Nichtoffener Wettbewerb | 11/2019
Schulanlage Ringstrasse in Chur
©ANDY SENN / ryffel + ryffel Landschaftsarchitekten / merz kley partner
1. Rang / 1. Preis
Preisgeld: 28.000 CHF
Architektur
ryffel + ryffel Landschaftsarchitekten
Landschaftsarchitektur
Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung
Erläuterungstext
STĂ„DTEBAU UND ARCHITEKTUR
Die städtebauliche Setzung orientiert sich an der bestehenden Bebauungsstruktur. Ein flaches, L-förmiges Volumen wird entlang der Ringstrasse plaziert. Dieses bildet den Rücken der Schulanlage und überbrückt den bestehenden Höhenversatz der jetzigen Situation. Die Neubauten reagieren bewusst auf die angrenzenden Bebauungsmuster und übernehmen die jeweiligen Gebäudehöhen. Parallel zur Bebauung an der Rheinstrasse wird ein 2-geschossiger Baukörper an der östlichen Parzellengrenze situiert. Durch die L-Förmige Anordnung der Volumen wird der grösstmögliche Aussenraum freigespielt. Die geschickte Anordnung und Entflechtung der Aussenraumnutzungen verleiht der Anlage eine klare und selbstverständliche Grundstruktur, die der orthogonalen Ordnung der Gebäude folgt. Fusswege verbinden das Areal in alle Richtungen mit dem Quartier. Die peripheren, öffentlichen Freiflächen an der Fortuna- und an der Plessurstrasse werden in das Gesamtkonzept eingebunden. Abstellplätze für Velos sind dezentral in den Zugangsbereichen angeordnet. Entlang der Ringstrasse wird die Baumreihe im östlichen Bereich ergänzt. Die rückwärtigen grosszügig angelegten Wege bieten genügend Platz für Fussgänger und Velofahrer. Die Bündelung der Spiel- und Sportflächen macht die übrigen Bereiche frei für ruhigere Nutzungen. Diese werden durch wettergeschützte Aufenthaltsbereiche unter dem Vordach der Sekundarschule aufgewertet.Die bestehende Baulinie entlang der Ringstrasse wird beibehalten. Die Gebäude bilden zum Strassenraum hin eine raumhaltige Wand welche den Strassenlärm abhält. Auf der Aussenseite ist in diese Wandschicht der gedeckte Velounterstand integriert. Der grosszügige Eingangsbereich ist von der Strasse zurückversetzt und führt über breite Tore in das Innere der Schulanlage. Er bietet genug Platz für einen sicheren Zugang der Schüler und für das Publikum von Sportanlässen. Auch ermöglicht diese grosszügige Vorfahrt die erwünschte Verkehrserschliessung mit Reisebussen. Ein zentraler Gedanke bei der räumlichen Gliederung des Schulhauses ist der Lärmschutz. Sämtliche Schulräume sind so situiert, dass sie zu den verkehrsberuhigten Aussenräumen hin orientiert sind. Einzig die Nebenräume und der Korridor im Erdgeschoss liegen im Bereich mit grosser Lärmimmission. Die Unterrichts- und Aufenthaltsräume der Primarschule und des Tageshorts beginnen im Sockelgeschoss auf dem Niveau Sportplatz. Sie habe so den direkten Bezug nach aussen und den freien Blick zum gegenüberliegenden Calanda-Massiv. Die Schulräume der Oberstufe und das flexibel nutzbare Foyer liegen im Erdgeschoss und Obergeschoss. Mit der konsequenten Anordnung der Schulräume auf der von der Ringstrasse abgewandten Seite können die Schallschutzwerte eingehalten werden. Gleichzeitig werden die Schulzimmer optimal natürlich belichtet. Die Fensterfront liegt dabei jeweils an der Stirnseite der Klassenzimmer. Mit dieser Anordnung erhalten die Räume mehr Stellfläche entlang den Wänden. Bei den Schulzimmern gelangt zusätzlich blendfreies Tageslicht über grosszügige, in der Tragstruktur integrierte Oberlichter in die Räume. Die Klassenzimmer weisen damit eine besondere Raum- und Aufenthaltsqualität auf. Im Obergeschoss bei der Sekundarstufe bringen die eingeschnittenen Innenhöfe Licht und Luft in die Wegräume und grenzen als multifunktionale Aussenräume an die Gruppen- und Förderzimmer an. Ein weiteres zentrales Thema ist die Flexibilität der Raumaufteilung im Gebäudeinnern. Mit dem gewählten Raster-System und der leichten Konstruktionsart lassen sich das Raumprogramm auf ideale Weise im Volumen integrieren. Spätere Adaptionen an wechselnde Raumanforderungen und Lernlandschaften lassen sich mit dem vorgeschlagenen System einfach und problemlos realisieren. Die Sporthalle und die dazu erforderlichen Nebenräume liegen im 1. und 2. Untergeschoss. Die umlaufende Zuschauertribüne ist ab dem Sockelgeschoss erschlossen, mit Ausblick und Zugang nach draussen. Die Parkgarage im 3. Untergeschoss wird über eine Aussenzufahrt erschlossen. Die Aussenräume zur Schulanlage sind klar strukturiert und auf die jugendlichen Benutzer ausgelegt. Die Sportflächen sind im zentralen Bereich zusammengefasst und durch einen umlaufenden Weg erschlossen. Baumgruppen aus Linden schaffen um den Sportplatz willkommene Schattenplätze. Vor dem Trakt der Primarschule bildet ein grosszügiger Hain aus Mehlbeer- und Weissdornbäumen ein kleinmassstäblich strukturierter Pausenplatzbereich, der auch ein Rückzug und ruhigeres Spielen zulässt. Ein Schulbrunnen wird in der Nähe des Eingangsbereiches platziert. Die Kindertagesstätte hat einen geschützten, separaten Aussenraum, der mit natürlichen Materialien wie Steine, Sand, Holz und Wasser einfach gestaltet ist und viel Raum zum nicht determinierten Spielen lässt. Für den Mittagstisch sind genügend Flächen im Freien vorhanden. Nördlich bildet ein Velounterstand einen räumlichen Abschluss und durch das Vordach kann dieser Bereich auch von der Kita aus aktiviert werden (gedeckter Aufenthaltsbereich). Einheimische Laubbäume wie Hainbuchen und Feldahorn können mit der Zeit auch als Kletterbäume genutzt werden.
