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Offener Wettbewerb | 10/2018

Neubau eines Laborgebäudes für die Bauhaus-Universität Weimar

Anerkennung

Preisgeld: 3.333 EUR

gildehaus.partner architekten

Architektur, Innenarchitektur

Erläuterungstext

Standort I Städtebau I Leitidee

Der kompakte Labor-Neubau besteht aus einem 4-geschossigen, leicht konisch geschnittenen Baukörper. Dieser fügt sich in seiner Maßstäblichkeit in die Umgebungsbebauung ein. Der„gerichtete“ Körper formt zwei Höfe mit unterschiedlicher Qualität und schafft ein geordnetes Erscheinungsbild als nördlichen Abschluss am Campus Coudraystraße.
Der Neubau wird an zentraler Stelle erschlossen. Die Erreichbarkeit durch das Gebäude Coudraystr.13 erfolgt gradlinig und ebenengleich. Inhaltlich ordnet und bündelt der Baukörper die notwendigen Verbindungen und Zugänglichkeiten im Innen- und Außenraum. Er versteht sich als „dienendes Gebäude“ im Ensemble des Standort Coudraystraße.
Die vielen am Standort aktuell vorhandenen Lichtschächte werden durch die Absenkung des unteren Hofs überflüssig. Die Mensa wird stark aufgewertet und erhält ebenerdig einen attraktiven Außenbereich im Hof.


Gebäude

Zwischen zwei Giebelscheiben „spannen sich“ großflächig vier Ebenen für die gewünschten Laboreinheiten. Diese können dank der offenen Skelett-Konstruktion vielfältig und variabel gestaltet werden. Die wirklich erforderlichen Geschosshöhen können entsprechend der Wünsche der Nutzer in den nächsten Planungsphasen „fein-justiert“ werden. Regelgeschosshöhen zwischen 3 und 5 m sind möglich.
Die Zugänglichkeit der Nutzungseinheiten über zwei unterschiedliche Geschosse (Sockel- u. Erdgeschoss) erhöht die Leistungsfähigkeit des Hauses. Die erforderlichen Einbringöffnungen für große Objekte und Maschinen sind realisierbar.
Durch die Hofgestaltung und die Nutzung des westlichen Lichtschachtes wird ein hoher Grad an natürlicher Belichtung der Labore erreicht. Bewegliche Fassaden-Elemente sorgen für einen angemessenen und leistungsfähigen Sicht-, Blend- und Sonnenschutz. Eine innere, flurbegleitende Installationsschicht sorgt für die flächendeckende medientechnische Grundversorgung der Labore. Zentrale Betriebstechnik wird im Sockelgeschoss, wesentlich aber im 2. Obergeschoss auf dem Dach angeordnet und in das Gesamtkonzept integriert. Eine mögliche unterirdische technische Anbindung an die Außen- und Außenlagerflächen ist problemlos zu realisieren.


Erschließung I Einordnung I Funktionsabläufe

Hofebene -1
Die umgebende Bebauung im Bestand besitzt umlaufend auf der Ebene -1 ein ausgebautes Untergeschoss. Dieses ist in fast allen Bereichen auch mit Hauptnutzungen belegt. Daher ist es naheliegend auch den Neubau mit seinen Hauptnutzungen auf diesem gut erreichbaren Niveau zu platzieren.

Hofebene 0
Die obere Hof bleibt in seiner Höhenlage unverändert bestehen. Der barrierefreie Hauptzugang zum Neubau erfolgt über dieses Niveau.

Die innere Organisation folgt dem gewünschten Organigramm und liefert auf den einzelnen Ebenen, aber auch in der Anordnung und Staffelung der Ebenen die gewünschten Bezüge.


Freifläche

Durch die Einordnung des neuen Gebäudes in das Bestandsensemble wird der bestehende Innenhof stärker gefasst und klar umrahmt. Die Gestaltung der Freiflächen folgt der klaren Formensprache des Gebäudes.
Mit der Einordnung des Gebäudes soll der vorhandene Höhenunterschied optimal genutzt werden. Ziel ist es durch die Absenkung des Geländeniveaus des Hofes auf die Höhe der Untergeschosse ausreichend Belichtung für die bestehenden sowie das neue Gebäude und einen weiträumigen Freiraum zu schaffen.
Der Hof soll von Westen über eine weitläufige Rampe für Fußgänger und Anliefer- sowie Rettungsfahrzeuge barrierefrei zugänglich sein. Die Rampe endet in der Verlängerung der Fassadenlinie des neuen Gebäudes. Der bestehende Eingang sowie Fahrstuhlzugang am bestehenden südlichen Mittelbau werden über ein offenes Plateau aus Metall erschlossen. Dies hält die Option offen, die Eingänge zukünftig bei Sanierung des Gebäudes in das untere Geschoss zu legen und die Terrasse zu entfernen bzw. die bereits vorgesehene Verbindung durch den Mittelbau zu öffnen.
Der neue Campushof vereint Studium, Lehre und Forschung an einem Standort und wird in verschiedene Funktionsbereiche gegliedert. Direkt an das bestehende Gebäude anschließend soll ein Freibereich mit Sitzmöglichkeiten für die Mensa entstehen. Im mittleren Bereich gliedert eine Grüninsel mit unterschiedlichen Höhenniveaus mit Sitzmauern und Rasenflächen und neuen Bäumen die Freifläche. Der Freibereich direkt am neuen Gebäude soll in Verbindung mit der Grüninsel Pausen- und Raucherbereich der Mitarbeiter der Uni sein. Ziel ist es, den Standort Coudraystraße auch mit der Gestaltung des neuen Campushofes durch Studenten und Mitarbeiter weiter zu beleben und zu stärken.
Der bestehende Baum wird vorerst im Bestand belassen und durch entsprechende Maßnahmen im Vorjahr der Bautätigkeit sowie Schnittmaßnahmen für eine Freistellung vorbereitet. Auch hier wird das Niveau in einem bestimmten Abstand zum Baum abgesenkt und somit die unteren Eingänge des alten und neuen Gebäudes ebenerdig erschlossen.
Parkmöglichkeiten für Fahrräder können in ausreichendem Maße am oberen Plateau der Rampe, unter diesem Plateau im unteren Hof bzw. am oberen, kleinen Hof angeordnet werden. Die erforderlichen Stellplätze für PKW gliedern sich im Norden bzw. Westen direkt an den Fahrbereich an.


