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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2019

Erweiterungsbau des Max-Planck-Instituts für medizinische Forschung in Heidelberg

2. Preis

Preisgeld: 55.000 EUR

Behnisch Architekten

Architektur

Glück Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Transsolar Energietechnik GmbH

Energieplanung

Endreß Ingenieurgesellschaft mbH Brandschutzsachverständige

Brandschutzplanung

Teamplan GmbH

TGA-Fachplanung

Bartenbach GmbH - Bereich Lighting Design

Lichtplanung

Erläuterungstext

Gesamtkonzept:

Das Max-Planck-Institut für medizinische Forschung (MPImF) wurde 1927 gegründet und ist seither ein exzellenter Wissenschaftsort in Heidelberg an der Schnittstelle zwischen Physik, Chemie und Biologie. Durch die grundlegende Neuorientierung der Forschungsinhalte sind neue Themen innerhalb der wissenschaftlichen Arbeit entstanden, die dadurch einen angemessenen und zukunftsweisenden baulichen Rahmen benötigen. Die wissenschaftliche Neuausrichtung wird als Konsequenz auch eine Neuinterpretation der wissenschaftlichen Arbeit mit sich bringen. Ein offenes, modernes, zukunftsweisendes und mit allen Ansprüchen an ein nachhaltig geprägtes Forschungsinstitut soll mit dem Neubau realisiert werden. Als wichtiger und weithin gut sichtbarer, international eindeutig wahrnehmbarer neuer Stadtbaustein im Neuenheimer Feld soll das neue Haus in Erscheinung treten. Darüber hinaus soll der Neubau ein grösstmögliches Spektrum an Räumen mit experimenteller Ausstattung und hohem technischen Standard anbieten können.

Das Grundstück für das neue Haus befindet sich in repräsentativer Lage unmittelbar am Neckar. Entlang der Nordseite verläuft die Jahnstrasse. An der Ostseite befindet sich das denkmalgeschützte Bestandsgebäude des MPImF, bestehend aus einem Hauptgebäude und einer Vielzahl von Nebengebäuden. Diese Gebäude können den Anforderungen an ein kommunikatives und experimentelles Arbeiten nicht mehr gerecht werden. Das neue Haus soll all diese Einschränkungen und Kompromisse der Nutzung nicht nur kompensieren, sondern vielmehr zukunftsweisend verbessern.

Grundlage für die Entwicklung der Gebäudekubatur für den Neubau ist die Einhaltung der wesentlichen Vorgaben aus dem städtebaulichen Entwurf. Baufluchten zu umgebenden Gebäuden sollen in die konzeptionellen Überlegungen miteinbezogen werden, dürfen jedoch in Teilen uminterpretiert werden. Die Geschossigkeit und die Gebäudehöhe wurden auf ein Maß mit ca. 45m vorgegeben. Der Altbau des MPImF soll an das neue Institutsgebäude angebunden sein, sodass nicht nur innerhalb des neuen Hauses, sondern auch im Zusammenspiel mit dem Bestand eine positive Interaktion und ein fruchtbarer institutioneller Austausch entstehen kann.


Architektonisches Konzept:

Die ersten Gedanken an ein modernes Institut sind an einen lebendigen Organismus angelehnt, der sich von einem kommunikativen Inneren heraus entwickelt und sich harmonisch, jedoch prägnant und eigenständig mit der Umgebung verbindet und am Eingang zum Neuenheimer Feld eindeutig positioniert.

Das Wechselspiel von Innen und Aussen, von Landschaft und Gebautem und von fester Laborzone und offenen Kommunikations- und Bürobereichen kennzeichnet die Zonierung und die damit verbundene Freiheit im Grundrisslayout übergreifend. Nach Osten hin tritt der Baukörper ruhiger in Erscheinung und nimmt die Gebäudeflucht des Hauses im Norden auf, nach Westen wirkt das Haus verspielter und facettenreicher.