ENERGIE UND UMWELT
Das Gebäude wird im Minergie-P-Eco Standard geplant und erreicht mit der kompakten Bauform eine Gebäudehüllzahl von < 1. Das ist die erste und wichtigste Voraussetzung für ein Gebäude mit niedrigem Energieverbrauch. Mit den Oberlichtern in den Korridoren und den Schulzimmern wird der Tageslichtquotient erhöht. Zudem kann mit dem äusseren Sonnenschutz im Winter die Energie gewinnend genutzt und somit Primärenergie eingespart werden. Als Heizsystem wird eine Wasser-Wasser-Wärmepumpe vorgeschlagen, gleichzeitig kann das Grundwasser optimal als Geocooling genutzt werden. Die Dachflächen werden zusätzlich mit einer integrierten Photovoltaik-Anlage energetisch genutzt. Mit einer Fläche von ca. 2000 m2 entspricht das einer elektrischen Nennleistung von 175 kW. Die gewählten Konstruktions-Materialien bleiben alle naturbelassen und bestehen aus nachwachsenden oder rezyklierbaren Rohstoffen. Der Innenausbau besteht aus widerstandsfähigen aber warmen Materialien mit leicht zu reinigenden Oberflächen. Das Fundament und die Wände und Decken aus Ortbeton werden aus Recyclingbeton erstellt. Das Flachdach wird mit einheimischen Pflanzen begrünt und unterstützt so die Biodiversität und Insektenvielfalt. In die Fassade können in Absprache mit den zuständigen Fachstellen, Nistplätze für einheimische Brutvögel (z.B. Mauersegler) gut integriert werden.
STATIK UND WIRTSCHAFTLICHKEIT
Im Bereich der Sporthallen ist die Konstruktion ein Hybid aus mehreren Baustoffen und Bauarten. Auf der Tiefgarage sitzt eine grosse „Wanne“ mit Umfassungswänden aus Stahlbeton. Darin eingestellt ist der dreigeschossige Teil mit Garderoben Foyer, Theorieraum usw. Auch dieser Teil ist eine konventionelle Ortbetonkonstruktion. Die beiden grossen Volumen der Sport- und der Einspielhalle werden auf unterschiedliche weise überspannt oder besser gesagt „überbrückt“. Im Bereich der Sporthalle wird im Klassenraster ein beide Obergeschosse umfassendes Sprengwerk konstruiert. Zusammen mit dem eingehängten Fachwerk im Erdgeschosse bildet es ein brückenartiges Tragwerk in Stahl und ist in der Lage die Lasten aus den beiden Geschossdecken und dem Dach zu tragen. Diese sind aus Gewichtsgründen in Holzbeton-Verbundbauweise vorgesehen und zwischen die Haupt-tragkonstruktion eingehängt. Die Stäbe des Stahltragwerks werden weitestgehend in die Wände und Decken integriert und erfahren so den erforderlichen Brandschutz.
Auch im Bereich der Sporthalle bildet ein Sprengwerk die Haupt-tragkonstruktion. Um das Erdgeschoss frei zu spielen wird das Sprengwerk in der Mitte durch einen Vierendeel-Träger ergänzt. Die Sekundärkonstruktion folgt dem gleichen Prinzip wie im Bereich Sporthalle. Zusammengefasst wird die Konstruktion durch die dünne Ortbetonschicht der Holzbeton-verbunddecken welche ihrerseits durch Wände und die V–Stüzen bei der Sporthalle seitlich gehalten werden.
Die Fassade im Obergeschoss wird mit einem vertikalen Holzschirm verkleidet. Die Fensterflächen werden durch ein vertikales Holzschwert gegliedert , was ein natürlicher Sonnenschutz gewährleitet . Zusätzlich verfügen alle Fenster über einen Stoffstoren als aussenliegenden Sonnenschutz. Durch die einfache Bauweise und die Reduktion auf wenige, sich wiederholenden Elemente lässt sich der Neubau wirtschaftlich erstellen. Die Konstruktionen und haustechnischen Installationen sind konsequent voneinander getrennt und bleiben so gut zugänglich. Ein Umstand, welcher sich auch im Betrieb und Unterhalt des Gebäudes positiv auswirkt. Die gesamte Gebäudehülle weist mit den gewählten Konstruktionen eine hohe Beständigkeit auf. Sie ist langlebig, strapazierfähig und unterhaltsarm. Die technische Betriebs-Ausstattung beschränkt sich auf das Sinnvolle und das Notwendige und ermöglicht so ein einfach zu bedienendes Gebäude mit geringem Wartungsaufwand.
Beurteilung durch das Preisgericht
©ANDY SENN / ryffel + ryffel Landschaftsarchitekten / merz kley partner
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