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Einladungswettbewerb | 11/2019

Dom zu Schwerin - Einbau eines Gemeindesaales

Domsaal mit Blick Richtung Osten

Domsaal mit Blick Richtung Osten

2. Rang

Preisgeld: 5.000 EUR

acollage architektur urbanistik, Merten Kappelmann Harms PartG mbB

Architektur

Breimann & Cie

Landschaftsarchitektur

ANDRES + PARTNER PartmbB für Lichtplanung

Lichtplanung

Hahn Consult GmbH

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

DOMSAAL IM ÖSTLICHEN KREUZGANG DES SCHWERINER DOMS

Der Entwurf für die Schaffung eines Ortes für Gottesdienste, eines Gemeinderaumes für Begegnungen, Musikveranstaltungen, Kantoreiproben, Seminare und Freizeiten – kurzum, einen des Ortes würdigen multifunktionalen Raum zu schaffen – basiert auf vier Grundgedanken bzw. Prämissen:

- der eindeutigen, zentralen und identitätsgebenden Erschließung als elementarem Gestaltungselement mit einer hohen Funktionalität,
- einer nur geringfügigen Veränderung der unter Denkmalschutz stehenden Bausubstanz unter Berücksichtigung der Bedarfe,
- einer größtmöglichen Multifunktionalität des Domsaals unter Beachtung verschiedener Raumqualitäten und unterschiedlicher Anforderungen,
- der Revitalisierung des Innenhofes des Kreuzgangs zu einem qualitätsvollen Außenraum für die Gemeinde und deren Besucher.

Die Erschließung des Innenhofes, der Thomaskapelle und des Domsaales
Die fußläufige Erschließung erfolgt durch den ostwestlich verlaufenden Kreuzgang in den Kreuzganginnenhof. Eine neu geschaffene, etwas erhöhte Ebene mit einer winkelförmigen und barrierefreien Zuwegung verbindet das Niveau des Durchgangs mit dem des Erdgeschosses der Thomaskapelle. Gleichzeitig erlaubt die Zuwegung eine barrierefreie Verbindung zum nördlichen Querhaus des Doms. Von dieser Ebene aus gelangt man, durch ein nach vorne versetztes historisches Fenster – das eine Fuge und ein Portal erzeugt –, zu dem neuen zentralen Haupteingang und in das Nebenschiff der heutigen Thomaskapelle und der ehemals offenen Passage. Zentral von diesem Entree werden der Personenaufzug, im Inneren der ehemaligen Wendeltreppe des Turms angeordnet, das neu geschaffene zentrale Treppenhaus, das nördliche Chorseitenschiff des Doms, die Thomaskapelle sowie die Nebenräume mit ihren Einrichtungen erschlossen. Über die Haupttreppe, die das Erdgeschoss mit dem Dachgeschoss verbindet, gelangt man in das 1. Obergeschoss – in den Domsaal. Im Treppenlauf, im Bereich des Zugangs des ehemaligen Dormitoriums, befindet sich als Fortführung des sich hier befindlichen Treppenpodestes ein Balkon, der scheinbar schwebend in das Innere des Domes führt und einen Ausblick gewährt. Ein Personenaufzug ermöglicht zudem eine barrierefreie Verbindung zum Domsaal.

Durch die bewusst nach innen verlegte Erschließungsstruktur wird die historische Ansicht der Kreuzganginnenfassade nur unwesentlich berührt. Der Innenhof wird, durch Verzicht auf ein weiteres Bauwerk, zugunsten des Außenraumes freigehalten. Lediglich durch das Versetzen des historischen, dreibahnigen, neugotischen Spitzbogenfensters wird in die unterschiedlichen Zeitschichten der Nutzung eingegriffen und die Veränderung auch nach außen deutlich.

Das Erdgeschoss, die Thomaskapelle
Der Entwurf sieht vor, die dienenden Räume WC, Teeküche, Stuhllager und Küsterraum des neu geschaffenen Domsaals im nördlichen Teil der Thomaskapelle zu platzieren. Dazu wird die Thomaskappelle um zwei Jochen verkleinert. Durch eine Spindeltreppe in diesem Bereich wird der über den Nebenräumen liegende Küsterraum erschlossen. Durch den zentralen Personenaufzug kann eine einfache Versorgung zwischen den Geschossen, z. B. mit Mobiliar, erfolgen. Aus unserer Sicht sollte die somit verkleinerte Thomaskappelle mit ihren Prinzipalstücken und der Orgel für kleinere Andachten weiterbestehen. Sie stellt damit eine sinnvolle Ergänzung zum deutlich größeren Domsaal im Obergeschoss dar.
Der Domsaal
Der ehemalige Bibliotheksraum im 1. Obergeschoss ist geprägt von der historischen Nutzung als offener und weitspannender Innenraum. Der rechteckige, nach Nord-Süd ausgerichtete Saal ist mit seinen zehn stählernen Stützen in drei Längs- und sechs Querschiffe unterteilt. Über den zehn Stützen erhebt sich eine preußische Kappendecke.

