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Award / Auszeichnung | 05/2020

Architekturpreis Beton 2020

Erweiterung der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart

DE-70173 Stuttgart

Gewinner

LRO GmbH & Co. KG

Architektur

Leonhardt, Andrä und Partner, Beratende Ingenieure VBI AG

Tragwerksplanung

Helmut Hornstein

Landschaftsarchitektur

ZWP Ingenieur-AG

TGA-Fachplanung

Vermögen und Bau Baden-Württemberg Amt Stuttgart

Bauherren

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Bibliotheken, Mediatheken, Büro-, Verwaltungsbauten

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 02/2015
    Fertigstellung: 02/2020

Projektbeschreibung

Der Bau der Landesbibliothek in Stuttgart zählt zu den herausragenden Architekturleistungen der sechziger Jahre in Süddeutschland. Das Bauwerk besticht durch seine großzügigen Raumfolgen ebenso wie durch die sorgsame Materialwahl und hohe Qualität der baulichen Umsetzung.
Mit der städtebaulichen Position reagierten die damaligen Architekten zunächst auf die durch den Verkehr vorgegebene Verkehrsachse. Der räumlichen Idee dieser Straße lag die Vorstellung der Moderne zugrunde, freistehende Baukörper in einem räumlichen Spannungsfeld zueinander stellen zu wollen. Das Konzept stellte die Situation des historischen Straßenraums quasi auf den Kopf. Betrachtet man die frühere Neckarstraße auf Fotos und Plänen der Vorkriegszeit, so erkennt man den beidseitig von repräsentativer Architektur gesäumten Straßenraum, dessen Vorzüge wir heute wieder schätzen gelernt haben. Der Verlust dieses zwar nicht üppigen, aber dennoch respektablen Boulevards wird deutlich, wenn man versucht ist, als Fußgänger die Konrad-Adenauer-Straße entlang zu gehen.
Trotz aller Begeisterung für die Taten der Moderne, auch für den Versuch die Autoströme durch breite Spuren und Untertunnelungen flotter zu gestalten, was in den sechziger Jahren als Zeugnis des Fortschritts gutgeheißen wurde, zeigte sich niemand so richtig begeistert beim Anblick der städtebaulichen Situation. Der freien Fahrt im Auto stand nun die Gängelung des Fußgängers gegenüber: die Straße konnte nur an einigen Stellen durch unwirtlich empfundene Löcher oder über Stege überwunden werden.

Was hat das alles mit der Landesbibliothek zu tun? Nun, durch den Ausbau der Straße ist die Bibliothek in einen anderen Teil der Stadt gewandert und, im Gegensatz zur Situation bis nach dem Krieg, gefühlsmäßig nicht mehr Teil der innersten Stadt. Damals standen sich Bibliothek und hohe Karlsschule direkt gegenüber. Die räumliche Beziehung machte historisch wie symbolisch einen Sinn. Heute stehen die Gebäude ohne weitere Beziehung zueinander: die bescheidene Rückseite des Schlosses, die nie als Schaufassade gedacht war und der sich selbst genügende, aber schöne Bau der Bibliothek aus den sechziger Jahren.
Mit dem Wettbewerb zur Erweiterung der Landesbibliothek stellte sich also nicht nur die Frage, wie der Altbau funktionell und räumlich geschickt erweitert werden könnte, sondern auch die der Verbesserung der stadträumlichen Situation. Kann also mit einem neuen Baukörper ein Raum entstehen, der ohne Rückgriff auf alte Bauschemata Teil eines zukünftigen Boulevards sein kann?
Der Ausgangspunkt der Überlegungen bestand deshalb auf der einen Seite in der Setzung des Baukörpers direkt an der Konrad-Adenauer-Straße, um diesem Raum wieder eine Fassung zu geben. Auf der anderen Seite sollte der Eingriff in den Altbau, bis auf einen Anschluss einer Brücke im ersten Obergeschoss, minimiert werden. Die Kompaktheit diente schließlich auch dazu, den Erwartungen nach niedrigen Baukosten zu entsprechen.

Der Erweiterungsbau besetzt nun unmittelbar die Ecke von Ulrich- und Konrad-Adenauer-Straße. Das Trottoir, das beginnend mit der Baumallee an der Staatsgalerie seither vor der Ulrichstraße endet, wird bis zum Charlottenplatz fortgeführt. Der Baukörper, der in etwa die Firsthöhe des Wilhelmspalais einnimmt, ist in einer Distanz zum Altbau gesetzt, um zwischen beiden Gebäuden einen Weg zu führen, der die Urbanstraße mit dem unteren Niveau des Baukomplexes verbindet. Durch den Neubau der Tiefgarage (die alte Konstruktion war aus technischen und baurechtlichen Bestimmungen nicht mehr zu halten) entsteht ein großzügiger Platz auf dem Niveau der seitherigen Eingangsebene, die auf der anderen Seite vom Staatsarchiv flankiert wird. Stadträumlich wird nun durch den Kubus des alten Lesesaals, der jetzt die Mitte des neuen Platzes einnimmt, eine Beziehung zum Mittelrisalit des neuen Schlosses erreicht. Eine großzügige Treppenanlage stellt die Verbindung zum neuen Bürgersteig auf Straßenebene her.
Das Gebäude kann nun auf beiden Ebenen erreicht werden. Die untere Ebene beherbergt zusätzlich die Cafeteria, die sich zur Straße hin öffnet und unabhängig vom Bibliotheksbetrieb geöffnet sein kann. Der „eigentliche“ Haupteingang für die Bibliothek liegt auf der Ebene darüber. Von dort aus erreicht man das Foyer mit dem notwendigen Tresen für Information, den Zugängen in den gesicherten Bereich, der Buchrückgabe und einem Saal- und Ausstellungsbereich, der sich zur Konrad-Adenauer-Straße hin öffnet. Dort ist die Raumhöhe teilweise doppelgeschossig, da aus ökonomischen Gründen die lichte Höhe der Normalgeschosse wesentlich geringer ist.
Im ersten Obergeschoss, das über eine Treppe im gesicherten Bereich zugänglich ist, ist unmittelbar am Ende der Treppe die Verbindung zum Altbau angelegt. Der mittlere Bereich des Grundrisses ist mit Regalen belegt. Entlang der beiden Längsseiten reihen sich zum Saal hin Leseplätze, auf der anderen Seite sind zusätzliche Verwaltungsräume untergebracht. Diese Ebene ist durch einen Luftraum mit den weiteren darüber liegenden Geschossen sichtbar verbunden. Im zweiten und dritten Obergeschoss liegen die Leseplätze entlang den gefächerten Außenfassaden. Das Dachgeschoss ist dagegen umgekehrt organisiert: Dort sind die Leseplätze in der Mitte des Grundrisses platziert, da wir auf dieser Ebene über die gefaltete Dachkonstruktion Tageslicht in das Zentrum des Hauses lenken können.