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4. Rang 5 / 5

Nichtoffener Wettbewerb | 02/2020

Neubau eines Forschungs- und Ausbildungszentrum Medizin für die Universität Bern (CH)

Aussenbild

Aussenbild

5. Rang / 2. Ankauf

Preisgeld: 15.000 CHF

NYX ARCHITECTES

Architektur

StudioPEZ

Architektur

INGENI

Bauingenieurwesen

EBP Schweiz AG

TGA-Fachplanung

Laborplaner Tonelli AG

sonstige Fachplanung

H + S Ingenieure GmbH

sonstige Fachplanung

Erläuterungstext

Sechs Institute, drei Volumen, ein Gebäude. Eine klare Identität und eine maximale Flexibilität für das neue Forschungs – und Ausbildungszentrum Medizin. Wie können wir die verschiedenen Einheiten der Forschungsinstitute unter einem Dach vereinen und dabei eine eigene architektonische Identität bewahren? Wie können wir die Vorteile des Nebeneinanderstellens der Institute maximieren und Zusammenarbeit und Austausch zwischen den verschiedenen Forschungsbereichen verstärken? Wie können wir ein Gebäude schaffen, das einerseits die Leiteideen des Masterplans „befolgt“, indem es ein Tor zum Inselspital Campus bildet, und andererseits ein Gebäude mit einer klaren eigenen Identität darstellt? Wir haben es hier mit einem neuen Bereich für die medizinischen Institute mit Baubereich 07 zu tun – durch die Unterbringung unter einem Dach der ehemals getrennten verschiedenen Forschungsinstitute ergeben sich viele Vorteile, aber auch Herausforderungen:

Das Gebäude ist als eine Ansammlung von jeweils drei Bänden und Würfeln konzipiert, die sowohl im Grundriss als auch im Schnitt ein abgestuftes Gebäude bilden. Mit einer einfachen architektonischen Geste beantworten wir alle Komplexitäten des Projekts: die Geometrie des Standorts, die Prinzipien des Masterplans sowohl in Bezug auf das Volumen als auch auf die Höhe und die Beziehung zu den benachbarten Gebäuden und natürlich die herausfordernden programmatischen Anforderungen und nähere Umgebungen. Die abgestufte Gebäudehöhe stützt eine der wichtigsten Leitideen des Masterplans – “Die Baumassen sollen zur Arealmitte hin verdichtet werden. Zu den Rändern des Areals hin sollen die Bauvolumina zur angrenzenden Umgebung und Bebauung vermittelnd wirken.” Darüber hinaus wird mit ihrer Hilfe das Konzept des „Gekneteten Volumens“ verstärkt, welches auf verschiedenen Grundstücken des Campus wiederzufinden ist.

Diese Volumenstrategie ermöglicht uns eine präzise Reaktion auf die verschiedenen städtebaulichen Kontexte: nach Norden, der Stadt zugewandt, ist sie gestuft und ausdrucksstark und stärkt die Rolle des Gebäudes als Tor zum Campus; im Süden, in Richtung Inselspital, erscheint sie eher zurückhaltend und einheitlich und trägt zur klaren Abgrenzung der Fussgängerzone, des vorgelagerten Platzes/Freiraums bei; im Osten tritt sie zurück, um die angrenzenden Gebäude und Nachbarn nicht zu beschatten. Der Haupteingang von der Campusseite sowie das öffentlichere Programm des Gebäudes befinden sich in der Gestaltungsbaulinie, die dem Platz zugewandt ist und den öffentlichen Charakter des Gebäudes betont. Der höchste der drei Blöcke ist diesem städtischen Freiraum zugewandt und der erforderliche Sockel auf der Gestaltungsbaulinie wird direkt von der internen Logik des Programms aufgenommen, d.h. die Verteilung der einzelnen Institute. Die Fassade trägt ebenso dazu bei, indem sie offener und transparenter wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

In Volumetrie und Struktur wird ein grosszügiger, gegen Südost hin aufsteigender, Gebäudekörper mit klarer Systematik und prägnanter Orthogonalität aufgebaut. Die Fernwirkung zum Bremgartenfriedhof basiert auf der stufenweisen Erweiterung in Grundriss und Vertikale mit zwei klar lesbaren Körperfugen auf beiden Längsfassaden. Das Gebäude wirkt bezüglich horizontaler und vertikaler Gestaltungsstruktur ausgewogen, hochwertig und identitätsstiftend. Volumetrie und Körnung wirken insgesamt verträglich, verletzen jedoch die Schlankheitsregel.

Das Erscheinungsbild des Neubaus bezieht sich auf das südlich angrenzende und orthogonal sowie sich in die Höhe entwickelnde Gesamtareal hin. Das neue, eigenständige «Stadthaus» orientiert sich damit viel mehr am Kontext des zukünftigen und imposanten Insel-Quartiers und viel weniger am bereits gebauten Nachbargebäude, oder der konischen Baufeldgeometrie und geschwungenen Friedbühlstrasse. In der Folge entsteht entlang der Friedbühlstrasse und Gebietsgrenze eine räumlich und gestalterisch hetero gene Strassenf ront und ein eher unzusammenhängender Quartierrand, was kritisch beurteilt wird. Die Fassade zum Pocket-Park wirkt insgesamt massiv und wandartig, etwas gemildert durch die gestalterische Gliederung und die willkommene Eingangssituation vis-à-vis des offenen Grünraums.

