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Gesamtleistungs-Studienauftrag im selektiven Verfahren | 06/2019

Neubau Schulhaus Grüze 5 und Doppelturnhalle in Dübendorf (CH)

Gewinner / Zuschlag

Steiner AG

Architektur, Bauherren / Investoren

STUTZ + BOLT + PARTNER ARCHITEKTEN

Architektur

Cadrage Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Gruner Wepf AG, Zürich

Bauingenieurwesen

Gruner AG, Gebäudetechnik

TGA-Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau und Architektur
Das Team Steiner - Stutz Bolt Partner Architekten schlägt für den Neubau Grüze 5 einen kompakten Baukörper vor, der Schule und Turnhallen in einem Gebäude zusammenfasst. Das schachbrettartige System der bestehenden Anlage wird mit der Setzung des Neubaus weitergeführt. Durch seine Größe und mittige Stellung bildet das Schulhaus einerseits einen Schwerpunkt auf dem Areal, andererseits fügt es sich über seine Materialisierung, die ruhige und filigrane Fassade und die vom Bestand übernommene Gebäudehöhe gelassen und unaufgeregt in das Bebauungsmuster der Schulanlage ein. Mit seiner Schmalseite schließt der Neubau an die bestehende Passerelle an. Zur Straße steht der Neubau zurückversetzt, so dass die einzelnen Schulbauten Straßenseite auf unterschiedlichen Ebenen erscheinen und die Zugangssituation durch einen klaren Vorbereich vor dem neuen Gebäude akzentuiert wird. Im Inneren des Areals entsteht ein großzügiger, zusammenhängender Pausenbereich. Die aus der Setzung entstehende Abfolge von Engstellen und Aufweitungen im Außenraum ist sehr gelungen und spannungsvoll.

Freiraum
Zur Grüzenstrasse hin nimmt ein lindenbestandener Vorbereich mit Sitzgelegenheiten die Ankommenden in Empfang. Der großzügige Pausenplatz im Nordwesten lädt mit seinen mobilen Sitzgelegenheiten, dem Allwetterplatz, dem Trinkbrunnen und dem langen Tisch zur vielfältigen Aneignung ein. In die Hecken entlang der Nordgrenze integrierte Nischen ermöglichen aber auch den Rückzug in diese geschützteren ‘Heckenzimmer’.

Innenräumliche Organisation
Der Haupteingang zum Neubau ist bereits von der Grüzenstrasse aus sichtbar. Betreten wird das Gebäude gedeckt von der bestehenden Passerelle aus, vis à vis dem Zugang zum Gebäude Grüze 7 und folgt damit sehr selbstverständlich der Logik des vorgefundenen Erschließungsprinzips. Auf der gegenüberliegenden Seite führt eine Aussentreppe vom Erdgeschoss direkt zum Nebeneingang im 1. Obergeschoss des Neubaus, so dass die Wege innerhalb des Areals kurz gehalten werden können. Sichtbeziehungen in die Turnhallen beleben den Außenraum und eröffnen auf sehr direkte Art die Funktion der Untergeschosse des neuen Schulhauses. Der Eingangshalle vorgelagert betritt man zuerst einen Windfang, von dem aus über eine breite, winkelförmige Treppe, unabhängig vom Schulbetrieb, die Turnhallen im 2. Untergeschoss erreicht werden. Eine zweite, einläuige Treppe führt entlang der Turnhallenwand in die beiden Schulgeschosse. Auch im Erdgeschoss, etwas verborgen hinter der Haupttreppe, liegt der Lehrerbereich. Das Erdgeschoss wirkt über diese Abfolge von Passerelle, Windfang und Halle noch etwas umständlich und ‘verstellt’. Der Zugang zum Lehrerbereich wirkt recht düster. Die zwei Schulgeschosse werden über eine zweigeschossige mittige Halle räumlich miteinander verknüpft. Im 1. Obergeschoss wird so ein grosser, auf unterschiedlichste Weise nutzbarer Raum angeboten. Hier können sowohl Ausstellungen, wie auch Gruppenarbeiten oder Präsentationen und Vorführungen mit Bestuhlung stattinden. Im Alltag ist die Halle luftige Erschliessungs- und Begegnungszone oder dient dem Aufenthalt zwischen den Schulstunden. Im oberen Schulgeschoss umfasst ein umlaufender Arbeitssims den zweigeschossigen Hallenraum. Blickbeziehungen und auch die Kommunikation von Geschoss zu Geschoss werden möglich. Ein aufgesetztes Oblicht bringt viel Tageslicht in die Mitte der Schulgeschosse. Die Schul- und Fachunterrichtszimmer und die Gruppenräume werden ringförmig um diese Mitte angeordnet. Oblichtbänder vermitteln zwischen den Zimmern und der mittigen Halle. Die Gruppenräume sind zur Erschliessung hin vollständig verglast und eröfnen Blicke zurück in den Aussenraum. Bei Bedarf können diese Räume mit Vorhängen vor Einblicken geschützt werden. Durch die beiden Schulgeschosse hindurch laufen zwei mächtige Stahlfachwerkträger und überspannen die Turnhallen im unteren Teil des Gebäudes. Dadurch wird die statische Höhe der Träger quasi ‘eingespart’ und der Neubau kann weniger hoch geplant werden. Die v-förmigen, mit Gipskartonplatten verkleideten Streben der Träger und auch die weiss gehaltene, fast schon papierene Materialisierung der übrigen Oberlächen prägen entscheidend die leichte und luftige Raumstimmung in den Obergeschossen. Der gewählte Klinkerbodenbelag ‘erdet’ diese fragile Welt wieder und schaft einen Bezug zurück ins Eingangsgeschoss, zur Fassade des Neubaus sowie zur bestehenden Schulanlage. Die ofen geführte Haupttreppe wird durch zwei periphere Fluchttreppen ergänzt. So kann der Erschliessungsbereich und die mittige Halle der Schule frei möbliert werden. Eine der beiden Treppen wechselt im 1. Obergeschoss über der Turnhalle in den Aussenraum und wird zum beiläuigen aber, durch ihre Lage zu den Gebäuden Grüze 1 bis 4 hin, durchaus willkommenen Nebeneingang in die Schulbereiche des Neubaus. Die zu zwei Dritteln abgesenkte Turnhalle erhält über ein dreiseitiges Fensterband Tageslicht. Auf dem Niveau der Hallen liegen sämtliche Garderoben und all ihre Nebenräume.

