten entlang der Lorze, der Knonauerstrasse und dem Pavatex-Areal vor, durch welche ein innenliegender Raum (Plateau) formuliert wird, welcher mit Bestandes- und Neubauten in Form von fünf Hochhäusern bespielt wird. Das Areal gliedert sich dadurch in drei Teile. Der vom Teuflibachwald her geprägte Landschaftsraum zieht sich in das Areal hinein und wird auf Höhe der zentralen Markthalle in einen stark urbanen öffentlichen Raum umgewandelt.

Die Gebäude um den Gassenraum entlang der Lorze akzentuieren durch ihre Stellung den Niveausprung auf dem Perimeter. Unterschiedlich ausgestaltete Treppenanlagen führen vom unteren Niveau hinauf auf das Plateau. Eine Brücke über die Lorze an der Biegung des Flusses schafft eine neue Platzsituation an der Lorze. Im Zusammenspiel mit dem Kesselhausplatz und dem öffentlichen Raum um die Markthalle entsteht eine Folge von räumlichen Sequenzen, die überall einen hohen Grad an Urbanität anstreben.

Das Nutzungskonzept ist vielfältig, enthält im Detail ausgearbeitete Nutzungsvorschläge und sieht einen hohen Wohnanteil vor.

Die Haupterschliessung des Areals erfolgt ringförmig auf dem Plateau mit einem Anschluss an die Knonauerstrasse. Das Projekt sieht einen Steg auf der Lorze vor, über welchen der Lorzeuferweg durch das Areal geführt wird.

Für das Projekt wird in einem ausführlichen Energiekonzept ein etappierbares Anergienetz mit Nutzung und Saisonspeicherung der Abwärme der Pavatex dargestellt. Als Rückfallposition ist ein Erdsondenfeld vorgesehen. Für die lokale Stromproduktion wird die Reaktivierung des Wasserkraftwerkes in Kombination mit Smart Grid und Digitalstrom vorgeschlagen. Die Zielsetzungen der 2000-Watt-Gesellschaft sind damit stufengerecht behandelt und der quantitative Nachweis gemäss SIA-Norm 2040 erfüllt.

Die Entwicklung des Areals erfolgt in vier Etappen, wobei die erste und umfangreichste Etappe die bauliche Verdichtung um den Kesselhausplatz und entlang der Lorze beinhaltet und die letzte Etappe die Setzungen gegenüber der Pavatex umfasst.

Beurteilung durch das Preisgericht

Zentral für die Beurteilung des Projekts ist das architektonisch geprägte Stadtverständnis der Verfasser – die Stadt als Architektur. Diese Haltung ermöglicht es, das Papieri-Areal aufgrund architektonischer Prinzipien zu gestalten, beispielsweise hinsichtlich der Organisation des Raums, der Festlegung von Wahrnehmungssequenzen oder der Integration der bestehenden Bausubstanz. Der gestalterische Zugang zur Aufgabenstellung wird als Mittel verwendet, um funktionelle Zusammenhänge zu erarbeiten. In diesem Kontext wird auch die Etappierung auf überzeugende Weise gelöst, wobei die einzelnen Bauetappen jeweils als eigenständige Ensembles mit gestalterischen Qualitäten in Erscheinung treten. Statt sich auf eine ausschliessliche Vision der „Architektur der Stadt“ zu beziehen, leiteten unterschiedliche Raum-Verständnisse die Arbeit. Die Volumen der traditionellen und dichten Stadt können neben der offenen „Stadt der Moderne“ bestehen. Formen der gegenseitigen Bezugnahme unterschiedlicher Stadtauffassungen tragen zu einem überzeugenden und lebendigen urbanen Gefüge bei, das sich im Laufe der Zeit qualitätsvoll entwickeln kann. Die geforderten Nutzflächen sind intelligent auf dem Areal angeordnet und erzeugen so eine angemessene Dichte. Ebenso ist die ausgewogene Volumenverteilung, mit Ausnahme der Lage des nördlichen Hochhauses, überzeugend gelöst. Die Bebauung entlang der Knonauerstrasse riegelt das Papieri-Areal jedoch zu stark ab und verhindert die von der Gemeinde gewünschte räumliche Durchlässigkeit. Alles in allem ist das Projekt einleuchtend in seinem Ansatz – ein sowohl visionärer als auch realistischer Beitrag.

Das an und für sich klare Freiraumkonzept mit einem industriegeprägten Kern und einer landschaftlichen Struktur, die sich von Süden und Norden her in das Areal entwickelt, wird nur ansatzweise überzeugend umgesetzt. Zudem wird eine Erweiterung des Teuflibachwaldes zwischen der Papieri und dem Pavatex-Areal kaum möglich sein. Der naturalistisch anmutende Wasserlauf und der kleine See überzeugen im Kontext des Ortes sowie dem neuen städtebaulichen Umfeld noch nicht und wirken etwas fremd. Das sogenannte Wohnen im Park wird wohl aufgrund der geringen Distanz zwischen den Bauten kaum als das erlebt werden können. Die Freiräume im industriegeprägten Teil sind noch wenig ausformuliert und leben im Moment primär von der stadträumlichen Qualität der gebauten Struktur. Die Öffnung und Erschliessung des Lorzenraums auf der Westseite wird allerdings als äusserst wertvoller Beitrag verstanden. Das Freiraumkonzept überzeugt in seiner Umsetzung zwar noch nicht vollends, doch wird das Potential zu einer stimmigen und ganzheitlichen Weiterentwicklung erkannt.

Das Projekt baut auf der historisch gewachsenen Identität der Papieri auf und schafft es so, einen „Quartierbonus“ abzuholen. Die Vielfalt an Nutzflächentypen (Umnutzung, Hochhäuser und Längsbauten) erlaubt auf eine unterschiedliche Marktnachfrage zu reagieren und ein vielfältiges und durchmischtes Wohnangebot anzubieten – auch einen hohen Anteil an Premium-Wohnungen. Das Etablieren eines Quartierzentrums am Südende, angrenzend zum bestehenden Siedlungskontext, dürfte im Alltag funktionieren. Das Nahversorgungsangebot im umgenutzten Silo-Gebäude im Zentrum des Areals steht zu dieser Idee jedoch im Widerspruch. Die vielen kleinen Läden im Erdgeschoss der Papierfabrikblocks werden aus wirtschaftlichen Überlegungen unerfüllbare Wünsche bleiben. Hier müssen Alternativen gefunden werden. Die Gebäude an der Knonauerstrasse erfüllen wohl noch nicht die Anforderungen an multifunktionale Gewerbe-Büro-Wohnbauten. Insgesamt bietet das Projekt ein erhöhtes Mietpotential, lässt sich flexibel weiterentwickeln und trifft vermutete Marktbedürfnisse in der Zentralschweiz.
Blick auf umgenutztes Silo-Gebäude

Blick auf umgenutztes Silo-Gebäude