Der Hauptzugang nach Norden zu Jahnstrasse wird schon aus der Ferne gut sichtbar inszeniert und durch die spielerischen Deckenplatten der Obergeschosse unverkennbar markiert. Ein grosszügiges Vordach entsteht durch die Ausformulierung des Baukörpers selbst, nahezu selbstverständlich und empfängt so die Besucher und die Mitarbeiter mit einer eindrucksvoll einladenden Geste. Das Gefühl eines offenen und transparenten Entrées, ein kommunikatives Haus erhält man bereits im Empfangsbereich, der alle Möglichkeiten der Wege im Institut und zu dem angrenzenden Bestand offenbart. Nicht nur die Verbindungen zu angrenzenden Funktionseinheiten kennzeichnen diesen Raum, Ausblicke nach Süden zum Neckar und hinüber zu Stadt bereichern und motivieren für die tägliche Forschungsarbeit.

Im Erdgeschoss zur den Neckar-Auen hin orientiert, befinden sich die Werkstätten an einem attraktiven Ort im Haus mit direktem Bezug ins Freie. Die ersten 3 Ebenen des neuen Instituts sind terrassenartig gestaltet, sodass der landschaftlich geprägte Übergang von Neckar und Landschaft, von Freiraum zu Gebautem angemessen inszeniert wird. Die Terrassen werden als nutzbare Freibereiche ausformuliert, sodass hier auf verschiedenen Ebenen jeweils schöne Situationen zum Sitzen und zum Verweilen entstehen werden.

Über eine grosszügige Freitreppe gelangt man ins erste Obergeschoss und von hier über eine Brücke ins benachbarte Bestandsgebäude. Die Brücke wird räumlich aufgeweitet und bildet einen Treffpunkt zur Kommunikation der Mitarbeiter. Die Cafeteria, welche zentral gelegen auch von den Mitarbeitern des Bestandsgebäude gut angebunden genutzt werden kann, ist nach Süden angeordnet. Eine schön angelegte Aussenterrasse wird die Mitarbeiter und die Besucher zum Verweilen einladen.

Im zweiten Obergeschoss beginnt die Labor- und Büronutzung, wobei nach Süden eine weitere Terrasse den Aufenthaltsbereichen und den Teeküchen vorgelagert ist. Die Laborbereiche sind der geordnete, nach einem idealen Ausbauraster festgelegte Gebäudeteil. Im Kontrast dazu sind die angelagerten Arbeitsbereiche der einzelnen Geschosse weitaus freier interpretiert. Spielerisch sind die Deckenplatten an dem Laborkern "angehängt". Frei möblierbar als zusammenhängender Grossraum, in dem kommunikativ und mit einem hohen Mass an Offenheit gearbeitet oder kleinformatig unterteilbar für eine individuelle und hochkonzentrierte Arbeit zoniert werden kann.

Die Ebene selbst wird so bereits zur modernen Institutsmatrix mit einem nahezu uneingeschränkten Spektrum an Offenheit für vielfältige Interaktionen der Mitarbeiter untereinander. Jeweils differenziert grosse und unterschiedlich orientierte Terrassen unterstützen diesen Gedanken und bieten darüber hinaus einen Freiraumbezug auf allen Ebenen an. Ergänzt und hervorgehoben durch die vertikale Vernetzung der Geschossebenen über zweigeschossige Lufträume mit schönen Freitreppen wird die horizontale Lebendigkeit vertikal in andere Ebenen eingeflochten. Die Institute werden somit essenziell mit einem weiteren Aspekt einer spannungsreichen Vernetzung ergänzt. Die Kommunikation und das Miteinander der Mitarbeiter, das Interagieren der Forscher, Professoren und Studierenden untereinander erhält so eine weitere positive Förderung.

