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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2020

Entwicklung und Gestaltung des ehemaligen Kasernengeländes in Germering

Lageplan

Lageplan

1. Preis

Beer Bembé Dellinger Architekten und Stadtplaner

Architektur

BEM : Burkhardt | Engelmayer | Mendel Landschaftsarchitekten Stadtplaner Partnerschaft mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Stadt Germering hat das ehemalige Großtanklager „Unterpfaffenhofen“ erworben und beabsichtigt dieses im Rahmen einer Militärkonversion zukünftig zu einem Standort für Kulturszene, Bürgertreffpunkt, Gründerzentrum sowie Sport- und Freizeiteinrichtungen zu verwandeln.

Der Gebäudebestand stellt für uns ein Zeitzeugnis dar. Obgleich die Gebäude nicht unter Denkmalschutz stehen, erzählen die Gebäude für uns von einer abgeschlossenen Zeit, vom Krieg und vom kalten Krieg. Ein Schleifen oder ein Überformen des Gebäudebestandes ließe diese Auseinandersetzung abbrechen. Die Zielvorstellungen der Gemeinde Germering durch Konversion des Geländes einen niederschwelligen Ort der Begegnung und der Kommunikation zu schaffen, offen für alle BürgerInnen, konkurrenzlos zu bestehenden Einrichtungen, schafft eine Auseinandersetzung durch Umnutzung.

Wenige, kräftige Interventionen reichen, um die Bemühungen zur Wandlung zu unterstützen: Eine neue Signaletik über das ganze Gelände und ein neuer Pavillon auf der Wiese. Alle neuen Interventionen verlassen dabei die Strenge der Orthogonaliät aus der Erbauungszeit – als Kontrapunkt und ein wenig um das zu tun, was die Erbauungszeit so eben nicht getan hätte.

Den großen Hochspannungsmast benutzen wir, um dem Ganzen als Auftakt zum Gelände mit kräftiger Signaletik einen neuen Namen zu geben. Diese neuen, hellen und leuchtenden Buchstaben purzeln weiterhin durch das Gelände und etikettieren die Bestandsgebäude gleichsam um. Ein neuer, offener Pavillon, zufällig wie hingestreut auf die Wiese, unterstützt die neue Mitte und den offenen, kommunikativen Platz mit Café, frei zugänglichen WC-Anlagen und unterschiedlichen Veranstaltungsräumen. Der Pavillon sitzt dabei etwas erhaben über dem Gelände und funktioniert im Außenraum zugleich als lange Bank.

Der neue Pavillons ist additiv organisiert: Café, WC-Anlage, welche auch von den Freiflächen aus nutzbar ist, dann der kleine Veranstaltungsraum, zuschaltbar zum großen Veranstaltungsraum und dieser ebenso zuschaltbar zum Foyer. Die Möglichkeiten der Zusammenlegung der Räume lässt viele Synergien zu und Interaktionen zu.

Unser Umgang mit dem Gebäudebestand ist ein zurückhaltender. Die Gebäude weisen eine hohe Bauqualität auf, was der damalig wichtigen Nutzung geschuldet ist. Die Gebäude haben fast 90 Jahre funktioniert und werden weiterhin auch für die nun neue Nutzung funktionieren. Architektonische Ausstattungsdetails aus der Erbauungszeit werden erhalten und saniert wie z.B. die schön formulierten Eingangsbereiche, Ausstattungsmerkmale der Befensterung und der Gauben. Kritische Bauteile der Außenhülle schlagen wir vor zu erneuern: das Dach wird neu gedeckt und nach neuer ENEV gedämmt. Die Fenster würden wir, wo eine Sanierung zu aufwendig erscheint, nach Vorbild und zugleich dann nach neuer ENEV auswechseln. Den Aussenputz schlagen wir vor, wo notwendig auszubessern, zu ergänzen und neu zu streichen. Im Inneren werden die technischen Gebäudeausstattungen erneuert: Heizung, Sanitär und Elektro.

