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Offener Wettbewerb | 11/2022

Wohnbebauung Neues Landgut, Baufeld 11, in Wien (AT)

1. Rang / Gewinner / Zur Weiterbearbeitung empfohlen

Preisgeld: 40.000 EUR

Kronaus Mitterer Architekten

Architektur

Harry Schmidt - Design&Function

Modellbau

Janoušek & Havlíček visualisations

Visualisierung

Erläuterungstext

Städtebau / Positionierung und Orientierung der Volumina

Der Entwurfsansatz besteht darin, ein einheitliches, identitätsstiftendes Ensemble, um einen Hof zu etablieren, dass einerseits in die Umgebung eingebettet liegt, andererseits aber auch starke wohnbezogene Qualitäten aufweist, um zukünftigen BewohnerInnen ein gutes Leben zu ermöglichen.

In diesem Sinne wird dem städtebaulichen Akzent mit 11 Geschossen im Westen des Grundstücks ein achtgeschossiger Bauteil im Osten des Grundstücks gegenübergesetzt. Diese werden durch einen fünfgeschossigen Trakt verbunden.

Auf diese Weise entsteht ein homogenes Ensemble, zwei miteinander verbundener Volumen. Diese generieren einerseits durch ihren Grundrisszuschnitt und andererseits durch ihre hofseitig nach oben rückspringende Abtreppung eine dem Bauplatz adäquate Geste der Öffnung. Eine Geste der Öffnung nach Süden und eine Geste der Öffnung nach oben. Die Öffnung nach Süden ermöglicht eine Einbindung des Wohnensembles in das umgebende Umfeld. Die Öffnung nach oben führt zu qualitativ hochwertigen natürlichen Lichteintrag in den unteren Bereichen und in den Hof, sowie zu einer angenehmeren Massstäblichkeit bezogen auf den Hof und damit verbunden eine hohe Aufenthaltsqualität des Hoffreibereichs.

Identifikation und äußeres Erscheinungsbild

Durch die plastische Ausformung der Baukörper Starke (hofseitige, pixelartiges Abtreppungsprinzip) wie auch durch die gewählte Materialität und Fassadengestaltung erhält das Ensemble eine spezifische Markanz, die identitätsstiftend wirkt. Die Fassade besteht aus Holz. Der Holzcharackter zusammen mit seiner natürlichen Farbgebung schafft eine natürliche und angenehme Atmosphäre mit hochwertigen Aufenthaltsqualitäten.

Die gewählte Bauweise ermöglicht einen hohem Vorfertigungsgrad vor: Beton Massivbau in Sockelzone, Holz-Beton Verbundbauweise in den weiteren Obergeschossen.

Vielfalt in der Nutzung

Die Wohnungen sind unterschiedlich groß und nach allen Himmelsrichtungen orientiert, sodass eine große Wohnungsvielfalt und Unterschiedlichkeit angeboten werden. Die Orientierung zur Bahn wird als identitätsstiftendes Element gesehen. Die Wohnungen nach Nordwesten verfügen über eine Wohnraumlüftung/-kühlung, um im Sommer die Räume auch ohne Fensteröffnen bewerkstelligen zu können. Ein Teil der Wohnungen verfügt über spezifische Grundriss Zuschnitte, die auf die Erfordernisse der Schichtarbeit Rücksicht nehmen.

Freiraum

Bezogen auf den Freiraum, werden Biodiversität und ein naturnahes Leben in der Stadt unterstützt: Durch den Einsatz von natürlichen Materialien, eine attraktive, naturnahe Freiraumgestaltung, zusammenhängende Grünflächen, einfriedungsfreie Zonierungen.

Der Einbindung in das übergeordnete Grün- und Freiraumnetz wird eine hohe Bedeutung zugesprochen. So wird durch das Öffnen des Hofes zum Straßenraum eine Verbindung nach außen geschaffen. Auch im Nordwesten wird auf die Anbindung in das Radwegenetz Bedacht genommen.

