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Award / Auszeichnung | 10/2019

Brandenburgischer Baukulturpreis 2019

Blick in den Ehrenhof

Blick in den Ehrenhof

Schloss Cecilienhof Potsdam

DE-14469 Potsdam, Im Neuen Garten

Sonderpreis

Preisgeld: 3.000 EUR

Stiftung Preußische Schlösser und GĂ€rten Berlin-Brandenburg

Bauherren

BRENNE ARCHITEKTEN GmbH

Architektur

IngenieurbĂŒro Dr. KrĂ€mer GmbH

Tragwerksplanung

SachverstĂ€ndigenbĂŒro Arnhold

Brandschutzplanung

KWH Ingenieure

TGA-Fachplanung

Projektdaten

  • GebĂ€udetyp:

    Tourismus, Gastronomie

  • ProjektgrĂ¶ĂŸe:

    7.500mÂČ (geschĂ€tzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2013
    Fertigstellung: 01/2018

Projektbeschreibung

Zwischen 1913 und 1917 entstand im Neuen Garten in Potsdam das Schloss Cecilienhof, das Kaiser Wilhelm II. als Wohnsitz des preußischen Kronprinzenpaares errichten ließ. Der Architekt Paul Schultze-Naumburg plante ein Schloss im englischen Tudor-Stil. Im Gegensatz zu den kleinteiligen, englischen LandgĂŒtern realisierte man fĂŒr den höfischen Betrieb einen weitlĂ€ufigen Baukörper, der um fĂŒnf Innenhöfe angelegt wurde. Er zeichnet sich durch die prĂ€gnante Dachlandschaft mit 39 unterschiedlichen Schornsteinen bzw. Schornsteingruppen, Naturstein, Sichtmauerwerk, sowie Eichenholz-Fachwerk aus. Dabei wĂ€hlte der Architekt die Materialien und deren Verarbeitung mit dem Ziel aus, eine alternde und patinierende FassadenoberflĂ€che herzustellen.

Nach Auszug der Kronprinzessin Cecilie im Februar 1945 erlangte das Schloss weltweite Bedeutung, als nach dem Zweiten Weltkrieg hier die Potsdamer Konferenz der SiegermĂ€chte abgehalten wurde. 1952 an das Land Brandenburg ĂŒbergeben, wurde das GebĂ€ude zu einer GedenkstĂ€tte, bevor es ab 1960 zusĂ€tzlich als Hotel genutzt wurde. Gemeinsam mit den Schlössern und Parks von Potsdam-Sanssouci und Berlin zĂ€hlt das Schloss Cecilienhof seit 1990 zum UNESCO-Welterbe.

Im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms des Bundes und der LĂ€nder Berlin und Brandenburg wurden die GebĂ€udehĂŒlle und die GedenkstĂ€ttenrĂ€ume nach fast hundert Jahren Nutzung von 2013 bis 2018 denkmalgerecht saniert. Die Instandsetzung der schadhaften Bausubstanz sollte vorrangig unter Verwendung originaler oder originalgetreuer Ersatzmaterialien erfolgen. Jahrelanger Einsatz von Holz- und Flammschutzmitteln hatte einen ausgeprĂ€gten Schadstoffbefall im hölzernen Dachstuhl herbeigefĂŒhrt, zudem war eine erhebliche Holzkorrosion („Mazeration“) festzustellen, begĂŒnstigt unter anderem durch die stark schwankende Luftfeuchtigkeit, die mit der landschaftlich reizvollen Lage an der Potsdamer Seenlandschaft einhergeht. Der angegriffene Dachstuhl gefĂ€hrdete neben dem gesamten Dachtragwerk in Folge auch die InnenrĂ€ume mit musealer Nutzung, die bereits restauriert worden waren.