Material I Konstruktion I Fassade

Für die Giebelscheiben wird eine kerngedämmte Stahlbetonkonstruktion aus Recyclingbeton vorgeschlagen. Zwischen diese Scheiben spannt sich ein freies Feld für die Labore. An der östlichen und westlichen Längsseite des Gebäudes spannen sich Fensterelemente zwischen Decken und massiven Brüstungen mit einer davorgehängten vertikalen, mechanisch drehbaren Lamellenstruktur. Die vorgeschlagenen Lamellen übernehmen die Funktionen: Sichtschutz, Blendschutz und Sonnenschutz.
Das Dach wird als Gründach als fünfte Fassade des Gebäudes ausgebildet. Treppenhaus und Flure im 2. OG erhalten Oberlichter.

Das Gebäude ist als neuer Baustein ablesbar, ordnet sich gleichzeitig in Größe und Proportion in das umgebende Ensemble ein.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Neubau wird freistehend unter Beachtung der westlichen und nördlichen Fluchten des Ensembles platziert. Im Sinne der Denkmalpflege respektiert das Volumen konsequent die Traufhöhe. Zum Bestand – insbesondere den Hörsälen – ist ein gebührender Abstand gegeben. In dem sehr kompakten, schlanken Baukörper werden alle Funktionen linear an einem Mittelflur organisiert. Seinem hohen Anteil an belichteten erdgeschossigen Laborflächen wird dadurch Rechnung getragen, dass die Ostfassade im Untergeschoss durch einen weitläufig abgegrabenen Innenhof freigestellt wird. Hierdurch entstehen nicht nur gut belichtete Räume, sondern auch Freiraumbezüge zum Bestand. Die Freifläche der Absenkung macht mit Sitzgelegenheiten und überdeckten Fahrradständern ein attraktives Angebot. Insgesamt wird dadurch das solitäre Laborgebäude gut in den Gesamtzusammenhang der angrenzenden universitären Nutzungen gebracht. Die mit der Absenkung entstandene viergeschossige Eingangsfassade wird folgerichtig über eine kleine Brücke erschlossen; der eigentliche Eingangsbereich erscheint allerdings etwas zu klein.
Die städtebauliche Figur ist charakterisiert durch eine zum Bestand schräg abgeschnittene Gebäudekante. Wenn diese auch konsequent unter Aufnahme von Kanten der Nachbargebäude entwickelt ist, wird sie dennoch kontrovers im Zusammenhang mit der Ausrichtung des Hofraumes diskutiert. Im Grundriss ermöglicht die Schräge unterschiedliche Raumtiefen, aus denen unter anderem die sehr gute Flächeneffizienz des Entwurfes resultiert. Erschließung und Andienung sind stimmig gelöst. Zwei notwendige Treppenräume und ein notwendiger Flur erfüllen baulich die Anforderungen des vorbeugenden Brandschutzes. Architektonisch versteht sich der Neubau als kraftvoller Baukörper mit eigenständigem Ausdruck. Die ruhig gestalteten Fassaden sind für diesen Ansatz ein überzeugende Interpretation. Die vertikalen Metalllamellen sind ein probates Mittel, um die geschosshohen Glasflächen mit einem robusten und eleganten Sonnenschutz zu verschatten. Das Zusammenspiel von geschlossenen Stirnwänden und vielschichtigen Längsfassaden wird gewürdigt.
Bei allen Kennwerten liegt die Arbeit in einem sehr guten Bereich, der Wirtschaftlichkeit in Erstellung und Betrieb erwarten lässt. Die Tatsache, dass bei der Unterkellerung nur das Labor tiefer gegründet wird, dessen Raumhöhe es erforderlich macht, reduziert Erstellungskosten. Inwieweit die Abgrabung des Außengeländes zu einem wirtschaftlichen Erdaushub führen kann, hängt davon ob, ob und in welchem Umfang diese umgesetzt werden könnte. Bei den Nutzflächen wird das Programmsoll in Summe bestens erfüllt. Nur wenige Teilflächen haben kleinere Unterschreitungen von bis zu 10 %.
Technikflächen werden angeboten, jedoch nur die Hälfte des Solls.
Insgesamt stellt die Arbeit einen städtebaulich und architektonisch sehr hochwertigen und eigenständigen Beitrag dar, der in vielen Aspekten der Aufgabenstellung gerecht wird.