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Offener Wettbewerb | 11/2021

Gästehaus für Studierende und Lehrende Karmelitergasse in Innsbruck (AT)

Anerkennung

Preisgeld: 7.500 EUR

scharmer-wurnig-architekten ZT gmbh

Architektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Lösung

Das Wettbewerbsareal befindet sich zwischen Mentlgasse, Südbahnstraße, Liebeneggerstraße und Karmelitergasse und ist durch ein städtebaulich äußerst heterogenes Umfeld geprägt. Im Osten, jenseits der vielbefahrenen Südbahnstraße, befinden sich die Gleistrassen der ÖBB, im Südwesten liegt der öffentliche Park „Pechegarten“. Nördlich der Mentlgasse schließt das Areal des ehemaligen Karmelitterklosters mit dem noch bestehenden Kirchengebäude an. Im Westen wird der Stadtraum von einer für Wilten typischen Blockrandbebauung begrenzt.

Inmitten dieses städtischen Archipels aus individuell ausgeprägten Inseln trägt das neue Gästehaus, im Sinne eines pluralistischen Stadtkonzeptes, architektonisch und städtebaulich zu einer Dialektik der Gegensätze bei, ohne dabei das Vorgefundene zu negieren.

Mit der Fortführung der linearen Bebauung entlang der Südbahnstraße bildet der Entwurf einen klaren Abschluss zum östlichen Straßenraum und zu den Gleisanlagen. Die Höhenentwicklung und Volumenverteilung des Neubaus entwickeln sich aus der Maßstäblichkeit des umliegenden Stadtraumes und orientiert sich an vorherrschenden Gebäudefluchten.
Ein wesentlicher Entwurfsparameter dabei war es die Wohnqualität der angrenzenden Bestandsgebäude zu erhalten und eine entsprechende Qualität im Neubau zu generieren. Die Mentlvilla wird als Kopfgebäude in das Ensemble integriert. Die neue Platzsituation gegenüber der Kirche verleiht dem Sakralbau eine zentralere Rolle in der Stadtlandschaft.




Architektur und Erschließung

Die konkaven „Einbuchtungen“ im Volumen verleihen dem Baukörper einen hohen Widererkennungswert und wirken identitätsstiftend. Sie erzeugen Qualitäten sowohl für den Außen- und Stadtraum (um das Gebäude entstehen differenzierte Platzsituationen) als auch im Gebäudeinneren (ideale Belichtungsmöglichkeit und maximaler Ausblick bei einer linienförmigen Bebauungsstruktur). Die Baukörperdifferenzierung erzeugt eine wohltuende Maßstäblichkeit und soll in stadtgeschichtlicher Hinsicht an die über 270 Jahre alte Bebauung erinnern. Sich wiederholenden Rücksprünge im Erdgeschoss vermitteln nicht nur eine Leichtigkeit der Volumina, sondern markieren Zugangs- und Aufenthaltszonen. Die gezielte Gestaltung des umliegenden Außenraumes schafft Identität und betont die Idee einer offenen und urbanen Einrichtung (ausgewogenes Verhältnis zwischen öffentlichen Flächen und Freiflächen für das Gästehaus).

Funktion und Erschließung

Erdgeschoss

Von der Karmelitergasse gelangt man über den zentral situierten Haupteingang in den hellen und übersichtlich gestalteten Eingangsbereich und über das Treppenhaus mit Aufzug auf kurzem Wege in die offen strukturierten Wohnebenen in den oberen Geschossen. Die einfach erreichbaren Fahrradabstellplätze im Erdgeschoss stärken die nichtmotorisierte Mobilität. Fitnessraum und Musikraum können auch von Externen genutzt werden.