Durch den Einschnitt, die Ausbildung und die Anordnung des Technikgeschosses mit einem einzigartigen, nach Osten vorgelagertem Dachgarten auf dem 5. Obergeschoss, wird nicht nur die Feinjustierung der Proportionen des Gesamtbaukörpers nachvollziehbar, vielmehr wird das Angebot eines besonderen Ort der Gemeinschaft, einem "Marktplatz" im Freien, angeboten.

Die Fassaden sind individuell auf die Nutzungsanforderungen im Inneren und die Einflussfaktoren der jeweiligen Ausrichtung maßgeschneidert angepasst. Die Bürobereiche nach Osten sind als bodentief verglaste Elementfassaden konzipiert. Vorgelagerte, individuell einstellbare Vertikallamellen ermöglichen eine optimale Verschattung, gepaart mit einer grösstmöglichen Transparenz. Die vertikalen, zweigeschossigen Lufträume sind weitaus transparenter ausgebildet, wobei die horizontal gliedernde Deckenplatte als durchlaufendes Gestaltungsmerkmal beibehalten wird. Die Fassaden der Laborbereiche nach Westen sind als Bandfassaden mit einem vorgelagerten, feststehenden Screen angedacht. Während diese im Brüstungsbereich mit Photovoltaik belegt sind, werden die Elemente im Oberlichtbereich transluzent ausgebildet und sorgen damit für eine Lichtlenkung zur Tageslichtoptimierung der Labore.

Die gewählten Materialen sollen vornehmlich den funktionalen Anforderungen entsprechen. Sichtinstallationen sowie strapazierfähige Bodenbeläge aus Kautschuk in den Laboren stärken den Charakter einer innovativen Forschungsinstitution und erfüllen sämtliche Anforderungen an Raumakustik und Schallschutz. Durch ein Minimum an Installationen im Bürobereich wird das nachträgliche Umbauen von Trennwänden erheblich erleichtert und kann dem Wunsch Rechnung tragen, stets neue Raumsituationen schaffen zu können.


Energiekonzept:

Das Energiekonzept zeichnet sich durch deren individuell der Anforderungen der jeweiligen Nutzungen zugeschnittene Systeme aus. Zudem werden die natürlichen Ressourcen des Standortes genutzt, um den Primärenergiebedarf des Gebäudes zu minimieren. Solare Energie wird mittels Photovoltaik zur Stromgenerierung und Solarkaminen für eine effektive Belüftung der Büros und Aufenthaltsflächen genutzt.

Ein reversibles Wärmepumpensystem ermöglicht eine synergetische Wärmerückgewinnung von den Laboren zu den Nicht-Laborräumen, sowie die Nutzung der Abwärme durch die Solarkamine. Um auch bei besonders hohen Bedarf Spitzenlasten decken zu können, wird der Anschluss an das Fernwärmenetz vorgesehen.

Durch die besondere Gebäudehülle wird der Neubau zu seinem eigenen Energieproduzenten. Nicht nur das Dach, sondern auch die Fassaden werden durch Photovoltaik aktiviert. Entsprechend der Ausrichtung wird jede Fassadenseite anders gestaltet und in die außenliegende Verschattung integriert.

Die Labore werden entsprechend der hohen Anforderungen an die Luftqualität und Raumtemperatur mechanisch be- und entlüftet. Die Kühlung der Räume erfolgt über mechanisch vorkonditionierte Luft. Geheizt wird zusätzlich über Heizkörper. Um die technischen Erschließungsflächen zu minimieren werden zwei Technikzentralen vorgesehen, um die Labore zu versorgen.

