modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 04/2019

CAMPUS+ Umbau und Modernisierung eines Seminar- und Tagungszentrums in Waldheim

3. Preis

Preisgeld: 12.000 EUR

Junk & Reich Architekten BDA Planungsgesellschaft mbH

Architektur

Erläuterungstext

Das Seminar- und Tagungszentrum der AOK PLUS in Waldheim zeigt sich in einer für die 90er Jahre charakteristischen Architektur. Die einzelnen Gebäudeteile wurden zu einem „Organismus“ addiert, der sich sensibel in die Landschaft einfügt und mit dieser korrespondiert. Das lineare Prinzip der Grundrisse, die Gestaltung der Binnenzonen als großzügige Erschließungs- und Begegnungszonen, die optische Verbindung der Geschosse durch vertikale Lichtführungen über Oberlichter und Treppenöffnungen sind erhaltenswerte Qualitäten des Bestandes. Sie bilden eine solide Grundlage für die angestrebte räumliche und funktionelle Überarbeitung des Gebäu-des.

Ziel des Entwurfes ist es, neuen Nutzeranforderungen und dem sich wandelnden Verständnis von Bildungs- und Arbeitswelten Raum zu schaffen – im wahrsten Sinne des Wortes. Bereits durch die geschickte Neuordnung der Funktionen, gezielte punktuelle Veränderungen der vorhandenen Raumstrukturen sowie ergänzende Einbauten und Mobiliar lässt sich ein Großteil der neuen Anforderungen umsetzen. Kostenintensive Eingriffe in die Rohbaukonstruktion des Bestandes werden in unserem Entwurf auf das notwendigste Maß beschränkt. Das betrifft vor allem die Umsetzung aktuell gültiger Brandschutzanforderungen, zum Beispiel die Ausbildung sicherer, abgeschlossener Fluchttreppenhäuser und die Gliederung des Gebäudes in Brandabschnitte. Diese notwendigen Maßnahmen werden jedoch auch als Chancen für weitere räumliche und funktionelle Verbesserungen begriffen.

Die vorgesehenen Maßnahmen im Einzelnen:

Empfangsgebäude (Bauteil A)
In das pavillonartige, gläserne Empfangsgebäude werden „Boxen“ eingestellt, die die Hauptfunktionen des Kongressbetriebes - „Großer Saal“, „Kleiner Saal“, „Empfang“ und „Garderobe“ - beherbergen. Die „Boxen“ können individuell ausgestattet werden, sodass optimale Bedingungen für die jeweilige Nutzung geschaffen werden. Die Kapazitätsanforderungen, die der Nutzer an die beiden Säle stellt, werden erfüllt. Nach außen setzen sich die „Boxen“ mit einer holzsichtigen natürlichen Hülle gegenüber der kühlen Stahl-Glas-Architektur des Bestands in Szene. Der Materialkontrast und das akzentuierte Durchbrechen der Glasfassade lassen die „Boxen“ als neue Zutat erkennbar werden. Der Raum des Empfangsgebäudes ist großzügiges Foyer und Vorbereich der Säle, kann jedoch auch für Veranstaltungen und Ausstellungen genutzt werden. Wartebereiche, Leseplätze und ähnliches werden mit Hilfe des Mobiliars, das heißt verstellbar in diesem Raum platziert.

Seminargebäude (Bauteil D)
Der sich anschließende Seminarbereich erfordert im Innern eine deutliche Raumkorrektur. Durch Verlagerung der Büros in das Erdgeschoss des Bauteils B können die im Raumpro-gramm geforderten kleineren und mittleren Schulungsräume in den Seminarbereich integriert werden. Weitere Nutzflächen entstehen durch das aus Brandschutzgründen erforderliche Schließen der Deckenöffnungen in den Flurbereichen. Der gewonnene Raum wird als großzügige Open Space – Landschaft gestaltet, in der unterschiedlichste Aktivitäten in Zusammenhang mit dem Lehr- und Seminarbetrieb stattfinden können. Nischenartige Aufweitungen führen die Open Space – Landschaft bis an die Fassade heran und ermöglichen so die natürliche Belichtung und Belüftung. Auch die Oberlichtbänder der Seminarräume tragen dazu bei, dass der lichtdurchflutete Charakter der Innenzone erhalten bleibt. Das Schließen der Deckenöffnungen führt im gesamten Seminarbauteil zu akustischen und klimatischen Verbesserungen, die durch kühlende und absorbierende Elemente an Decke und Wand verstärkt werden können. Das neue Brandschutzkonzept sieht die Untergliederung des Seminargebäudes in zwei Nutzungseinheiten pro Etage vor. Die Nutzungseinheiten können im Brandfall über die zugehörigen Fluchttreppenhäuser oder über die benachbarte Nutzungseinheit evakuiert werden.

Hotelgebäude (Bauteil B und C)
Die Bauteile B und C werden weiterhin als Hotelgebäude genutzt. Einzige Nutzungsänderung ist die Verlagerung der Büros aus dem Seminargebäude in das Erdgeschoss des Bauteils B. Die Hotelgebäude werden analog zum Seminargebäude brandschutztechnisch ertüchtigt. Auch hier erfolgt die Unterteilung in je zwei Nutzungseinheiten und die Ergänzung eines Fluchttreppenhauses.
Für den sommerlichen Wärmeschutz besteht vor allem an den Bauteilen B und C Handlungsbedarf. Der Entwurf sieht die Ausführung einer Textilfassade im patentierten Spannsystem vor. Die verschiebbaren Fassadenelemente werden außen an der bestehenden Stahlkonstruktion der Laubengänge befestigt. Sonnenlicht- und Wärmeeintrag in die Gebäude werden deutlich reduziert. Die Elemente können auch als Sichtschutz eingesetzt werden.
Das textile Gewebe ist großflächig digital bedruckbar und bietet damit die Möglichkeit einer neuen, kostengünstigen Fassadengestaltung. Der Entwurf sieht den Einsatz der Textilfassade auch am Seminargebäude (Bauteil D) vor, sodass die Einzelbauteile des Gebäudekomplexes zu einer gestalterischen Einheit zusammengeführt werden.

