modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 01/2019

Wohnhochhaus Nordbahnhof Wien – Baufeld 6b2

2. Preis

FROETSCHER LICHTENWAGNER

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt schlägt eine städtebaulich motivierte, vertikale Schichtung vor: ein charakteristischer, den Bauplatz rahmender 2-geschossiger Stadtsockel fasst einen städtischen Binnenplatz. Auf dem Sockel sind das Hochhaus bzw. die Hochpunkte aufgesetzt. Sie springen an der Platzkante zurück und verstärken auf diese Weise die umlaufende Traufe des Sockels. Damit wird eine überzeugende maßstäbliche Relation zwischen der Dimension des Platzes und der Sockelhöhe, unabhängig von der Höhenentwicklung der aufgesetzten Geschossbauten geschaffen. Das Hochhaus ist als eine sich längs der Front zur Freien Mitte erstreckende Scheibe ausgebildet. Zum Binnenplatz und zur Taborstraße hin verläuft die Front der Hochhausscheibe in seiner gesamten Länge ungebrochen, während sie zur Freien Mitte hin durch das Abknicken Richtung Leystraße und den Wechsel im Material der Fassade gegliedert wird. Neben der Materialwahl an der Fassade (Ziegelriemchen) wird die Ausbildung dieses Knicks als Reaktion auf den nahen Wasserturm dargestellt. Allerdings überzeugt die Ausrichtung des Knicks im Gesamtensemble an der Freien Mitte nicht: das Abknicken Richtung Leystraße wird hinsichtlich der städtebaulichen Überleitung zur Bruno-Marek-Allee im Gesamtensemble kritisch gesehen. Zudem sind Windprobleme auf den benachbarten Baufeldern an der Leystraße zu erwarten. Die Entwicklung der Fassade adressiert ein anregendes Spiel aus Fassung und Differenzierung: die sich abwechselnden Oberflächen aus Ziegelriemchen und weiß-beschichteter Blechverkleidung werden mit einer Freiraumschicht umwickelt: Ein das gesamte Volumen überziehendes Pfeiler-/Balkenraster, dessen Geometrie leicht variiert, bewirkt eine subtile Differenzierung der volumetrischen Erscheinung und gibt dem Gesamtvolumen eine elegante Anmutung. Die lange Südfront der Scheibe wird auf diese Weise sanft gegliedert, jedoch bleibt die vom Preisgericht als unangenehm empfundene, massive Frontwirkung zur Taborstraße bestehen. Die Darstellung des vom umlaufenden Sockel eingefassten Innenhofes suggeriert einen durch urbane Sockelnutzungen intensiv belebten Binnenplatz, über den auch die Hauseingänge erreichbar sind. Drei unterschiedlich dimensionierte Fugen führen von den angrenzenden öffentlichen Räumen auf den Platz. Gewürdigt wird die gelungene räumliche Dimensionierung in Zusammenhang mit der für den gesamten Block adressbildenden Qualität des attraktiven, zentralen Platzraums. Infrastruktur (TG-Einfahrt) und Hausnebenräume (Müll) sind klug in die attraktiven Erdgeschoss-Fronten integriert. Gleichzeitig wird der den Vorgaben der Auslobung nicht entsprechende Umgang mit der Programmierung der Erdgeschosszone – z.B. Gastronomie am Platz – in Zusammenhang mit der starken Schließung des Platzes, der eine gewisse Intimität und Autarchie entwickelt, hinterfragt. Unabhängig von der Nutzungsfrage – vorstellbar ist ein attraktiver Platzraum auch mit anderen, baufeldbezogenen Nutzungen – wird der schmale, beengte Durchgang zur Freien Mitte kritisch gesehen. Auch wenn eine Oberlichtöffnung Licht in die Passage bringen soll, ist die durchgehende Geschlossenheit der angrenzenden Gewerbeflächenfassade im Erdgeschoss des Westflügels gerade an dieser Stelle nicht nachvollziehbar. Die Entwicklung des Hochhaustypus schlägt ein attraktiv belichtetes und dennoch kompaktes Stiegenhaus mit guter Tageslichtführung im Liftbereich vor. Der Scheibentypus ermöglicht kompakte, gut geschnittene Wohnungsgrundrisse, allerdings bedingt die Geometrie in Zusammenhang mit dem an den Enden verkürzten Mittelgang große, nicht weiter verkleinerbare Wohneinheiten an den Ecken. Die bereits erwähnte 2-Schichtigkeit der Fassade bietet mit einer umlaufenden Balkonschicht und einem individuell verschiebbaren Metallpaneel für jede Wohnung eine hohe, windgeschützte Aufenthaltsqualität für die privaten Freiräume. Einzelne Rücksprünge schaffen tiefere, gut nutzbare Bereiche für ein dauerhaft „werthaltiges“ Wohnen.