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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2020

Entwicklung und Gestaltung des ehemaligen Kasernengeländes in Germering

ein 3. Preis

HAFERKAMP KRAMER WILKENING ARCHITEKTEN

Architektur

Antonello Scopacasa, Studio Ideale

Landschaftsarchitektur

Katrin Helmbold l ArchitekturModellbau

Modellbau

Erläuterungstext

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Städtebau

Im Rahmen der Militärkonversion des Kasernengeländes Krailing-Nord zu einem Standort für Bürger, Gründer, Kunst und Kultur sowie Sport und Freizeit, wird ein neuer Baustein als Ergänzung des Ensembles der ehemaligen Wirtschaftsgebäude des Großtanklagers „Unterpfaffenhofen“ eingefügt.
Dieser neue Baustein besetzt die nördliche Lücke zwischen dem ehemaligen Laborgebäude und der ehemaligen Fahrzeughalle. Der zentrale baumbestandene Platzbereich wird neu gefasst und erhält eine klare Kontur. Dieses Zentrum wird durch die flankierenden Bauten des ehemaligen Laborgebäudes und des ehemaligen Verwaltungsgebäudes von Westen her erschlossen und öffnet sich nach Süden zu den neuen Sportfeldern im Freiraum. Diese liegen umschlossen vom Wald auf einer großen Lichtung und führen den umbauten Raum im Norden in den von Bäumen umwachsenen Raum im Süden fort.
Die Erschließung des Areals erfolgt wie zuvor aus dem nördlich gelegenen Ortskern Germerings über die Otto-Wagner-Straße und die Brücke in das Waldgebiet. Die notwendigen Besucherstellplätze werden entlang der Grundstücksgrenze parallel zur Autobahn angeordnet. Ein Mitarbeiterparkplatz wird im rückwärtigen Bereich der ehemaligen Wache im Westen geplant. Der geforderte Wendekreis am südlichen Ende des Grundstücks bildet einen Platzraum vor dem ehemaligen Feuerwehrgebäude aus.

Neubau „Bürgerhaus“

Der Neubau resultiert aus der sinnfälligen Verteilung der verschiedenen geforderten Nutzungen auf die Bestandsgebäude, unter größtmöglicher Beibehaltung der vorhandenen Gebäudestrukturen. Er übernimmt die Funktion des Bürgerhauses, da sich die Raumgröße des Veranstaltungssaals mit Bühne in keinem der Altbauten abbilden lässt.
Als zentralem Veranstaltungsort mit Café kommt dem Bürgerhaus eine besondere Bedeutung zu. Dieser „bunte Ort“ fördert den Austausch und die Kommunikation der Bürger generationenübergreifend und dient als verbindender Ort der unterschiedlichen Nutzer des gesamten Geländes. Von privaten Feiern und Vereinsabenden über Kleinkunst und Kabarett bis hin zu Konzerten, Theater und Kino, können hier Veranstaltungen mit einer Größe von unter 200 Teilnehmern stattfinden.
Das geplante Bürgerhaus wird als Saalbau auf einem Sockel geplant. Dem Veranstaltungssaal ist auf diesem Sockel eine großzügige Terrasse vorgelagert, die über eine Außentreppe erschlossen wird und den Blick auf die Freiflächen nach Süden eröffnet.
Der Sockel nimmt die weiteren Räume des Bürgerhauses auf. Unter der Terrasse befindet sich das Foyer, welches sich nach Süden orientiert und das Café aufnimmt. Eine offene Treppe und ein Lift am Foyer erschließen den Vorraum des Veranstaltungssaals im Obergeschoss. Zwei großzügige Vorbereiche mit Garderobe und Zugang zu den WC-Anlagen erschließen jeweils den kleinen Veranstaltungsraum sowie den Seminarraum und die Werkstatt. Der Seminarraum kann dem Veranstaltungsraum zugeschaltet werden.
Der massive Sockel wird als monolithische Dämmbetonkonstruktion geplant, dem eine Holzkonstruktion eingestellt bzw. aufgelagert wird. Die zur Lärmquelle Autobahn orientierten Fassaden werden entsprechend schalldämmend ausgebildet.

