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Einstufiger, nicht offener Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Auswahlverfahren | 12/2022

Wohnungsbau Wieslocher Straße in Walldorf

1. Preis

Preisgeld: 20.000 EUR

MIMA Architektur

Architektur

Erläuterungstext

Visualisierungen von loomn Architekturkommunikation

VIER HÄUSER FÜR WALLDORF

Wohnungsbau Wieslocher Straße / Walldorf

Leitgedanken.
Die beiden Planungsgrundstücke an der Wieslocher Straße sind an der östlichen Zufahrt zum Stadtgebiet, der Walldorfer Wohnstadt, gelegen und erhalten dadurch eine hohe städte- bauliche Bedeutung. Der Entwurf für die künftige Wohnbebauung erfüllt die Anforderungen einer sensiblen baulichen Integration in das Quartier und markiert gleichzeitig die Stadtzufahrt zur Wohnstadt. Die geplanten Baukörper führen auf der einen Seite die vorhandene nördlich anschließende Bebauung entlang der Straßenflucht fort und nehmen auf der anderen Seite mit ihrer Gliederung Bezug zu der umliegenden Baukörperstruktur die im Wesentlichen aus einer Einzel-, Doppel und Reihenhausbebauung besteht. Den vielfältigen Ansprüchen entsprechend wird ein Ort geschaffen, der zum einen Identität stiftet, qualitätsvolle Wohnungsgrundrisse und Freiräume schafft und zum anderen die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Umsetzung bietet.

Quartier stärken - Wohnraum schaffen - Vielfalt planen -
Um einer angemessenen städtebaulichen Einbindung in das Quartier gerecht zu werden, ist es ein wichtiges städtebauliches Element des Entwurfes, die Baukörperstruktur in Einzelhäuser zu gliedern, die den Maßstab zur umliegenden Bebauung herstellen. Die vier Einzelhäuser bilden sich durch ein geringfügiges Verspringen der Baukörper und zeichnen sich nach außen durch eine unterschiedliche gleichwohl warme Farbgebung der Holzfassade ab. Die besondere Qualität der geplanten Wohnbebauung besteht in seiner vielschichtigen Wohnungstypologie. Es wird ein vielfältiger Mix an Wohnungen realisiert. Eine klare rationale Fassadengliederung, die besondere Gestaltung der Erdgeschoßzone mit den Hauseingängen, ein für alle Parteien gemeinsam genutzter grüner Innenhof und das durchgehend verwendete Fassadenmaterial Holz schaffen an dieser Stelle einen attraktiven Wohnraum, der von seinen Bewohnern individuell mitgestaltet werden kann.

Ökonomie
Die erste Voraussetzung für wirtschaftliches Bauen, ein kompaktes flächeneffizientes Gebäude, ist bereits durch die Kubatur des Bebauungsplan vorgegeben. Als zweiten Schritt bildet der geplante Hybridbau mit einem Grundtragwerk und einem Erschließungskern aus Stahlbeton in Kombination mit vorgefertigten Holzbauelementen einen hohen Vorfertigungsgrad an. Das führt zu kurzen Bauzeiten und gleichzeitiger Erhöhung der Qualität. Einheitliche Holzelement-Außenwände, lediglich 4 verschiedene Fensterformate, 1 Badtyp, 1 WC-Typ und die Küchen werden standardisiert.

Ökologie und Nachhaltigkeit
Der geplante Holzhybridbau sieht einen pragmatischen Mix aus Materialien insbesondere aus Holz und Beton vor, der sich jeweils die besten Eigenschaften des Materials zu Nutzen macht. Die Bauweise ist der Grundstock für die Entwicklung einer nachhaltigen energieeffizienten Gebäudekonzeption, die die Ansprüche an den Passivhausstandart erfüllt. Die geplanten Gründächer können aufgrund der ökologischen Funktionen als „ein Stück Natur auf dem Dach“ verstanden werden. Sie verbessern das Wassermanagement im Quartier, indem sie Regenwasser zurückhalten und verdunsten lassen. Das geplante extensive Gründach ist kostengünstig, leicht und erfordert wenig Pflege. Die Gründachfläche wird zudem zur Aufstellung einer Photovoltaikanlage genutzt.