Die Büros und Arbeitsräume stellen demgegenüber besonders hohe Anforderungen an die Aufenthaltsqualität. Eine Betonkernaktivierung leistet eine energetisch effiziente Flächenkühlung im Sommer, sowie Grundkonditionierung im Winter. Zur individuellen Beheizung dienen zusätzlich Heizkörper an der Fassade.
Eine natürliche Lüftung über Öffnungsflügel in der Fassade ermöglicht ebenfalls einen individuellen Einfluss auf das Klima. Eine Nachtlüftung über die Fassade kombiniert mit freigelegter thermischer Masse der Decken minimieren zudem den Kühlungsbedarf. Über Fassadenöffnungen oberhalb der Heizkörper wird auch im Winter eine ausreichende Frischluftversorgung sichergestellt. Über die Fassade eingebrachte Luft strömt in allen Fällen über Überstromöffnungen mit integriertem Schallschutz und druckabhängiger Luftmengenregelung in die Flure. Von dort wird über die Solarkamine entlüftet. Die Solarkamine erzeugen rein passiv die dafür notwendigen Druckunterschiede.


Freianlagen:

Ein großzügiger Platzraum ist verbindendes Element zwischen dem Neubau des MPI und dem Neubau des „HD 4 Life“ und bildet den zentralen Eingangsplatz und Ort der Kommunikation im Campus.
Die wichtigen Nord-Süd-Achsen werden mit der Campus Promenade, westlich des MPI Neubaus und der Grünfuge zwischen MPI und Bestandsgebäude hergestellt. Beide Achsen nehmen wichtige Verknüpfungsfunktionen, innerhalb des Campus und zum Naturraum des Neckars auf und gewährleisten eine klare Orientierung im Campus Gelände.

Die Grünfuge wird als Wiesen Spur bis zum Neckar geführt und stellt den Kontaktpunkt zum Fluss her. Eine ablesbare Liniatur aus eingelegten Plattenbändern gliedert den Platzteppich des Campusbodens und stellt wichtige Raumverbindungen und Orientierungslinien her.

In die Platzfläche eingelegte ´Schollen´, gliedern als zentrale Elemente den Vorplatz und diffundieren in lockerer Abfolge durch die Freiraumfuge in Richtung Neckarufer. Die ´Schollen´ sind zentrale Treffpunkte und Orte der Kommunikation auf dem Campus und werden von kleinen Hainen aus ´Populus´ überstellt. Eine abwechslungsreiche Unterpflanzung aus Wiesenprachtstauden bereichert den Platz um jahreszeitliche Pflanzenbilder und Aspekte. Bankstandorte sind in die Randbereiche der Schollen als Aufkantungen integriert. Die ´Schollen´ werden mit einem bewegten Rand aus unterschiedlichen Höhenabstufungen entwickelt. Teilbereiche erheben sich aus der Platzfläche als 60 cm hohe Sitzaufkantungen mit Holzauflage und oder werden niveaugleich mit der Platzfläche ausgeführt. Mit der lockeren Anordnung der ´Schollen´ lassen die Platzobjekte genügend Raum für die verschiedenen Wegebeziehungen und die unterschiedlichen Erschließungsanforderungen der Gebäude. Der homogene Platzbelag mit den eingelegten Bändern stärkt die Verbindung und Kommunikation der Gebäude untereinander auf dem zusammenhängenden Campusboden. Die Baumhaine und die locker verteilten Solitärbäume spenden Schatten in den Sommermonaten und stellen die vegetative Verbindung zwischen dem Naturraum des Neckars und dem Campusgelände her.

Dem vorgeschlagenen Standort der Kita wird eine kleine Platzsituation vorgelagert, die ebenfalls den Treppenabgang von den Terrassenflächen des MPI aufnimmt. Der Kita Garten wird in die landschaftliche Gestaltung des südlichen Bereichs integriert. Überstellt von Bäumen kann in den Garten ein abwechslungsreiches Spiel- und Bewegungsangebot integriert werden.

Im Konzept wird dem Bestandsgebäude des Instituts ein südliches Rasenplateau vorgelagert. Ausgeführt als präzise Rasenböschung mit einer Aufkantung von ca. 60 cm ist das Plateau ablesbares Landschaftsobjekt und greift die ruhige Gestaltung des nördlichen Bereiches auf und interpretiert das Motiv neu.