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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2019

Neubebauung "Am Brünk 1" in List auf Sylt

Perspektive Vorplatz

Perspektive Vorplatz

3. Preis

Preisgeld: 2.000 EUR

Mißfeldt Kraß Architekten BDA

Architektur

Erläuterungstext

Grundsätzliches

Der Bestandsbaukörper besticht in seiner Selbstverständlichkeit. Er prägt den Ort, indem er sowohl elementarer Bestandteil der ihn umgebenden Architekturen ist, als auch den Auftakt für einen städtebauliche Rhythmus aus trauf- und giebelständigen Häusern bildet. Darüberhinaus formuliert er zusammen mit seinem Gegenüber einen Platz, der innerhalb des Gesamtensembles einen markanten Punkt bildet.
Erste Entwurfsüberlegungen gingen aus diesen Gründen von dem Erhalt des Gebäudes aus. Eine intensive Analyse der Strukturen war nötig. Die daraus notwendig gewordenen baulichen Eingriffe zeigten uns aber schnell die entstehenden Zwänge und die daraus resultierenden Kosten. Nach dem Abwägen der Verhältnismäßigkeit führte uns der weitere Weg in den Bereich des Neubaus. Die oben genannten Qualitäten wollten wir, neben der Erfüllung aller geforderten Funktionen, erhalten. Schnell wurde klar, daß dies mit der bestehenden Geometrie funktioniert. Aufkommende etwaige Einschränkungen wurden in der Zuversicht akzeptiert, dass der vertiefende Entwurf Lösungen bringen wird. In der Rückschau lässt sich sagen, dass aus diesem Ansatz spezifische Lösungen entstehen konnten, die ein fein abgestimmtes und nuanciertes Spiel zwischen Ursprungsbezug und Eigenständigkeit entstehen ließen. Abschließend zeigt unser Entwurfsvorschlag nun in einigen wesentlichen Aspekten große Unterschiede zum Bestandsbau auf. Er konnte sich innerhalb des Entwurfsprozesses von seinem Vorgänger emanzipieren.


Entwurfsidee

Der weitere Entwurfsprozess bezog sich nun im Wesentlichen auf die Strukturfindung und Organisation der Grundrisse. Es ging uns um die weitestgehend mögliche Individualisierung der Zugänge. Um dies zu gewährleisten und die Öffnungen straßenseitig zu erhalten wurden die Eingänge in wesentlichen Teilen in den rückwärtigen Bereich gelegt. Alle Wohneinheiten im EG erhalten ihren eigenen Zugang. Sie werden von einem großen Vordach markiert und bilden den „Erschließungsweg“ für die Wohnungszugänge und die „Gartenzimmer“ – die zentrale Schicht in der Zonierung zwischen Innen und Außen. Die Zugänglichkeit zum rückwärtigen Erschließungsbereich gewährleisten ein Verbindungsflur und ein Durchgang.
Das Vordach bildet für die acht Wohnungen im OG eine Terrasse aus, die den neuen Gauben vorgelagert sind und einen ungestörten Ausblick freigeben. Die Grundrisstiefen der Ost- Westwohnungen, als auch die schmaleren Nord-Südwohnungen korrespondieren mit den Anforderungen nach optimaler Belichtung.
Einige der Wohnungen im Obergeschoss funktionieren nach dem Prinzip des Zweispänners. Grundsätzlich lassen sich die Wohnungen im Hinblick auf Flexibilität und Zukunftsfähigkeit miteinander verschalten. Beispiel: Beide Wohnungen im OG werden zusammengelegt, in dem die Haustür nur noch von einem Mieter genutzt wird. Eine Strukturänderung kann somit ohne die geringste bauliche Änderung stattfinden.
Das Angebot des Wohnungsspektrums erstreckt sich von der Einzimmer- bis zur Vierzimmerwohnung. Es variieren separierte und zusammengelegte Küchen-, Ess-, Wohn- und Schlafräume.


