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Einladungswettbewerb | 02/2019

Neubau eines Kulturcentrums am Theodor-Fliedner-Gymnasium in Düsseldorf

2. Preis

BM+P Architekten Hesse Geissler / Generalplaner

Architektur

Erläuterungstext

LEITIDEE
„Mit unserem Entwurf schaffen wir ein neues offenes, transparentes Bildungshaus für Kunst und Musik, ergänzt durch einen introvertierten Andachtsraum für Stille und Gebet.“

STÄDTEBAULICHE KONZEPTION
Der Neubau des Kulturcentrums bildet gemeinsam mit dem Andachtsraum den westlichen Abschluss des Schulareals. Das Kulturcentrum folgt mit seinen beiden eingeschossigen Baukörpern linear den westlichen Baukörpern des bestehenden Gebäudeensembles. Als Abschluss schließt sich zur westlichen Grundstücksgrenze
der Andachtsraum an. Dieser Andachtsraum flankiert und markiert gleichzeitig den Haupteingang auf das Gelände des Theodor-Fliedner-Gymnasiums.
Die Höhenstaffelung der einzelnen Gebäudeteile folgt den Funktionen der Innenräume.

ERSCHLIESSUNG
Die Erschließung der Räume für Kunst und Musik erfolgt ebenerdig über einen neu gestalteten Vorplatz von der östlichen, dem bestehenden Schulgebäude zugewandten Seite. Der Andachtsraum wird ebenfalls ebenerdig, direkt von einem eigenen Vorplatz erschlossen, kann jedoch darüber hinaus auch über das Kulturcentrum
betreten werden.

GRUNDRISS UND TYPOLOGIE
Der 25m x 35m messende Baukörper, basierend auf einem Raster von 1,25m x 1,25m, ist durch eine zentrale, großzügige Flurzone organisiert. Dabei separiert die mittige Erschließung in einen südlichen Gebäudeteil für die Fachräume der Musik und einen nördlichen Gebäudeteil für die Fachräume der Kunst. Als Puffer liegen zwischen der Flurzone und den jeweiligen Fachräumen die „Lagerboxen“, welche sowohl vom Flur, als auch von den Fachräumen betreten werden können.
Die Fachräume haben direkte Zugänge ins Freie, was einerseits dem 1. Rettungsweg dient, andererseits dem Fachbereich Kunst das Arbeiten im Freien auf einer vorgelagerten Terrasse ermöglicht.
Die großzügige Flurzone dient als Gemeinschaftsraum mit Aufenthaltsqualität und als Präsentationsfläche für die Ausstellung von Bildern und Objekten. Nach Erweiterung des neuen Ensembles gelangt man am Ende der Flurzone in den Andachtsraum. Im 1. BA schließt die Flurzone mit einer raumhohen Verglasung ab.
Die Zugänge zu den Fachräumen werden mit zweiflügeligen Türanlagen ausgestattet, wodurch auch größere Teile in und aus den Räumen transportiert werden können. Bei Ausstellungen entstehen durch die großen Öffnungen fließende Raumeindrücke.
An den Kopfenden der Gebäudeteile sind Nebenräume für Garderobe, Toiletten und Technik sowie Lagerflächen vorgesehen.
Der Hauptzugang zum Andachtsraum erfolgt separat über einen Windfang vom Vorplatz des Andachtsraumes aus. Seitlich des Windfanges sind eine Garderobe und ein Stuhllager angeordnet.

FASSADE
Die Fassade gliedert sich in transparente, opake und transluzente Bereiche, wobei innerhalb der gesamten Fassadengestaltung die Horizontale in Anlehnung an die vorhandenen Gebäude betont wird.
Die transparenten Bereiche dienen zur Belichtung der Fachräume und der Flurzone, sie werden mit raumhohen Fensterflächen umschlossen. Auf Oberlichter in der Decke über der Flurzone haben wir verzichtet, um den möglichen Eintritt von Streulicht (insb. bei Ausstellungen) zu vermeiden. Die Nebenräume werden mit opaken Bauteilen umschlossen. Die Rückwand des Andachtsraumes ist als transluzente Wand geplant. Dadurch erhält der Innenraum tagsüber eine intensive indirekte Belichtung und am Abend strahlt der Baukörper nach außen.