Freiraumkozept
Das freiraumplanerische Konzept nimmt sowohl in seiner räumlichen, kleinteiligeren Gliederung als auch formalen Ausprägung Bezug zu der angrenzenden Einzel- und Reihenhausbebauung. Es wird ein grüner Innenhof geschaffen, der die Anwohner zur Mitgestaltung einlädt. Ziel soll eine vernetzte Nachbarschaft sein, ein Miteinander, dass zu einer hohen Identifikation der Bewohner mit dem Ort und der Wohnanlage führt und somit einen verantwortungsvollen Umgang und eine hohe Wohnqualität erzeugt. Entlang der Wegeachse werden Nutzungen und Angebote wie Kinderspielflächen, eine Outdoor- Fahrradwerkstatt oder ein überdachter Sitzbereich platziert welcher als Treffpunkt genutzt werden kann. In der Kombination aus kleinen Gemeinschaftsgärten und Hochbeeten zur individuellen Bepflanzung durch die Bewohner entstehen Orte des gemeinschaftlichen Erlebens, welche der Erholung als auch der ökologischen Produktion von Lebensmitteln für den Eigenbedarf dienen. Über eine Vielzahl abwechslungsreicher Sitz- und Aufenthaltsbereiche mit unterschiedlichen Atmosphären und Nutzungsangeboten wird sowohl das gemeinschaftliche Erleben gefördert, als auch eine individuelle Inbesitznahme ermöglicht.

Retention / Versiegelung / Überdeckung TG
Für eine maximale Flexibilität und eine potenzielle Teilung der Baugrundstücke sind die beiden Baufelder jeweils mit einer Tiefgarage unterbaut. Die Überdeckung (Substrathöhe) der TG beträgt 60cm. Damit wird im Bereich der Gärten die Pflanzung von Hecken und Kleinsträuchern sichergestellt. Über punktuelle, bis zu 0,90cm hohe Aufschüttungen soll auch hier die Pflanzung von Kleinbäumen (Obstbäumen) ermöglicht werden. Die gesamte TG-Decke wird als großzügige Verdunstungs- und Retentionsflächen ausgebildet. Ein Teil des anfallenden Niederschlagswassers kann mittels einer Zisterne für die Bewässerung der Gartenanlage genutzt werden.

