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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2021

Revitalisierung ehem. Brauhaus und Umnutzung Schloss Trabelsdorf in Lisberg

Blick vom Schlossplatz auf das Brauhaus mit Café und Durchgang zum Schlosspark

Blick vom Schlossplatz auf das Brauhaus mit Café und Durchgang zum Schlosspark

3. Preis

Preisgeld: 6.000 EUR

kol-lek-tiv Architekten Hoffstadt Dzhamurov Partnerschaft mbB

Architektur

Erläuterungstext

StadtHerzStück


Stadtbildprägend für Trabelsdorf ist der dreigeschossige Schlossbau mit seinem Satteldach, den beiden Ecktürmen und den Stufengiebeln aus dem 17. Jahrhundert. Im Umfeld des Schlosses ist die historische Siedlungsstruktur gut ablesbar. Der angrenzende Schlosspark ist eine wertvolle Naherholungsfläche.
Das Zentrum der Gemeinde bildet der Schlossplatz – gefasst von historischen Gebäuden und Bauten der Neuzeit, wie das vom Architekten Joseph Zangerle erbaute ehemalige Brauhaus. Gemeinsam ergeben Sie ein ortsbildprägendes Ensemble.

Nachdem ab den 1930er Jahren die Flächen des Schlossparks durch neue Eigentumsverhältnisse zersplitterten und die Ränder zu großen Teilen bebaut wurden, entstand der Nutzbau der Brauerei Schlossbräu Trabelsdorf. Unterschiedlichste Öffnungen, Fenster und Zugänge des mehrstöckigen Spezialbaus mit weit über dem Walmdach sichtbarem Turmbau zeugen von den Arbeitsschritten im Innern der ehemaligen Brauerei. Nicht nur Außen, sondern auch die Grundstruktur im Innern weisen erhaltenswerte und kuriose Situationen und Räume auf. Das Gebäude ist geprägt von klaren, geometrischen Formen, deren symmetrische Erscheinung eine gewisse Ordnung ausstrahlt.

Im Sinne eines verantwortungsvollen Umgangs mit vorhandenen Ressourcen ist das Brauhaus als wertvoller Zeitzeuge vorhandener Baukultur mehr als erhaltenswert. Ziel des Eingriffes ist daher, die innenräumliche Struktur zu erhalten und die Zeugen der ehemaligen Nutzung reversibel einer neuen Nutzung zuzuführen. Die alte Struktur und ihre Fundstücke sollen ablesbar bleiben und subtil mit nachhaltigen Materialien ergänzt werden.
Die verzierte Putzfassade des Bauwerks wird nach altem Vorbild restauriert und in traditionellen Farben wiederbelebt. Die störenden Anbauten im Süden werden entfernt.

