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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2020

Erweiterung Wohn- und Werkheim in Worben (CH)

2. Preis

Preisgeld: 14.000 CHF

STUTZ + BOLT + PARTNER ARCHITEKTEN

Architektur

Holzbaubüro Reusser GmbH

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Projektverfasser schlagen einen Neubau ähnlicher Proportion des Bestands
vor, der leicht von der Strasse und den Fluchten des Altbaus zurückversetzt ist
und sich selbstverständlich ins Bebauungsmuster des Quartiers einpasst. Mit
dem leichten Versatz zum Bestand schaffen die Verfasser mit einfachen Mitteln
eine adäquate und gelungene Eingangssituation für die neue Gesamtanlage. In
der Höhe orientiert sich der Neubau ebenfalls am Bestand und bleibt kompakt.
Durch einen volumetrischen Einschnitt an der Nordwestecke wird ein grosszügig
überdachter Bereich ausgeschieden, der sowohl als Hauptzugang wie auch als
Aussenraum für die Bewohner genutzt wird und damit eine präzise Adressierung
formuliert. Die Tiefe des Einschnitts in Relation zur Höhe wird in Bezug auf die
Aufenthaltsqualität kritisch beurteilt. Hier wäre der Nachweis zu erbringen, ob
nicht zugunsten der räumlichen Qualität, das Erdgeschoss erhöht werden sollte
und ein Mehrvolumen in Kauf zu nehmen wäre.
Über einen noch etwas knapp ausformulierten Zugang wird die Eingangshalle
betreten, die die Eingänge der beiden Bereiche - Wohngruppen und betreutes
Wohnen - gut organisiert und der Wohnung die gewünschte Eigenständigkeit
zuspricht.
Die Anlieferung wird rückseitig, losgelöst vom Haupteingang, vorgesehen und ist
optimal an die Küche angegliedert.
Die behindertengerechte Verbindung wird im Zwischenbereich der beiden Gebäude
gelöst. Eine flach geneigte, überdachte Rampe führt vom Altbau bis zum
überdachten Eingangsbereich des Neubaus. Dass die Rampe in den Aufenthaltsbereich
vor dem Gemeinschaftsraum führt ist jedoch bedingt praktikabel,
schränkt dessen Nutzbarkeit ein und schwächt den Aussenraum empfindlich.
Ebenso könnte zugunsten der Aufenthaltsqualität auf die nicht mehr nötige, bestehende
Aussentreppe verzichtet werden.
Das Erdgeschoss ist übersichtlich und mit kurzen Wegen organisiert. Eine Halle
anstelle eines Korridors einzufügen überzeugt und lässt den Grundriss trotz der
Kompaktheit grosszügig erscheinen. Der zweiseitig belichtete Gemeinschaftsraum,
mit einer Gartenseite und einer Hauptseite mit Bezug zum Eingang, ist
attraktiv und verspricht eine vielseitige Nutzung. Mit einer Vergrösserung des
Eingangsbereichs könnte der noch etwas schmale Zugang zum Gemeinschaftsraum
verbessert werden.
Mit dem Lift oder der offenen Treppe werden die Wohngruppen im 1. und 2.
Obergeschoss erschlossen. Die geschossweisen Podeste wirken etwas knapp
und der Liftausgang zur Teeküche nicht zwingend. Die Zimmer sind beidseitig
in Reihe und versetzt zueinander angeordnet. Durch den Versatz der Zimmerschichten
entstehen an den beiden Gebäudeenden attraktive Zonen, die mit dem
Gruppenaufenthalt und den weniger tiefen Räumen besetzt sind. Dadurch kann
geschickt auf lange Korridore verzichtet werden. Etwas unglücklich ist die Platzierung
des Eingangs zur Wohngruppe an der engsten Stelle. Ebenfalls wird
gewünscht, dass die Zimmereingänge nicht direkt vom Gruppenaufenthalt einsichtig
sind. Dies könnte wie in der Visualisierung angedeutet mit einem
Möbel gelöst werden, müsste aber noch im Grundriss nachgewiesen werden. Die
Position der Loggia ist räumlich noch nicht optimal gelöst.
Der Altbau wird mit sanften Eingriffen den geforderten Bedürfnissen angepasst.
Im Erdgeschoss funktioniert betrieblich die Aufteilung von ‘Trocknen und Nähen’
in zwei Bereiche noch nicht und eine zwingende Ausbildung des Fluchtwegs als
trennender und gebauter Korridor wird nicht verstanden.
Der Entwurf ist stark von der einfachen Struktur und volumetrischen Kompaktheit
geprägt. Diese Einfachheit wird auch im architektonischen Ausdruck konsequent
weitergeführt. Der Ansatz, die Fassade mit der konstruktiven Struktur folgend zu
gliedern und den Zimmerraster abzubilden ist nachvollziehbar. Jedem Zimmer
wird ein geschlossener und ein Fensterteil mit öffenbarem Flügel, sowie eine
Festverglasung zugeordnet. Dass dieser Gestaltungsrhythmus auch im Bereich
des Gruppenaufenthaltsraumes weitergeführt wird erachtet die Jury als nicht
zwingend, im Gegenteil, eine freiere Gliederung wäre eine Chance den etwas zu
stark an einen Schulhausbau mahnenden Ausdruck zu brechen. Etwas irritierend
und erschwerend für eine abschliessende Beurteilung ist das Fehlen des Satteldaches
auf der Visualisierung.
Durch den kompakten Baukörper wird ein maximal grosser Aussenraum erzeugt,
der auf einfache Weise in verschiedene Bereiche gegliedert wird. Der öffentliche
Platz an der Breitfeldstrasse ist attraktiv, funktioniert aber mit der Oberflächengestaltung
aufgrund der sensiblen Sensorik einzelner Bewohner noch nicht. Die
Wohnung wird gut im Garten eingebettet und der im rückwärtigen Bereich flexibel
nutzbare Garten begrüsst.
Der Neubau wird als reiner Holzbau geplant. Die durchgehende Holzrahmenstruktur
ist präzise auf den Grundriss abgestimmt und gliedert den Neubau. Mit
sinnvollen Spannweiten wird ein wirtschaftliches und flexibles System vorgeschlagen,
dass auch zukünftige Anpassungen gut aufnehmen kann. Die Holzstruktur
wird sichtbar als Gestaltungselement eingesetzt und verleiht den Innenräumen
eine prägende Atmosphäre. Zur Minimierung des beheizbaren Volumens
wird das Dach als Kaltdach ausgebildet und sinnvoll für die Technik vorgesehen.
Flächenmässig ist das Projekt zuvorderst einzuordnen, was aufgrund seiner
kompakten Organisation nicht überrascht.
Das Projekt ‘Charles and Ray’ besticht durch seine Einfachheit. Beginnend beim
Volumen bis zu den Grundrissen und zur Konstruktion ist der Entwurf sorgfältig
durchdacht und schafft insbesondere auch durch die städtebauliche Setzung einen
Mehrwert für den Ort und den Nutzer. Demgegenüber führt die Kompaktheit
teilweise zu räumlich engen Situationen, die in der Jury länger diskutiert wurden
und deren Behebung aufgrund der rigiden Struktur nicht einfach scheinen.