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Projektwettbewerb im offenen Verfahren | 07/2023

Wohnüberbauung Am Rain in Luzern (CH)

2. Rang / 2. Preis

Preisgeld: 30.000 CHF

Franz Müllner Architekt

Architektur

Rosenmayr Landschaftsarchitektur GmbH BSLA

Landschaftsarchitektur

Synaxis AG

Tragwerksplanung

Raumanzug GmbH

Energieplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Kontext, Architektur, Freiraum

Die VerfasserInnen schlagen eine einfache städtebauliche Setzung vor: vier verschieden lange neue Baukörper stehen längs zur Strasse und knüpfen an die Bebauungstypologie des Bestands an. Die schmalen Baukörper staffeln sich dem Terrain folgend in der Vertikalen ab, die Länge wird dadurch auf einzelne Häuser hinab gebrochen und treten an der Strasse massstäblich zurückhaltend in Erscheinung. Setzung und Grösse der Bauten ermöglichen einen hohen Freiraumanteil mit guten Abständen zwischen den Bauten. Im enger geschnittenen Bereich im Osten der Parzelle weicht die untere Zeile geschickt zurück. So wird die forcierte Nähe des Bestandes an diesem Ort vermieden und gleichzeitig ein schöner Baumplatz freigespielt. Begrüsst wird die Anordnung des Gemeinschaftsraums und des Raums für die Kulturgruppe an den Köpfen der Zeilen an diesem Ort, der so zum gemeinschaftlich genutzten zusätzlichen Aufenthaltsraum wird.

In Frage gestellt wird die Adressierung des nördlichen Baukörpers: der Zugang erfolgt von der Strasse abgewandt von Norden, die Vorgärten zur Strasse werden privatisiert. Schmale Nebeneingänge auf dieser Seite unterstreichen die Leseart, die dem Wunsch nach einer Belebung des gemeinschaftlichen Strassenraums entgegen läuft.

Die Freiraumgestaltung orientiert sich stark am heutigen Erscheinungsbild. Das grundsätzliche Konzept ist pragmatisch und unaufgeregt. Die Zonierung der Aussenräume ist solide, aber die Orte selbst sind marginal programmiert und lieblos. Der Baumplatz vermag städtebaulich und konzeptionell als Quartiersplatz und wichtiger Ort zu überzeugen. Die Gestaltung mit einem Mix aus Baumraster und freistehenden Einzelbäumen überzeugt nicht und bleibt auch hier insgesamt oberflächlich und uninspiriert. Die Erweiterung des Spielbereiches im Nordwesten wird positiv bewertet, die Gestaltungsabsicht ist jedoch wiederum nicht erkennbar und praktisch nicht zu bewerten. Durch die gewählte Erschliessung der Bauten jeweils von Norden, kann das Vorgartenkonzept nicht konsequent durchgehalten werden, es entsteht ein Gegenüber von Vor- und Rückseite, die das allgemeine Erscheinungsbild schwächt.
Darüber hinaus wird die Qualität der privaten Räume entlang vom «Am Rain» angezweifelt. Velo- / Containerbauten sind pragmatisch, die dazugehörigen Hartflächen aber überdimensioniert.

Die Mangelhafte Bearbeitungstiefe der Freiräume zeigt sich auch in den nicht vorhandenen Angaben zur Bepflanzung und zur Materialisierung. Somit kann der ökologische Beitrag nicht eingeschätzt werden.

Nutzung

Der simplen Setzung entspricht eine einfache Wohnungstypologie. Die Baukörper verfügen alle über die gleiche innen liegende Treppe mit zweispännig organisierten Wohnungen. Leider bleibt das Treppenhaus in der vorgeschlagenen Ausformulierung mehr funktionale Vertikalerschliessung als Ort der Begegnung und des Austauschs.

Die Wohnungen funktionieren gut und verfügen alle über eine grosse Wohn- und Essküche, einen eingezogenen Aussenraum und über ein Badezimmer mit Tageslicht. In ihrer fast lapidaren Organisation widerspiegeln sie im besten Sinn die genossenschaftliche Wohnform des Bestandes, sie schaffen es aber nicht diese weiter zu denken und mit frischen Elementen anzureichern.

Die einfache Gebäudestruktur mit tragenden Aussenwänden und einer tragenden Mittelwand in Längsrichtung verspricht ein wirtschaftliches Tragwerk. Die vorgeschlagene Konstruktionsweise verbleibt dabei recht konventionell, etwas mehr Mut zur Innovation wäre hier wünschenswert. Dasselbe gilt für den soliden architektonischen Ausdruck: es gelingt den VerfasserInnen noch nicht, ein inspirierendes Bild des Wohnens in der Gemeinschaft zu vermitteln.

Funktionalität, Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit

Durch die ausschliesslich zweispännige Anordnung der Wohnungen verfügt «MIKADO» über überdurchschnittlich viele Treppenhäuser und Lifte. Darum weist der Vorschlag trotz einer der höchsten Geschossflächen eine unterdurchschnittliche Hauptnutzfläche auf und lässt somit auch eine eher schlechtere Wirtschaftlichkeit erwarten.

Das Projekt weist einen grossen Anteil Nebennutzfläche auf, welche gegenüber der unterdurchschnittlichen vermietbaren Hauptnutzfläche zu einer tiefen Ausnutzung führt. In Bezug auf die Investitionskosten erreicht das Projekt tiefe Kosten pro m2 Geschossfläche, was unter anderem auf die eher kleine Fassadenabwicklung zurückzuführen ist.

Mit seinen vier Gebäudevolumen, und der pragmatischen Gebäudeabwicklung weist das Projekt ein äusserst kompaktes Volumen und einen überaus effizienten Dämmperimeter auf. In Kombination mit der vorgeschlagenen Bauweise und dem ausgewiesenen Dämmkonzept werden damit solide Ansätze zur Ressourcenschonung und zur Reduktion des Heizwärmebedarfs aufgezeigt. Die weitgehend konsequente Positionierung der Nasszellen an der Fassade erlaubt eine durchgehende natürliche Belüftung aller Räume, womit einem geringen Technisierungsgrad und einer bestmöglichen Systemtrennung umfassend Rechnung getragen wird.

Fazit

Der Vorschlag überzeugt durch die auf der Ordnung des Bestandes aufgebaute unaufgeregte und sehr selbstverständliche Setzung der Baukörper entlang der Strasse und dadurch grundsätzlich gut dimensionierte und gut verteilte Freiräume. Insbesondere der neue Baumplatz im Osten wird als neuer Raum für die BewohnerInnen städtebaulich geschätzt. Mit gut funktionierenden Wohnungen und einer robusten Materialisierung bildet «MIKADO» eine fast organische Fortsetzung des genossenschaftlichen Wohnens an diesem Ort. Bemängelt wird die Adressierung der nördlichen Zeile, die mangelnde Vermittlung von Gemeinschaftlichkeit, die etwas monotone Repetition eines ähnlichen Grundrisstyps und der noch zu uninspiriert wirkende Ausdruck der Häuser.

Der Umgebung ist eine ungenügende Bearbeitungstiefe zu attestieren. So fehlen Bepflanzungs- und Materialisierungskonzept vollständig. Die Gestaltungsabsichten sind, wenn überhaupt erkennbar, lieb- und ideenlos und lassen viele Potenziale der städtebaulich guten Grundkonzeption völlig ungenutzt.