Eine vorgestellte Fassadenschicht aus strukturiertem Architekturbeton verleiht dem neuen Erdgeschoss am Schlossplatz ein edles neues (Stadt-)Relief, das diesem besonderen Ort angemessen ist. Die raue Oberfläche sowie die großen Fassadenöffnungen heben die neue Fassade als deutlich sichtbare und moderne Ergänzung des wertvollen Bestands hervor. Durch die einfachen geometrischen Umrisse der Verglasungen treten diese in keine Konkurrenz zu den Fassadenelementen des Bestands, sondern stärken ihren Ausdruck auf subtile Art und Weise.
An der prominenten Gebäudeecke zum Schlossplatz und gleichzeitig am Durchgang zum Schlosspark befindet sich von nun an ein belebtes und stimmungsvolles Café. Der Durchgang von Schlossplatz zum Park wird mit der vorgelagerten Terrasse im windgeschützten Bereich angemessen gestaltet. Die Gemeinde erhält somit einen neuen Ort für Austausch und Zusammentreffen vor historischer Kulisse.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliche Einbindung und Angemessenheit im Ortsbild
Die Verfasser erkennen „erhaltenswerte und kuriose Situationen“ in Gestalt und Grundstruktur der Bestandsgebäude, das Schloss und Brauhaus werden als „Herzstück“ der Verwaltungsgemeinschaft Lisberg-Trabelsdorf bezeichnet. Qualitäten werden erkannt und sollen folgerichtig behutsam reversibel mit reduzierten Maßnahmen umgesetzt werden. In diesem Zusammenhang erscheinen der Umbauaufwand und die gewählten gestalterischen Mittel in der Fassade überzogen, Zitate aus der Architekturgeschichte werden bemüht und erscheinen nicht aus dem Ort entwickelt. Denkmalpflegerische Einschätzung zum Brauhaus: Bei der Fassade des Brauhauses wird positiv gesehen, dass gestalterische Elemente wie die Fenster und die Ecklisenen beibehalten werden. Die Sprache der neuen Ergänzungen zeigt sich jedoch sehr dominant und überlagert damit den Charakter des Brauhauses sehr stark. Die städtebauliche Einfügung wird insgesamt positiv bewertet, ein fließender Übergang vom Schlossplatz zum Café über eine Treppenanlage vermittelt auch zum Durchgang in den Schlosspark, die dort verbleibenden Garagen bilden einen angenehmen Rücken für die Freischankflächen und setzen den Fokus im Zugang zum Schlosspark auf das Erdgeschoss im Durchgangsbereich im Schloss. Die Zugänge zum Brauhaus erscheinen richtig gesetzt - im Süden das Café zum Schlossplatz, im Norden der Eingang zum MVZ und den Wohnungen. Ein Hofladen an der nordwestliche Gebäudeecke macht das historische Silo erlebbar.
Gestalterische und funktionale Qualität der Gebäudeplanung
Im Brauhaus wird eine neue Treppenanlage eingefügt, die jedoch recht raumgreifend erscheint und zur Situierung des MVZ auf zwei komplette Ebenen führt. Das MVZ erhält zwar eine eigene Vertikalverbindung über eine weitere neue Wendeltreppe, die Unterbringung der Praxis auf zwei Ebenen wird vom Nutzer als ungeeignet gesehen. Die Nutzflächen der Praxis liegen im obersten Bereich und erscheinen auch dadurch unwirtschaftlich. Vier Wohnungen befinden sich im 3. OG und DG, nur dort werden private Freisitze unter tonnenförmigen Gauben angeboten. Im Bestand des Schlosses wird auf vermuteten Spuren der Historie ein weiteres, neues Treppenhaus eingefügt, wodurch die außenliegende Spindeltreppe vermieden werden kann und das Gebäude eine leistungsfähige Erschließung erhält. Der Durchgang im EG wird wohltuend freigeräumt, der Arbeitsplatz am Empfang wird allerdings kritisch gesehen. Begrüßt wird die Platzierung des großen Saals im 1.OG, der durch die beiden Treppen sinnvoll erschlossen werden kann. Der hohe statische Aufwand führt vermutlich jedoch zu größeren Stützkonstruktionen, die deutlich im Raum spürbar sein werden. Die Registratur ist wie derzeit im DG vorgesehen, allerdings fehlt bis ins DG eine Anbindung mit dem Aufzug.
Bewertung unter Nutzungsaspekten des MVZ:
Kritisch wird die Barrierefreiheit innerhalb der Praxis gesehen, die Verbindung vom Wartebereich zu den Behandlungsräumen über einen historischen Kamin wird im täglichen Ablauf der Praxis als zu eng bewertet und macht den Aufzug zur unausweichlichen Lösung. Die vorgeschlagene Lösung für den barrierefreien Zugang per Durchladeaufzug für wenige Stufen wird als beschwerlich und ungünstig angesehen. Kritisiert wird die gemeinsame Lage des Hofladens auf einer Ebene mit der Praxis, wodurch ebenengleiche Flächen fehlen und so auf eine Zweigeschossigkeit ausgewichen wird. Dies ist für die Abläufe im Arbeitsalltag der Praxis nicht sinnvoll. Einhergehend entstehen auch Mehrflächen, die nicht benötigt werden. Die Belichtung der Praxisräume ist über die kleinen Fenster nicht ausreichend. Der Entwurf entspricht nicht den Anforderungen des Medizinischen Versorgungszentrums.
Bewertung unter denkmalpflegerischen Aspekten:
Im Schloss finden in der Summe relativ viele Eingriffe in den Bestand statt, z.B. die Ausräumung des Saales im 1. Obergeschoss, das zusätzliche Treppenhaus und die Neugestaltung des Flures im 2. Obergeschoss. Dies müsste auf Grundlage eines Baualtersplanes geprüft werden. Positiv wird das gestalterische Bemühen um eine einheitliche Architektursprache im Schloss gesehen. Insgesamt erscheinen die Eingriffe in den Bestand beider Gebäude durchaus erheblich, zur energetischen Sanierung und Nachhaltigkeit finden sich wenig Hinweise. Die Zahlen befinden sich im mittleren wirtschaftlichen Bereich aller Arbeiten, insgesamt handelt es sich um einen wertvollen Beitrag, dessen Stärken im Bemühen um eine qualitätsvolle Umsetzung der Aufgabe besteht, jedoch die Praxis auf zwei Ebenen und ein Erscheinungsbild, welches formal überzogen erscheint, können final nicht überzeugen.
Lageplan mit Schloss und Brauhaus

Lageplan mit Schloss und Brauhaus

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Obergeschoss

Obergeschoss

Schnitt Schloss und Brauhaus

Schnitt Schloss und Brauhaus

Schnitt durch das Brauhaus mit Hofladen und Café

Schnitt durch das Brauhaus mit Hofladen und Café

Südfassade des Brauhauses mit Café und Durchgang in den Schlosspark

Südfassade des Brauhauses mit Café und Durchgang in den Schlosspark

Brauhaus und Schloss - Fassaden am Schlossplatz

Brauhaus und Schloss - Fassaden am Schlossplatz