Gutachterverfahren | 03/2023
Wohnungsneubau Clara-Viebig-Straße / Tharandter Straße in Dresden
©ALEXANDER POETZSCH ARCHITEKTEN
Außenperspektive
ein 2. Preis
ALEXANDER POETZSCH ARCHITEKTUREN
Stadtplanung / Städtebau
Schubert + Horst Architekten GmbH
Architektur
Architektur
Erläuterungstext
Städtebauliche Idee
Der Entwurf bildet zur Tharandter Straße einen der Bauflucht folgenden Riegel aus, welcher auf einem erdgeschossigen Sockel sitzt. Der Baukörper folgt dem Straßenverlauf und wird durch Einschnitte gegliedert und akzentuiert. Das oberste Geschoss wird als Staffel ausgebildet, wodurch die Eckbebauung freigestellt und quartierstypisch betont wird. Der Sockel zieht sich bis in die Clara-Viebig-Straße als offene Tiefgaragenzufahrt. Der anschließende Baukörper nimmt Höhe und Proportion der freistehenden für Löbtau typischen Wohngebäude auf und schließt das Quartier ab. Im Hof sind 3 längliche Riegel eingeordnet, welche der Topografie folgen und jeweils auf der Lücke der Bestandsgebäude Clara-Viebig-Straße sitzen. Die Gebäude sind vom straßenbegleitenden Baukörper abgerückt und bilden so einen gemeinsamen halböffentlichen Quartiersplatz für die ca. 60 Wohneinheiten. Das Quartier erhält durch einheitliche Materialität, Formensprache und einen hohen Anteil an Durchgrünung seine Identität und Adressbildung.
Der Baukörper an der Tharandter Straße verfügt erdgeschossig über flexibel teilbare Ladengeschäfte sowie den zentralen Eingang zum Quartier. Hier befinden sich Briefkästen sowie Kinderwagenraum und 2 Abgänge in die Parketage. Ein nebenliegendes Ladengeschäft kann als Quartiersladen und Gemeinschaftsraum mit Werkstatt, Küchenzeile usw. für den Austausch der Bewohner untereinander und mit dem Stadtraum dienen. Der Gehweg wird verbreitert, mit Baumpflanzungen und Beeten sowie Fahrradbügeln und Bänken aufgewertet.
Der Baukörper wird durch einen hofseitigen Laubengang erschlossen. Die Wohneinheiten sind durchgesteckt und haben halböffentliche Freisitze am Laubengang sowie individuelle private Loggien. Die Grundrisse sind flexibel und ermöglichen Wohnungsgrößen von 1-Raum bis 4,5- Raum Wohnungen. Im Staffelgeschoss entstehen durch den Rücksprung des Baukörpers große begrünte Terrassen. Aufgrund steigender Mietpreise sind die Grundrisse hinsichtlich Verkehrsflächen optimiert bzw. wird auf Flurflächen verzichtet. Dadurch kann die Mietfläche hinsichtlich Qualität und Raumgrößen optimiert werden.
Die Hofhäuser verfügen über jeweils eine vorgelagerte Erschließungszone. Der Grundriss ist als Reihenhaus aber auch Etagenwohnungen teilbar. Mehr und mehr junge Familien wollen ein Haus mit eigenem Grün, können sich dieses aber in der Stadt nicht leisten. Die hier angebotenen Typologien erfüllen diesen Wunsch. Geschützt im Blockinneren ergibt sich eine gartenstadtähnliche Kleinststruktur mit Individualgärten, halböffentlichen Zugangs- und Begegnungszonen und einem hohen Anteil an Durchgrünung. Die Einheiten am Ende der Zeilen verfügen jeweils zusätzlich über ein Arbeitszimmer, sodass das Konzept Homeoffice bzw. Arbeiten und Wohnen abgebildet werden kann. Alternativ können Geschosswohnungen hergestellt werden.