Gestalt

Die gefundene Gestalt leitet sich, wie beschrieben, grundsätzlich und prägend vom Altbestand ab. Die Geometrie wurde übernommen. Der größte Eingriff bilden rückseitig das Vordach respektive die Terrassen mit den großen Gauben.
Alle 16 Wohnungen erfüllen die Richtlinien für den öffentlich geförderten Wohnungsbau. Drei Wohnungen sind barrierefrei und für eine uneingeschränkte Rollstuhlnutzung geeignet.
Der Gebäudeteil des Haupthauses ist voll unterkellert. Im Untergeschoss befinden sich Abstellräume für die nicht rollstuhlgeeigneten Wohneinheiten.


Konstruktion + Materialien

Der Bau wird in Massivbauweise gedacht. Wir schlagen einen gedämmten Hochlochziegel mit Vormauerschale vor, woraus sich ein monolithisches Mauerwerk ergibt. Angedacht ist den Verblendziegel in Art und Farbe vom Befund zu variieren. Uns schwebt hierzu ein Dunkelgrau vor. Genauere Farb- und Texturstudien sind hierzu im weiteren Planungsverlauf notwendig. Detailbezüge zum Bestand können über Mauerverband hergestellt werden. Die Fenster erhalten in unserem Entwurfsvorschlag vorderseitig eine Zweiteiligkeit. Auch hierzu könnten aber weitere Recherche zur Ursprungsgestalt Impulse bieten. Der Dachziegel soll sich an Art und Farbigkeit den wandziegeln annähern, um eine homogene Anmutung zu erzeugen.
Sohle und Zwischendecke werden in Beton ausgeführt. Die Sohle wird unterseitig gedämmt und temperiert. Sie kann somit raumklimatisch positiv wirken (Bauteilaktivierung). Die Raumzuschnitte sind in Bezug auf ihre statischen Umschließungswände ökonomisch konzipiert.


Besonderheiten

Ein Gemeinschaftsraum, am Erschließungsflur gelegen, ergänzt das vielfältige Angebot. Hierhin kann man als Mieter zu bestimmten Anlässen, wie Feierlichkeiten, ausweichen oder es finden hausgemeinschaftliche Veranstaltungen statt.
Das Untergeschoss lässt vom Platzangebot eine Pelletlagerung respektive alternative Heizmöglichkeiten zu.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit hält sich mit der Gestaltung der Fassaden zum öffentlichen Raum zurück und wirkt in der kritischen Rekonstruktion des Bestandes im Ortsbild vertraut. Die Anordnung der Stellplätze zu den Hauseingängen und Wohnräumen ist zu optimieren. Die Gliederung des Erdgeschosses erfolgt mit ruhigen gleichmäßigen Fensterformaten, die Eingänge sind an den historischen Stellen. Die historischen Gauben werden in neuer Formensprache interpretiert. Das wird positiv beurteilt. Die bodentiefe Belichtung des süd-östlichen Flures mit dem dahinter liegenden Treppenpodest ist zu überarbeiten.
Die Erschließung der Wohnungen erfolgt im Wesentlichen von der Rückseite. An der Nord-Ostfassade ist eine auskragende Balkonplatte in einer Tiefe von ca. 3,00m über die ganze Gebäudelänge angeordnet. Damit ergibt sich eine wesentliche Unmaßstäblichkeit, vor allem in Bezug auf die angrenzenden Reetdachhäuser. Empfohlen wird hier eine Reduzierung der Tiefe und die Prüfung einzelner Balkone um die bandartige Erscheinung zu durchbrechen. Die dargestellten Konstruktionsbreiten der Gaubenbauteile sind zu gering und werden massiver erscheinen.
Die vorgeschlagenen "Gartenzimmer" werden positiv beurteilt.
Die Farbgestaltung in einem dunklen Grau kann vom Preisgericht nicht nachvollzogen werden, es sind Alternativen zu erarbeiten. Ein Energiekonzept fehlt.

Der Entwurf bietet ein solides Angebot unterschiedlicher Wohnungen mit dem Schwerpunkt auf 1-2 Pers. Wohnungen, die sich für eine Förderungsfähigkeit anbieten und bei einem hohen Förderschlüssel überarbeitet werden müssten. Der Ausnutzungsgrad des Gebäudes könnte zugunsten der Wohnfläche noch verbessert werden.