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Einladungswettbewerb | 04/2020

Neubau eines Kirchenzentrums mit Kindertagesstätte und Familienzentrum in Hannover

3. Preis

Preisgeld: 2.100 EUR

Nehse & Gerstein Architekten BDA

Architektur

IPJ Ingenieurbüro P. Jung GmbH

Energieplanung

Müller-BBM Building Solutions GmbH

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

Das neue Gebäudeensemble der evangelischen Kirchengemeinde besteht aus einem Kirchenzentrum und einer Kindertagesstätte mit Familienzentrum. Folglich besteht das Haus aus zwei Gebäudeteilen. Durch die Materialität und ein verbindendes Dach werden die zwei Funktionsbereiche visuell und funktional mit einander verbunden. Das neue Zentrum ist in der äußeren Erscheinung zurückhaltend ausformuliert und eingeschossig ausgebildet. Durch das im Grundriss L-förmig geplante Gebäude stoßen zwei markante Raumvolumen zusammen, die innenräumlich auf die Funktionsbereich reagieren und in den Außenraum die Besonderheit des Gebäudes ausdrücken.
Durch die Platzierung des Neubaus auf dem Grundstück werden zwei Plätze ausgebildet: Ein dreieckiger, gepflasterter Platz mit Sitzbänken und reduzierten Vegetationsfeldern bildet die Adresse zur Hogrefestraße. Hier befindet sich der signifikante Glockenturm und ein überdachter Freibereich, der als Aufenthaltsbereich, zum Abstellen von Fahrrädern oder bei Veranstaltungen als Freibühne genutzt werden kann. Ein zweiter Platz öffnet sich zur Moorhoffstraße und wird von der geplanten Bebauung auf dem Nachbargrundstück, dem Kirchenzentrum und der Kindertagesstätte flankiert. Dieser Platz nimmt die Parkplatzflächen Fahrzeuge und Abstellbereiche für Fahrräder und Wagen auf. An der angrenzenden Mauer zum Nachbargrundstück werden auch Anschlüsse für Elektro Mobilität vorgesehen. Hier können – in dem hauptverkehrsabgewandten Bereich – introvertiertere Veranstaltungen oder die Verkehrserziehung stattfinden. In der Oberflächengestaltung folgt der Platz dem Gestaltungschema des Vorplatzes zur Hogrefestraße, verfügt aber über eine größeren Anteil an Grünflächen, die sich in der Ausformulierung durch Bodendecker, Staudenbeete und Grassolitäre darstellen. Zusätzlich werden neue Bäume gepflanzt. Die Pflasterung differenziert die Gesamtfläche – es werden verschiedenen Pflasterarten, Verbände und Farben verwendet und in einem geometrischen Gesamtbild zusammengefügt. Verschiedenartige Sitzgelegenheiten erhöhen die Aufenthaltsqualität und differenzieren noch zusätzlich die großzügige Hoffläche.
Der Außenraum der Kindertagesstätte wird über den vorhandenen großzügigen Baumbestand von der südöstlich gelegenen befahrenen Hogrefestraße abgegrenzt und mit zusätzlichen naturbelassenen Büschen und Sträuchern ergänzt. Hügelig angelegte Rasenflächen laden zum Verstecken und Entdecken ein.
Die Erschließung für den Fahrzeugverkehr erfolgt ausschließlich von der Moorhoffstraße, eine fußläufige Erschließung ist über beide Plätze möglich. Ein Weg verbindet die beiden Außenräume funktional und visuell und teilt gleichzeitig das Haus in seine Funktionsbereiche. Die jeweiligen Eingänge zu den Gebäudeteilen befinden sich in diesem großzügigen, witterungsgeschützten und über Oberlichter belichteten Bereich. Trotz dieser Durchschneidung wird das Haus über die Gestaltung der Fassade zusammengebunden und tritt als ein Gebäude in Erscheinung.
Das gesamte Gebäude ist eingeschossig ausgeführt. Dieses führt zwar zu einer größeren Grundrissform, es können aber alle Bereiche des Gemeinde-Neubaus ohne Barrieren oder aufwändige Einbauten wie Aufzüge erreicht werden.
Der Willkommenskultur einer offenen, herzlichen Gemeinde folgend, wird durch die Anordnung und Öffnung der Foyers zu der Fuge und dem Platz ein offener und einladender Eingangsbereich ausformuliert, der gleichzeitig den zentralen Treffpunkt darstellt. Durch große Fensteröffnungen ist eine visuelle Verbindung zwischen den Foyers möglich. Vertikale Lamellen richten den Blick und stellen gleichzeitig eine spannungsreiche Filterebene dar.
Für die Kindertagesstätte ist im Foyer ein großzügiger Windfang und ein temporärer Abstellbereich für Kinderwagen vorgesehen. Durch die Öffnung der Fassaden auf beiden Seiten erfolgt eine optimale Belichtung des Eingangsbereiches mit den angegliederten Raumbereichen und Ausblicke in den Außenbereich der Kindertagesstätte sind möglich. Eine mobile Trennwand ermöglicht eine unkomplizierte Zonierung der Räume. So kann im Alltag zwischen Bistro und Foyer differenziert werden und gleichzeitig besteht die Möglichkeit eines offenen Allraumes für Feste und Veranstaltungen. Entlang des zentralen Flures sind die Gruppenräume angeordnet. Gegenüber den Eingängen sind die Gardeoben platziert. Diese Aufweitungen schaffen geschützte Nischen zum Umziehen und Verabschieden der Kinder, gleichzeitig sind Ausblicke zum Platz möglich. Ein Oberlichtband oberhalb des Flures dient der Belichtung. Die Gruppenräume mit Ausnahme der Krippe verfügen über eine Empore. Durch die Überhöhung des Daches können die Räume von zwei Seiten belichtet werden. Diese dient als Ruhe und Rückzugsort. Über große Fensteröffnungen erfolgt der Zugang und Ausblick zum Außengelände.