Der Entwurf für den neu geschaffenen Domsaal sieht vor, die bestehende innenräumliche atmosphärische Qualität des Raumes weitestgehend zu erhalten und nur durch additive Elemente, mobile sowie einfache und präzise gesetzte Einbauten, zu ergänzen.

Grundriss und Funktion/raumbildende Elemente
Das südliche der sechs Querschiffe dient am Zugang des Saales als Vorraum mit angeschlossener Garderobe und beherbergt eine kleine Sakristei in der östlichen Raumecke. Vom Vorraum aus gelangt man direkt in den Saal. Eine halbkreisförmige, hölzerne, rautenförmige Deckenstruktur – ähnlich eines Baldachins – ist auf zehn Stützen abgesetzt und bildet ein Zentrum im Raum aus, das in der östlichen Innenfassade einen Altarbereich bzw. Bühnenbereich entstehen lässt.
Dieser Bereich wird durch eine senkrechte lamellenartige Struktur aus fünf beweglichen hölzernen Tafeln, die sich vor den vorhandenen Fenstern befinden, räumlich zentriert. Die hölzernen Tafeln filtern das östliche Tageslicht und lassen verschiedene Positionierungen zu. Denkbar ist, dass durch das Öffnen und Schließen der Lamellen die profane sowie die liturgische Nutzung des Raumes sichtbar gemacht werden. Direkt vor den Lamellen zeichnet sich ein weiterer kleiner Halbkreis im Boden ab, in dessen Bereich die Prinzipalstücke aufgestellt werden können.
Eine radial angeordnete lose Bestuhlung unter dem Baldachin schafft eine räumlich nahe und zentrale Beziehung der Besucher zum Altar bzw. der Bühne.

Ein großer raumbildender Vorhang, der die Bereiche des inneren und äußeren Zirkels voneinander trennt, soll im geöffneten (und dann innerhalb einer Rotunde geparkten) Zustand die tragende Raumakustik für Gesang und Orgelspiel nicht beeinträchtigen. Im geschlossenen, abgetrennten Zustand modelliert und optimiert er die Akustik für Sprachverständlichkeit und Musik.

Orgel und Raumklang
Die Orgel befindet sich hinter den Sitzreihen leicht erhöht an der nordwestlichen Raumecke auf einer Empore und folgt damit der Empfehlung des Orgel-Gutachtens für eine optimale Klangentfaltung.
Brandschutzkonzept – Fluchtwege
Das Konzept ist schutzzielorientiert, im Rahmen der Umsetzung müssen alle Bauteile geprüft werden, um die brandschutztechnischen Qualitäten nachzuweisen. Die Primärkonstruktion, Stützen und Träger, werden eine Brandschutzbeschichtung erhalten.
Als erster baulicher Flucht- und Rettungsweg wird eine Treppenanlage integriert, die auch als zweiter baulicher Fluchtweg für die Archivräume im 2. Obergeschoß genutzt werden kann. Die Öffnung zum Balkon, mit Blick in den Dom, im Bereich des Treppenpodestes, der die Blickbeziehung in den Dom ermöglicht, wird im Brandfall durch einem Brandschutzvorgang geschlossen. Der zweite bauliche Fluchtweg wird über den angrenzenden, nordwestlich über dem Durchgang gelegenen Treppenraum und dann über die Räume des Archivs geführt. Alle Treppen- und Türbreiten der Fluchtwege sind mindestens 1,20 m breit.
Als Kompensation für einen nicht voll autonomen zweiten baulichen Rettungsweg wird eine hausinterne Brandmeldeanlage installiert. Die Rauchabführung, im Brandfall, wird zusammen mit der Abluft, im Bereich der Sakristei, durch das 2. Obergeschoss über das Dach geführt.