Der Ausgestaltung der Böschung im Nordwesten entlang des Bahndamms ist als naturnaher Spiel- und Bewegungsbereich konzipiert. Der Hof erfährt durch seine Öffnung nach aussen, vor allem aber auch durch die Abtreppung der Baukörper in den oberen Bereichen, angenehme Proportionen und eine hohe Aufenthaltsqualität. Er ist nicht unterkellert und verfügt über eine naturnahe Ausgestaltung mit großflächigen Erdkernen und erweitertem Wurzelraum und der Anwendung des Schwammstadtprinzips. Die Dachflächen verfügen über eine extensive Dachbegrünung. Die den Wohnungen direkt zugewiesenen Freiräume weisen aufgrund ihrer Konzipierung als Loggien einen hohen Grad an Privatsphäre auf.

Mikroklima / Klimaerwärmung

Der sommerlichen Überhitzung wird durch eine Reihe von Maßnahmen entgegengewirkt, die einen hohen Grünanteil und ein nachhaltiges Versickerungssystem unterstützen.

So wird ein geringen Versiegelungsgrad angestrebt, der Platz für Wurzelräumen zulässt. Unterbauungen werden vermieden. Bezüglich Entwässerung wird Platz für Schwammstadt geschaffen. Durch Wasserrückhaltung wird das Kanalsystem entlastet. Es werden gesunde und alterungsfähige Bäume gepflanzt und möglichst große, zusammenhängende Grünflächen vorgesehen. Zonierung werden ohne Einfriedungen vorgesehen.

Energie

Es wird ein energieoptimiertes Gebäude angestrebt, ein wesentlicher Teil des Energiebedarfs am Bauplatz gedeckt werden kann. So erfolgt die Wärmeerzeugung mit Erdwärmepumpen und Erdsondenfeld. Die Erdsonden werden thermisch aus der Wärmerückgewinnung der Abluft und aus der sommerlichen Temperierung der Wohnungen regeneriert. Die Warmwasserbereitung erfolgt zentral mit Pufferspeicher, Steigleitungen und Zirkulationsleitung mit Durchfluss-Wärmetauschern in den Wohnungen. Die Heizung funktioniert auf Niedertemperatur-Niveau mit Fußbodenheizung. Die sommerliche Temperierung der Wohnungen läuft über eine moderate Kühlung des Fußbodens. Die Lüftung läuft mit Abluft in Bad und WC und wird über mehrere Stiegenhaus-zentrale Abluftanlagen und mit schallgedämmten Nachströmöffnungen in den Aufenthaltsräumen betrieben. Die Abluftanlagen sind mit Wärmerückgewinnung ausgestattet und regenerieren thermisch die Erdsondenfelder. PV wird im platztechnisch möglichen Ausmaß vorgesehen.

Brandschutz

Die Wohnhausanlage besteht aus zwei Stiegen. Die Gebäude werden durch eine Brandabschnittsgrenze getrennt und weisen unabhängige Erschließungen auf. Sie können daher als zwei eigenständige Gebäude unterschiedlicher Gebäudeklasse betrachtet werden.

Wohngebäude High:

Gebäude mit Fluchtniveau über 22m und unter 32m: Tragkonstruktion in R 90 (kein A2), brandabschnittsbildende Bauteile und Trennbauteile in EI 90 (kein A2); Diverse Bauteile der Gebäude sind aus Holz geplant. Dies entspricht nicht den Bedingungen der OIB-Richtlinie 2.3. Als Ersatzmaßnahme ist zurzeit die Errichtung einer Sprinkleranlage vorgesehen. Vertikale Brandüberschläge an Brandabschnittsgrenzen werden durch die geplante Sprinkleranlage wirksam eingeschränkt, bauliche Maßnahmen sind nicht erforderlich.

Zentrales Sicherheitstreppenhaus der Stufe 1 gem. OIB-Richtlinie 2.3 mit Druckbelüftungsanlage im „Aufenthaltskonzept“ und Feuerwehraufzug.

Aus allen Räumen und von den Wohnungseingangstüren ist das Treppenhaus innerhalb einer tatsächlichen Gehweglänge von 40m erreichbar.

Das Gebäude wird mit einer Sprinkleranlage im Schutzumfang „Vollschutz“ ausgestattet.

Das Gebäude wird mit einer Brandmeldeanlage im Schutzumfang „Vollschutz ausgenommen Wohnungen“ mit automatischer Alarmweiterleitung ausgestattet.

