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Offener Wettbewerb | 08/2021

Neubau Wohnsiedlung Salzweg in ZĂĽrich-Altstetten (CH)

2. Preis

Preisgeld: 45.000 EUR

Chao Wu

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Ge Gao Landschaftsarchitektin

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Baukörper der bestehenden Siedlung Salzweg stehen schräg zum steilen Hang. Diese Setzung erlaubt es, die Wege zwischen den Häusern einigermassen sanft hangaufwärts zu führen – sie ist aber auch dafür verantwortlich, dass die Häuser seltsam unvermittelt in den Strassenraum der Rautistrasse ragen. Auch im Projektbeitrag IRIS stehen die Baukörper schräg im stark geneigten Terrain; weil sie aber an ihren Enden y-förmig aufgespreizt sind, entwickeln sie spezifische Kopfformen. Diese Köpfe wenden der Rautistrasse das Gesicht zu und bilden so eine geordnete Front zur Strasse hin. Auf der Gegenseite, die dem Friedhof zugewandt ist, bewirken ähnlich geformte, aber anders ausgedrehte Gebäudeköpfe dagegen einen klaren Abschluss des Siedlungsgefüges gegenüber dem Freiraum. Die strassenseitige und die freiraumseitige Reihe von Baukörpern sind über Kupplungsstücke miteinander verbunden, so dass langgestreckte, hangwärts gestaffelte Gebäudezeilen entstehen. Diese städtebauliche Disposition ist sehr schlüssig, indem sie grosszügige, gut gefasste Binnenräume offenlässt. Wie diese in den Strassenraum hinunter kaskadieren, dabei mal enger, mal weiter werden und von der organisch- weichen allmählich in einen mineralisch-gefestigte Welt übergehen, ist sehr überzeugend. Die Vorplätze bilden gemeinsam mit den Gebäudeköpfen eine rhythmische Raumfolge, die aber nicht starr wirkt, sondern durchlässig und einladend. Wohl sind die Treppenanlagen entlang der Strasse noch ziemlich steif – die Wege aber, die von hier aus aufwärts durch die Hofsequenzen hindurchführen und in der Friedhofstrasse enden, sind angenehm zwanglos und intuitiv geführt. Der Erhalt vieler bestehender Bäume ist lobenswert, falls sie nicht durch die Baugrube gefährdet sind und die Höhenkoten gleich bleiben können. Die Pflanzgärten wirken beliebig in ihrer Platzierung und müssten besser in die Aussenanlage integriert werden. Im Sockelgeschoss der strassenseitigen Gebäudeköpfe liegen die Räume, die der Siedlungsgemeinschaft und dem Quartier gewidmet sind. Diese Anordnung ist zwar sozialräumlich gut nachvollziehbar. Leider sind diese öffentlichen Räume in den Sockeln sehr niedrig geraten; weil sie ausserdem unter den Häusern hervorquellen, entsteht auf ihrem Dach im weichen Hangverlauf ein topfebener, lebloser Rasenteppich. Baurechtlich ist die Anordnung von anrechenbaren Räumen (Gemeinschaftsraum, Atelier) in den Gebäudesockeln wegen Überschreitung der zulässigen Geschosszahl wohl ohnehin nicht möglich. Wird die städtebauliche Grunddisposition näher betrachtet, so fällt ihre stark zergliederte, unruhige Form auf, und zwar im Schnitt wie im Grundriss. Die Höhenstaffelung der Gebäude gelingt unterschiedlich gut – je schräger die Häuser zum Hang stehen, desto besser, je senkrechter sie stehen, desto weniger gut. So sind die Terrainbewegungen umso tiefgreifender, je näher die Gebäude der Kuppe kommen, und in der vorgeschlagenen Form wohl nicht bewilligungsfähig. Noch zerklüfteter als im Schnitt sind die Baukörper im Grundriss – wohl deshalb, weil die Gebäudeform primär aus den Wohnungen heraus, also von Innen nach Aussen, entwickelt ist. Das ermöglicht reich zonierte Kleinwohnungen und schön exponierte Grosswohnungen an den Gebäudeköpfen, führt aber auch zu episodisch und additiv wirkenden Gebäudeabwicklungen. Gut gelöst sind die Wege, die zu diesen Wohnungen führen: Grosse Eingangsbereiche mit angehängten Waschküchen lassen genügend Luft für viele Begegnungen. Von hier erreicht man die Treppenhäuser, die überwiegend als Split-Level funktionieren. Die Treppenhäuser sind fünf- oder gar sechsspännig und damit höchst effizient. Kontrovers diskutiert wurden dagegen die offenen Treppentürme in den Mitteltrakten der Gebäude: Ihr direkter und sehr kollektiver Charakter passt zwar gut zum Cluster der Kleinwohnungen, die von hier erschlossen werden. Andererseits verstellen die Treppen die wichtigen Durchgangsbereiche im Erdgeschoss, und es fehlt eine plausible Abgrenzung zwischen Siedlungsöffentlichkeit und Hausgemeinschaft. Einhellig fiel die Kritik an den Fassaden aus, deren austauschbarer, unspezifischer Ausdruck in seltsamem Kontrast steht zur Differenziertheit der Grundrissund Schnittlösungen. Die quantitative Überprüfung zeigt, dass der gewünschte Wohnungsspiegel präzise eingehalten worden ist, die Flächenverhältnisse stimmen und die Ausnutzung gut erfüllt ist. Vor allem ist die schwierige gleichmässige Ausnutzung für beide Teilareale gewährleistet. In der Gesamtbeurteilung des Projektbeitrags IRIS stehen grosse Qualitäten deutlichen Kritikpunkten gegenüber, so dass sich kein homogenes Urteil einstellt: Besonders überzeugend sind die ebenso selbstverständliche wie robuste städtebauliche Setzung und die weit ausgearbeiteten Grundrisse, die von viel Erfindungsreichtum und Kompetenz geprägt sind. Kritisch wird die unruhige, episodische Gestalt der Baukörper beurteilt sowie der gepresst und artifiziell wirkende Sockelbereich auf der Strassenseite, der ja immerhin die eigentliche Adresse der Siedlung bildet.