modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Offener Wettbewerb | 02/2022

Stadtbaustein VoltaNord - Baufeld 5 in Basel (CH)

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 50.000 CHF

JONGER Architekten

Architektur

Andrea Waeger Architektin

Architektur

GHIGGI PAESAGGI landschaft und städtebau gmbh

Landschaftsarchitektur

WaltGalmarini AG

Tragwerksplanung

Nova Energie Basel AG

TGA-Fachplanung

Gartenmann Engineering AG

Akustikplanung, Bauphysik

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Projektvorschlag definiert einen Stadtbaustein, der differenziert und sehr präzise auf die unterschiedlichen Stadträume reagiert und diese stärkt. Prägnanz gewinnt der Baukörper durch seine volumetrische Staffelung, die maximale Ausdehnung und Rhythmisierung. Ein 30 m hoher Riegel im Norden wird mit einem eingeschossigen «Gebäudefuss» zur Schulgasse verankert, seine Dominanz tritt dadurch im Stadtraum in den Hintergrund. Die radikale Höhe erweist sich in puncto Lärmschutz als zielführend und richtige Geste. Der Schule vorgelagert entsteht ein wohl proportionierter Stadtraum, der den Zielvorgaben des Regelwerks entspricht und die Erwartungen der Schule beispielhaft erfüllt sowie auch als Wohnumfeld von hohem Wert ist. Die kleinräumige Strukturierung im Erdgeschoss mit Ateliers, Eingangshöfen und Nebenzugängen vermittelt überzeugend zwischen städtebaulichem und menschlichem Massstab. Die Platzfassade im Westen orientiert sich an den Gebäudehöhen von Baufeld 2 und 4 und sorgt mit acht Geschossen für eine ruhige Platzsilhouette. Der Fassadengestalt fehlt allerdings ein selbstbewusster Ausdruck und eine adäquate Gestalt zum Platz.


Vier Querbauten definieren nach Süden drei gut belichtete Wohnhöfe, die sich zur Weinlagerstrasse öffnen. Als Referenz dienen die klassischen Zugangshöfe – klar abgegrenzt zum öffentlichen Raum, dennoch einsehbar, einladend und hochwertig materialisiert. Die Weinlagerstrasse ist in der Konsequenz für sämtliche Wohnungen die Adresse. Im Erdgeschoss nutzen die Verfasser gekonnt alle Mittel zur Gliederung der Schwellenräume zwischen Öffentlichkeit und privatem Raum: im leichten Hochparterre angeordnete Studios, eine der Fassade vorgelagerte Rankkonstruktion mit integrierten Balkonen und Trogelementen, die Rückzugsnischen schaffen und Voraussetzung sind für den grünen Raumfilter. Die Grenzgestaltung zum Strassenraum wird kritisch hinterfragt und vermag noch nicht vollends zu überzeugen. Insbesondere die Höhe des Zauns wird als unangemessen hoch beurteilt und strassenseitige Nutzungsmöglichkeiten des Sockels werden vermisst.


Der Baukörper wird mit nur vier grosszügigen Erschliessungskernen effizient erschlossen, die bis zum 5. Obergeschoss die Laubengänge der Querbauten mitbedienen. Der dreiseitig belichteten Eingangslobby vorgelagert, befindet sich jeweils eine überhohe «Gartenloggia», unmittelbar daneben Kinderwagen- und Veloräume. Die Hauszugänge sind über die Höfe locker miteinander verbunden, was die interne Durchlässigkeit gewährleistet und die Gemeinschaft des Stadtbausteins stärkt. Im 6. Geschoss befinden sich mit Wasch- und Gemeinschaftsküchen, gedeckten Dachterrassen und Dachgärten weitere gemeinschaftliche Nutzungen. Dieses vielfältige Angebot schafft ideale sozialräumliche Voraussetzungen für nachbarschaftliche Begegnungen.


Im Erdgeschoss sind zum Lysbüchelplatz und zur Elsässerstrasse die Gewerberäume organisiert. Die Velorampe an der Elsässerstrasse ist architektonisch noch nicht vollends überzeugend in den Gebäudekörper integriert und erschliesst eine übersichtliche Velogarage unter dem Längsriegel.