Das ehemalige Verwaltungsgebäude und das ehemalige Laborgebäude erhalten barrierefreie Zugänge und Aufzüge zur barrierefreien Erschließung der Geschosse. Die großen Tore der ehemaligen Fahrzeughalle werden mit großen Glasdrehtüren ausgestattet und öffnen die Halle zum Platz. Platz und Halle können interagieren.

Wenige, auf das notwendige reduzierte Eingriffe in den Bestand und nur wenige, kräftige neue Interventionen lassen eine große Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit erwarten. Das Dach des neuen Pavillons nimmt zudem eine 500 qm große Photovoltaik-Anlage auf und schafft so, den neuen Pavillon als Ernergieplushaus zu bilanzieren.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die vorhandene orthogonale Zuordnung der bestehenden Bebauung wird mit dem neuen Erweiterungsbau bewusst nicht fortgeführt. Das langgestreckte, erdgeschossige Volumen mit den Veranstaltungsräumen ragt mit seinem Eingangsbereich in die gemeinsame zentrale Zone und setzt damit ein positives Signal für den Besucher. Durch die leicht gedrehte Position entsteht eine deutliche räumliche Beziehung vom zentralen Bereich zu den Sportanlagen im Süden, die von hoher räumlicher Qualität ist.

Durch die lockere Anordnung der Flächen für Sport entstehen Freibereiche von differenzierten und qualitätvollen Freiräumen. Das fließende Ineinandergreifen der Räume zwischen den Gebäuden, Freianlagen und den Bannwaldkonturen wird sehr positiv gesehen. Der Versiegelungsgrad der „neuen Mitte“ könnte weiter reduziert werden.

Der Neubau besticht durch seinen zurückhaltenden architektonischen Ausdruck in Form eines langgestreckten Pavillons. Die Höhenentwicklung korrespondiert harmonisch mit dem Bestand der ehemaligen Fahrzeughalle. Die einfache Holzrahmenkonstruktion mit Fassaden aus Stahl- und Glaselementen entspricht dem Typus der Pavillonarchitektur. Sie unterstreicht die Eigenständigkeit der baulichen Ergänzung und hebt sich mit seiner Leichtigkeit und Transparenz posi- tiv vom Bestand ab.

Die Höhendifferenz bedingt durch die Sockelplatte des Neubaus schafft eine Barriere, die zu hinterfragen ist. Die Lage des Veranstaltungsraumes am südlichen Ende des Pavillons bedingt zwar längere Wege, gleicht das aber durch die exponierte Lage in Natur und Wald aus. Es entsteht ein Raum von besonderer räumlicher und atmosphärischer Qualität.

Die räumliche Distanz der Umkleiden und Sanitäranlagen im Gebäude 2.3 zu den südlich gele- genen Sportflächen ist zu groß. Die Situierung der Atelierräume im Obergeschoss des Gründerzentrums und die Mischung dieser Nutzungen innerhalb des Gebäudes sind ungünstig. Das Gleiche gilt für die Verteilung der Atelierräume auf drei verschiedene Gebäude. Positiv ist die Nutzung des ehemaligen Feuerwehrhauses für Atelierräume, mit den dazugehörigen Außenbereichen für Holz- und Steinarbeiten.

Aufgrund seiner Konstruktion ist der Neubau kostengünstig zu erstellen und einfach im Unterhalt. Die vorgeschlagene Photovoltaikanlage ergänzt das gewünschte Energiekonzept.

Mit ebenso einfachen wie wirkungsvollen Mitteln gelingt dieser Arbeit in besonders überzeu- gender Weise die Auseinandersetzung mit dem historisch belasteten Areal. Die orthogonale Strenge wird gebrochen, gleichzeitig integriert der raumgreifende „Steg“ die verstreut liegenden Bauten zu einem Ganzen. Mit Leichtigkeit und ohne jegliches Pathos.
Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Vogelperspektive

Vogelperspektive

Ansicht A-A

Ansicht A-A

Detailansicht Bestand und Neubau

Detailansicht Bestand und Neubau

Modellfoto

Modellfoto

Modellfoto

Modellfoto