Der Baukörper an der Clara-Viebig-Straße bietet Etagenwohnen. Im Erdgeschoss wird eine Fläche als Atelier, Studiowohnung oder Büro ausgewiesen. Ebenfalls hier befindet sich ein Müllraum, welcher sowohl vom Quartier aus als auch vom Entsorger gut zu erreichen ist.
Erschließung
Die Erschließung für die Anwohner erfolgt zentral über den Eingangsraum an der Tharandter Straße mit nebenliegendem Quartierszentrum. Hier treffen sich die Bewohner und verteilen sich in ihre jeweiligen Bauteile. Der anschließende Freiraum ist als halböffentlicher Quartiershof mit Verweilqualität und Spielmöglichkeiten ausgebildet.
Die PKW-Erschließung erfolgt über die dem vorderen Baukörper und Quartiersplatz unterlagerte Parkebene. Die Zufahrt befindet sich an der Clara-Viebig-Straße. Hier werden auch 2 barrierefreie, ebenerdige Stellplätze nachgewiesen.
Fahrradbügel befinden sich entlang der Tharandter Strasse. Fahrradstellräume befinden sich in der Parketage in einem Fahrradraum rechts der Rampen. Zugänge in die Parketage befinden sich beidseitig des Eingangsraums sowie am Quartiershof. Für Umzüge sowie die Anlagenpflege ist der Zugang links der Bebauung an der Viebig- Strasse ausgelegt, welcher im Regelbetrieb über einen Poller nicht befahrbar ist.
Freiraum
Der Freiraum im neuen Quartier ist durch seine starke Durchgrünung gekennzeichnet. Die Parketage wird intensiv begrünt und über Aufschüttungen auch mit Bäumen bepflanzt. Grünflächen werden als Wildwiesen und Bienenwiesen ausgebildet.
Die Dachterrassen und Laubengänge erhalten vorinstallierte, begrünte bzw. bepflanzbare Wuchsflächen / Hochbeete / Pflanzgefäße. Die Dächer der straßenbegleitenden Bebauung werden, wenn nicht durch PV belegt, extensiv begrünt. Das Niederschlagswasser wird auf dem Grundstück versickert.
Der Quartiershof erhält eine wassergebundene Decke und Spielmöglichkeiten, Bänke sowie Verschattung durch Baumpflanzungen. Ergänzende Gemeinschaftsterrassen für die Anwohner befinden sich in der 1. Etage in den Gebäudefugen.
Wohnformen
Die Wohnungstypen und –teilungen orientieren sich an den geforderten Grössen. Verkehrsflächen sind in allen Typologien auf ein Minimum reduziert – zugunsten der Qualität und Größe der Aufenthaltsräume. Flexible Grundrisse im Gebäude an der Tharandter Straße ermöglichen eine Reaktion auf den Bedarf. Die Wohnungsgrößen sind durch die zuschaltbaren Räume erweiterbar. Alle Wohnungen können auf die Größe eines Nukleus (Nukleuswohnen) reduziert werden. Die Räume am Laubengang können wenn nicht Teil der Wohnung so zum Beispiel als Schaltraum bei Bedarf hinzugemietet werden. Dadurch kann auf Altersstruktur und Anforderungen reagiert werden mit dem Ziel, die Bewohner lange an den Ort und die Gemeinschaft zu binden.
Ein Angebot an unterschiedlichen Gemeinschaftsflächen ergänzt den Quartiersgedanken – das Zusammenleben – beginnend mit dem gemeinsamen Eingang und der Adressbildung, das nebenliegende Quartierszentrum, dem gemeinsamen Hof sowie die
Gemeinschaftsterrassen.
Material / Konstruktion / Architektur
Das Gebäude an der Tharandter Straße / Clara-Viebig-Straße verfügt über ein als Massivbau errichtetes Erdgeschoss. Darüber wird ein Holzbau mit Achsweiten von 3,50 bzw. 4,00 m errichtet. Die Hofhäuser werden als nicht unterkellerte Holzrahmenbauten auf einer Bodenplatte errichtet.
