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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2021

Wohnungsneubau mit Kita und Flexi-Heim in Freiham Nord in München

Plan 1

Plan 1

Anerkennung

Preisgeld: 16.000 EUR

SAM ARCHITEKTEN AG

Architektur

Frank Roser Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Begrünung von Gebäuden sollte ein kollektiver Gestaltungsprozess sein, in dem Wahlmöglichkeit, Zufall und Veränderung zusammenwirken. (James Wines, 2021)
Castello
Der vorgeschlagene Wohnblock verspricht über den begrünten, landschaftlich bespielten Hof Ruhe im pulsierenden Stadtgefüge zu generieren. Die Ausloberin formuliert diesen Block-Typus innerhalb ihres Rahmenplans als „Castello“. Dieser Logik folgt das Konzept des Entwurfs; außen robust und gelegentlich rau, innen weich, grün, luftig und durchlässig. Das Wettbewerbsgrundstück wird im Norden und Osten von Straßen begrenzt, im Süden und Westen von verkehrsberuhigtem Fußgänger- und Radverkehr. Im Süden öffnet sich der Block und lässt den Zugang und Blick frei in das begrünte Innere. Die öffentliche Erschließung des Hofs stärkt die Verzahnung des Blocks innerhalb des Stadtquartiers. Weiter setzen wir auf das Prinzip einer aktiven Wohngemeinschaft, die sich im Laufe der Besiedlung gerade bei Fragen der Außenraumgestaltung und des laufenden Unterhalts miteinbringt.
Die vier Prinzipien der GEWOFAG
Einfachheit
Durch das beschriebene Raumprogramm wird das Prinzip der Einfachheit gefordert und der Spielraum für Außergewöhnliches damit äußerst klein gehalten. Wir nutzen dieses Prinzip der Zurückhaltung und bauen darauf unsere konstruktive und gestalterische Systematik auf. Eine präzise und wohlproportionierte, sich wiederholende Rhythmik der Fassadengestaltung zusammen mit dem natürlichen Spiel von Licht und Schatten, welches durch die unterschiedlichen Tiefensetzungen der Fassadenelemente ermöglicht wird, verleihen dem Block seine Klarheit und Kraft im neuentstehenden Stadtteil. Die Systematik ist einfach und baut auf dem Prinzip des Additiven mit sich wiederholenden Elementen auf. Dasselbe gilt für die Gestalt und Konstruktion der Hoffassaden, die durch in der Vertikalen vorgelagerte Rankgerüste, eine Art großangelegtes Spalier, mit Kletterpflanzen bestückt werden.
Das Tragwerk des Gebäudes wird in Ortsbeton erstellt: In den Obergeschoßen Flachdecken, tragende Wohnungstrennwände und für das Erdgeschoß sind Punktstützen vorgesehen. Die Terminologie Einfachheit beinhaltet damit auch die bautechnischen und gebäudetechnologischen Aspekte.
Wiederholung
Grundsätzlich baut der Block auf einem durchgehenden, sich wiederholenden konstruktiven Raster auf. Viele vertikale Erschließungseinheiten sind gleich und folgen dem Prinzip der Wiederholung. Genauso die Badeinheiten, die Balkone und vieles mehr. Für eine spätere Ausführungsplanung kann in vorgefertigten Systemen der Prozess weiterverfolgt werden. Dieser konstruktiven Ordnung folgt auch die Gestalt der Fassaden. So ist die Anzahl von Fenstertypen sehr beschränkt und wird jeweils modular geschoßhoch, in unterschiedlichen Breiten ausgeführt.
Wirksamkeit
Die jeweiligen Hauseingänge sind entsprechend den Möglichkeiten offen und durchlässig gestaltet und schaffen jeweils Verbindungen zum grünen Hof. Zur Auguste-Halbmeier-Straße öffnet ein doppelgeschoßhoher Durchgang den Hof nach Osten und gewährleistet dessen Durchlässigkeit. Die Fassadenecken werden mit abgerundeten Balkonen bespielt, die den Referenzen folgend (Amerikanerblock und Mollblock) die Identität unseres Baus innerhalb des städtischen Geflechts von München stärken.