Ehemaliges Laborgebäude „Kunst und Kultur“

Die Größe und Struktur des ehemaligen Laborgebäudes ermöglicht die erdgeschossige Unterbringung der Ausstellungsflächen sowie der Übungsräume für Chor und Orchester. Der kleinere Übungsraum orientiert sich nach Süden, der größere nach Westen. Eine entsprechende Schallschutzverglasung wird auf der Westseite eingeplant. Auf eine Schaltbarkeit des großen und kleinen Übungsraums wird zugunsten wohlproportionierter Einzelräume mit zugeordneten Nebenräumen für Instrumente und geringer Eingriffe in die Bausubstanz verzichtet. Lediglich die nichttragenden Trennwände müssen entfernt werden. Der große Veranstaltungssaal im Obergeschoss des Bürgerhauses steht als zusätzlicher Übungsraum für große Orchester zur Verfügung.
Der Flurbereich dient neben dem großen unterteilbaren Ausstellungsraum im nördlichen Trakt als Ausstellungsfläche und wird über einen dritten Zugang vom zentralen Platzbereich erschlossen. In diesem Bereich wird der Raum für den Kunstkreis eingerichtet. Ein zweites Treppenhaus mit Aufzug und Zugang von Norden wird eingefügt, um einerseits die barrierefreie Erschließung von Untergeschoss und Obergeschoss zu ermöglichen und andererseits den zweiten Rettungsweg sicherzustellen.
Im Obergeschoss sind sämtliche Einzel- und Gruppenübungsräume für die Musiker untergebracht. Sie orientieren sich dabei nach Süden bzw. Osten und wenden sich damit der Lärmquelle Autobahn ab. Die weniger lärmempfindlichen Künstlerateliers belegen den nördlichen Trakt.
Das Untergeschoss nimmt im südlichen Trakt die beiden Probenräume für Bands auf. Neben den geforderten Lagerräumen und Technikflächen wird eine zentrale WC-Anlage über das neue Treppenhaus erschlossen.

Ehemaliges Verwaltungsgebäude „Gründerzentrum“

Die ehemaligen kleinteiligen Verwaltungsräume im Erdgeschoss werden durch Abbruch der nichttragenden Wände zu verschieden großen Räumen für die Arbeitsplätze der kreativen Gründerszene umgebaut. Der Besprechungsraum, die Teeküche und der Kopierraum werden dabei im Nebentrakt angeordnet.
Das Haupttreppenhaus wird umstrukturiert und mit einem Aufzug ausgestattet. Der Mittelflur wird nach Osten geöffnet, um auch hier den direkten Zugang zu ermöglichen.
Ein zusätzlicher großer Raum für Arbeitsplätze befindet sich im Obergeschoss. Daneben werden drei weitere Künstlerateliers angeordnet. Im Dachgeschoss des Nebentraktes sind Lagerflächen geplant.
Auch im Untergeschoss des Gründerzentrums wird neben Lager- und Technikflächen eine zentrale WC-Anlage an das Treppenhaus angebunden. Im Bereich des Nebentraktes, erschlossen durch das zweite Treppenhaus von Osten, befinden sich Umkleideräume für die Sportflächen im Außenbereich.

Ehemaliges Feuerwehrgebäude „Atelierhaus“

Der am Ende der Otto-Wagner-Straße gelegene Platzraum erschließt das ehemalige Feuerwehrgebäude, welches zum neuen Atelierhaus umgewidmet wird. Besonders geeignet für die Nutzung durch bildhauerisch arbeitende Künstler mit erdgeschossig angrenzenden Freiflächen, liegt dieses Gebäude am südlichen Rand des Areals und markiert diesen Standort durch die zweigeschossige Bauweise mit dem 15m hohen Turm. Der rückwärtige Anbau wird mit einer Dachterrasse ausgestattet, die den drei im Obergeschoss angeordneten Atelierräumen als Außenbereich dient. Einzelne nichttragende Wände werden versetzt, um eine geeignete Raumaufteilung zu erhalten. Im Dachgeschoss sind weitere Lagerflächen vorgesehen, die durch eine Falttreppe zugänglich sind.

Ehemalige Wache „Museum und Verwaltung“

Die erforderlichen Verwaltungsräume, zugehöriges Lager und Archiv sowie der Hausmeister werden im Erdgeschoss der ehemaligen Wache untergebracht. Die vorhandenen Funktionsräume, wie Regelraum, Batterieraum und Kommunikationsraum werden mit samt ihrer Ausstattung zu musealen Zwecken genutzt. Im Dachgeschoss werden die beiden Appartements für Betriebsangehörige mit Kochzeile und Nasszelle geplant. Sie orientieren sich dabei nach Osten bzw. nach Süden.
Im Untergeschoss ist die Unterbringung einer zentralen Wärmeerzeugung im großen Technikraum mit direktem Außenzugang möglich.

Ehemalige Fahrzeughalle „Sport und Freizeit“

Die Multifunktionshalle als Indoor-Sportanlage mit mobilen Betriebsvorrichtungen, wie Basketballständer und Fußballtore, wird in der ehemaligen Fahrzeughalle untergebracht. Die Umkleideräume befinden sich jeweils am nördlichen und südlichen Ende der Halle in den vorhandenen Nebenräumen.