Die Logik der Eingangssituationen an beiden Längsseiten und das Erschliessungssystem mit zentraler und prägender Treppenanlage überzeugt, schafft Orientierung und Grosszügigkeit im Gebäudeinneren und entlastet mit der Konzeption des Piano Nobile im ersten Obergeschoss das Stadtniveau zur Friedbühl strasse bezüglich der inneren Wegbeziehungen. Die grosszügige Foyerfläche im Erdgeschoss kann jedoch durch die Distanz zu den öffentlichen Nutzungen (im darüberliegenden Geschoss) nicht wie erwünscht genutzt werden. Die prägnante Eingangssituation zum Pocket-Park ist beachtenswert. Aber deren funktionale Eingangsr äumlichkeiten sind viel zu klein (Beispiel fehlender Windfang). Fraglich bleibt auch die zurück-haltende Adress bildung zur Friedbühlstrasse und der Versuch mittels Vordach entlang der ganzen nordwest-lichen Längsseite eine Art zusammenhängenden und spürbaren Sockel auszubilden. Das Erschliessungs-system erfüllt nicht überall die Brandschutzanforderungen.

Das Tragwerk ist als Skelettbau mit Ortbetondecken, Stützen und aussteifenden Kernen weitestgehend schlüssig und wirtschaftlich konzipiert. Mit einem konsequent durchlaufenden Stützenraster erfolgt ein direkter Lastabtrag ohne Abfangungen, allerdings mit gewissen Konflikten im Nutzungslayout. Die Machbarkeit der Überbauung des Photonengebäudes sowie der schlanken freitragenden Treppenläufe müsste noch nach-gewiesen werden.

Fassadengestaltung und -materialisierung sind in ihren Ansätzen plausibel. Wo Labor-Längswände entlang der Fassade liegen, sind diese jedoch zwingend geschlossen auszuführen, was sich nachteilig auf die Gesamterscheinung auswirkt. Die gestalterische Differenzierung in der Fassadengestaltung als Antwort auf die Sockelthematik des Masterplans ist erkannt, wird aber kontrovers diskutiert.

Die Vorlandgestaltung zur Friedbühlstrasse wirkt urban, aber wenig attraktiv und die Einfahrt zur Tiefgarage liegt ausserhalb des zulässigen Bereichs. Das Vordach wäre nicht auf der ganzen Länge bewilligbar. Die Gebäudestruktur und Raumgliederung im Inneren ist wohltuend systematisch und klar aufgebaut. Das grosszügige Atrium mit den Haupttreppen vermittelt den Eindruck von vielen verschiedenen Instituten unter einem Dach und bietet attraktive Institutsadressen, wobei die richtige Verortung der öffentlich zugänglichen Räume noch zu klären ist (Cluster Begleitnutzungen). Die dreibündige Gliederung mit zwei Kernen und zahlreichen willkommenen Ausblicken wirkt zunächst klar und wohltuend übersichtlich. Die Querkorridore im Regelgeschoss zonieren und die Ausblicke nach Norden unterstützen die Orientierung im Gebäude.

Die Gebäudestruktur schafft bei näherer Betrachtung jedoch auf dem Regelgeschoss teilweise zu starke Zäsuren und räumliche Zwänge. So muss innerhalb eines Instituts mehrfach gebadged werden. Der Nutzen der vielen Foyerflächen - an sich interessant aber oft zu schlauchartig - wird ebenso hinterfragt wie die kompromiss behaftete Aufteilung der Räume auf die Regelgeschosse. Die Mittelzone weist unterschiedliche Tiefen von rund 15 m, 9 m und 3 m aus, was als wesentlicher Nachteil angesehen wird. Die Labore haben eine gute Raumtiefe und erlauben interne Schreibarbeitsplätze oder eine abgetrennte Raumschicht. Die innenliegenden Geräteräume weisen sehr unterschiedliche Grössen aus und ergeben daher keine gleichwertigen Arbeitsbereiche. Die Schächte liegen an geeigneter Position, sind aber tendenziell etwas zu klein bemessen. Gewisse Bereiche sind nur indirekt über die grosse Treppe, respektive nur über Nebentreppen, erreichbar.

Der Vorschlag interessiert in zahlreichen Ansätzen, vermag aber seine Versprechen insgesamt nicht einzulösen. Das «Prinzip des Ansteigens» als Leitidee ist denkbar, aber vor allem auch im Inneren zu wenig überzeugend umgesetzt.
Innenbild

Innenbild

Modell

Modell

Schwarzplan

Schwarzplan

Erdgeschoss 1

Erdgeschoss 1

Erdgeschoss 2

Erdgeschoss 2

Regelgeschoss

Regelgeschoss

Längsschnitt

Längsschnitt

Querschnitt

Querschnitt

Fassade

Fassade

4. Rang 5 / 5