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Offener Wettbewerb | 11/2019

Neubau des Gesundheitszentrums Ober/Goms (CH)

3. Preis / 3. Rang

Preisgeld: 22.000 CHF

Isler Gysel Architekten GmbH

Architektur

PIRMIN JUNG

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

ON THE ROAD AGAIN

Die Furkastrasse bildet – gemäss Projektverfasser –das Rückgrat von Münster, an welchem sich die Ausnahmen zur sonst kleinteiligen Bebauungsstruktur des Dorfes finden, die öffentlichen Bauten. Das Gesundheitszentrum wird daher analog der anderen öffentlichen Bauten "on the road", an der Furkastrasse, markant platziert. Die Ausdehnung des Baukörpers bildet eine Ausnahme im örtlichen Regelwerk und wird aus dessen (teils) öffentlichen Nutzungen begründet.

Eine Freihaltezone zwischen altem Dorfkern und dem "neueren" Münster wird nicht geschaffen. Der Riegel füllt die zur Verfügung stehende Lücke praktisch aus und nimmt eher eine zusammenbindende Haltung ein. Den Vorgaben der ISOS für den spezifischen Bereich wird somit nicht entsprochen, obschon die Projektverfasser für sich in Anspruch nehmen gemäss ISOS die "Ansätze einer klaren Raumbildung der östlich angrenzenden Hotel - und Gewerbebauten weiterzuführen".

Der rund 72m lange, zur Strasse hin 3 - geschossige Hauptbau, liegt 18m von der Strasse zurückversetzt. Die bestehenden oberirdischen Parkplätze werden beibehalten, die Ein- und Ausfahrt erfolgt von der Furkastrasse her. Die gefährliche Situation wird nicht entschärft. Dies wird in Anbetracht der künftigen Nutzung als grosser Nachteil gesehen, liesse sich aber zu Lasten des - ausser für Ambulanzen - verkehrsfrei geplanten Vorplatzes verbessern.

Ob dieser Vorplatz, in seiner vorgesehenen Ausformulierung, nebst seiner Nutzung als Zugang und Begegnungsort, wirklich auch als qualitätsvoller Aufenthaltsraumraum erlebt würde, wird angezweifelt. Dies aufgrund des direkten vis à vis der Parkplätze und angrenzenden Strasse sowie des fehlenden Bezugs zur Umgebung. Die aktuell vorgeschlagene Bepflanzung vermag dies nicht wettzumachen.

Die Adressen der unterschiedlichen Nutzungen sind nicht ablesbar. Die klar strukturierte Fassade überzeugt zwar, sei es durch ihre Stringenz, die qualitätsvolle Anlehnung an die lokale Holzbaukunst oder ihre ruhigen Proportionen. Es gelingt aber nicht durch die Architektur ein Leitsystem zu schaffen, für den künftigen Verletzten, Besucher, Bewohner oder anderen Nutzer. Es wirkt beinahe, als wolle man den eigentlichen Auslöser des Projektes,das Gesundheitszentrum in den Hintergrund drängen.

Dies ist schade, denn das Projekt überzeugt durch seine inneren Qualitäten. Das Gesundheitszentrum ist gut gelöst. Die Vorgaben des Programms wurden sorgfältig analysiert. So befindet sich die Wohnung der Sanitäter direkt neben dem Gesundheitszentrum und verfügt über einen eigenen Zugang. Das Gesundheitszentrum selbst ist gut strukturiert. Die Behandlungsräume orientieren sich nach Süden, die öffentlichen Nutzungen (Begegnungsraum und MTT-Raum) nach Norden, zum Dorf hin. Viele Details wurden schön bearbeitet, so z.B. der
zentrale Empfang mit Wartebereich, so der Notfallraum und die Apotheke, welche sowohl von Innen als auch Aussen zugänglich sind. So auch der zentrale Zugang zu den
Wohnungen über ein einziges Treppenhaus / Liftkern, in welchem sogar die Briefkästen ihren Platz finden.

Diese Detailtreue wird auch im Wohnungsgrundriss spürbar. Gute Abläufe, schöne Sichtbezüge und der feinfühlige Umgang mit dem Thema Wohnlichkeit durch beispielsweise das Integrieren einer Feuerstelle in jede Wohnung und die ansprechende Materialisierung werden gewürdigt. Die sonnigen und doch geschützten Balkone bieten grosszügige, private Aussenräume.

Auf Grund der klaren Gebäudestruktur basieren alle Räume im Erdgeschoss auf einem 4m
- Raster und 5m Raumtiefe. Dies führt zu leichten Verschiebungen gegenüber den Vorgaben gemäss Raumprogramm, andererseits aber auch zu einer grossen Nutzungsflexibilität. Nicht nachvollziehbar ist die Platzierung des MTT. Der eingeschossige Vorbau steht im Widerspruch zum sonst so klaren Entwurf.

Die gedeckten Parkplätze für sowohl Autos als auch Velos befinden sich im Sockel des Gebäudes und werden über eine steile, zweispurige Rampe erschlossen. Der mit Tageslicht versehene Raum verfügt über einen direkten Ausgang zu den Pflanzgärten, welche, in Anlehnung an die lokaltypischen Gärtchen im Goms, auf dem Hang unter dem Neubau vorgesehen sind.

Es handelt sich um wirtschaftlich gut betreibbares Projekt. Ein Liftkern, eine durchgehende Struktur in traditioneller Bauweise, ein klares Haustechnikkonzept und eine mittlere Kubatur, vermitteln das Potenzial die Baukostenvorgabe einhalten zu können.

Als langfristige Entwicklungsoption wird vorgeschlagen, den südlichsten Teil mit unabhängigen Wohnbauten weiterzubauen. Die Parzellierung entspricht der bereits vorhandenen, ortstypischen Körung und stellt einen möglichen Entwicklungsansatz dar.

Zusammenfassend handelt es sich um ein bis ins Detail durchdachtes Gebäude, welches aber auf Grund seiner Dimension für den Ort nicht erträglich ist.