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Award / Auszeichnung | 01/2023

Gestaltungspreis der Wüstenrot Stiftung 2021 – Das zukunftsfähige Einfamilienhaus?

Zuhaus am Apfelgarten

DE-86923 Finning

Anerkennung

Atelier Lüps

Architektur

TW PHOTOMEDIA

Fotografie

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Wohnungsbau

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 05/2021

Projektbeschreibung

Zuhaus im Apfelgarten
Für eine junge, vierköpfige Familie entstand der Wunsch im Garten des Elternhaues eigenen Wohnraum zu schaffen: Ein Zuhaus. Dabei sollte mit einem möglichst sanften Eingriff keiner der alten Apfelbäume auf der noch freien Fläche des innerdörflichen Anwesens gefällt werden, nachhaltige, sortenreine und robuste Materialien verwendet und sich mit einem einfachen Haus in Dorfbild und Baukultur eingefügt werden.
So manifestierten sich in diesem Projekt einige gebaute Thesen für ein ländliches, möglichst zukunftsfähiges Einfamilienhaus.

Dicht bauen
Um im ländlichen Bereich dem ausschlaggebenden Bebauungsgedanken „Innenbereich vor Außenbereich“ gerecht zu werden, müssen bebaute, innerdörfliche Grundstücke nachverdichtet werden - möglichst, ohne den dörflich-ländlichen Ortscharakter zu verlieren. Das schlanke Zuhaus eignet sich gut für diesen Zweck.

Sanft & nachhaltig Bauen
Es ist - nicht nur gestalterisch - viel nachhaltiger, einen bestehenden Baum zu erhalten, als ihn neu zu pflanzen. So konnte bei entsprechender Gebäudesetzung einer minimalen Grundfläche, welche sich dafür mehr in die Höhe entwickelt, der Apfelgarten als Genius loci erhalten werden.
Die Eingriffe in Boden und Grundwasserfluss sind minimal, da auf einen Keller, ja sogar auf die seitlichen Streifenfundamente verzichtet wurde.
Der verwendete Wandaufbau besteht gänzlich aus einem sortenreinen und natürlichen Baumaterial – heimisches Fichtenholz – und wirkt durch eingebaute Lufteinschlüsse noch mehr wärmedämmend.
Um die Graue Energie zu reduzieren, kommt das Gebäude mit einem Minimum von Stahlbeton, Folien und Metallen aus – auf Schaumstoffe, wie die der Perimeterdämmung, konnte konstruktiv gänzlich verzichtet werden.

Einfach Bauen
Prinzipien des Einfach Bauens wurden bei dem Wohnhaus verwirklicht: Wände in massiver, einschichtiger Konstruktion, setz materialsichtig und nicht überschichtet, erwirken in Kombination mit maßvollen Wandöffnungen ein angenehm träges Raumklima. So ist es möglich, Haustechnik, Leitungsführungen und elektrische Verbraucher auf ein Minimum zur reduzieren. Details wie Fensteranschlag, Fassade oder Gebäudesockel folgen einem einfachen, robusten Konstruktionsprinzip und wirken dadurch Gestalt gebend.

Regional Bauen
Dies bedeutet hier, nicht nur durch Anmutung und Einfügung des Hauses die regionale Baukultur weiter zu tragen, örtliches Handwerk zu nutzen, sondern auch Konstruktionsholz aus dem Paffenwinkel zu verwenden und die Fichtenschalung aus dem Familienwald der Bauherren selbst an die Fassade zu nageln.

Weniger Bauen
Auch der Suffizienzgedanke spielt bei diesem Bauvorhaben eine entscheidende Rolle. Nur wie sich zeigte, muss im Entwurfsprozess dabei nicht die Verzichtsmaxime im Vordergrund stehen, sondern vielmehr der bejahende Leitsatz: Was gerade reicht, ist reich und genug! So ließ sich auf einer Grundfläche von 7.55 x 7,55 m durchaus eine Familie mit 4-5 Personen unterbringen, beispielsweise auch mit einem WC auf jedem Geschoß – im Dachgeschoss platzsparend in einem Schrank verborgen.

Günstiger bauen
Es ist durchaus möglich auch heute noch ein anspruchsvolles, qualitativ hochwertiges, aber günstiges Einfamilienhaus zu bauen. Dies bedarf aber bei den Bauherren eines klaren Mindsets: Wegzulassen was geht, die Qualitäten der Einfachheit Wert zu schätzen und sich auf ein Wohnen im edlen Rohbau konsequent einzulassen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das kleine, sehr kompakte Einfamilienhaus in Holzbauweise auf dem elterlichen Grundstück steht beispielgebend für eine gelungene Ergänzung und Nachverdichtung. Es wird deutlich, mit welch hohem Anspruch hier der Frage nachgegangen wird, was tatsächlich notwendig ist: Sowohl die Wohnfläche und die Grundrissstruktur als auch der Anteil der Fensterflächen an der Fassade wurden äußerst effizient entwickelt. Entstanden ist ein Gebäude mit regionalem Bezug und einem sehr kleinen ökologischen Fußabdruck für eine Familie mit vier bis fünf Personen. Die Jury würdigt insbesondere den Ansatz des einfachen Bauens. So kamen massive einschichtige Holzkonstruktionen und eine regional übliche Holzschalung zum Einsatz; auch die Technik wurde auf ein Minimum reduziert. Dieses Haus ist nachvollziehbar als Prototyp zu verstehen, der auch an anderen Orten für die Nachverdichtung eingesetzt werden kann. Das Projekt steht so in mehrfacher Hinsicht vorbildlich für eine behutsame und bescheidene Nachverdichtung im ländlichen Raum.
Apfelgarten

Apfelgarten