Kommunikation
Durch die Lage im Hochparterre liegen die Wohnungen im Erdgeschoss geschützt von Bewegungen im Hof. Die begrünten Fassaden ergänzen den Leitgedanken eines bepflanzten Hofs und vermitteln den Wohneinheiten eine zusätzliche Intimität. Wie im vorangestellten Zitat von James Wines wünschen wir uns nebst einer professionellen Grundplanung im Laufe der Nutzungsdauer einen kollektiven Prozess zur weiteren Gestaltung und dem Unterhalt der Grünbereiche. Der gemeinsame Wille einer Wohngemeinschaft verspricht den nachhaltigen Unterhalt der Außenräume und deren horizontal wie auch vertikal angelegte Begrünungen.
Flexi Heim
Das Flexi-Heim findet seinen Standort im südlichen Bereich des Westflügels mit dem Eckeingang zur Emilie-Mauerer-Straße sowie U1704 orientiert und erschließt mit den Apartments sämtliche Geschosse bis zur begehbaren und für die Bewohner nutzbaren Dachterrasse. Das Erdgeschoss zeigt sich ebenerdig zum Straßenbereich, gleich der Kindertagesstätte im Gegensatz zu den als Hochparterre formulierten Wohneinheiten. Es beherbergt die organisatorisch- administrativen und die allgemeinen gemeinschaftlichen Bereiche. Die Obergeschosse des Flexi-Heims sind unterschiedlich organisiert und flexibel anpassbar. Als südlicher Abschluss und die Ecksituation nutzend finden sich die geschoßspezifischen Gemeinschaftsräume.
Kindertagesstätte
Im Norden schließt das Flexi-Heim an die integrierte Kindertagesstätte an, deren Eingangssequenz nach Westen zur Emilie-Mauerer-Straße orientiert ist. Deren Räume sind zur Straße ebenerdig angelegt, übersichtlich und gewähren Durchblicke in den Innenhof, der als Bereich für die Kita-Kinder zur Nutzung freigegeben ist. Der in seiner Tiefe ausgedehnte Fußabdruck der Kindertagesstätte ragt aus der Blockstruktur heraus und leistet damit für die Gruppen- und Multifunktionsbereiche mittels einer Überhöhung räumliche Qualitäten und leitet sowohl Licht als auch Luft in die beschriebenen Innenräume.
Wohneinheiten
Die Wohnungen sind im Nord- wie im Ostflügel als durchgesteckte Einheiten konzipiert und verbinden für die Bewohnerinnen das Gefühl am urbanen Treiben teilzunehmen und gleichzeitig alle Vorteile eines beruhigten Hofes genießen zu können. Ihr Aufbau ist modular und respektiert die raumorganisatorischen Vorgaben des Programms. Die Funktionen Wohnen, Schlafen und Kochen sind nicht in einem Raum vorgesehen, Kochen und Schlafen wurden voneinander getrennt. Die Verteilung der MMM- und KMB-Wohnungen orientiert sich am vorgegebenen Wohnungsschlüssel, alle Wohnung sind barrierefrei erschlossen. Im Westen werden die Wohnungen aus schalltechnischen Gründen dementsprechend organisiert und über einen zentralen Gang erschlossen. Die Treppenhäuser führen uns im Erdgeschoss in eine Eingangshalle, die sowohl den Hof als auch den tiefer gelegenen Stadtboden verbindet. Daran schließen die zum Hof erdgeschossig angelegten Wohneinheiten als Hochparterre zum Stadtraum an. Die Adressierungen der Wohneinheiten sind klar und unmissverständlich auffindbar.