Die Fassaden bilden den Nachhaltigkeitsgedanken als Holztafelelemente mit großzügigen Öffnungen ab. Konstruktiv notwendige horizontale Bänder in Höhe der Geschossdecken gliedern die Fassade. Die Vertikale Gliederung ergibt sich aus den Rücksprüngen der Loggien.
Damit fügt sich die Bebauung in das Quartier ein, spielt mit der Typologie des heterogenen Ortes und den Anforderungen aus Material und Konstruktion. In den Innenräumen der Wohnungen setzt sich der Nachhaltigkeitsgedanke fort, Materialien werden gezeigt und collagenhaft zusammengebracht. Das Konzept der Rückbaubarkeit bzw. einfachen Umbaubarkeit wird hier für die Bewohner als identitätsstiftendes Merkmal ablesbar.
Beurteilung durch das Preisgericht
Geprägt wird der Entwurf durch die 5-geschossige Ecke sowie dessen klar erkennbares Statement zum Holzbau. Die städtebaulichen Kanten werden entlang der Baufluchten durch einen durchgängigen Sockel geschlossen. Dabei ermöglicht die Ausbildung eines „Gelenkes“ im Gebäuderiegel entlang der Tharandter Straße die Anpassung an den Straßenverlauf. Dieser Einschnitt wird kritisch diskutiert. Positiv bewertet wird dabei die Ausbildung als zentraler Eingangsbereich für das neue Quartier, der Umgang mit dem Lärmschutz wird eher kritisch eingeschätzt. Diese Arbeit überzeugt bereits in ihrem ersten Erscheinungsbild als „echtes Wohnhaus“.
Die Fassadengestaltung der Blockrandbebauung erzeugt ein grundsätzlich ansprechendes Erscheinungsbild, welches zahlreiche private Freisitze als auflockernde Elemente geschickt einsetzt. Jedoch wird die Ausrichtung dieser Fassade mit hohem Erholungswert zur Tharandter Straße hin kritisch bewertet, insbesondere im Zusammenhang mit der funktionalen Laubengangerschließung zum Innenhof.
Die Arbeit setzt sich intensiv mit der Höhenentwicklung im Areal auseinander und findet eine überzeugende Lösung. Sowohl die Einordnung der Tiefgarage als auch die Höhenstaffelung der Innenhofbebauung zeigt ein gelungenes Spiel mit der Topografie des Ortes auf. Die Innenhofbebauung wird als Reihenhäuser ausgebildet und erinnert dabei an das Gartenstadtmotiv, welches so bisher kaum in Löbtau vertreten ist.
Die hohe 5-Geschossigkeit im Straßeneckbereich erscheint im Gesamtbild schlüssig, wird jedoch genehmigungsrechtlich hinterfragt. Die weitere Rückstaffelung der Straßenbebauung erzeugt ein harmonisches Bild und ordnet sich zur Umgebungsbebauung. Die Ausbildung der Satteldachgeschosse der Hofhäuser unterstreicht einerseits den beabsichtigten „Holzcharakter“ im Erscheinungsbild, kann aber insbesondere im Zusammenhang mit der Ausformung der Straßenrandbebauung nicht als geeignetes Stilelement anerkannt werden.
Das Quartiersinnere überzeugt sowohl durch eine gute Ausrichtung der privaten Gärten sowie einen großen zentralen Grünraum als halböffentlichen Bereich von hoher Aufenthaltsqualität.
Die Arbeit überzeugt zudem mit ihren flexibel gestaltbaren und detailliert dargestellten Grundrisslösungen.
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Lageplan
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Piktogramme
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Grundriss Erdgeschoss
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Grundrisse Regel- und Dachgeschoss
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Flexible Wohnungsgrundrisse
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Ansichten
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Schnitte