Das Foyer des Gemeindezentrums öffnet sich zum Platz. Die Erschließung erfolgt aus der Fuge, große Fensteröffnungen ermöglichen Ein- und Ausblicke über der Platz Richtung Friedhof und Hogrefestraße. Direkt am Foyer ist der Gemeindesaal angeordnet. Dieser kann über mobile Trennwände dem Foyer oder dem sakralen Raum zugeschaltet werden. Es entstehen dadurch unterschiedliche Grundriss- und Nutzungsoptionen. Über ein raumbreites und -hohes Fensterband werden Ein- und Ausblicke zwischen Saal und Außenraum ermöglicht – gleichzeitig ist eine Verbindung bei Veranstaltungen zwischen Innen- und Außenraum möglich. Vertikale Lamellen in der tiefen Mauerwerkslaibung sorgen für eine leichte Filterschicht und gerichtete Blicke.
Der Gemeindesaal kann optisch und akustisch in 2 Einheiten getrennt werden. In Verlängerung des Gemeindesaales ist der sakrale Raum angeordnet. Dieser setzt sich innenräumlich durch das Sichtmauerwerk der Fassade und eine deutliche, aus dem Innenraum über das Oberlichtband erlebbare Gebäudeüberhöhung ab. Das Lichtband und die Rippendecke inszeniert den Weg zu den Eingängen des sakralen Raumes. Der Raum wird über tiefe Türnischen aus Mauerwerk erschlossen. Der Innenraum des Sakralraumes wird durch das geneigte Dach und den vertikalen Lichteinfall durch das Rippendach mit Oberlichtern geprägt. Fensterschlitze in der mit tiefen Fassaden-Laibungen sorgen zusätzlich für eine seitliche Belichtung – schützen aber vor direkten Einblicken. Es entsteht eine introvertierte, durch Licht- und Material inszenierte dem Zweck angemessene Raumstimmung. Die Sakristei bildet den Raumabschluss.
Der Sakralraum wird unaufdringlich als Einheit mit dem Gemeindezentrum erlebt, die innenräumliche Inszenierung und außenräumlich deutlich ablesbare überzeichnete Dachkubatur lässt dennoch eine kontemplative Atmosphäre zu.
Die Akustik des Saals wird über mehrere Elemente gesteuert: Deckenverkleidung und seitliche Rippendecken sind mit geweißten Holzwolle-Leichtbauplatten bekleidet; Lagerräume ostseitig mit vertikal geschlitzten, fein profilierten Holz-Akustikpaneelen verkleidet; mobile akustisch wirksame Trennwände wirken unterstützend. Über dem Flurbereich liegende Installationsräume nehmen die Medientechnik und alle zugehörigen Installationswege auf.
Angrenzend an das Foyer werden Küche und Gemeindebüro platziert, die dem Foyer Aufenthaltsqualität geben und als Empfang dienen. Die offene Verbindung zwischen Foyer und Gemeindesaal bietet direkte Ausblicke zum Außenraum an der Moorhoffstraße. Die Büros und gemeinschaftlich nutzbaren Räumlichkeiten des Kirchen- und Familienzentrums orientieren sich zum Vorplatz hin.
Zwischen Sakralraum und den Büros werden die Neben- und Abstellräume angegliedert. Ein Flur grenzt die abschließenden Räume aus Gruppenraum und Amtszimmer von den restlichen Räumen ab. Dieser richtet den Blick auf Turm und gegenüberliegenden Stöckener Friedhof, dessen neuer nordwestlicher Eingang indirekt inszeniert wird. Der Vorplatz wird über die angrenzenden Büroräume gerade tagsüber belebt und trägt so zur Stadtentwicklung und Stadterneuerung der „Sozialen Stadt Stöcken“ bei.
Die Barrierefreiheit ist für Nutzer und Mitarbeiter der Gemeinde gegeben. Das Gebäude und die Außenanlagen werden nach den anerkannten Richtlinien barrierefrei geplant.
Der Turm folgt dem Gestaltungsansatz des Gesamtensembles. Die Nord- und Südfassaden werden durch einen Steinverband texturiert, im Sockelbereich geht die geschlossene Fassade in ein Filigranmauerwerk über, so dass die Glocken auf den zweiten Blick erlebbar sind. Im oberen Bereich öffnet sich der Turm, um den Klang austreten zu lassen und gleichzeitig eine Geste auszubilden. Ein konisch zulaufendes Beton-Fertigteil mit Riemchenbekleidung bildet einen V-förmigen Abschluss des Turmes und nimmt in der Ausformulierungen Gestaltungsmerkmale des Gebäudes auf, wie zum Beispiel die geneigten Dächer oder Fassadenschrägen. Die Glocken werden bodenstehend auf einem massiven, jedoch entkoppelten Sockel angeordnet und umlaufend mit Glas eingehaust, so dass der Schall nach oben abgeleitet und über die Gebäude der umgebenden Nachbarschaft abgegeben wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Durch die gewählte Anordnung der Gebäudeteile auf dem Baugrund-stück entstehen Außenräume mit unterschiedlichem Charakter:Zunächst entsteht ein offener und einladender Platz im Osten, der sich stärker der Hogrefestraße als der Moorhoffstraße zuwendet und über den die Eingänge primär zu erreichen sind.Ferner entsteht ein durch die Gebäude stärker räumlich gefasster und begrünter Hofbereich, der die Stellplätze im Nordwestenaufnimmt und im Süden das von den Gruppen-und Gemeinschaftsräumen der Kindertagesstätte jeweils unmittelbar zugängliche Außengelände der Kindertagesstättedefiniert.Platz und Hof werden geschickt durch eine überdachte Passage, an der die Eingänge zu den Gebäuden angeordnet sind, miteinander verbunden. Der flache Baukörper wird durch die plastisch ausgeformten Überhöhungen für den Kirchenraum und für die Galerien in den Gruppenräumen der Kindertagesstätte sowie durch den Glockenturm in prägnanter Form gegliedert und er-hält dadurch ein angemessenes Gewicht im städtebaulichen Umfeld. Selbst bei einem Entfall oder einer späteren Realisierung des Glo-ckenturms verbleibt eine charakteristische Gebäudeform mit einem hohen Wiedererkennungswert.

