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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2019

Siedlung „Holliger“ in Bern - Baubereiche O3 / U3

DOMUS

1. Rang / 1. Preis / Beauftragung U3

Preisgeld: 35.000 CHF

brügger architekten ag

Architektur

Henauer Gugler Ingenieure und Planer

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit präzise entlang der Baulinien gesetzten Volumen gestaltet das Projekt die Eingangssituation ins Areal Holliger. Ein abgewinkeltes kompaktes Volumen füllt zusammen mit dem Sockelvorbau das ganze Baufeld U3 und bäumt sich ab dem 4-geschossigen Baukörper gegen den Quartierplatz zu einem 9-geschossigen Kopfbau auf. Dessen Gliederung mit einem Sockel und dem in der Höhe differenzierten Volumen, gibt dem Baukörper die Präsenz als städtebaulichen Auftakt.
Die Adressierung erfolgt ab dem Quartierplatz über einen zentralen Zugang und eine innere, über Oberlichter belichtete gemeinsame Erschliessungsgasse, die zu den drei Liften führt. Zusätzlich wird der 4-geschossige Trakt über die beiden Eingänge am Arealhof erschlossen.
Das Gebäude O3 ist als zweigeteilter Gebäudekörper konzipiert, der mit der Höhenstaffelung des 7-geschossigen Gebäudes gut proportioniert ist und auf die Nachbarbauten auf der oberen Ebene und die Höhengliederung des Gebäudes O2 auf ansprechende Art reagiert. Zum Arealhof wird ein zweigeschossiger Sockel mit der Kindergarten- sowie Ateliernutzung ausgebildet. Die Haupteingänge zum Wohnhaus befinden auf dem oberen Niveau Güterstrasse; ein sekundärer Zugang ist ab Arealhof gewährleistet.
Die drei Erschliessungskerne U3 bedienen jeweils vier Wohnungen. Die grösseren Wohnungen sind an den Enden übereck platziert, die Kleineren befinden sich mit Ost- resp. Westausrichtung dazwischen. Um die grosse Gebäudetiefe zu strukturieren, sind zwei 4-geschossige Lichthöfe in angemessener Grösse eingeschnitten, die die Küchen-/ Essbereiche belichten. Damit entstehen überraschend gut zonierte, effiziente und planungsflexible Wohnungsgrundrisse. Über den Lichthof ergeben sich schöne Sichtbezüge zu Nachbarwohnungen.
Alle Treppenhäuser sowie die ergänzenden Nutzungen, wie Gästezimmer, Ateliers und Co-Working/ Büros, haben einen Bezug zur Sockelterrasse, die als Gemeinschaftsgarten genutzt werden soll. Die Gestaltung und insbesondere die Abgrenzung der privaten Sitzplätze bleiben schematisch.
Das Gebäude O3 ist mit zwei länglichen Treppenhäusern je als 4-Spänner effizient erschlossen. Zwischen den grösseren durchgesteckten Wohnungen befinden sich die kleinen in NO-/SW- Ausrichtung. Die Wohnungen sind zweckmässig organisiert und in der grossen Gebäudetiefe gut strukturiert. Der zweigeschossig organisierte Kindergarten liegt in den Sockelgeschossen im Südkopf mit eigenem Eingangshof, der zugleich zu den Aussenräumen auf dem Zwischenniveau führt.
Das Gebäude U3 strebt in die Höhe, während das Gebäude O3 mit einer Längsbänderung im Hang liegt. Schön ausgearbeitet sind bei beiden Gebäuden die Gliederung mit Sockel und den darüberliegenden Hauptbaukörpern. Der Sockel des Gebäudes U3 ist mit Beton-Elementen gefügt und erhält so einen der Nutzung entsprechenden städtischen Ausdruck. Dass das Sockelthema nicht konsequent um das Gebäude geführt wird, stört. Darüber strukturieren vertikale Putz-Partien mit eingesetzten Fenstern, Loggien und Brüstungen die Fassade.
Das Gebäude O3 lebt von der Schichtung mit vorgehängten Betonbändern und dazwischen gestellten Fenster- und Backsteinpartien sowie Loggien. Diese Fassadenkonstruktion ist relativ aufwändig, erinnert jedoch an die industrielle Vergangenheit und verleiht dem einen edlen Ausdruck als Wohnhaus.
Beim vorgeschlagenen Statikkonzept U3 ist nicht verständlich, warum einzelne durchlaufende Innenwände teils tragend und teils nicht tragend ausgebildet werden. Der Wechsel des Tragsystems beim Sockelgeschoss und bei der Einstellhalle erfordert eine dicke Abfangdecke. Die Aussteifung erfolgt über die als biegesteife Rahmen bzw. als Vierendeelträger ausgebildeten Fassaden. Es wäre zu prüfen, ob nicht einfacher und kostengünstiger über die Innenwände ausgesteift werden kann.
Die Tragstruktur des O3 ist grösstenteils von den Wohngeschossen bis in die Sockelgeschosse durchlaufend und ermöglicht eine gute Gebäudeaussteifung. Ab dem Erdgeschoss überkragt das Gebäude die Einstellhalle. Die Lastabfangung über die als Betonscheiben ausgebildeten Querwände ist gut gelöst.
Das Gebäude U3 schmälert mit den Lichthöfen leicht seine gute Kompaktheit, was jedoch mit einem optimierten Fensteranteil kompensiert wird. Das Solarpotential des Dachs ist durch den Turmbau im Süden beschränkt. Die vergleichsweise tiefere Kompaktheit im O3 kann mit dem maximalen Ökostromanteil kompensiert werden.
Trotz effizienter Kompaktheit konnten die Zielwerte der Flächeneffizienz und der Kosten nicht ganz erreicht werden. Insgesamt gehört das Projekt im Quervergleich jedoch zu den Kostengünstigen.
Das Projekt interpretiert den Masterplan mit starken Volumen auf selbstverständliche Art. Überzeugend ist der Auftritt des gut proportionierten zweiteiligen Gebäudes U3 am Quartierplatz, das den Holliger als dichtes städtisches Quartier vorstellt. Das Gebäude O3 bricht mit seiner Höhenstaffelung an der Güterstrasse seine Massigkeit und stärkt damit den Bezug zu den Nachbarbauten.