Kantine
Für die Kantine schlagen wir eine räumliche Vergrößerung durch Anbau in Richtung des Gartenbereiches vor. Die Kantine kann so zum großzügigen Treffpunkt im Campus erweitert werden, an dem neben der Einnahme von Speisen auch andere Aktivitäten möglich werden: der Treff und Austausch mit Kollegen, Erholung, Gruppenarbeiten, Feiern etc.. Differenzierte Bestuhlungsangebote, flexible Raumteiler mit Akustikfunktionen und unterschiedliche Beleuchtungsvarianten zonieren den Raum. Der Cafeteria- / Barbereich wird auf diese Weise ebenfalls in den Großraum „Kantine“ integriert. Er erhält durch legere Lounge-Möblierung einen nahezu wohnlichen Charakter mit hoher Aufenthaltsqualität.
Ein weiteres Angebot stellen die großzügigen Terrassenflächen dar, die die Kantine mit dem Außenraum verknüpfen und in den Gartenbereich hinein erweitern. Die Terrassen werden ebenfalls mit flexiblen Mitteln (Mobiliar, Pflanzen etc.) zoniert, sodass auch im Freien differenzierte Räume für Erholung, Austausch und Freizeitgestaltung zur Verfügung stehen. Die Terrassen können auch als „Grüne Klassen“ für Schulungen genutzt werden.

Mit dem Entwurf wird das Raumprogramm erfüllt. Ein beachtlicher Raumgewinn wird durch die Umgestaltung von Verkehrsflächen zur Open Space – Landschaft erzielt. Hier entstehen vielseitige Raumangebote zur Umsetzung alternativer Bildungs- und Arbeitskonzepte.
Der Entwurf lässt sich wirtschaftlich in einzelnen Bauabschnitten und teilweise während des Betriebs realisieren. Der Campus wird in technischer und funktionaler Hinsicht zukunftsfähig. Neue Raumangebote und ein inspirierendes Umfeld fördern die verschiedensten Aktivitäten im Seminar- und Tagungszentrum der AOK PLUS.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit stellt einen spannenden Beitrag für den Umgang mit der schwierigen Aufgabenstellung, den umfangreichen Brandschutzmaßnahmen und dem Respekt vor der vorhandenen Architektur des qualitätsvollen Bestandsgebäudes dar.
Für das Gebäudeteil A (Foyer und Säle) wird ein zurückhaltender Vorschlag unterbreitet, wie die geforderten 2 Beratungsräume in die vorhandene Tragstruktur integriert werden können.
Der zentrale Hauptzugang bleibt an seiner bisherigen Stelle erhalten. Durch die Anordnung des kleinen Saals in dem Verbindungsbau zum Gebäudeteil D erscheint das Foyer in einer angemessenen Größe und eine direkte Verbindung zwischen diesem und den beiden Mehrzweckräumen ist gewährleistet. Allerdings wird die Sichtverbindung zu diesem Gebäudeflügel dadurch stark eingeschränkt.
Kritikwürdig ist an dieser Stelle die nicht dargestellte Außenfassade des erweiterten großen Mehrzweckraumes. Es lässt sich nur anhand der Materialangaben erahnen, dass dieser mit einer Holzlamellenstruktur unter das große Dach angeordnet wird.
Eine Gliederung des Foyers in die zwei Zonierungen, Vorbereich Säle und allgemeines Foyer (Ankommensbereich) ist nicht klar erkennbar. Die geforderten Toilettenanlagen für das Foyer werden im Gebäudeteil B angeordnet. Es wurde kein zusätzliches Behinderten-WC integriert.
Im Erdgeschoss sind die geforderten Bürobereiche für die Mitarbeiter geplant. Die angebotene Struktur und Raumaufteilung geht dabei flexibel auf die gestellten Anforderungen ein.
Die neuen Treppenhäuser an den Enden der beiden südlichen Gebäudeflügel stellen einen sensiblen Umgang mit dem vorhandenen Bestand dar. Die Abschottung der langen einläufigen Treppen im Verbindungsbau wird negativ bewertet.
Die Aufteilung des Speisesaals ist nur schematisch dargestellt. Die geforderte Abtrennung des Free-Flow Bereiches ist nicht gegeben.
Der angebotene Umbau des Gebäudeteils D bietet eine interessante Open Space-Landschaft für die geforderte neue Gestaltung der Schulungsräume an. Er geht weitestgehend sensibel mit der vorhanden Tragstruktur um. Verschiedene kleinere und größere Räume stellen gemeinsam mit den offenen Beratungslandschaften ein gutes Angebot an die gestellten Anforderungen dar.
Das Schließen der Decken und die Abtrennungen der inneren Treppen sind allerdings ein zu starker Eingriff in die vorhandene Architektur. Die beiden Treppenhäuser an den Enden und die Teilung in zwei Brandabschnitte sind brandschutztechnisch ausreichend. Die Anordnung des nördlichen Treppenhauses verbaut die Aussicht in den Gartenbereich.
Die Arbeit bietet insgesamt einen spannenden und interessanten Beitrag, vermag aber nicht in allen Aspekten, wie dem Umgang mit der offenen Raumstruktur und den Treppenräumen, zu überzeugen.
Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss Gartengeschoss 1

Grundriss Gartengeschoss 1

Isometrie "OpenSpace"

Isometrie "OpenSpace"