Haustechnik – Energie – Bauphysik
Die energetische Ertüchtigung findet über eine Innendämmung der Wandflächen sowie die innenseitige Verglasung vor den Fenstern statt. Ggf. wird es erforderlich sein, um den Kondensatausfall in der Fensterkassette zu minimieren, eine Hinterlüftung mit einzuplanen.
Eine Grundtemperierung erfolgt über eine Fußbodenheizung sowie über Gebläse-Konvektoren (siehe hierzu den Fassadenschnitt mit einem Außenluftanschluss), ausgestattet mit einer Heizungslüftungsregelung über eine Aufheizautomatik. Hierüber kann sowohl die Beheizung als auch die Belüftung des Raumes erfolgen. Für den Heizungsraum im Kellergeschoss muss aufgrund dieses Umbaus ein neuer Außenzugang geschaffen werden.
Die Öffnungen für die Zuluft in der Fassade werden im Steinformat erstellt und mit farblich angepassten Lamellen geschlossen. Die beschriebene Technik wurde erfolgreich und störungsfrei auch bei der denkmalgerechten Sanierung der Hauptkirche St. Michaelis in Hamburg umgesetzt.

Landschaftsgestaltung

Leitziel: Barrierefreie Zuwegung zum Domsaal
Um den Domsaal barrierefrei zugänglich zu gestalten, wurde ein Zugang durch den Kreuzganghof gewählt. Der Freiraum kann außerdem als zusätzlicher Raum für Veranstaltungen des Domsaals genutzt werden. Der Kirchhof stellt so eine einladende Geste vom Kreuzgang her zum Eingang zum Domsaal dar.

Der Kreuzganghof als Gesamtkonzept
Für die Gestaltung der Zuwegung zum Domsaal wurde der Kreuzganghof topografisch in zwei Bereiche geteilt. Zum einen ist eine Plattform geschaffen, welche den Domsaal und den Dom durch einen neuen Begegnungsraum miteinander verbindet, zum anderen bildet sich ein neuer Gartenbereich im westlichen Teil des Kreuzganghofs aus. Die Plattform dient als Verkehrsfläche und kann auch als außenliegender Veranstaltungsort genutzt werden. Der neue Begegnungsraum wird durch eine Rampe sowie Stufenanlagen zugänglich gemacht, die jeweils den Höhenunterschied vom Kreuzgang zu den Eingangsbereichen Domsaal und Dom überwinden. Sowohl die Plattform als auch der Innenhof als Kirchgarten sind barrierefrei zu erreichen.

Pflanz- und Materialkonzept
Um eine Einheit des gesamten Kreuzganghofes zu schaffen, ist der gesamte Freiraum des Kirchhofs geplant worden. Die ebenen Verkehrsflächen werden als schlichte Grandfläche gestaltet, aus welchen sich großzügige grüne Eibenwolken emporheben.
Mehrstämmige Laubgehölze, z. B. Judasbaum (Cercis siliquastrum), krönen die immergrünen Eibenstrukturen (Taxus baccata) und verleihen dem Kirchhof eine wohltuende Atmosphäre. Die helle Materialität der Grandfläche und der Rampe sorgen für ein freundliches und großzügiges Ambiente. Unterbrechungen der Grandfläche durch dunklere und immergrüne Eibenstrukturen geben dem Raum dabei Tiefe. Zudem entstehen neue Teilräume, die zum Verweilen einladen. Eine flexible, lockere Bestuhlung des Kreuzganghofes lässt eine individuelle Nutzung beider Ebenen zu. Hier kann bei Sommerwetter die Bestuhlung erweitert und der Kirchhof als Aufenthaltsort genutzt werden. Die barrierefreie Zuwegung in Form einer Rampe wird durch hellen, warmen Ortbeton ausgeführt, der sich auch in dem neu gestalteten Eingangsbereich wiederfindet.
Eingang und Treppe zum Domsaal

Eingang und Treppe zum Domsaal

Kreuzganghof mit Zugang zur Thomaskapelle und zum Domsaal

Kreuzganghof mit Zugang zur Thomaskapelle und zum Domsaal

Grundriss Thomaskapelle

Grundriss Thomaskapelle

Grundriss Domsaal

Grundriss Domsaal

Elemente des Entwurfs

Elemente des Entwurfs

Schnitt

Schnitt

Schnitt

Schnitt

Ansicht West

Ansicht West

Blatt 1

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Blatt 2

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Blatt 3

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Blatt 4

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