Die Wohnungen werden mit unvernetzten Rauchwarnmeldern (Aufenthaltsräume und Gänge innerhalb der Wohnung) ausgestattet.

Wohngebäude Low:

Gebäudeklasse 5 mit Fluchtniveau über 11m und unter 22m und 8 oberirdischen Geschoßen Tragkonstruktion in R 90, brandabschnittsbildende Bauteile in EI 90, nichttragende Trennbauteile EI 90.

Diverse Bauteile des Gebäudes sind aus Holz geplant. Dies entspricht nicht den Regelungen der OIB-Richtlinie 2. Ersatzmaßnahmen werden in Abhängigkeit der Menge der Holzbauteile und in Absprache mit der Behörde getroffen. Die Art der Ersatzmaßnahme kann die Ausführung der Sprinkleranlage auch in diesem Baukörper erfordern. Erwartbares Ziel ist es mit Maßnahmen wie z.B. der Ausführung der Brandmeldeanlage in den Allgemein- und Verkehrsbereichen außerhalb der Wohnungen auszukommen.

Vertikale Brandüberschläge an Brandabschnittsgrenzen sind zwischen Sockel und Wohngeschoßen durch massive Stahlbeton-Wandscheiben mit einer Höhe zwischen den Öffnungskanten von mind. 1,20m in REI 90 und A2 bzw. EI 90 und A2 oder auskragende Balkonplatten mit einer Auskragungstiefe von mind. 80cm in REI 90 und A2 bzw. EI 90 und A2 und 50cm seitlichem Überstand wirksam einzuschränken.

Horizontale Brandüberschläge werden in E 60 + A2 bzw. EI 60 + A2 ausgebildet. In Abhängigkeit der Lage der Brandabschnittsgrenze beträgt der Abstand entweder 1m (>135°) oder 3m (>135°).

Zentrales Treppenhaus gem. OIB-Richtlinie 2 Tab. 2b.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliche Lösung:

Städtebaulich überzeugt das Projekt durch eine sehr klar strukturierte Form: der Hof öffnet sich nach Süden trichterförmig und schafft so einen attraktiven Binnenraum und sehr schlanke Fronten nach Süden. Die Aufweitung wird durch die Terrassierung der beiden Flügel verstärkt, sodass ein sehr großzügiger Gesamteindruck entsteht. Insgesamt bietet das Projekt ein sehr stimmiges Gesamtbild, dass sich eigenständig und selbstverständlich ins Quartier einfügt.

Das Erdgeschoss ist im Mittelteil durch einen Durchgang unterbrochen, der die Luftzirkulation unterstützt und den Raum bis zur Böschung einbezieht. Hier sind Fahrradabstellplätze vorgesehen, wobei nicht ganz klar ist, ob hier eine Einhausung vorgesehen ist, die die Öffnung konterkarieren würden. Die Nutzungen im Erdgeschoss halten sich an die Vorgaben des Masterplans: Wohnungen und Eigengärten sind nach außen orientiert; zum Hof finden sich zwei „Mietflächen“, die auch Potenzial als Gemeinschaftsräume oder zusätzliche Fahrradräume haben. Lediglich die Positionierung der Tiefgaragenrampe an der Ecke zum Hof wird als nachteilig beurteilt – hier wäre eine belebende Nutzung wünschenswert.

Die Höhenabstufung in Schritte von drei Geschossen ist sehr überzeugend und auch für die Umlenkung des Windes in den Hof förderlich. Entlang der Bahn entsteht dadurch eine starke Silhouette, die der ansonsten sehr zurückhaltenden Fassade ein elegantes Auftreten gibt.

Baukünstlerische Lösung:

In der architektonischen Erscheinung ist das Projekt ganz eindeutig von seiner Materialisierung in Holz geprägt. Entlang der Bahn ist die Fassade nur durch Gesimse und Lisenen strukturiert, mit dahinter liegenden Loggien. Auch nach Süden sind die Fassaden zurückhaltend, wobei hier eine Belebung durch Begrünung oder Photovoltaik durchaus wünschenswert wäre. Dafür sind die Fassaden zu den urbanen Gassen durch die orthogonalen Rücksprünge facettiert, die Fassaden zum Hof durch die Terrassierung. So ergibt sich bei einer kohärenten Materialität ein sehr ansprechendes und vielseitiges Bild rundum.