Freiflächen

Die geplanten Außenanlagen fügen sich selbstverständlich in das Konzept der großen Lichtung im Wald ein. Die bestehenden Waldflächen werden erhalten und die Ränder des „Bannwaldes“ durch Neuanpflanzungen gestärkt. Die schützenswerte Baumgruppe vor dem neuen Bürgerhaus wird in die Grünflächengestaltung des zentralen Platzbereiches integriert. Einzelne Bäume im Bereich des geplanten Tartanplatzes müssen einer großen zusammenhängend befestigten Freifläche weichen, die für vielfältige Nutzungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt wird. Der Verlust dieser Bäume wird durch vielfache Ersatzpflanzungen ausgeglichen.
Die naturnah- und wartungsarm gestalteten Sport- und Spielflächen verteilen sich als Rasenflächen über die Waldlichtung nach Süden. Die Freispielwiese wird östlich der ehemaligen Fahrzeughalle geplant und unter Berücksichtigung des vorhandenen Geländeverlaufs mit Sitzstufen in Form eines Amphitheaters eingerahmt.
Die den Gebäudenutzungen zugeordneten Freiflächen verteilen sich um die einzelnen Bausteine und tragen die sich teilweise überlagernden Nutzungen nach außen. Ausstellungsbereiche für Kunstwerke stehen in unterschiedlichen Kontexten zur Verfügung und werden durch Werkstätten unter freiem Himmel ergänzt. Ein Skulpturengarten schmückt die westliche Seite der großen Waldlichtung. Der gegenüberliegende parallele Weg dient der Erschließung der Sportspielfelder und einigen Sportgeräten im freien Raum.
Ein robuster Natur- oder Kunstwerkstein in großformatigen Platten bestimmt die zentrale Platzfläche, die als Begegnungsort zwischen den verschiedenen Gebäudenutzungen, den Kultur- und Freizeitaktivitäten und dem Naturraum zur Verfügung steht. Die Übergangs- und Zwischenbereiche erhalten ein kleinteiliges Natursteinpflaster, weitere untergeordnete Wege werden mit wassergebundenen Decken realisiert, die einen naturnahen Charakter und den Schutz der Vegetation gewährleisten. Betonfertigteile und Stahl für das Mobiliar runden den dauerhaften und wartungsarmen Materialkanon im Außenraum ab. Sondersitzbänke und Spielgeräte aus Holz und Cortenstahl sowie kleine Wasserflächen für Kinderspiele und die Luftbefeuchtung im Sommer ergänzen das Angebot des zentralen Gartens als Mittelpunkt der Erholung.
Das Stellplatzangebot folgt dem angegebenen Bedarf. PKW-Stellplätze liegen an der Nordseite sowie westlich hinter dem Verwaltungsgebäude. Hier werden auch überdachte Fahrradstellplätze und der Müllbereich vorgesehen, während die Mehrzahl der Fahrradstellplätze neben den einzelnen Gebäuden unter freiem Himmel dezentral geplant ist. Parkmöglichkeiten für behinderte Menschen sind neben den Haupterschließungen vorgesehen, um die Wege möglichst zu verkürzen.
Das Beleuchtungskonzept folgt der städtebaulichen Raumgliederung des Geländes: Eine starke Betonung der zentralen Platzfläche, eine punktuelle und leichte Beleuchtung der einzelnen Nebenorten und Gebäuden, die ihre Individualität in der Dunkelheit besser offenbaren.
Das Begrünungskonzept strebt die Verwendung von regionalen Pflanzen und die Verstärkung der Biodiversität an. Eichen, Buchen und Kastanien ergänzen und verstärken die Kontur des umliegenden Waldes. Platanen und Ahornbäume ordnen die Hauptwege, die das Areal umfassen. Einzelne Birken, Akazien und Holunder verschiedener Größe verleihen dem zentralen Garten, dem Hofeingang und einigen Sonderorten eine besondere Prägung.

Beurteilung durch das Preisgericht

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Die Arbeit erhält den Bestand vollständig und situiert für das Bürgerhaus einen Neubau zwischen ehemaligem Laborgebäude und ehemaliger Fahrzeughalle. Dadurch wird die Freifläche nach Norden zu den Parkplätzen hin abgeschlossen. Diese Lage trägt zur Schonung der wertvollen Freiflächen, teils Biotopen im Süden des Geländes bei und bildet eine Abrundung der vorhandenen Anlage. Der Bezug zur Landschaft nach Süden bleibt dadurch ungestört. Östlich der Fahrzeughalle wird eine „Arena“ aus Sitzstufen vorgeschlagen.

Der Entwurf zum neuen Bürgerhaus bildet im Erdgeschoss einen massiven Sockel mit großer Freitreppe in das Obergeschoss. Dieses sitzt als Holzkonstruktion mit zahlreichen sichtbaren Stützen darauf.

Der Eingriff in die bestehenden Gebäude bleibt sowohl außen als auch innen angenehm gering. Gebäude G1 soll für das Gründerzentrum, Gebäude G2 für Kunst und Kultur, Gebäude G3 für Verwaltung und Appartements und drei Ausstellungsräume genutzt werden. Die Feuerwehrwache soll in beiden Geschossen richtigerweise für Kunstateliers, vorzugsweise für Bildhauer, genutzt werden.

Der Entwurf enthält die geforderte barrierefreie Ausführung. Das gilt sowohl für den Außenbereich, wie auch für die bestehenden Gebäude.

Insgesamt ein sehr präzise durchgearbeitetes Projekt.