Als Fuge zum Westflügel im Erdgeschoss findet sich die Zufahrt zur unterirdisch angelegten Garage. Der vorliegende Entwurf respektiert die Programmvorgaben und sucht die wichtigen Freiheiten innerhalb einer klar umschriebenen Regel. Die Grundsätze der GEWOFAG und die Anliegen eines zeitgemäßen Städtebaus standen während des Entwurfsprozesses im Zentrum der Aufgabenstellung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebaulichen Vorgaben sind aufgegriffen, dem Grundkonzept wird im Wesentlichen Tragfähigkeit attestiert. Als Auftaktüberlegungen dienen Anklänge an Gewofag-Siedlunsbauten der 1920er Jahre. Der kraftvolle architektonische Elan der Originale von Otho Orlando Kurz kann mit den vorgeschlagenen An-lehnungen allerdings nicht erreicht werden. Die Übereckbalkone sind im Ver-gleich mit jenen viel zu zaghaft und wirken als kleinlaute Appendizes. Darüber hinaus missachten sie die Bebauungsplanfestsetzungen.
Auch in der Gebäudeorganisation sieht das Preisgericht Anlass zur Kritik. Die nicht natürlich belichtete Mittelflurerschließung im Westflügel ist mit fast 50 Me-tern Länge atmosphärisch höchst problematisch. Eine ganzheitliche Beurteilung der Qualität der Fassaden wird durch die Darstellung als bloße Strichzeichnung stark erschwert. Anzuerkennen ist, dass von den vortretenden Geschossde-ckengesimsen an den Außenseiten eine ordnungsstiftende Wirkung ausgeht, die den zum Teil disharmonischen Rhythmus der Fassadenöffnungen architek-tonisch vorteilhaft zurückdrängt und überspielt. Bei den Hoffassaden gelingt diese straffende Dynamik nicht, die Schrägversätze und Rankkonstruktionen bewirken eine gestalterische Unruhe und Unausgewogenheit.
Das Konzept der Freianlagen wird unter dem Motto „Die Begrünung von Ge-bäuden sollte ein kollektiver Gestaltungsprozess sein, in dem Wahlmöglichkei-ten, Zufall und Veränderung zusammenwirken“ vorgetragen. Dieser wün-schenswerte Grundsatz findet sich jedoch weder in der Hofgestaltung, noch im Entwurf für die Dachflächen wieder. Vielmehr wirken sämtliche Außenräume e-her restriktiv und schematisch. Der Verzicht auf die Befahrung des Innenhofs durch die Feuerwehr wird positiv bewertet. Die Umsetzbarkeit der Großbaum-pflanzungen in Form der dargestellten kleinflächigen Anhügelungen auf der Tiefgarage werden angezweifelt. Die Wohn- und Kitaspielflächen fallen deutlich zu klein aus, die notwendige Pflegezufahrt fehlt. Insgesamt gibt der Hofraum mit Ausnahme der großflächig angelegten Fassadenbegrünung keine adäquate Antwort auf die besondere Wohnsituation im hochverdichteten Stadtraum.
Zugänge und Zufahrten werden richtig vorgeschlagen, die Tiefgaragenrampe ist zu kurz, die Stellplätze zwischen Stützen sind zu knapp bemessen. Der 2. Ret-tungsweg genügt in einigen Fällen den einschlägigen Vorschriften nicht. Die Treppen für die Mittelflurerschließung sind nicht als notwendige Treppenhäuser ausgebildet.
Die Wohnungsgrundrisse können im Allgemeinen befriedigen, einige Wohnun-gen sind mit ihrer ausschließlichen Nordorientierung aber bedenklich. Als inak-zeptabel müssen die Lichtweiten bei zahlreichen Wohnräumen von deutlich un-ter 3 Metern bewertet werden. Auf Kritik stößt auch, dass selbst in großen Wohneinheiten lediglich kurze Küchenzeilen im Wohnraum angeboten werden.
In den Kennwerten weist der Beitrag zwar eine deutlich überdurchschnittliche Anzahl an Wohneinheiten auf, der Kompaktheitswert dagegen ist nachteilhaft hoch. Exakt dem Durchschnitt entspricht die erreichte Gesamtgeschossfläche.
Hinsichtlich Herstellung und Unterhalt wäre der Wettbewerbsbeitrag als einiger-maßen wirtschaftlich einzustufen.
Insgesamt erkennt das Preisgericht in dieser Arbeit einen brauchbaren Ansatz, der in zahlreichen Bereichen allerdings erhebliche Defizite aufweist.
Plan 2

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Plan 3

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Plan 4

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Plan 5

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