Funktionelle Lösung:

Die Erschließung der Wohnungen ist kompakt und geradlinig. Zwei Kerne sind durch einen Laubengang zum Hof verbunden, der in jedem zweiten Geschoss der Balkon der Maisonetten ist. Von den Kernen führen Stichgänge bzw. ein Mittelgang zu den Wohnungen in den südlichen Flügeln. Teilweise sind die Wohnungen recht tief, was jedoch in den oberen Geschossen durch die Terrassierung abgemindert wird. Die Großzügigkeit des Binnenraums geht hier leider teilweise auf Kosten der Wohnqualität, durch hohe Trakttiefen. Positiv hervorzuheben sind die Maisonetten im Mitteltrakt, die die Lage an der Bahn durch Querorientierung und zusätzliche Freiräume ausgleichen. Das Angebot von schichtarbeitgeeigneten Wohnungen ist nicht in der möglichen Tiefe ausgearbeitet, wobei eine Umsetzung leicht machbar scheint. Alle Wohnungen verfügen über großzügige Freiräume, wobei dreieckige Zuschnitte noch einer Optimierung im Details bedürfen.

Freiraumqualität samt mikroklimatischer Maßnahmen:

Der Freiraum profitiert von der Großzügigkeit der Konfiguration, wobei der Kinder-und Jugendspielplatz nicht eindeutig verortet wird. Das Potenzial des Durchgangs als Aufenthalts- und Spielbereich ist nicht ausgeschöpft. Die Durchlässigkeit in Richtung Bahn ist auch für das Mikroklima sehr günstig, das auch durch die Höhenabstufung zusätzliche Luftbewegung an heißen Tagen erfahren wird. Der Versiegelungsgrad erscheint höher als notwendig, wobei der grüne Charakter des Hofs sehr positiv beurteilt wird. Die Gemeinschaftsterrasse ist vergleichsweise klein, wird aber durch den angrenzenden Gemeinschaftsraum belebt. Die höherliegenden Dachflächen sind nicht zugänglich und sollen für PV und Biodiversität zur Verfügung stehen.

Nachhaltigkeit:

Die Umsetzbarkeit in Holz-Hybrid-Bauweise scheint durch die klare Strukturierung der Baukörper sehr plausibel. Im Bauteil mit Fluchtniveau über 22 m setzt sie allerdings – vor allem durch die Fassadenelemente in Holz – den Einsatz einer Sprinkleranlage voraus, die zusätzliche Kosten verursachen würde. Ein Verzicht auf die Holzfassade würde den kohärenten Gesamteindruck des Hauses stören, sodass das Sprenkeln unvermeidbar scheint. Zusammen mit der verhältnismäßig geringen Nutzfläche stellt das Projekt also eine gewisse Herausforderung an die Wirtschaftlichkeit dar. Dafür lässt die klare Struktur eine effiziente Bauweise mit hohem Vorfertigungsgrad erwarten, im Sinne eines repräsentativen Leuchtturmprojekts für nachhaltiges Bauen. Das Gebäude ist durch die kompakte Form sehr energie-effizient, wenn sich dadurch auch ein hoher Anteil einseitig orientierter Wohnungen ergibt. Erdwärmepumpen und Erdsonden sorgen für nachhaltige Wärme und Kühlung, ergänzt durch PV auf den oberen Dachflächen.

Wirtschaftlichkeit in Errichtung, Betrieb und Erhaltung:

Die vom Typus sehr effiziente Erschließung wird durch innenliegende Nebenräume und einen Lichthof ergänzt, vor allem um in den unteren Bereichen die Trakttiefen zu reduzieren, was sich in einem nicht so günstigen NF/BGF-Verhältnis widerspiegelt. Der kompakte Baukörper lässt dafür energetische Effizienz vermuten. Die sehr hochwertige Gestaltung der Fassade und die Notwendigkeit einer Sprinkleranlage bedeuten zusätzliche Kosten in Errichtung und Erhalt, die aber bei einem Pilotprojekt des nachhaltigen Bauens zu erwarten sind. Andererseits ermöglicht die klare Struktur der Wohnungen und der daraus resultierenden Tragstruktur einen hohen Vorfertigungsgrad, der eine wirtschaftliche Errichtung verspricht.