Ziel des Entwurfes ist, ein ausgewogenes Zusammenspiel zwischen guter und wirtschaftlicher Architektur, eine selbstverständliche Einbindung in das Quartier und eine hohe Identifikation der Bewohner mit dem Gebäude und dem Ort zu schaffen und damit einen Rahmen zu setzen für eine lebendige Wohnbebauung, die den Bedürfnissen aller Bewohner gerecht wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Unter dem Titel „4 Häuser für Walldorf“ setzt der Entwurf vier Wohngebäude an der Wieslocher Straße, die als Einzelgebäude in der städtebaulichen Figur durch einen leichten Versatz und durch unterschiedliche Farbgebung in den Holzfassaden sichtbar sind. Die Stadteinfahrt wird über den Winkel markiert und adressiert sich einladend zur die Nordost-Ecke über die plastische Gestaltung der Loggien.
Die Gliederung der Gebäude auf der Hofseite reagiert auf ihre kleinteilige Nachbarschaft und bietet mit den halb auskragenden Balkonen geschützte Freibereiche und eine differenziertes, abwechslungsreiches Fassadenbild. Im Hof wird ein großer zusammenhängender öffentlicher Grünraum ausgebildet, der den Übersprung von beiden Baufeldern erlebbar macht. Im Übergang zu den benachbarten Einfamilien- und Reihenhäusern wird ein breites Wegeband ausbildet, das durch Kinderspielflächen, Fahrradreparaturwerkstatt und überdachte Sitzbereiche maßstäblich gegliedert wird und damit für die Bewohner- und die Nachbarschaft nutzbar gemacht wird. Eine Zone aus Gemeinschaftsgärten und Hochbeeten ergänzt im Süden das Nutzungsangebot, so dass für alle Bewohner innen und Bewohner die Möglichkeit besteht, auch ohne privaten Garten ihr eigenes Fleckchen Erde zu bewirtschaften.
Die Eingänge in die Wohngebäude und die Durchgänge in den Gartenhof gliedern sehr gut die Fassadenflächen zur Wieslocher Straße. Die Adressbildung wird unterstützt durch die zurückgesetzten Eingangsbereiche. Den Straßenverlauf begleitend unterstützt diese Geste im Kontext der versetzten Baukörper den Übergang vom öffentlichen Bereich der Straße in den geschützten Bereich der Wohnungseingänge. Die Grundrisse sind gut organisiert und bieten ein buntes Gemenge aus 2-, 3- und 4 Spänner-Typologien ab. Die Zahl der angebotenen Wohnungen bleibt jedoch deutlich unter dem Durchschnitt der eingereichten Arbeiten. Die Wohnungen an der Nord-Ost-Ecke bieten leider noch keinen schutzbedürftigen Raum aus. Insbesondere die Erdgeschoßwohnung ist im Blick auf den Lärm- und Sichtschutz zu überprüfen. Die Qualität der Balkone wird an diesem Standort in Frage gestellt. Überprüft werden sollte auch die Dimensionierung der Verkehrsflächen, die insbesondere im Zusammenhang mit den Aufzügen zu knapp bemessen scheint. Die Bedeutung der Verkehrsflächen für die Qualität der Erschließung und der Wohnungseingänge ist aus Sicht des Preisgerichts hoch. Die Typologie des Dreispänners im Dachgeschoss wird kritisch bewertet, da die kleine Wohnung die Erschließung der Hoffläche für die Feuerwehr notwendig macht.
Die Entscheidung, die Fahrabstellflächen dem Konzept der vier Gebäude folgend und dezentral zu organisieren in offene Fahrrad-Stellplätze und geschützte Räume an den Durchgängen in den Innenhof. Es fehlen allerdings noch Fahrradstellplätze. Es werden zwei Tiefgaragen angeboten. Die Zufahrten von der Dietrich-Bonhoeffer-Straße könnten durchaus auch mit Pergolen geschützt werden. Bei den Tiefgaragen besteht noch deutlicher Optimierungsbedarf bezüglich der Erschließungsflächen. Diese sollten wirtschaftlicher gestaltet werden. Die Entscheidung für eine Stahlbetonskelettbauweise in Kombination mit standardisierten Holzrahmenbau ist gut nachvollziehbar. Die Reduktion auf standardisierte Fensterformate, Badund Küchentypen verspricht einen hohen Vorfertigungsgrad. Die flächeneffiziente und kompakte Bauweise wird auch in den wirtschaftlichen Kennzahlen sichtbar und verspricht eine ressourcenschonende und nachhaltige Lösung.
Die tragende Konstruktion des Gebäudes wird gebildet durch Stahlbetondecken und Außenwänden aus Holz. Der Grundriss wurde so konzipiert, dass das gewählte Material Stahlbeton für die Decken, materialgerecht eingesetzt wird. Die Klarheit der Fassade ist für eine mögliche Vorfertigung, auch die Wiederholung der Wandmodule, sehr gut geeignet. Die Arbeit besteht aus insgesamt vier Baukörpern und weist eine günstige Flächeneffizienz sowie kompaktes Gebäudevolumen auf. Die Verkehrsflächen sind gering gehalten. In der Bewirtschaftung wird ein geringer Energiebedarf für die anfallenden Betriebskosten prognostiziert.
Der Entwurf überzeugt durch seine städtebauliche Gliederung in vier Einzelgebäude, die sich sehr selbstverständlich als Ensemble an der Wieslocher Straße zusammenfügen. Der Anspruch, anstelle eines Gemeinschaftsraumes den Gartenhof als gemeinschaftlich genutzten Bereich für eine „vernetzte Nachbarschaft“ zu nutzen, ist in einer qualifizierten Freiflächenplanung allerdings noch nachzuweisen.
Visualisierung Innenhof

Visualisierung Innenhof

Grundrisstypologie

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