Konstruktion und Fassade
Die beiden Untergeschosse und die Turnhallen sind in Beton konstruiert. Die Schulgeschosse werden als leichte Stahlkonstruktion mit zwei von der Raumeinteilung unabhängigen, die Obergeschosse durchstossenden Stahlfachwerkträgern auf den unteren, massiven Teil aufgesetzt. Die Lage der schrägen Streben ist im Bezug zu den Grundrissen, vor allem teilweise beim Zugang zu den Gruppenräumen, noch zu überprüfen. Die Fassade ist stark horizontal gegliedert: umlaufende Fensterbänder stellen rundum eine gelassene Beziehung zum Aussenraum her und die mit roten Klinkerplatten verkleideten Brüstungsbänder kommunizieren sehr gut mit den Fassaden der bestehenden Schulbauten. Diese äussere Erscheinung korrespondiert auch gut mit der inneren Struktur des Neubaus, die, bis auf die Erdbebenertüchtigung, ohne tragende Wände auskommt. Damit gewährleistet das Tragsystem auch die gewünschte Flexibilität des neuen Schulhauses.

Nachhaltigkeit und Gebäudetechnik
Das Projekt ist allgemein gut gelöst, die eingesetzten Systeme sind sinnvoll und in der Praxis bewährt. Eine Nachtauskühlung über die Lüftungsanlage ist vorgesehen, die natürliche Nachtauskühlung über die Dachlaterne ist gut möglich. Die über dem Atrium aufgesetzte Laterne mit Vertikalverglasung als Dachfenster ist insgesamt sehr zielführend, da der aussenliegende Sonnenschutz auf einfache Weise gewährleistet werden kann und das Atrium über genügend Licht erhält. Einzig die 8.6m tiefen Klassenräume sind suboptimal für die Tageslichtführung. Die Raumtiefe wird jedoch durch eine Überhöhung der Räume und raumseitige Oberlichtbänder kompensiert. Das Energie- und Technikkonzeptes orientiert sich an den Vorgaben, die Lufteinbringung im Schulbereich direkt von den Steigzonen muss jedoch hinsichtlich der Eizienz und der Lüftungsqualität optimiert werden. Die Wärmeabgabe erfolgt über eine Fussbodenheizung.

Fazit
Der Neubau fügt sich auf ruhige und gelassene Art in die bestehende Schulanlage ein, wirft keinerlei Fragen auf und formuliert doch auf subtile Weise eine neue Mitte. Die Entscheidung, den Fussabdruck des Gebäudes zu Gunsten des Aussenraumes zu minimieren, ist einleuchtend und bestechend. Mit der vorgeschlagenen Setzung entsteht zudem eine spannungsvolle Abfolge von Aussenräume auf dem Areal. Die beiden Schulgeschosse erhalten eine leichte, helle, fast schon entrückte und entmaterialisierte Atmosphäre. Es ist zu hofen, dass die Versprechen auf der Visualisierung in dieser Feinheit auch eingelöst werden können. Die räumliche Attraktion im Inneren, das Herzstück des Neubaus, bildet die grosse, zweigeschossige Halle im 1. Obergeschoss. Sie bringt einen sehr willkommenen, wertvollen und gut nutzbaren Mehrwert sowohl für die heutigen wie auch die zukünftigen Nutzer des neuen Schulhauses.