Das Gebäude ist vollständig eingeschossig angelegt, ist damit barrierefrei und kommt ohne Aufzüge und Treppenräume aus. Die einzelnen Nutzungseinheiten der Kindertagesstätte und des Kirchenzentrums verfügen jeweils über kompakte Grundrisse und werden über ein gemeinsames Dach zusammengefasst, mit dem auch der an der Ein-mündung der Moorhoffstraße in die Hogrefestraße angeordnete Glockenturm an das Ensemble angebunden wird.Die Zugänge zur Kindertagesstätte und zum Kirchenzentrum sind gegenüberliegend im Durchgang zwischen dem Vorplatz an der Hogrefestraße und dem Hof an der Moorhoffstraße angeordnet.In der Kindertagesstätte sind die Gemeinschaftsräume sinnvoll in der Nähe des Eingangs vorgesehen. Die strenge Form des durch die Erschließungsfunktion geprägten Flurs wird durch Aufweitungen im Bereich der Garderoben ein wenig gegliedert und erhält neben der Belichtung über die Decke auch Seitenlicht von Norden sowie Sichtbezüge zum Hof. Insgesamt wird der Flur in seiner räumlichen Ausprägung als wenig attraktiv bewertet. Das unmittelbare Gegenüber von Gruppen- und Verwaltungsräumen wird unter betrieblichen Gesichtspunkten sehr kritisch gesehen. Die Gruppenräume verfügen über gute und gleichwertige Zugänge zum Außengelände.Der Grundriss des Kirchenzentrums ist so organisiert, dass die Aufenthaltsräume über Fensteröffnungen gut belichtet werden und Sichtbezüge zum Außenraum besitzen. Es wird allerdings bemängelt, dass die Küche innenliegend angeordnet und fensterlos ist und dass sich hinter der zum Eingangsplatz orientierten Fassade Büros anstelle von Gemeinschaftsräumen befinden. Gemeindesaal und Kirchenraum sowie Foyer und Gemeindesaal lassen sich durch die gewählte Anordnung gut im Zusammenhang nutzen. Bei einer Nutzung des Kirchenraumes ohne den zugeschalteten Gemeindesaal wird die seitliche Erschließung über den verhältnismäßig schmalen Flur als nicht angemessen beurteilt.