MATERIALITÄT UND NACHHALTIGKEIT
Konstruktion: Die tragenden Teile des Gebäudes, wie die Bodenplatte, die Stützen, die aussteifenden Wandscheiben und die Decke, werden aus Stahlbeton hergestellt.

Innenraum: Die Innenwände, welche die Fachräume umschließen, sind als Massiv-wände angedacht. Die Trennwände zwischen den Fachräumen können alternativ auch in Form von mobilen Trennwänden hergestellt werden, was für Vorführungen und Ausstellungen großzügige Raumbeziehungen ermöglicht.
Für diese mögliche alternative Ausführungsart müssen jedoch die Kosten und der Schallschutz intensiv untersucht werden.
Alle übrigen Innenwände werden in Trockenbauweise hergestellt.
Die Wandoberflächen sollen gespachtelt und gestrichen, in den WC-Bereichen teilweise mit Feinsteinzeug bekleidet werden. Die Deckenflächen verbleiben als Sichtbeton-flächen und erhalten nach Bedarf abgehängte, akustisch wirksame Deckensegel. Die Bodenflächen werden mit Industrieparkett und in den WC-Bereichen mit Feinsteinzeug belegt.

Fassade: Die transparenten Bereiche der Fassade werden aus einer raumhohen Pfosten-Riegel-Konstruktion erstellt. Bei den Profilen handelt es sich um Holzprofile mit einer Aluminiumaufsatz-Verglasungstechnik und äußeren eloxierten Aluminiumdeckleisten.
Die Farbgebung erfolgt in Anlehnung an die Fenster des Bestandsgebäudes. Die opaken Flächen bestehen aus Sichtbeton und aus vorgehängten Glasfaserbetonelementen deren Farbwahl die Klinkerflächen des Bestandsgebäudes transformiert.
Die südliche Außenwand des Andachtsraumes besteht aus einer einfachen Stahl-Glas-
Konstruktion, welche beidseitig mit transluzenten Elementen bekleidet wird.

Dach: Auf den Dachflächen werden oberhalb der Eindichtungsebenen extensive Grünflächen angelegt, welche den Abflussbeiwert reduzieren und ergänzend zur Dämmung im Sommer einer Aufheizung des Gebäudes entgegenwirken.
Bei der Auswahl der Materialien ist neben dem Gestaltungsaspekt die Recyclingfähigkeit von Produkten entscheidend. Wir haben darauf geachtet, dass sämtliche, ausgewählte Materialien recyclingfähig sind und in den technischen Kreislauf zurückgeführt werden können.