Die bei laufendem Betrieb erfolgte Sanierung erforderte besondere organisatorische Vorkehrungen. HierfĂŒr gelang eine enge Abstimmung zwischen den einzelnen Fachabteilungen der SPSG, dem BLDAM, den beteiligten Fachbehörden der Landeshauptstadt Potsdam, den Planern sowie den ausfĂŒhrenden Gewerken. Denkmalpflegerisches Ziel war es, das von Schultze-Naumburg gewĂŒnschte Ă€ußere Erscheinungsbild zu bewahren und den von ihm bewusst eingeplanten Alterungsprozess sichtbar zu lassen. Nach umfangreichen und analytischen Untersuchungen der Dachkonstruktion wurde der schadstoffbelastete Dachstuhl dekontaminiert. DafĂŒr musste die komplette 6.750 mÂČ messende Ziegeldeckung inklusive der Dachlattung rĂŒckgebaut werden. Um den Verlust der bauzeitlichen Ziegel so gering wie möglich zu halten – auch im Sinne einer wirtschaftlichen Sanierungskonzeption –, wurden die ĂŒber 360.000 Dachziegel abgenommen, gereinigt, dokumentiert und zwischen wiederverwendbaren Ziegeln und Bruchmaterial differenziert. Nach der Entfernung des Schadstoffes und der Reinigung der bauzeitlichen Ziegel wurde das Dach zu etwa einem Drittel mit nachgefertigten Flachbiberschwanzziegeln ergĂ€nzt und neu mit Kalkmörtel gedeckt. Hierdurch gelang es, eine farblich harmonische DachflĂ€che zu erzeugen. Um die QualitĂ€t des ErgĂ€nzungsmaterials sicherzustellen, wurde seine Reproduktion in einem europaweiten Leistungswettbewerb ausgelobt. Dank der DĂ€mmung der obersten Geschossdecke konnte der Energieverlust des Hauses zudem erheblich gesenkt werden.

Zur Ă€ußeren Sanierung der Fassade, der Holz- und Stahlfenster sowie der HolztĂŒren wurden die bauzeitlichen Materialien runderneuert bzw. durch Nachbauten ergĂ€nzt. SchĂ€den am Eichenfachwerk und den Kalkputzen wurden behoben und egalisierende Fassungen aufgetragen. Alle NatursteinoberflĂ€chen wurden schonend gereinigt, bestehende SchĂ€den wurden mit Originalmaterial ausgebessert. Die Innenraumsanierung ermöglichte die Eröffnung eines bislang nicht museal-prĂ€sentierten GĂ€steappartements, gleichzeitig wurde die Lichtkonzeption der RĂ€ume durch eine Neugestaltung modernisiert. DarĂŒber hinaus erhielt das Schloss mit einer Erneuerung der GebĂ€udetechnik optimierte Heizungs-, SanitĂ€r- und Elektroanlagen sowie eine neue Brandmeldeanlage.

Durch den behutsamen RĂŒckbau von baulichen VerĂ€nderungen und die Instandsetzung der schadhaften Bausubstanz konnte das authentische Erscheinungsbild unter Erhalt der Spuren aus hundert Jahren wechselvoller Geschichte, Nutzung und Bewitterung fĂŒr die Zukunft bewahrt und fĂŒr den Besucher erfahrbar werden. Gleichzeitig gelang es, die zuvor hohen finanziellen Aufwendungen fĂŒr den Bauunterhalt der Liegenschaft erheblich zu senken. Die denkmalgerechte Sanierung des Schlosses Cecilienhof stellt unter technischen und ökonomischen Gesichtspunkten ein Vorbild dar fĂŒr Objekte gleicher denkmalpflegerischer und Ă€sthetischer Bedeutung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Als Teil des UNESCO-Weltkulturerbes „Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin“ liegt das Schloss Cecilienhof im nördlichen Teil des Neuen Gartens. Der GebĂ€udekomplex wurde zwischen 1913 und 1917 vom Architekten Paul Schultze-Naumburg im Auftrag von Kaiser Wilhelm II. fĂŒr das Kronprinzenpaar errichtet. Es ist das Letzte von den Hohenzollern erbaute Schloss und erhielt zusĂ€tzlich Bedeutung, da hier 1945 durch die SiegermĂ€chte des Zweiten Weltkriegs die Potsdamer Konferenz abgehalten wurde.

Der weitlĂ€ufige Baukörper wurde geschickt um fĂŒnf Höfe gruppiert und durch eine Untergliederung der im Tudorstil gehaltenen Fassaden so gegliedert, dass eine dem menschlichen Maßstab entsprechende Architektur erzeugt wurde, die nicht ins Monumentale abgleitet. Neben den qualitativ hochwertig gearbeiteten Sandstein und PutzoberflĂ€chen fallen besonders das aufwendig gearbeitete Fachwerkobergeschoss und die ausgedehnte Dachlandschaft ins Auge.