Das Preisgericht diskutiert intensiv und kontrovers das Erscheinungsbild des Gebäudes. Es wird in Frage gestellt, ob die Intention der Ausloberin zur Schaffung eines einladenden Gebäudes, das der Öffentlichkeit zugewandt ist, mit der vorgeschlagenen qualitätsvollen Gestaltung des Beitrages erreicht wird. Bei einem Teil des Preisgerichts löst die sehr feierliche Anmutung eher Assoziationen anderer Nutzungen aus, beispielsweise einer Aussegnungshalle.

Landschaftsarchitektur:
Durch die Gebäudestellung entstehen drei Freiflächen unterschiedlicher Funktion. Spannend hierbei ist die Kombination aus Platzflächen und überdachten Flächen, die auch für Veranstaltungen oder zum Abstellen von Fahrrädern genutzt werden können. Das Freigelände der Kita fällt, trotz des generell großen verfügbaren Außenraumes, vergleichsweise klein aus. Der große Eingangs-Platz ist sehr reduziert gestaltet. In der Nachbarschaft zu der großen Straße läuft er durch seine Flächenhaftigkeit und die fehlende Ausstattung Gefahr, leer oder inhaltslos zu wirken.

Energetisch-ökologisches Nachhaltigkeitskonzept:
Die eingeschossige Gebäudeanlage ermöglicht in der Planung den Verzicht auf Aufzüge und Treppen. Kernzonen liegen hingegen weit von den Fassaden entfernt und werden nur teilweise mit Tageslicht versorgt. Auch Aufenthaltsbereiche sind ohne Tageslicht geplant (Küchen, Pädagogik). Der Massivbau zeigt einfache Details, wenn auch Anschlüsse der Hochpunkte bauphysikalisch entwickelt werden müssen. Im Konzept fehlen Technikflächen. Der Vorschlag, dauerhafte und nachhaltige Materialien einzusetzen, wird positiv gesehen.
Schnitt Schema

Schnitt Schema

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Ansichten

Ansichten

Schnitte

Schnitte

Ansicht & Schnitt

Ansicht & Schnitt

Fassadenschnitt / Teilansicht

Fassadenschnitt / Teilansicht