Obergeschosse

Die Appartements in den Obergeschossen sind optimal belichtet und bieten spannende Ausblicke. Die barrierefreien Zimmer liegen in jedem Geschoss in Aufzugsnähe. Die geförderten Wohnungen befinden sich im ersten bis vierten Obergeschoss, in den obersten zwei Geschossen die Wohnungen ohne Förderung im leistbaren Preissegment.
Im fünften Obergeschoss sind auf der Dachfläche zwei großzügigen Dachgarten angelegt.

Untergeschoss

Bei der klar und effizient organisierten Tiefgarage ist bei einer späteren Erweiterung keine zusätzliche Zufahrt notwendig. Die Tiefgaragenzufahrt befindet sich im südlichen Bereich der Karmelitergasse und ist in das Gebäude integriert. Im Untergeschoss befinden sich zudem die Kellerabteile, Technik-, Lager- und _Umkleideräume.

Energieeffizienz und Nachhaltigkeit, Gebäudetechnik

Das Gebäude wird als Passivhaus geplant und umgesetzt. Alle Außenbauteile und die Dachkonstruktion sind hochwärmegedämmt. Eine stufenlos regelbare Lüftungsanlage sorgt für eine konstante Frischluftversorgung. Photovoltaik- bzw. Solarpaneele werden in die Dachlandschaft integriert. Großzügige Fensteröffnungen sind ein Garant für hohe passive Solargewinne und optimale Ausnutzung des natürlichen Tageslichts. In Kombination mit einer gesteuerten Beschattung wird der sommerlichen Überhitzung entgegengewirkt. Gleichzeitig werden die Kühllasten durch äußere Einflüsse mittels Speichermassen reduziert.
Hochwertige 3-Scheiben-Verglasungen in Passivhausqualität in Kombination mit Nachtlüftungselementen, sichern ein optimales Klima innerhalb der Gebäudehülle.
Der Einsatz hochwertiger, ökologischer und regional verfügbarer Materialien, energieeffizienter Haustechniksysteme und Nutzung erneuerbarer Energie schont die Natur und Umwelt und schafft einen positiven Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit.

Schallschutzmaßnahmen

Durch die Abschottungswirkung der Gebäudeform (konkave Einbuchtungen, geschlossene Fassadenflächen) und des Baukörpers selbst, wird insbesondere auch eine Steigerung der Aufenthaltsqualität in der Karmelitergasse erzielt. Der Großteil der Wohnungen ist zudem auf die nicht lärm-beeinträchtigte Seite ausgerichtet. Die Hauptfreibereich befindet sich im fünften Obergeschoss.




Stellungnahme zur Einhaltung des Budgetziels

Grundsätzlich basiert der Entwurf in konstruktiver Hinsicht auf einem strengen statischen Achsraster.

Wirtschaftliche Spannweiten und die Minimierung der Deckenstärken, durch fast ausschließlich direkte Lastableitungen vom obersten Geschoss bis in die Fundamente, gewährleisten einen kosteneffizienten Ressourceneinsatz und einen schnellen Baufortschritt.

Im Rückgriff auf bewährte und einfache Konstruktionsmethoden und eine kompakte Bauweise sollte der Einhaltung des Budgeziels nichts im Wege stehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die besondere Herangehensweise zur Lösung dieser schwierigen Bauaufgabe, indem städtebaulich das vorgegebene Baufeld klar abgegrenzt wird und durch konkave Ausnehmungen ein eigenständiger, selbstbewusster Baukörper entsteht, wird vom Preisgericht gewürdigt. Beide Straßenseiten werden auf diese Art unabhängig voneinander gekonnt bespielt. Das städtebauliche Umfeld wird höhenmäßig und zur Mentlvilla hin stimmig weiterentwickelt. Das Projekt zeigt auch in der Grundrisskonzeption mit den Erschließungszonen, die ebenfalls die Funktion der Begegnungszonen aufnehmen, hohe Qualitäten. Die Stärke des Entwurfes liegt im Gesamtkonzept, wenn jedoch nur ein Teil davon (das Studentengästehaus) langfristig verwirklicht werden kann, muss dieses Konzept in Frage gestellt werden.