Dazwischen bespielen zweiseitig orientierte MaisonetteWohnungen mit interessanten Raumbezügen und Wohnateliers sowie kleine Studios das leicht erhöhte Hochparterre.


Darüber befinden sich im langen Riegel 3.5- und 5.5-Zimmer-Wohnungen, die jeweils über eine nach Norden orientierte Loggia direkt in die Wohnküche erschlossen werden. In den Querbauten befinden sich Kleinwohnungen mit Küchen zum Laubengang. Sämtliche Wohnungen sind somit mindestens zweiseitig orientiert und erfüllen damit die strengen Lärmschutzvorgaben fast vorbildlich. Alle Wohnungen haben via Laubengang und Balkonschicht oder über die tief ins Gebäude greifenden Wintergärten in den obersten Geschossen Bezug zu den Höfen. Die Wohnungsgrundrisse sind ungewöhnlich und vielfältig, überzeugen mit einem hohen Wohnwert und nutzungsneutralen Räumen. Die freien Stützen im Raum schaffen eine willkommene Feinzonierung innerhalb der Wohnungen. Niedrige Brüstungen schaffen eine hohe Wohnqualität.


Die Lärmsituation bestimmt den Entwurf sowohl im Grundrisslayout als auch in der Fassadengestaltung. Das hofseitige Gestell ist in den ersten sechs Geschossen überdacht und schützt dank einer schallabsorbierenden Materialisierung die sensiblen Räume. Nach aussen findet der architektonische Ausdruck die passende Antwort für urbane Wohnlichkeit im Industriequartier. Mit einem robusten mineralischen Sockel und Leichtigkeit in den Fassaden dank Welleternit und Scobalitplatten, kombiniert mit einer feinen vorgelagerten Metallkonstruktion, werden das grossvolumetrische Gebäude fein strukturiert und die wiederkehrenden Elemente situativ geschickt variiert. Einzig in den obersten Geschossen der Südfassade wird mehr Eigenständigkeit vermisst.


Der Fussabdruck beschränkt sich auf den oberirdischen Gebäudekörper, die Innenhöfe sind somit nicht unterbaut und können ihre zentrale Funktion als grüne Infrastruktur optimal erfüllen. Konstruktiv kommt Beton nur im Erdreich und zur Erdbebenaussteifung zum Einsatz. Die Tragstruktur sowie die Innenwände bestehen aus gedämmten Holzständerwänden. Die konsequente Systemtrennung von Statik und Gebäudetechnik garantieren Flexibilität für mehrere Gebäudezyklen.


Das Tragwerk bezeichnen die Verfasser als «ungewöhnlich und innovativ», es ist im Vergleich effizient und erstaunlich nachhaltig. Sie schlagen eine Holzkonstruktion aus Deckenplatten auf Stützen vor, analog einer Betonkonstruktion. Dabei werden die grossformatigen Decken mit einem mehrteiligen Metallbauteil an die Stützen gehängt. In der Folge können die Decken sehr schlank ausgeführt werden, was zahlreiche Vorteile wie beispielsweise Flexibilität, Leichtigkeit, Systemtrennung und Materialeinsparung bietet.


Der Nachweis zur Erreichung der energetischen Zielwerte und der Zusatzanforderungen wird erbracht. Anhydrit-Unterlagsböden und doppelt beplankte Gipsständerwände dienen als Wärmespeicher. Der aussenliegende Sonnenschutz ist mit Rafflammellenstoren, Stoffrollos und Vorhängen gewährleistet. Auf eine Komfortlüftung wird verzichtet.


Im Vergleich zu den Projekten der engeren Wahl liegt die Wirtschaftlichkeit des Projektvorschlags im mittleren Bereich.


Insgesamt handelt es sich um einen herausragenden Beitrag, der sowohl städtebaulich als auch funktional und architektonisch dank hoher Sorgfalt überzeugt. Den Verfassern gelingt es, mit bewährten und bescheidenen Mitteln einen zukunftsfähigen und vielschichtigen Wohnbau zu entwickeln, der die Anforderungen optimal erfüllt und das Quartier in Transformation ideal ergänzt.