ENERGIEKONZEPT
Die Gebäudebeheizung soll über eine Geothermieanlage (Sole-Wasser-Wärmepumpe) sichergestellt werden. Dazu werden Erdsonden mit einer mittleren Tiefe von ca. 80m eingesetzt, ca. 5 Stück. Da in Rheinnähe überwiegend kiesige Böden anzufinden sind, wird diese Anlage sehr effizient arbeiten.
Damit diese Wärmepumpe im optimalen Wirkungsgrad arbeitet (Leistungszahl 4,5) wird eine Fußbodenheizung eingesetzt. Diese kann die erforderliche Wärmeübertragung bei geringen Vorlauftemperaturen leisten und bietet gleichzeitig höchsten Komfort. Eine Leistungszahl von bis zu 4,5 bedeutet, dass mit einer kWh eingesetzter Energie (Strom) bis zu 4,5 kWh Wärme erzeugt werden können.
Ein weiterer Vorteil der Sole-Wasser-Wärmepumpe in Kombination mit der Fußbodenheizung besteht in der Möglichkeit einer regenerativen Temperierung der Räume im Sommer. Dabei wird der Prozess umgekehrt und überschüssige Wärme in den Räumen über die Sonden dem Erdreich zugeführt. Damit lässt sich zum einen eine
Temperaturabsenkung von ca. 3K erzielen ohne den Einsatz einer Kältemaschine, zum anderen wird dem Boden wieder Energie zugeführt, welche dieser im Winter wieder zur Beheizung abgeben kann.
Da es nur wenige Warmwasserverbraucher gibt, werden diese über energieoptimierte Mini-Durchlauferhitzer (dezentral) versorgt. Damit entstehen keinerlei Bereitstellungsverluste und die Energie wird nur dann erzeugt, wenn sie benötigt wird. So kann die Wärmepumpe ausschließlich im Tieftemperaturbereich für die Fußbodenheizung arbeiten.
Die Trinkwasserversorgung erfolgt vom zentralen öffentlichen Trinkwassernetz und erhält eine zentrale Wasseraufbereitungsanlage. Die WC Einheiten erhalten eine mechanische Abluft nach DIN 1946 mit energiesparenden EC Motoren.
Die gesamte Beleuchtung innen und außen erfolgt mittels energiesparenden LED Leuchten. In sämtlichen Bereichen werden die Leuchten mit Präsenzschaltern gesteuert und in den Aufenthaltsbereichen durch tageslichtabhängige Dimm-Module ergänzt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der eingeschossige Baukörper wird als Fügung mehrerer Volumen konzipiert und nimmt
durch seine Setzung sowie seine Höhenentwicklung die städtebauliche Konzeption des
Theodor-Fliedner-Gymnasiums auf. Die Architektursprache der bestehenden Schule wird
neuinterpretiert und weitergeführt. Allerdings wird die Gebäudehöhe und die räumliche
Dichte des 2. Bauabschnitts zum Parkplatz der Aufgabe eines Eingangsbaukörpers mit
neuem, eigenständigen Inhalt nur bedingt gerecht.
Die Erschließung des Kunst- und Musiktrakts erfolgt über einen seitlichen Eingang, der
sich zum Unterrichtstrakt orientiert und durch seine Lage nicht überzeugt. Eine
Orientierung zum gemeinsamen Schulvorbereich wäre hier wünschenswert, um der
Bedeutung des neuen Kulturcentrums gerecht zu werden. Die innere Erschließung der
Unterrichtsbereiche über den großen Flur, der auch für Ausstellungen genutzt werden
kann, wird von der Jury positiv gewertet, allerdings erscheint die Belichtung nicht
ausreichend. Eine natürliche Belichtung, die problemlos im Höhenversatz der
Gebäudeteile untergebracht werden könnte, wird hier vermisst.
Die Grundrisse sind in Hinblick auf die Funktionalität sehr gut gelöst. Insbesondere die
Zuschaltbarkeit von den Musikräumen mit den daneben liegenden
Differenzierungsräumen über das von beiden Bereichen zugängliche Instrumentenlager
ist positiv hervorzuheben. Die Zonierung der Grundrisse lassen einen optimalen Lernort
erwarten. Auch die räumliche Nähe von Andachtsraum zu Kunst- und Musiktrakt ist
positiv hervorzuheben und lässt Synergien im Schulablauf entstehen.
Kritisch gesehen wird, dass eine gewünschte mögliche Teilung des Andachtsraums durch
seine Orientierung und Lage schwierig erscheint. Die externe Erschließung des
Andachtsraums erscheint in ihrer Position sinnfällig, die Dimensionierung dieses
Eingangsbereichs über den Windfang ist nicht ausreichend. Die dargestellte Atmosphäre
des Andachtsraums überzeugt in Teilbereichen, die semitransparente Glaswand wird
gewürdigt.
Die eingeschossige Bauweise und das relativ kompakte Bauvolumen lassen eine
Wirtschaftlichkeit im mittleren Bereich erwarten.