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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2015

Ersatzneubau Wohnsiedlung Kanzleistrasse

Teilnahme

Gigon / Guyer Architekten

Architektur

Schmid Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

Vorgarten - Gartenhof
Der neue Hof an der Kanzleistrasse fĂŒhrt die Tradition grĂŒner Höfe der 30-er Jahre im Quartier fort. Das Strassenbild orientiert sich stark am Bestehenden: kleinkronige BĂ€ume, niedere Hecken, sorgfĂ€ltig gestaltete VorgĂ€rten respektive Vorzonen mit Gewerbelokalen oder Ateliers und fussgĂ€ngerfreundliche Trottoirs. ParkplĂ€tze fĂŒr Besucher und Velofahrende sind ebenfalls dort situiert.

Im Innern des Blocks öffnet sich dann ein grosszĂŒgiger grĂŒner Raum, der die AktvitĂ€ten des Wohnalltags im Freien aufnehmen kann. Der wertvolle Baumbestand mit seinen Blutbuchen, der die AtmosphĂ€re wesentlich prĂ€gt, wird in der Neugestaltung des Hofs
mit zusĂ€tzlichen lichteren Gehölzen (Fraxinus) unterstĂŒtzt.

Im Gegensatz zur heutigen Situation erhĂ€lt der Hofraum eine aktivere Mitte. Die HofzugĂ€nge fĂŒhren ĂŒber Eck ins Zentrum, ebenso sind die rĂŒckwĂ€rtigen HauseingĂ€nge ĂŒber kleinere PlĂ€tze, an denen gemeinschaftliche ErdgeschossrĂ€ume (GemeinschaftsrĂ€ume, WaschkĂŒchen) angeschlossen. Ein Kranz von niederen blĂŒhenden Gehölzen bilden den Übergang vom Haus zum Hof. In dieser Raumorganisation lĂ€sst sich auch der Aussenraum des Kindergartens in diese Übergangszone integrieren. Hier schliesst eine niedere Hecke den KIGA-Garten ab.

Die Hofmitte ist auf einer feinen Chaussierung zwanglos durchschreitbar. Als Intarsien sind wie Teppiche unterschiedliche FlĂ€chen ausgelegt: Baum bestandene RasenflĂ€chen mit punktuellen SpielplĂ€tzen, ein Brunnenplatz unter BĂ€umen, ein mögliches HofgebĂ€ude mit Ateliernutzung. Wird das HofgebĂ€ude nicht gebaut, so wird an dessen Stelle ein zusĂ€tzlicher grĂŒner Teppich etabliert. Entlang des niederen Strauchkranzes sind weitere FlĂ€chen gegen die Mitte des Hofs ausgeschnitten, die mögliche Nutzungen wie ruhigere SitzplĂ€tze, kleinere GemeinschaftsgĂ€rten oder Spielecken aufnehmen können.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der geschlossene Blockrand markiert angemessen den Auftakt zum Anny-Klawa-Platz. Nach aussen prÀsentiert sich der Ersatzneubau offen und transparent, die Akzente der öffentlichen Nutzung zum Stadtraum sind gut gesetzt. Kleine Balkonspitzen ragen auf allen Seiten in den Strassenraum, ein stiller Verweis auf die Erkermotive der VorgÀngerbauten und eine feine Artikulation der sonst zweidimensional gestalteten Fassadenbilder. Mittels subtiler Farbdifferenzen wird versucht, dem Wunsch nach einer horizontalen Fassadengliederung Rechnung zu tragen, was jedoch kaum lesbar ist. Der Projektvorschlag wird mehr als autonomer Siedlungskörper denn als integrativer Teil des Stadtraums gelesen.

Der glatten Stadtfassade wird eine leicht bewegte Hoffassade gegenĂŒbergestellt. In einer Art Mittelrisalit werden vier Treppen als «Zinnen» bis aufs Dach gefĂŒhrt. FĂŒr das verdichtete Wohnen in der Stadt ist dies eine gute Möglichkeit, den zukĂŒnftigen Bewohnerinnen und Bewohnern durch zusĂ€tzliche Gemeinschaftsoder auch RĂŒckzugsrĂ€ume einen spĂŒrbaren Mehrwert anbieten zu können. Ein kleiner aber nicht so einfach zu lösender Mangel entlang der Seebahnstrasse ist der hohe Anteil an Über-EckLiften, die aufgrund der fehlenden ManövrierflĂ€che so nicht behindertengerecht
sind.

Innerhalb des stĂ€dtebaulich schlĂŒssig hergeleiteten Volumens haben alle 211 gewĂŒnschten Wohnungen Platz, sĂ€mtliche Nutzungsanforderungen wurden zielgenau erfĂŒllt. Die QualitĂ€t der einzelnen Wohnungen ist dabei durchgehend hoch. Der Hauptwohnraum ist jeweils zweiseitig belichtet. Die privaten AussenrĂ€ume sind gut gesetzt und bieten schöne Ausblicke. Innovativ ist auch der Vorschlag zur ringförmigen Velogarage. Damit wird das Erdgeschoss von vielen VeloabstellplĂ€tzen entlastet. Die Begegungszonen sind mit besonderer Sorgfalt um den gemeinsamen Wohnhof gruppiert. Das Projekt beweist, dass der Spagat zwischen privater Wohnnutzung im Hochparterre und Gemeinschaftsnutzung zum Hof tatsĂ€chlich gelingen kann.

Der Strassenraum wird mit StrassenbĂ€umen angereichert und verspricht eine gelungene Eingliederung in das Strassenbild. Bei den VorgĂ€rten ist die Drittelsregelung etwas zu frei interpretiert. Sowohl im Strassen- wie auch im Hofraum stehen das Innen und das Aussen in einem qualitativ ĂŒberzeugendem Dialog. Die rĂ€umliche Zonierung des Hofs wirkt schlĂŒssig und verspricht eine gute AufenthaltsqualitĂ€t. Die formale Anordnung von Wegen und GrĂŒnflĂ€chen ist noch etwas schematisch. Vermisst wird eine Reaktion auf den vorgefundenen Baumbestand. BezĂŒglich ökologischer Nachhaltigkeit wĂ€re die vorgeschlagene Konstruktion noch zu prĂŒfen. Die Aussicht auf ein wirtschaftliches Projekt ist aufgrund der FlĂ€cheneffizienz und der guten Kompaktheit grundsĂ€tzlich gegeben. Die Erstellungskosten ĂŒberschreiten den angestrebten Benchmark um 7 – 13 Prozent. Gesamthaft handelt es sich um einen in sich kohĂ€renten Entwurf, der einen bemerkenswert guten Umgang mit dem engen Korsett aller gestellten Anforderungen zeigt. Leider stellt die EigenstĂ€ndigkeit im Ausdruck die BewilligungsfĂ€higkeit des Gesamtprojekts in Frage. BezĂŒge zu quartiertypischen Motiven bleiben auch nach der zweiten Bearbeitungsphase vage und schwer argumentierbar. Insbesondere ist die dreiteilige Fassadengliederung kaum lesbar, die eine wesentliche Bedingung zur Eingliederung in die Quartiererhaltungszone darstellt, um die Inventarentlassung zu rechtfertigen. Die hohe QualitĂ€t des Gesamtprojekts wiegt dieses Risiko nicht ganz auf.