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Ideenwettbewerb im kooperativen Verfahren | 06/2023

Neues Wohnen in Wildpoldsried

Perspektive

Perspektive

1. Preis

Preisgeld: 17.000 EUR

planetz Architektenpartnerschaft

Stadtplanung / Städtebau, Architektur

Erläuterungstext

Prägung und Leitidee
Wildpoldsried rüstet sich für die Zukunft: Der Ort hat bereits vor Jahren kluge Weichenstellungen vorgenommen, um die Energiewende zu gestalten und aufzuzeigen, wie eine ländliche Gemeinde eine Vorreiterrolle einnehmen kann.
Nun bietet sich die Chance, neue Wohnstandorte im Ortskern zu überprüfen: Dabei wird nicht nur das Thema Innenentwicklung in den Blick genommen, um künftigen Flächenverbrauch an den Siedlungsrändern zu vermeiden, sondern auch neue Wohntypologien angedacht: Die Wirtschaftlichkeit, aber auch die ökologische Nachhaltigkeit sollen prägende Bestandteile der Erneuerung des Ortes werden. Im Fokus stehen Wohnangebote für Senioren und junge Familien, aber auch Singles, denen Wildpoldsried ein Zuhause bleiben soll.
Das Miteinander von Wohnen und Arbeiten hat gerade im ländlichen Raum Tradition; die Pandemie-Jahre haben gezeigt, dass die Arbeitswelt resilienter werden kann, wenn beides konfliktfrei miteinander verbunden werden kann. Das kann in Form von coworking spaces, aber auch in der Ermöglichung von Gewerbeeinheiten in neuen Wohnensembles sein.
Die genannten Parameter sollen den Planungsansätzen zugrunde liegen, gepaart mit einer Verwurzelung der Bautypologien in der ländlichen Tradition des Allgäus und der Bestrebung, zugleich die Qualitäten der bestehenden Freiräume und Wegebeziehungen zu stärken. Die besondere Herausforderung liegt darin, dass dies zugleich für vier Teilbereiche mit ganz unterschiedlichen Vorprägungen geschehen soll, die aber gemeinsam das Ortsgefüge Wildpoldsrieds stärken und zukunftssicher ausrichten.

Grillinger-Gelände mit Dorfboind: Ein geschützter Ortsgarten
Die Boind ist heute bereits eine Fläche von hohe Freiraumqualität in unmittelbarer Ortsmitte. Als Referenz an den traditionellen rückwärtigen Garten kann sie allerdings noch gestärkt werden, wenn sie bauliche eingefasst und dadurch zu einem geschützten Ortsgarten, der aber gut in die umgebenden Grünräume vernetzt ist, weiterentwickelt wird.
Die Wiederherstellung einer Bebauung in der Lage des ehemaligen „Grillinger“-Hofes ist hierbei ein erster Schritt. Eine Bebauung entlang der Marktoberdorfer Straße stärkt aber zugleich auch die innerörtliche Platzsequenz Wildpoldsrieds, die sich von der Kirche und dem Dorfsaal bis zum Museum und der Feuerwehr erstreckt und durch räumliche Fassung und einen weiteren Trittstein im Nutzungsgefüge noch besser erlebbar wird.
Das Ensemble aus zwei langgestreckten zweigeschossigen Baukörpern mit Satteldach nimmt die Typologie regionaler Hofgebäude auf, erzeugt spannende Durchblicke und -gänge und kann einen vielfältigen Mix aus Wohnen, Gewerbe und Gemeinschaftsnutzungen aufnehmen, die ihre Identität zugleich aus ihrer zentralen Lage und ihrer Ausrichtung zum geschützten Grünraum beziehen.
Neue Wohnbebauung ist auch am Schiebelsberg möglich: in der Körnigkeit an den Bestand vis-à-vis angepasst und auf den stark ansteigenden Hang abgestimmt werden vielfältige Wohnangebote oberhalb von Hanggaragen vorgeschlagen, die sich nach Westen zur Boind orientieren und öffnen.
Ein neues Hanghaus kann auch an der Nahtstelle zwischen Boind und Dorfsaal das bestehende Wohnhaus ersetzen: Durch die Ausrichtung parallel zum Hang kann nicht nur das Wohnangebot vergrößert und diversifiziert werden, es kann auch eine breite Wege- und Freiraumverbindung zwischen Boind und der Platzfläche des Dorfsaals entstehen, die zur Aufwertung und Belebung der bestehenden Freibereiche beiträgt.
Die Freifläche der Boind kann neben gastronomischer Nutzung der „Bierboind“ auch Freiluftveranstaltungen wie Theater und public viewing Raum und Gefälle bieten und soll im Winter weiterhin Rodelhügel sein!

Schützengelände: Die Chancen nutzen!
Das Schützengelände hat wohl ebenso viele Restriktionen wie Chancen! Unter Berücksichtigung des Hochwasserschutzes und der Lärmimmissionen kann aber ein einzigartiger Wohnstandort entstehen, der über Stellplätzen im Hang angeordnet wird und durch eine selbstbewusste Höhenentwicklung Südsonne für sich beansprucht, zugleich aber die Ausblicke der südlich angrenzenden Wohnbebauung über den Wildpoldsrieder Bach in der Landschaft erhält.
Die Wohnbebauung wird vom Waldweg erschlossen, der sich künftig als Spazier- und Wanderweg in den unmittelbar östlich angrenzenden Wald fortsetzt. Die bestehende Vegetation soll dabei möglichst erhalten und gestärkt werden und der neue Weg nur durch eine „Spiel-Lichtung“ aufgeweitet werden, die dem Bachufer nahekommt und dieses erlebbar machen hilft: Als Bachspielplatz, als Auftakt eines Waldlehrpfades und als möglicher Standort für einen Waldkindergarten. Bis auf diesen punktuellen Eingriff soll der Ufersaum des Baches in seiner Naturnähe erhalten und mit gebührendem Abstand bedacht werden.