Eine besondere Herausforderung bei der Sanierung des GebĂ€udes bestand im Umgang mit der erheblichen Belastung mit Holz- und Flammschutzmitteln. Die Hölzer des Dachstuhls waren durch SalzausblĂŒhungen extrem geschĂ€digt, so dass eine Sicherung erst erprobt werden musste, um eine technisch und finanziell umsetzbare Lösung fĂŒr die Sanierung zu erarbeiten.
Dabei wurde auf Substanzerhalt höchsten Wert gelegt. Von den bauzeitlichen Biberschwanzziegeln konnten 60 % erhalten werden, wobei die neuen Ziegel nach detaillierten Vorgaben zu fertigen waren. Die Sanierung der Fenster war anspruchsvoll und wurde ebenfalls zuerst erprobt, bevor der Bestand insgesamt angefasst und dann behutsam repariert wurde.

Der hohe Anspruch bei der Sanierung, bei teils gravierender Schadenslage in den einzelnen GebĂ€udebereichen, soll mit dieser Auszeichnung gewĂŒrdigt werden. Die intensive Auseinandersetzung mit der Geschichte und der Substanz des GebĂ€udes hat zu einer sehr detaillierten Planung und daraus folgenden sensiblen Reparatur gefĂŒhrt. Dabei konnte der um 1917 nach dem neuesten Stand der Technik errichtete Bau nun, nach fast 100 Jahren, fĂŒr die technischen AnsprĂŒche unserer Zeit fit gemacht werden, wodurch die Betriebskosten deutlich gesenkt wurden. Der bereits von Schultze-Naumann formulierte Gedanke zur Inszenierung des Alterungsprozesses wurde aufgegriffen und dort, wo eine Patina durch notwendige Auswechslungen der Substanz nicht zu erhalten war, konnten Restauratoren durch geschickte OberflĂ€chenbehandlung eine Patina nachstellen, die das Gesamterscheinungsbild des Schlosses harmonisch abrundet.
Lageplan des Schlosses Cecilienhof, o.M.

Lageplan des Schlosses Cecilienhof, o.M.

Ansicht der SĂŒdwestfassade nach der Sanierung

Ansicht der SĂŒdwestfassade nach der Sanierung

Ansicht der Dachlandschaft des Schlosses Cecilienhof mit untergemischten Neuziegeln nach der Sanierung

Ansicht der Dachlandschaft des Schlosses Cecilienhof mit untergemischten Neuziegeln nach der Sanierung

Schornsteingruppe mit bauzeitlichem Sichtmauerwerk aus vielfÀltigen Sonderformaten

Schornsteingruppe mit bauzeitlichem Sichtmauerwerk aus vielfÀltigen Sonderformaten

Ziegelvergleich mit abgestuften PatinaauftrÀgen in der DachflÀche des Prinzengartens

Ziegelvergleich mit abgestuften PatinaauftrÀgen in der DachflÀche des Prinzengartens

Musterstellage mit ersten Probeziegeln

Musterstellage mit ersten Probeziegeln

Ansicht der DachflÀche vor (links) und nach der Sanierung (rechts)

Ansicht der DachflÀche vor (links) und nach der Sanierung (rechts)

Zerfaserte Sparren und Dachlatten

Zerfaserte Sparren und Dachlatten

Schnittansicht des Dachstuhls

Schnittansicht des Dachstuhls

Ansicht der Fassade am Brunnengarten

Ansicht der Fassade am Brunnengarten

Ansicht der Ostfassade mit saniertem Fachwerk

Ansicht der Ostfassade mit saniertem Fachwerk

Detailansicht der Sanierungsmaßnahmen am Fachwerk

Detailansicht der Sanierungsmaßnahmen am Fachwerk

Nordostfassade mit "Stalin-Portal"

Nordostfassade mit "Stalin-Portal"

Ansicht des "Stalin-Portals" vor (links) und nach der Sanierung (rechts) mit gereinigten und ausgebesserten NatursteinoberflÀchen

Ansicht des "Stalin-Portals" vor (links) und nach der Sanierung (rechts) mit gereinigten und ausgebesserten NatursteinoberflÀchen

Sanierte InnenrÀume mit modernisierter Lichtkonzeption

Sanierte InnenrÀume mit modernisierter Lichtkonzeption

Ansicht der historischen InnenrÀumlichkeiten

Ansicht der historischen InnenrÀumlichkeiten