Die Gärtnerei Schellheimer: Wohnungsbau mit Biodiversität?
Die derzeitige Nutzung des Plateaus zwischen zwei begrünten Böschungen soll Inspiration für eine mögliche bauliche Entwicklung auf dem Gelände der Gärtnerei Schellheimer sein. Die topografische Lagegunst und die homogene Wohnnutzung der Umgebung lassen den Ort besonders geeignet für künftige Wohnbauentwicklungen erscheinen. Diese kann abschnittsweise von Norden nach Süden erfolgen und ermöglicht auch langfristig eine Fortführung eines Gartenbaubetriebs im Süden des Geländes, möglicherweise an veränderten Flächenbedarf angepasst.
Das Quartier soll weiterhin durch Biodiversität geprägt sein und hat als zentrales Freiraumelement einen Wildwiesen-Anger, der der fußläufigen Erschließung der neuen Wohnbebauung und zugleich dem Aufenthalt und der Nutzung ihrer Bewohner dient. Die erforderlichen Stellplätze werden direkt am Zugang aus der Ringstraße auf einem eingegrünten Schotterrasen nachgewiesen.

Die Gärtnerei Rothermel: Wohnen und Arbeiten
Entlang der Kemptener Straße reihen sich seit jeher Häuser wie eine Perlenschnur aneinander, die Wohnen und Gewerbe miteinander verbinden: Zu einem Hauptbaukörper mit durchschnittlich zwei Vollgeschossen kommen rückwärtige und über einen Hof erschlossene eingeschossige Gebäude für sehr vielfältige Nutzungen hinzu. Diese Struktur gilt es zu erhalten und im Rahmen des Geltungsbereichs zu erneuern!
Im rückwärtigen und niedriger gelegenen Grünraum, der derzeit als Gärtnerei Rothermel genutzt wird, können zwei Wohnhöfe entstehen, die auch zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten realisiert werden können. Bestehende Wegebeziehungen können in die Planung aufgenommen werden und langfristig zu einem eng verknüpften Fußwegenetz verbunden werden, das auch in die südlich angrenzende freie Landschaft fortgeführt wird.
Die Wohnbebauung, die sich um die autofreien Erschließungshöfe gruppiert, kann ganz unterschiedlich ausformuliert werden, als Geschosswohnungsbau oder auch als schmales Reihenhausensemble; auch das bestehende Wohnhaus kann eingebunden und langfristig gesichert werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Arbeit gelingt es in besonderem Maße, die Potentiale einer inneren Verdichtung auf verträgliche Weise aufzuzeigen, ohne dabei die landschaftliche Umgebung zu stören.

Schützengelände
» Die Anordnung der Gebäude wirkt selbstverständlich, das vorgeschlagene Angebot der Wohnungen erscheint etwas zu gering.

Gärtnerei Schellheimer
» Die Hofbildung und die Schaffung eines öffentlichen und halböffentlichen Raums sowie privater Gärten in den rückwärtigen Bereichen werden positiv gesehen.
» Die Höhe und Körnigkeit der Bebauung sind stimmig.
» Das Konzept liegt nah an der Vorstellung des Eigentümers und lässt sich gut umsetzen.

Gärtnerei Rothermel
» Die Hofbildung und die Schaffung eines öffentlichen und halböffentlichen Raums sind ausgewogen.
» Die Höhe und Körnigkeit der Bebauung sind stimmig.
» Der Ansatz, gewerbliche Nutzungen an der Kemptener Str. zu realisieren, ist gut. Die Umsetzbarkeit wird jedoch insb. im Hinblick auf die vorhandene Topographie in Frage gestellt.
» Die stufenweise Entwicklung der Flächen wird begrüßt, insb. da jede Stufe in sich bereits schon eine gewisse Schlüssigkeit besitzt.

Grillinger-Gelände
» Das Konzept nutzt die Qualität des Standortes, um hochwertige Wohnadressen zu schaffen.
» Die Hauptgebäude werden mit einer subtilen Selbstverständlichkeit angeordnet.
» Ein erlebnisreicher öffentlicher Raum wird geschaffen, der dem dörflichen Charakter entspricht.
» Das Museum wird durch den Entwurf in das Gefüge integriert.
» Die Geschossigkeit wird im Osten im Hinblick auf die Topographie kritisch gesehen.
» Der mit Bäumen überstellte Vorplatz, der im Einsatzfall für FW-Fahrzeuge zur Verfügung steht, kann in seiner Ausgestaltung und Dimensionierung überzeugen.
» Insgesamt stellt der Entwurf ein robustes Konzept dar, das auf viele Eventualitäten reagieren kann.
Modell

Modell

Gesamtkonzept

Gesamtkonzept

Grilliger-Areal und Blind

Grilliger-Areal und Blind